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F. Toebelmann : Römische Gebälkc.

Motiv wird durch die palmettenartigen Wedel verwischt und durch ein schweres Fußblatt
verschleiert. Es waltet höchste virtuose Freiheit. Das schematisch Leblose der antoni-
nischen Ornamentik ist überwunden. Weder an schöngezeichnete griechische Formen
noch an bestimmte naturalistische Vorbilder sucht man Anschluß; es ist eine selbständige
Weiterbildung des Überlieferten, wobei alle Mittel erlaubt sind. Blattlappen und Winkel
sind nur durch den Bohrer gezeichnet. Die Flächen sind stark bewegt, völlig willkürlich
modelliert. Der Grund tritt besonders gegen oben tief zurück. Da ist kein fester Punkt
mehr, der an die architektonische Form der Corona erinnert; selbst die untere Kante ver-
läuft als gebrochene Linie. Eine lebendige, quellende, drängende, unruhig zitternde Orna-
mentik erfüllt den Streifen der Geisonstirne.

C. Am Wechslerdenkmal war rlie Unterseite mit aufgelegten breitlappigen Akanthus-
blättern belegt; hier ist sie völlig mit einem Blattschuppenmuster verziert. Die Spitzen
hängen frei nach vorne, der Bewegung der Fläche entsprechend. Sie sind tief unterschnitten,
so daß Schattenstreifen die einzelnen Blätter loszulösen scheinen.

I). Ein Steg trennt die Blattschuppen vom folgenden Eierstab. Charakteristisch ist die
bauchige Umrißlinie, die breit gequetschte Form mit starkem, wenig gekehltem Schalen-
rand. Hier sind auch die Zwischenblätter sehr tief umbohrt und pfeilförmig geschnitten.
Auch die Eintiefung des Eies in die obere Leiste wird hier wieder aufgenommen und noch
verstärkt. Im Profil sieht das aus, als ob die Eiform in den Körper hineingedrückt worden
sei. Sie hat ihre Selbständigkeit verloren und ist zum Verbindungsglied geworden.

Beim Zahnschnitt ist dies Hineinwachsen in den Ilauptumriß noch auffallender.
Er stemmt sich nicht mehr gegen den allgemeinen Fluß der absteigenden Linie der Unter-
glieder. Die Zähne sind niedriger als breit; ihre Abstände im Verhältnis ziemlich groß
und vorne überbrückt durch „Löckchen". Fast unglaublich aber erscheint die riesige Aus-
höhlung des Grundes dahinter bis tief hinauf in den Körper des Gesimses. Ein dunkel ver-
schwimmender Schatten ist das Ergebnis; man wollte dadurch offenbar das zarte Zwischen-
glied stark zur Wirkung bringen und die Härte der Zahnleiste möglichst verwischen.

E. Nochmals folgt, ansetzend an einen Steg unter dem Zahnschnitt ein Eierstab, ähnlich
wie bei D., noch etwas gequetschter und plumper und auch tief eingeschnitten in die obere
Leiste. Ein Perlstäbchen, wie bei A, schließt die Reihe der Unterglieder ab.

Architravstück F-H1. Über die Zusammengehörigkeit von Geison und Epistyl-
block s. o. S. 97. Der Fries ist glatt; die ausgerundete Überleitung zur Taenia des Archi-
travs ist seit dem Ende des 2. Jahrhunderts üblich und bleibt es bis in den Anfang des
4. Jahrhunderts.

Die Dreiteilung des Architravs kann nach der im 2. Jahrhundert gebräuchlichen
Zweiteilung zunächst als eine Rückkehr zur früheren Form angesehen werden, ist aber
wohl besonders aus dem Wunsch zu erklären, die glatten Ansichtsflächen der Streifen
möglichst schmal zu machen. Auch am Architrav sollte der Reichtum der oberen Glieder
weitergeführt werden. Das sieht man zunächst bei F, wo jetzt auch die hier übliche Ver-
zierung des lesbischen Kymas aufgegeben und die Umrißform in freier Weise durch ein
Rankenwerk ausgefüllt wird. Wir erinnern uns wieder an flavische Vorgänge, wo alles
dies auch schon einmal da war [vgl. Taf. IX]. Und doch war es etwas
anderes. Aus der Zusammenstellung der Umrisse [s. II. Teil] ist das deutlich zu sehen.
Unser Profil ist stumpf, wenig betont und kaum abgesetzt gegen den anschließenden
Architravstreifen. Seltsam und eigenwillig ist die Zeichnung der Ranken, mager und zer-
zaust sind die Anthelmen.

1 Auf Tafel XV ist die Arehitravdieke aus Versehen etwas 7.11 gering gezeichnet. Die eingeschriebenen Maße geben
die wirklichen Abmessungen aber richtig an.
 
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