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XIV. Gebälk von S. Silvestro in Capite.

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anlagen zugeschrieben werden1. In diesen Hallen des Sonnentempels waren in spätester
Zeit, Ende des 4. oder Anfang des 5. Jahrhunderts, die „fiskalischen Weine", d. h. die
als Naturalsteuer namentlich aus Süditalien in die Hauptstadt gelieferten Weine magaziniert.
Nun ist im Jahre 1765 beim Bau eines zum Kloster von S. Silvestro gehörigen Hauses
eine Inschrift gefunden, welche sich auf den Transport jener fiskalischen Weine vom Tiber-
hafen ,,ad templum" bezieht2. Da eine solche Inschrift nach ihrer Form nur an einem
oder dem anderen Endpunkte des Transportes aufgestellt sein konnte und der Tiberhafen
selbstverständlich ausgeschlossen ist, so hat L. v. Urlichs (Beiträge zur Kunstgeschichte,
1885, p. 90; Römische Mitteilungen 1888 p. 98) mit Recht den Schluß gezogen, daß das
Templum (Solis) bei S. Silvestro gelegen habe. Zur Dekoration dieses aurelianischen
Baues dürften also die uns beschäftigenden Gebälke gehört haben.

Als Kaiser Aurelian Syrien unterworfen hatte und im Jahre 272 als Sieger in die
Hauptstadt Emesa eingezogen war „eilte er — so erzählt sein Biograph — sofort zum
Tempel (des Sonnengottes) Heliogabalus und fand, daß der Gott die Gestalt hatte,
welche ihm im Kriege als Beschützer erschienen war. Darum erbaute er ihm dort
Heiligtümer mit reichen Weihgeschenken und gründete auch in Rom einen Tempel, der
mit größter Feierlichkeit geweiht wurde." Nähere Angaben über die Ausschmückung
des Heiligtumes finden sich nur in der trüben Quelle der „Scriptores Historiae Augustae" ;
sie beweisen jedenfalls, daß noch in spätester Zeit der Tempel in dem Rufe stand, eines
der prächtigsten Heiligtümer der Hauptstadt zu sein oder gewesen zu sein3. Vom Tempel
selbst, der an der Nordseite des großen Hallenhofes gelegen haben muß, hat auch Palladio
keine Reste mehr gezeichnet, die uns beschäftigenden Gebälke können ihren Maßen nach
nicht zu dem kolossalen Tempel selbst, sondern nur zu einem untergeordneten Bauteile
gehört haben. Vielleicht ist das Gebälk einer der den Bezirk umgebenden Hallen oder
Nischenbauten zuzuschreiben (vita Aurel. 35). Die Säulenhöhe kann etwa 6'/2 ra be-
tragen haben. H.

A. Die Sima ist verstümmelt; ihre ursprüngliche Form nicht mehr genau festzu-
stellen. Ob ein Plättchen oder sonst ein Profil das Kyma abschloß, bleibt unsicher. Bei
den kleinen Abmessungen kann es nur ein zartes Profil gewesen sein. Daß hier ein Kyma
mit Blattstabdekoration die Bekrönung des Gesimses bildet, ist singulär. Die Hauptblätter
bilden das Profil, die schmaleren Zwischenblätter liegen tief auf dem Grund. Es ist also
ein stark zerrissenes Ornamentmotiv. Eigenrelief fehlt den Formen fast ganz. Ein zierlich
dünner Perlstab, mit langgezogenen Gliedern und sichtbarer Schnur, in tiefe Rille ein-
gebettet, vermittelt den Übergang zur Corona.

B. Wie bei den vorigen Gebälken (auf Taf. XIV—XVI) ist die Geisonstirne nicht
glatt, sondern durch eine stark plastisch belebte Ornamentfüllung aufgelöst. Diese ist
ein Friesband mit stehenden Blüten, die von Ranken umschlossen werden, welche von Doppel-
kelchen ausgehen. Es ist eine Art Kettenbandmotiv. Die alternierende Stellung der Kelche
ist hier aufgegeben. Ein verwandter kettenartiger Rankenfries findet sich an einem Gesims
im Lateran (Abb. 84), das in die hadrianische Zeit gehört. An unserer Corona ist die Haltung
der Ranken und Blattformen locker und wild, ohne deutliche Linienführung. Das Ornament

1 Templum et porlicus erwähnt Vita Aureliani c. 25, Zosimus I, 6t; den Tempel allein Eutrop IX, 25; Aureliiis
Victor Caes. 75. Vgl. im allgemeinen Hülsen-Jordan, Topogr. I, 3, S. 453f.

2 CIL. VI, 1785 = 31931, darin u. a. die Positionen: falancariis qui de Ciconiis ad templum cupas rejerre consueverunt,
— und: pro/essionariis de Ciconiis statim nt advenirel vinum.

3 Vita Aureliani 10: Ulpius Crinilus . . . qui pictus esl cum eodem Aureliane* in templo Solis. — c. 28 (aus der Beute
der Zenobia): lunc allatae vestes quas in templo Solis videmus, consertae gemmis. — Vita Taciti 9: Aureliano {Tacitus)
ponendam decrevit . . . statuam argenleam in templo Solis. — Vita Firmi 3: luppiler aureus et gemmaius .... ponendus in templo
Solis.
 
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