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XIV. Gebälk von S. Silvestro in Capite.

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Vom Fries gibt unsere Aufnahme leider nur einen Schnitt. Ansichtszeichnungen
oder photographische Abbildungen fanden sich im Nachlaß von F. Toebelmann nicht vor.
Dagegen gibt wahrscheinlich eine Textfigur in den Notizie degli scavi 19081 eine Vorstellung
von der Dekoration (Abb. 85). Dazu heißt es in dem kargen Text: „Epistyl 3,85x0,60
X 0,80 m". Das letzte Maß ist wahrscheinlich das Höhenmaß. Fries und Architrav messen
an unserem Stück allerdings 0,97 m in der Höhe. Von dem Fries scheint indessen an dem
abgebildeten Stück der obere Teil zu fehlen, so daß das geringere Maß von 0,80 m dadurch
seine Erklärung findet. Wenn dem so ist, so haben wir es mit einem Fries zu tun, der von
dem bereits sinkenden Empfinden für große einheitliche, flüssig und voll fortschreitende
Rankendekoration zeugt. Der Blätterbusch steht nur in loser Verbindung mit dem Genius
rechts, und wenig organisch wächst links das Rankenwerk daraus hervor. Die Bildung
der Blätter selbst ist schon merkwürdig steif und ungelenk. Doch läßt die Abbildung,
auf der gerade das eigentliche Rankenwerk fehlt, keine umfassende Beurteilung zu.

Fries und Architrav bestehen aus einem Stück. Der Schnitt zeigt, daß das Rohprofil der
Friesdekoration eine bauchig geschwungene Linie bildet, die nach unten in die Schräge
über dem Kyma verläuft2.

Der Architrav zeigt gegenüber dem
Stück F-H auf Tafel XVI kaum eine Än-
derung. Die Folge und die Betonung der
Profile ist gleich. Vielleicht ist die Haltung
etwas unsicherer da die Architravstreifen
wechselnde Neigung haben, auch die Orna-
mentmotive sind gestreckter, die Aus-
ladung des Kymas noch stumpfer und die
Platte darüber höher als vorher. Auch auf
unserer Abbildung fällt die Lockerung des
Rankenwerks auf, in dem die stark ver-
tieften Zwischenräume sich als große
dunkle Löcher zeigen, so daß Kelche und Stiele, Blätter und Blüten wie eindünnes Spitzen-
werk vor dem Grund zu stehen scheinen. Eigenartig ist die Behandlung des Kymas bei I.
Das Merkwürdige liegt in der Behandlung des Blattfleisches, das hier trotz des kleinen
Maßstabs noch eine eigene Modellierung bekommen und durch Ausbohrung der Blattzacken
eine Fächerform erhalten hat. Der Zusammenhang der einzelnen Blätter ist sehr locker;
Zwischenblätter sind ganz weggeblieben. Gedehnt ist bei H und K der Perlstab und tief
in den Körper hinein gesenkt.

Fast die ganze untere Architravbreite nimmt die Füllung L-M ein. In den Aufnahmen
findet sich eine Ansicht von L nicht, so daß die Zeichnung nur das mittlere Ornament M
wiedergeben konnte. Offenbar handelt es sich um eine Art eingelegten Blattkranzes, dessen
Blätter hier locker und stark umbohrt, nebeneinander gestellt sind. Man wird sich in
der Architravmitte irgend eine Betonung durch ein Band oder dergl. denken müssen, worauf
dann die Blattrichtung umkehrt.

Zusammenfassend ist im Vergleich zu den Formen der Stücke auf Tafel XVI aus
den Caracallathermen zu sagen, daß unser Gebälk nur einen kleinen Fortschritt in der
Entwicklung der römischen Architektur zu zeigen vermag. Die größere Lockerung der
dekorativen Einzelheiten, die Streckung der Motive, und soweit das sich aus den Zeichnungen
feststellen läßt, die geringere Sorgfalt der Ausführung sind Anzeichen der späteren Ent

Abb. 86. Fragment eines Gesimses.

1 Not seav. 1908, S. 231 ff.. Fig. i, S. 232.

- Wahrscheinlich sollte das Geison im Schnitt auf Tafel XVII so gezeichnet sein, daß der Rundstab bei G etwas vor
die Flucht der untersten Architravfaszie zu stehen käme. Vgl. II. Teil.
 
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