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Toennies, Eduard
Leben und Werke des Würzburger Bildschnitzers Tilmann Riemenschneider: 1468 - 1531 — Heidelberg, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.55297#0051
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43

Becker,1 der erste Biograph des Meisters, suchte bei der
Aufzählung der Werke eine chronologische Reihenfolge innezu-
halten, kannte jedoch nur eine verhältnismässig geringe Anzahl
derselben, und grade jene nicht, welche heute den Brennpunkt
der Meinungsverschiedenheiten bilden, so dass seine Arbeit
nicht mehr ganz ausreicht, obwohl ihr das grosse Verdienst
verbleibt, einen vollständig in Vergessenheit geratenen Künstler
wieder entdeckt und zu Ehren gebracht zu haben. Weber2 und
Streit3 bereicherten darauf das Werk des Meisters um eine be-
trächtliche Anzahl von Arbeiten, ordneten dieselben jedoch
ganz äusserlich nach den heutigen Aufbewahrungsplätzen, wobei
auf kritische Sichtung beinahe vollständig verzichtet wurde und
mehr das Bestreben hervortrat, möglichst viele Werke für den
Meister in Anspruch zu nehmen ; derart freilich, dass die Vor-
stellung von der Kunst des Meisters mehr verwirrt als geklärt
wurde.
Zuerst Bode 4 in seiner Geschichte der deutschen Plastik,,
wo dem Künstler nur ein einzelnes Kapitel gewidmet werden
konnte, nahm den kritischen Standpunkt dem Gesamtwerk
gegenüber ein. Er empfand innerhalb der vielen Werke, wie
sie von Weber und Streit unmethodisch nebeneinander aufge-
führt worden waren, so tiefgreifende Verschiedenheiten und
Ungleichmässigkeiten, dass er sich nicht dazu verstehen konnte,
sie alle unserm Meister zu belassen. Er sonderte eine Anzahl
unter sich nahe verwandter Arbeiten, und grade mit die besten,
aus den Werken aus, und schrieb sie einem etwas älteren und
tüchtigeren Zeitgenossen Riemenschneiders zu, der etwa der
Lehrer Meister Dills gewesen sein könnte. Diesen Künstler
nannte er nach dem trefflichsten und umfangreichsten der Werke
den «Meister des Creglinger Altars». Durch Bode ist so die
erste Anregung zu einer kritischen Untersuchung der Riemen-

1 Becker, Leben und Werke des Bildhauers Tilmann Riemenschneider.
Leipzig, 1849.
2 Weber, Leben und Werke des Bildhauers Dill Riemenschneider.
Würzburg und Wien, 1884 und 1888.
3 Carl Streit, Tylmann Riemenschneider. Berlin, 1888.
4 Geschichte der deutschen Kunst. Bd. II. Geschichte der deutschen
Plastik. Von Dr. Wilhelm Bode. Berlin, 1887.
 
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