OBERPFÄLZISCHE EIGENFORMEN UND
AUSWÄRTIGE BEZIEHUNGEN
Der Zusammenhang der oberpfälzischen Früh-
bronzezeitfunde mit den Materialien des Strau-
binger und Aunjetitzer Kreises ist augenfällig.
Unter Berücksichtigung der räumlichen Lage
darf man alle Fundgruppen der Oberpfalz dem
Straubinger Kreis anschließen, soweit mit die-
ser Benennung eine geographisch annähernd
begrenzbare Zivilisationsprovinz umschrieben
wird. Gleichsam in letzter Minute hat das Grab
aus der Humboldstraße in Regensburg hier die
stärksten Verbindungen hergestellt (Abb. 16).
Die Hügelbestattung ist in der frühen Bronze-
zeit Süddeutschlands nicht gerade häufig 343.
Vermutlich muß man aber mit etlichen älteren
Fehlbeobachtungen rechnen, die sich aus der
konventionellen Gleichsetzung von früher
Bronzezeit und Flachgräberzeit ergeben muß-
ten. Das Hügelgrab selbst ist niemals chro-
nologisches Indiz, denn stellenweise erhält sich
ja auch das Flachgrab bis in die mittlere
Bronzezeit344. Es bleibt zu prüfen, ob sich der
Hügelbau ausgehend von den alten Hügelzent-
ren in Mähren und Südböhmen in einem Ost-
West-Strom vorgeschoben hat, wobei eine ent-
sprechende zeitliche Staffelung in Betracht zu
ziehen wäre 345 346. Wahrscheinlich ist die hohe
Zahl von A-Bestattungen in oberpfälzischen
Hügeln auf Einflüsse aus Böhmen zurückzu-
führen, doch lassen sich für diese Annahme
vorerst nur die Tatsache der regionalen Nach-
barschaft und verschiedene Materialparallelen
ins Feld führen. Die kulturhistorischen Hinter-
gründe bleiben ohnedies dunkel, solange man
vernünftigerweise auf historisch-politische Hy-
pothesen verzichtet.
Sicher ist die östliche Beziehung der Pithosgrä-
ber316. Die Sitte der Gefäßbestattung für Kin-
der ist jedenfalls über Böhmen oder Mähren in
den bayerischen Donauraum gelangt. Deutlicher
als Spiraltutuli (Taf. 62,7) oder Nadeln vom
Typ Kollstein (Taf. 34,2) bekundet sie innere
Zusammenhänge mit Gesittungsformen Südost-
europas und darüberhinaus Vorderasiens. Nur
von den sehr feinen und eben darum so bedeut-
samen Kriterien der kulturellen Verhaltens-
weise her scheint es aber berechtigt, mit
L. Häjek von einer Aunjetitzer Kultur des Typus
Nordböhmen, Mittelböhmen, des Typus Mäh-
ren, Typus Straubing usf. zu sprechen 347.
Die östlichen Verbindungen der Oberpfalz
reißen während der gesamten Bronzezeit nicht
mehr ab. Es bleibt allerdings die Frage, ob der
unmittelbare Donauweg von Ungarn über Nie-
der- und Oberösterreich stärkere Impulse in die
Oberpfalz geführt hat als der vermutbare
Landweg von Böhmen über die Cham-Further-
Senke oder durch das Naabtal. Mitteldonaulän-
dische Beziehungen verraten während der Stufe
B nicht nur die Beinspiralen aus breitem,
Blechband (Taf. 44,16. 23) und die herzförmi-
gen Anhänger mit frei eingerollten Ärmchen
(Taf. 4, 28) 348. Auch die tordierten Vierkantna-
deln (Taf. 3,1.2) sprechen in diesem Zusam-
menhang ein gewichtiges Wort. Sie sind zwei-
fellos als Nachahmungen echter Sichelnadeln
anzusehen, in der Oberpfalz im engen For-
menkontakt mit den einheimischen Vierkant-
nadeln mit Plattenkopf entwickelt. Beredtes
Beispiel für die Formverschmelzung ist die
sichelartig gekrümmte Vierkantnadel von Rie-
denburg mit durchlochter Kopfscheibe (Taf.
77,2). In diesem Vorgang wird zugleich deut-
lich, wieweit die Oberpfalz — und im weiteren
Rahmen ganz Nordostbayern — schon völlig
selbständige Produktionsprovinz ist.
Über den gesamten Bereich des ehemaligen
Straubinger Kreises und darüber hinaus bis
Niederösterreich und Ungarn streuen die Na-
343) Vgl. Lochham, Ldkr. München, Grab 7: Germania 8, 1924, 94. — Exenberg bei Holzen, Ldkr. Laufen:
Germania 18, 1934, 178 ff.
344) Besonders kennzeichnend und mit sicheren Funddaten belegt in Immendingen, Ldkr. Donaueschingen:
Badische Fundberichte 13, 1937, 68 ff. — K. Willvonseder vermutet für Niederösterreich wohl richtig
das Überleben von Flachgrabtraditionen aus der Stufe A in die mittlere Bronzezeit: Willvonseder, K.
1936, 51 f.
345) Vgl. Häjek, L. 1954, 183 Abb. 37.
346) Zu den vorderasiatischen Zentren und Formen der Pithosbestattungen vgl. özgüj, T. Die Bestattungs-
braeuche im vorgeschichtlichen Anatolien. Ankara 1948.
347) Häjek, L. 1954, 191.
348) Vgl. Holste, F. 1953 (2), 40. — Dehn, W. 1952.
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AUSWÄRTIGE BEZIEHUNGEN
Der Zusammenhang der oberpfälzischen Früh-
bronzezeitfunde mit den Materialien des Strau-
binger und Aunjetitzer Kreises ist augenfällig.
Unter Berücksichtigung der räumlichen Lage
darf man alle Fundgruppen der Oberpfalz dem
Straubinger Kreis anschließen, soweit mit die-
ser Benennung eine geographisch annähernd
begrenzbare Zivilisationsprovinz umschrieben
wird. Gleichsam in letzter Minute hat das Grab
aus der Humboldstraße in Regensburg hier die
stärksten Verbindungen hergestellt (Abb. 16).
Die Hügelbestattung ist in der frühen Bronze-
zeit Süddeutschlands nicht gerade häufig 343.
Vermutlich muß man aber mit etlichen älteren
Fehlbeobachtungen rechnen, die sich aus der
konventionellen Gleichsetzung von früher
Bronzezeit und Flachgräberzeit ergeben muß-
ten. Das Hügelgrab selbst ist niemals chro-
nologisches Indiz, denn stellenweise erhält sich
ja auch das Flachgrab bis in die mittlere
Bronzezeit344. Es bleibt zu prüfen, ob sich der
Hügelbau ausgehend von den alten Hügelzent-
ren in Mähren und Südböhmen in einem Ost-
West-Strom vorgeschoben hat, wobei eine ent-
sprechende zeitliche Staffelung in Betracht zu
ziehen wäre 345 346. Wahrscheinlich ist die hohe
Zahl von A-Bestattungen in oberpfälzischen
Hügeln auf Einflüsse aus Böhmen zurückzu-
führen, doch lassen sich für diese Annahme
vorerst nur die Tatsache der regionalen Nach-
barschaft und verschiedene Materialparallelen
ins Feld führen. Die kulturhistorischen Hinter-
gründe bleiben ohnedies dunkel, solange man
vernünftigerweise auf historisch-politische Hy-
pothesen verzichtet.
Sicher ist die östliche Beziehung der Pithosgrä-
ber316. Die Sitte der Gefäßbestattung für Kin-
der ist jedenfalls über Böhmen oder Mähren in
den bayerischen Donauraum gelangt. Deutlicher
als Spiraltutuli (Taf. 62,7) oder Nadeln vom
Typ Kollstein (Taf. 34,2) bekundet sie innere
Zusammenhänge mit Gesittungsformen Südost-
europas und darüberhinaus Vorderasiens. Nur
von den sehr feinen und eben darum so bedeut-
samen Kriterien der kulturellen Verhaltens-
weise her scheint es aber berechtigt, mit
L. Häjek von einer Aunjetitzer Kultur des Typus
Nordböhmen, Mittelböhmen, des Typus Mäh-
ren, Typus Straubing usf. zu sprechen 347.
Die östlichen Verbindungen der Oberpfalz
reißen während der gesamten Bronzezeit nicht
mehr ab. Es bleibt allerdings die Frage, ob der
unmittelbare Donauweg von Ungarn über Nie-
der- und Oberösterreich stärkere Impulse in die
Oberpfalz geführt hat als der vermutbare
Landweg von Böhmen über die Cham-Further-
Senke oder durch das Naabtal. Mitteldonaulän-
dische Beziehungen verraten während der Stufe
B nicht nur die Beinspiralen aus breitem,
Blechband (Taf. 44,16. 23) und die herzförmi-
gen Anhänger mit frei eingerollten Ärmchen
(Taf. 4, 28) 348. Auch die tordierten Vierkantna-
deln (Taf. 3,1.2) sprechen in diesem Zusam-
menhang ein gewichtiges Wort. Sie sind zwei-
fellos als Nachahmungen echter Sichelnadeln
anzusehen, in der Oberpfalz im engen For-
menkontakt mit den einheimischen Vierkant-
nadeln mit Plattenkopf entwickelt. Beredtes
Beispiel für die Formverschmelzung ist die
sichelartig gekrümmte Vierkantnadel von Rie-
denburg mit durchlochter Kopfscheibe (Taf.
77,2). In diesem Vorgang wird zugleich deut-
lich, wieweit die Oberpfalz — und im weiteren
Rahmen ganz Nordostbayern — schon völlig
selbständige Produktionsprovinz ist.
Über den gesamten Bereich des ehemaligen
Straubinger Kreises und darüber hinaus bis
Niederösterreich und Ungarn streuen die Na-
343) Vgl. Lochham, Ldkr. München, Grab 7: Germania 8, 1924, 94. — Exenberg bei Holzen, Ldkr. Laufen:
Germania 18, 1934, 178 ff.
344) Besonders kennzeichnend und mit sicheren Funddaten belegt in Immendingen, Ldkr. Donaueschingen:
Badische Fundberichte 13, 1937, 68 ff. — K. Willvonseder vermutet für Niederösterreich wohl richtig
das Überleben von Flachgrabtraditionen aus der Stufe A in die mittlere Bronzezeit: Willvonseder, K.
1936, 51 f.
345) Vgl. Häjek, L. 1954, 183 Abb. 37.
346) Zu den vorderasiatischen Zentren und Formen der Pithosbestattungen vgl. özgüj, T. Die Bestattungs-
braeuche im vorgeschichtlichen Anatolien. Ankara 1948.
347) Häjek, L. 1954, 191.
348) Vgl. Holste, F. 1953 (2), 40. — Dehn, W. 1952.
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