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Torbrügge, Walter
Die Hallstattzeit in der Oberpfalz (Auswertung und Gesamtkatalog ; 1): Text — Kallmünz/​Opf.: im Verlag Michael Lassleben, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.70709#0048
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ist Leichenbrand vielleicht nicht erkannt, doch sind
andere Deponierungsgründe durchaus denkbar (vgl.
Taf. 180, 2 Nr. 5. 6. 8. 10). In der Regel werden
solche Eingrabungen später in Anlehnung an die
Decken vorgenommen sein. Grab 6 von Pillhausen
(266) liegt indessen schon auf der Grundschicht der
Gesamtanlage eng benachbart zu Grab 5, das noch
eigens mit einer Schicht aus bis zu faustgroßen
Steinen abgedeckt war (Taf. 173). Unter isolierter
Steindecke standen auch drei Urnen in Beilngries,
eine obere Decke gehört offenbar zu einem aufge-
stockten Bau (Taf. 180, 2 Nr. 1). Daß die Abfol-
gen nicht immer so simpel verlaufen, zeigt die Urne
mit verbrannten Schädelknochen unter Steinplatte
und Kohleschicht (31/93), über der zwei schädel-
lose Skelette beigesetzt waren (Taf. 180, 2 Nr. 2;
II Taf. 87, 1). Mindestens besteht hier ein ritueller
Wechselbezug, der aus der Grabschichtung selbst
nicht ohne weiteres ersichtlich wird (siehe unten
Schädelverbrennung). Anders kann bei kleinen
Steinkreisen unter Steindeckengräbern zu-
fällige Nachfolge nicht ausgeschlossen werden, ob-
wohl allgemeiner Friedhofszusammenhang natür-
lich gegeben ist. In Prunn überlagert eine größere
Decke die tiefgelegenen Steinkreise für zwei Brand-
gräber (255/3, 2. 3) nur mit ihrem Westrand (Taf.
172, 3 Grab 3). Aus einem Steinkreis von nicht
ganz Im Durchmesser unmittelbar unter einer
Steindecke in Beilngries (34/1) werden nur kleine
Gefäße, aber kein Leichenbrand aufgezählt (Taf.
180, 1 Nr. 5; II Taf. 90, 1). Nicht überdeckt ist
ein Urnengrab in Kohleschicht innerhalb eines
Steinkranzes (31/44). Ein Grab umreißt wahrschein-
lich auch eine Kohleschicht von etwa 2 m Länge,
die von einem ovalen Plattenkranz umstellt war
(Taf. 180, 1 Nr. 4). Ein weiterer Steinkreis von
gut 1 m Durchmesser umfriedete vier Gefäße, zu
denen sich eine Klapperkugel fand (Taf. 180, 1 Nr.
3). Ohne Frage stehen die Anlagen in urnenfelder-
zeitlicher Tradition, die in Beilngries wenigstens
bruchstückhaft durch ein Grab mit Etagengefäße
in Plattenkreis angedeutet wird (31/60).
Im Zusammenhang mit den kleinen Brandgräbern
kommt offenbar senkrecht aufgestell-
ten Steinplatten besondere Bedeutung zu.
Ähnlich wie sie in Westböhmen bestimmte Gruben-
gräber markieren "°, scheinen sie in Beilngries auf

eine spezifische Brandgräbergruppe und unterirdi-
sche Brandschichten als Grabstätten zu verweisen
(31/52. 32/56). Freilich ist mit vielfacher Verschlep-
pung solcher Kleinmenhire zu rechnen, zumal im
Ackerland. Einige Befunde bleiben unklar, viel-
leicht sind Urnengräber auch nachträglich an den
Steinmonumenten eingegraben worden: 32/63. 78.
80 (Taf. 180, 1 Nr. 2). Die Reihung von minde-
stens drei Brandgräbern mit Stelenmarkierung (32/
78 — 80) südlich des ungewöhnlichen Baues aus be-
sonders schweren Quadern Im Ried-West (32/75)
darf man für beziehungsvoll halten (Taf. 180, 1
Nr. 2). Für den Leichenbrand eines Erwachsenen
und eines Kindes in einer Urne (32/78) haben wir
allerdings nur Thenns Wort.
Wohl nicht zufällig befinden sich unter den klei-
nen Brandgräbern mehrere sichere und mutmaß-
liche Kindergräber als Beleg für die Son-
derbehandlung bestimmter Altersklassen (siehe un-
ten Bestattungssitten). Dabei erscheint das Fehlen
von Leichenbränden in Gräbern von Kleinkindern
ohne Bedeutung, wiewohl theoretisch natürlich im-
mer auch das Vergehen der zarten Skelette behaup-
tet werden kann 12°. Im Grund-West (34/1) wird
im kleinen Steinkreis unter Steindecke (Taf. 180, 1
Nr. 5) eine Kinderbestattung jedenfalls durch Mi-
niaturgefäße wahrscheinlich gemacht (II Taf. 62,
9. 10; 90, 1). Auf Kinder deuten auch eine Klap-
perkugel in einem selbständigen Steinkreis ohne
Nachweis von Leichenbrand (32/65), ein kleiner
Schöpfer aus dem Brandgrab in Steinkreis von
Prunn (Taf. 120, 7; 172, 3 Grab 3/2) und ein Ton-
löffel sowie ein Fibelbügel aus dem Urnengrab aus
Kohleschicht in Steinkreis von Beilngries (31/44).
Entsprechend sind Kinderbrandgräber unter Stein-
decken in Dietfurt mit Miniaturgefäßen, einem
Stück Bronzedraht und einem Armringfragment
ausgestattet 121 In Schirndorf ist neben noch unbe-
kannten Befunden vermutlich eine kleine irregu-
läre Steinpackung über zwei kleineren Gefäßen in
dunkel verfärbter Grube mit Scheiterhaufenrück-
ständen als Kindergrab anzusehen 122.
Bestattungssitten
Zu beschreiben sind nur archäologische Endformeln,
das heißt materielle Restbestände aus spirituellen

119) V. Saldovä 1971, 122 Abb. 2-4.7-10.14.16.18-20.22.

120) H. P. Uenze 1971,19 (vgl. hier Anm. 147).

121) Ebd. 9.19.

122) A. Stroh in: Die Oberpfalz 54, 1966, 66 Abb. 8 vermutet allerdings Vergrabung von Bestattungsresten von
einem Nachbargrab mit zusätzlichen Opfergaben.

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