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Torbrügge, Walter
Die Hallstattzeit in der Oberpfalz (Auswertung und Gesamtkatalog ; 1): Text — Kallmünz/​Opf.: im Verlag Michael Lassleben, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.70709#0112
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men die Grenzen zu den Ringen mit kreisrundem
Umriß über Zwischenformen, die man als Pseu-
do-Steigbügelringe bezeichnen könnte.
Profile und Ornamente entsprechen denen der
Hauptgruppen, ebenso stehen die gerade abge-
schnittenen Enden bei meist unverminderter Ring-
stärke eng zusammen oder stoßen unmittelbar an-
einander. Dagegen zeigt sich der Umriß eher oval
oder ovaloid, während die echten Steigbügelringe
bei unterschiedlich gewölbtem Bügel stets lang ge-
streckte gerade Enden in gleicher Linienführung be-
sitzen (Taf. 2, 1—8). Alle Stücke mit nur sehr kur-
zen geraden Enden gehören im Grunde zu den
Pseudoformen (Taf. 35, 1 —3), doch werden der-
artige Unterschiede in der Literatur kaum beach-
tet 377. In Regionalvorlagen sind sie wegen geringer
Fundzahlen vorerst nicht weiter auszuwerten, zu-
mal die fließenden Übergänge zwischen Regel- und
Pseudoformen randlich auch noch runde Armringe
mit kurz eingebogenen Enden betreffen, die schwer
von den Pseudoformen zu trennen sind (vgl. Taf.
69, 3. 4).
Kleine und große Sätze von 2 bis mindestens 7
Ringen für jeden Arm bestehen in der Regel aus
dünneren Ringen, massive Stücke werden durch-
weg paarig getragen (vgl. aber II Taf. 54, 10—21).
Ringe aus einem Satz stammen jeweils aus ein und
derselben Produktionsserie, doch können auch zwei
Ringsätze aus ähnlichen Serien getragen werden
(II Taf. 63, 1. 2 zu II Taf. 63, 3. 4). Gelegentlich
ist ein Satz von Pseudo-Steigbügelringen mit einem
Satz nahe verwandter runder Ringe kombiniert
(Taf. 35, 1—3. 7. 8 zu Taf. 35, 4—6; 36, 15). Ein-

mal scheint ein Steigbügelring mit gleichartig ver-
zierten Oberarm- oder Beinringen zusammengehö-
rig (Taf. 127, 17 zu Taf. 127, 18—22). Der Besitz
von Sätzen und Ringpaaren steht offensichtlich in
einer gewissen Relation zur übrigen Trachtausstat-
tung, die häufig Gürtel und Halsringe einschließt.
Alle gesicherten Befunde mit Steigbügelringen deu-
ten auf Frauengräber.
Die Gesamtverbreitung der Pseudo- und der echten
Steigbügelringe massiert sich in Nordostbayern, im
südlichen Mitteldeutschland und in Teilen von Böh-
men und Hessen 378. Süddeutsche und speziell nord-
ostbayerische Prototypen sind allerdings nicht zu
beweisen. Ihre Erschließung beruht schlicht auf Mas-
senstatistik, die immer nur gesteigerte Vorlieben
anzeigen kann, und auf der irrigen Datierung ver-
meintlicher Vorformen schon in der Stufe Ha C 37°.
Tatsächlich wählen die einzelnen Regionen aus ei-
nem allgemeinen zeitgenössischen Formen- und Mu-
sterschatz jeweils nur bestimmte Kombinationen
aus, die sich zugleich immer auch anderen einhei-
mischen Ringformen angleichen. Wesentliche Unter-
schiede zwischen der Masse nordostbayerischer Rin-
ge mit „irgendwelchen feinen Eingravierungen"
und der Masse mitteldeutscher Stücke mit stärkerer
Rippung oder perlstabartiger Verzierung hat W.
Jorns schon 1938 im Prinzip genau umschrieben,
doch besagen sie im Einzelfall zum Produktions-
ort nur wenig 38°. Einige oberpfälzische Varianten
lehnen sich sichtlich an thüringische Muster an oder
entsprechen ihnen aufs Haar, belegen damit aber
bestenfalls Tauschverkehr in beide Richtungen
(siehe unten Nr. 3, 4 und 9). Zu den Ringen mit

377) Nach W. Jorns 1938, 48 f. Abb. 12,5 werden entsprechende Formen in der Literatur durchgängig als Steig-
bügelringe „nordostbayerischer Art" bezeichnet, obwohl sie keineswegs auf Nordostbayern beschränkt sind;
vgl. A. Schumacher 1972, 37 Taf. 27 D; 32 C; H. Polenz 1974, 154 Anm. 165; H.-E. Nellissen 1975, 228
Taf. 39,1-4.

378) M. Claus 1942 bes. 57 f.; V.8aldova 1971, 120.

379) W. Jorns 1938, 49 unterstellt ohne Begründung für die thüringischen Vorkommen Entlehnung der Grundform
aus Nordostbayern; M. Claus 1942, 58 f. beruft sich für süddeutsche Herkunft u. a. auf E. Wahle nach
P. Reinecke, doch gibt Wahle Jahresschr. Halle 10, 1911, 130 keine Belege, während Reinecke ZfE 32, 1900
(488) nur über das hallstattzeitliche Alter und nicht über ihre Herkunft referiert. Claus ebd. 58 Anm. 29 geht
weiter davon aus, daß sich in Thüringen keine Prototypen finden, dagegen will er sie vermeintlich in Ringen
der Stufe Ha C erkennen, die schon annähernd Steigbügelform zeigen und auf ihrer Außenseite feine ein-
gravierte Gruppen von Strichelchen oder Ziclczackbändern tragen. Er bezieht sich dabei auf Festschr. Nürn-
berg 1901 = L. Wunder 1901 Taf. 6,6a.23, wo jedoch zwei mittelbronzezeitliche Ringe mit verjüngten Enden
und Strichverzierung aus Hügel 7 von Labersricht abgebildet sind: W. Torbrügge 1959 Taf. 22,11; 23,4.

380) W. Jorns 1938, 49 f. Abb. 12,1-5 gegen Abb. 12,6-20 (mitteldeutsche Formen). Vielfältige Formenkontakte
zeigen sich nach allen Seiten. Die hessischen Muster entsprechen im wesentlichen den mitteldeutschen, was mit
anderen Querbeziehungen nördlich der Mittelgebirge gerade beim Ringschmuck übereinstimmt. Eigenpro-
duktion ist deshalb so wenig ausgeschlossen wie bei Wendelringen besonderer Art. Nur in der Rhön scheinen
mitteldeutsche und nordostbayerische Formen in einem gewissen Gleichgewicht verbreitet. In Nordostbayern
selbst sind perlstabartig gerippte Ringe und andere thüringisch verbreitete Modelle keineswegs fremd.

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