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Torbrügge, Walter
Die Hallstattzeit in der Oberpfalz (Auswertung und Gesamtkatalog ; 1): Text — Kallmünz/​Opf.: im Verlag Michael Lassleben, 1979

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70709#0176

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— Die weißgrundige Späthallstattware Südwest-
deutschlands ist von H. Zürn mit provenzalischen
Keramiken in Verbindung gebracht worden °72.
Ihre östliche Ausstrahlung bis Hallstatt und ihre
Eigenentwicklung hat eindringlich M. Hell be-
schrieben 673. Wie abhängig die komplizierte Mal-
technik der Spätzeit im nordwestlichen Voralpen-
raum von westmediterranen Malweisen ist, hat
neuerdings W. Kimmig gezeigt 674. Anders sieht
Dehn trotz unterschiedlicher Ornamentik noch eine
mögliche Verbindung zwischen der weißgrundigen
Ware des Südwestens und der technischen Gruppe
2 der oberpfälzischen Keramik, die ähnlich wie im
Westen mit einem gelbweißen Schlicker überzogen
ist. An diesem Punkt überschneiden sich indessen
technische und chronologische Kategorien. Merhart
teilt die fraglichen Bestände aus der Oberpfalz in
zwei Gruppen. Gruppe 1 umfaßt Gefäße aus blau-
grauem oder schwarzem eisenfreien Ton, der sich
im Brand weißgelb oder gelb färbt. Die Bemalung
erfolgt direkt auf der wohlgeglätteten aber porösen
Oberfläche oder auf einem eigens aufgetragenen
weißlichen bis gelblichen Tonschlicker. Diese Grup-
pe stellt die Masse aller weißgrundigen bemalten
Ware. Gruppe 2 schließt nach Merhart Gefäße aus
grauschwarzem Ton ein, der rot brennt und an-
geblich nach dem Brand mit weißem oder gelbem

Tonschlick überzogen wird. Der Schlicker blättert
leicht ab und läßt roten Untergrund durchschim-
mern. Gruppe 2 soll nur an der „Peripherie" ver-
treten sein °75. Tatsächlich gibt es eine abgestufte
Skala von Weiß- bis Rottönen, die offensichtlich
auf verschiedene Tonvorkommen zurückgehen, eine
schematische Gliederung nach der Färbung allein
aber verbieten. Etliche rötliche Gefäße gehören
nach Form und Muster eindeutig mit weißgelben
Parallelen zusammen (rot Taf. 151, 2. 4 mit weiß-
gelb Taf. 151, 6). Ohne neue technische Untersu-
chungen wird man folglich über die Herstellung
nicht viel sagen können und die undifferenzierte
Gattungsbezeichnung „weißgrundig" oder „weiß-
gelb" nur als Provisorium verwenden dürfen. Al-
lerdings sind die Muster selbst mit einer gewissen
Einheitlichkeit in beiden Hauptgruppen und auf
Varianten vertreten. Mindestens unterscheiden sie
sich deutlich von den Slipornamenten später süd-
westdeutscher Serien unter südlichem Einfluß
wie sie denn auch hauptsächlich schon in der Stufe
Ha C gebräuchlich sind. Ihr Auslaufen in der Stufe
Ha D ist kaum zu ermitteln. Jedenfalls ist entge-
gen allgemeiner Meinung nicht ausgemacht, daß
weißgrundige Ware in der späten Hallstattzeit der
Oberpfalz überhaupt fehlt °77, nur scheinen sich die
konventionellen Malmuster mehr und mehr zu ver-

zeichnende Abstufungen sichtbar zu werden, die in der Oberpfalz einen gewissen Endpunkt bezeichnen müß-
ten. Die Reichweite typischer Mäanderhaken in quadratischen Feldern bis in den danubischen Typus Statzen-
dorf-Gemeinlebarn hat Frey a. a. O. 75 Anm. 379.380 angezeigt. In der Bylaner Gruppe sind sie zu ein-
fachen Haken verkümmert, die an verschiedenartigen Musterfeldern nach außen gerichtet sein können. Ent-
sprechend stehen am Ende einer formalen Kette die Dreieckshaken mit eingeschlagenen Enden auf dem weiß-
gelben Schöpfer von Unterwiesenacker (Taf. 91,1), die in der Oberpfalz selbst nur eine Spielart der landes-
üblichen Hakenenden oder Fähnchenmuster darstellen, zumal sie auf einheimische Weise in Rot mit schwarzer
Begrenzung gemalt sind. In größeren Zusammenhängen handelt es sich aber um eine eigenwillige Variante des
orientalisierenden konzentrischen Mäanders, den Frey a. a. O. 72-76 Abb. 40 u. 113 Liste 4 von Slowenien
bis in den Kalenderberg-Bereich Mährens verfolgt hat und wegen seiner Seltenheit in Italien auf unmittel-
baren griechischen Kontakt über See zurückführt. Unterwiesenacker stellt in diesem Beziehungsnetz nur einen
nordwestlichen Außenposten, der gleichwohl in Verbindung mit Ausbreitung der Schwarzmuster auf Rot
(s. Anm. 660) wie der figürlichen Zeichnung und Malerei (s. Anm. 762) zu sehen ist. Allerdings belegen die
Malweise und die Gestalt des Schöpfers mit Hebelgriff (s. Anm. 646) eindeutig auch die Verzahnung mit
norddanubischen Osthallstattbezirken, in denen weißgelbe Ware verbreitet ist und bemalt wird. Anders als
in plumpen Direktvergleichen bestätigt sich folglich Reineckes Formulierung von „gewissen, nicht zu inten-
siven Beziehungen", die an anderen Einzelelementen und schließlich auf Grund der gesamten Musterkarte
noch zu präzisieren bleiben.
672) H. Zürn, Zur Keramik der späten Hallstattzeit. Germania 27, 1943, 20-35 bes. 32 f.
673) M. Hell, Weißgrundige Keramik der Späthallstattzeit aus Salzburg. Germania 28, 1944-50, 33-37.
674) W. Kimmig 1971 bes. 25 ff.
675) So auch W. Kersten 1933, 105.111 f. nach Merhart; die Behauptung läßt sich ohne Detailuntersuchungen nicht
bestätigen, in keinem Fall kann aber mit G. Kossack 1970, 102 nur von „durch und durch weiß oder gelb
gebrannten Erzeugnissen nordostbayerischer Manufakturen" die Rede sein.
676) W. Kimmig 1971 bes. 25-27 Abb. 3-7; zu Farben und Mustern hier vgl. W. Torbrügge 1965 (= Teil II) Farb-
tafel und Farbtafeln Torbrügge/Uenze 1968, 103 Abb. 76; 257 Abb. 227.
677) W. Dehn, Bemalte Keramik (wie Anm. 669) 93.

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