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Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier [Hrsg.]
Trierer Jahresberichte: Vereinsgabe d. Gesellschaft für Nützliche Forschungen zu Trier — NF 3.1910(1911)

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Hettner, Felix: Die römischen Ruinen Triers: Vortrag gehalten am 3. März 1902 in der Gesellschaft für nützliche Forschungen in Trier
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https://doi.org/10.11588/diglit.44042#0056
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ihnen ursprünglich vollkommen fremden Spielen Gefallen fanden, aber in den letzten
Dezennien des 1. Jahrh. fasste in Gallien römische Sitte und römisches Wesen so
festen Fuss, dass am Ende dieses Jahrhunderts Trier schwerlich ein Amphitheater
gefehlt haben kann.
Das Trierer Amphitheater pflegt die Besucher in der Regel zu enttäuschen.
Zum Teil liegt dies an der Ungunst der Erhaltung; es ist aller Sitzreihen, der Wölb-
ungen und des Schmuckes der Tore beraubt. Aber auch im Altertum fehlte ihm die
imponierende Wirkung, die eben die Amphitheater hatten, die mit ihrer mächtigen
Umfassungsmauer auf ebenem Terrain emporstiegen, wie das Colosseum und die
Amphitheater von Verona, Capua und viele andere. Das Trierer Amphitheater war
ein Schlichter Erdbau mit Benutzung des natürlichen Terrains. Die ganze östliche
Hälfte lehnt sich direkt an den natürlichen Abfall des Hügels, die ganze Arena —
das ist der Platz, wo die Spiele stattfanden — ist in den Felsen eingetieft, und mit
dem hier gewonnenen Schiefermaterial wie mit zugekarrter Erde ist der westliche
Halbkreis künstlich aufgeführt. Die halbkreisförmigen Türme hatten den Zweck, dem
Druck der Erdmassen wie dem der Gewölbe Widerstand zu bieten. Längs der Arena
befinden sich die Käfige für die Tiere, die breiten Gänge waren bestimmt für die
Gladiatoren, wenn sie beim Beginn der Spiele in feierlichem Pomp in die Arena ein-
zogen; die 4 schmäleren Gänge wie die 2 tunnelartigen Zugänge, die sich in treff-
licher Erhaltung im Garten der Villa Schaeidt befinden, führten das Publikum zu den
unteren Sitzreihen, während weitere Zugänge von aussen zu den oberen Reihen ge-
leiteten. Die Böschungen sind derart abgeschwemmt, dass es kaum möglich sein wird,
die Anzahl der Zuschauerplätze zu bestimmen. Ein Rückschluss auf die Bewohner-
zahl Triers würde auch sicher nicht erlaubt sein. Eine Aufführung im Amphitheater,
zu der die wilden Tiere aus dem Innern Asiens, Afrikas und Germaniens unter den
schwierigsten Transport Verhältnissen nach Trier gebracht wurden, und bei denen vom
Publikum hoch gefeierte, ja geliebte Gladiatoren auftraten, war ein Ereignis, zu dem
auch die Landbevölkerung in Massen und aus weiter Ferne herbeiströmte.
Aus den folgenden 150 Jahren sind uns inscbriftlich ein Tempel des Aesculap
in der Nähe der Moselbrücke und ein Juppitertempel zu St. Barbara bekannt. Wahr-
scheinlich gehört auch in diese Zeit der Tempel am Fusse des Balduinshäuschens,
der der älteren Generation der Trierer noch wohlbekannt ist, leider der jüngeren, obwohl
noch grosse Teile desselben in der Baumschule von Lambert u. Reiter freiliegen, voll-
kommen in Vergessenheit gekommen zu sein scheint. Der Grundriss zeigt die lang-
gestreckte rechteckige Cella, den Raum, wo das Götterbild aufgestellt war, und davor
den Pronaos, ferner die mächtige Substruktion für eine Säulenstellung und eine mehr-
fache Säulenstellung vor der Front. Die Säulen, von denen noch eine Anzahl erhalten
sind, bestehen aus gelbrötlich meliertem Marmor, so dass der 49 m lange und 27 m
breite Tempel jedenfalls mit grossem Luxus ausgestattet war. Der Tempel hat des-
wegen ein grosses Interesse, weil er die langgestreckte Form der griechisch-italischen
Tempel hat, während in unserer Gegend ein gallischer, annähernd quadratischer Typus
angewendet worden ist. Das Terrain ist seitens der Regierung und der Provinzial-
verwaltung angekauft worden und im Laufe der nächsten Jahre wird von dem Tempel
erheblich mehr als zur Zeit freigelegt werden 1).
Mehr aber noch als aus diesen Trierer Bauten kann man aus den Monumenten
der Umgegend über diese Zeit lernen. Wenn man auf den Luxus blickt, der in den
Grabmonumenten von Neumagen und Igel, sowie in den Villen von Welschbillig und
Nennig uns entgegen tritt, so wird man, auch wenn man sich bewusst hält, dass der
Gelderwerb jener Zeit in dieser Gegend in allererster Linie auf Ackerbau und Vieh-
zucht und Wein begründet war und deshalb mehr in den Villen der Grossgrundbesitzer
als in der Stadt vorhanden war, doch auch für die Stadt, als dem Zentrum dieser
’) Die Ausgrabungen sind hier im Jahr 1908 wieder aufgenommen worden, vgl. Trierer
Jahresber. II S. 14.
 
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