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Tylor, Edward Burnett; Sprengel, J.W. [Transl.]; Poske, Fr. [Transl.]
Die Anfänge der Cultur: Untersuchungen über die Entwicklung der Mythologie, Philosophie, Religion, Kunst und Sitte (1. Band) — Leipzig: C. F. Winter'sche Verlagshandlung, 1873

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.61304#0081
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Die Entwicklung der Cultur.

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nördlichsten Bezirken Nordamerikas, bei einigen Stämmen Süd-
amerikas und bei den Australiern. Die Letztem, hat man behauptet,
hätten ihn in ihrem jetzigen Zustande der Barbarei nicht erfinden
können. Nun muss man aber wissen, dass die Wurfbretter vor-
züglich der Wildheit und nicht der Civilisation angehören. Bei den
höhern Nationen scheint ihm das klassische amentum, wahrscheinlich
ein Biemen, der in der Mitte des Wurfspiesses befestigt war,
um diesen damit zu werfen, am nächsten zu kommen. Das höchst
stehende Volk, von dem wir wissen, dass es das eigentliche Wurf-
brett gebraucht hat, sind die Azteken. Das Vorkommen desselben
bei ihnen wird durch Darstellungen auf den mexikanischen mytho-
logischen Gemälden durch seinen Namen „atlatl“ und durch ein
schönes, künstlich gearbeitetes Exemplar des Gegenstandes selbst
im Christy Museum bezeugt; wir hören jedoch nichts davon, dass
es zur Zeit der Eroberung im praktischen Gebrauch gewesen ist,
und es wird demnach wol schon veraltet gewesen sein. In der
That tritt die Geschichte dieses Instrumentes in absoluten Wider-
spruch mit der Entartungstheorie, indem sie uns eine Erfindung
zeigt, welche dem wilden Leben angehört und sich wol schwerlich
darüber hinaus erhalten kann. Beinahe dasselbe lässt sich von
dem Blasrohre sagen, das wol kaum noch anderswo als bei den
rohen Stämmen Ostindiens und Südamerikas als ernstliche Waffe
vorkommt, obgleich es sich noch beim Spiel auf höhern Cultur-
stufen erhalten hat. Der australische Bumerang soll aus einer
hypothetischen hohen Cultur stammen, während die Uebergangs-
formen, die ihn mit der Keule verbinden, in seiner Heimath zu
finden sind, wohingegen keine civilisirte Basse die Waffe besitzt.
Der Gebrauch einer elastischen Buthe, um kleine Wurfgeschosse
damit zu schnellen, und die merkwürdigen elastischen Wurfwaffen
der Peliu-Inseln, welche gebogen werden und dann durch ihre
eigene Sprungkraft fortfliegen, deuten Erfindungen an, welche zu
der des Bogens geführt haben mögen, während der Pfeil eine
Miniaturform des Wurfspiesses ist. Die Sitte Pfeile zu vergiften,
nach Art von Stacheln oder Schlangenzähnen, ist keine civilisirte
Erfindung, sondern ein Kennzeichen niederen Lebens, das meist
schon auf der barbarischen Stufe abgethan wird. Die Kunst
Fische zu betäuben, deren die höhere Civilisation wol gedenkt,
jedoch ohne sie zu billigen, findet sich bei vielen wilden Stämmen,
welche sie leicht in irgend einer Waldlache entdeckt haben können,
in die eine passende Pflanze hineingefallen war. Die Kunst Gitter

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