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Tylor, Edward Burnett; Sprengel, J.W. [Transl.]; Poske, Fr. [Transl.]
Die Anfänge der Cultur: Untersuchungen über die Entwicklung der Mythologie, Philosophie, Religion, Kunst und Sitte (1. Band) — Leipzig: C. F. Winter'sche Verlagshandlung, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.61304#0127
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Ueberlebsel in der Cultur.

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besitzen, dass diese aus Furcht vor ihren magischen Rachekräften
sich hüten, ihnen etwas anzuthun. Die Jakunen sind ferner eine
rohe und wilde Rasse, welche die Malayen als Ungläubige und
wenig über den Thieren stehend betrachten, obgleich sie dieselben
gleichzeitig aufs Aeusserste fürchten. Den Malayen erscheinen die
Jakunen als übernatürliche Wesen, geschickt in Wahrsagekunst,
Zauberei und Beschwörung, fähig nach Belieben Gutes oder Böses
zu thun, deren Segen das glücklichste Gelingen, deren Fluch die
furchtbarsten Folgen bringt; sie können sich aus jeder beliebigen Ent-
fernung nach dem Hause eines Feindes wenden und mit zwei
Stöcken aneinander schlagen, bis dieser Feind erkrankt und stirbt;
sie sind bewandert in der Pflanzenkunde; sie haben die Macht, die
grimmigsten wilden Thiere zu beschwören. So hüten sich die
Malayen, obwohl sie die Jakunen verachten, unter manchen Um-
ständen, sie schlecht zu behandeln ’). In Indien schilderten in längst
vergangenen Zeiten die herrschenden Arier die rohen Eingebornen
des Landes mit den Epithetis: „von magischen Kräften erfüllt“,
„ihre Gestalt nach Belieben verwandelnd“* 2). Bis auf den heutigen
Tag sind Hindus, welche sich in Tschota-Nagpur und Singbhum
niedergelassen haben, der festen Ueberzeugung, dass die Mundas
Zauberkräfte besitzen, mittels deren sie sich in Tiger und andere
Raubthiere verwandeln können, um ihre Feinde zu verschlingen,
und das Leben von Menschen und Thieren fortzaubern können;
solche Kräfte werden in der Regel dem wildesten und rohesten
Stamme zugeschrieben3). Im südlichen Indien hören wir ferner
aus vergangenen Zeiten von hinduisirten Dravidiern, den Sudras
von Canara, welche in beständiger Furcht vor den dämonischen
Kräften der unter ihnen stehenden Sklavenkaste lebten4). In
unsern eigenen Tagen leben die dravidischen Stämme des Nilagiri-
Distriktes, die Todas und Badagas in Todesfurcht vor den Kurum-
bas, verachteten und elenden, im Walde lebenden Ausgestossenen,
welche aber, wie man glaubt, die Gabe haben, Menschen und
Thiere und Schätze durch Zauberei zu vernichten5 * *). Denselben

*) „Journ. Ind. Archip.“ vol. I, pag. 328; vol. II, p. 273; siehe vol. IV, p. 425.
2) Muir, Sanskrit Texts“, part II, p. 435.
3) iJalton, ,,Kols“, in ,,Tr. Eth. Soe.“ vol. VI, p. 6; siehe p. 16.
4) Jas. Gardner, „Faiths of the World11, s. v. „Exorcism.“
5) Shortt, ,,Tribes of Neilgherries “, in „Tr. Eth. Soc.“ vol. VII, pp. 247, 277;
Sir W. Elliot in ,,Trans. Congress of Prehistoric Archaeology“, 1868, p. 253.
Tylor, Anfänge der Cultur. I. q
 
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