Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
39 —

zuerkennen gewohnt sind, in keiner Weise; wenn aber eine Biene das
wagen wollte, so ginge es uns gegen den Sinn, um so mehr noch, wenn
sie auf Grund selbstbewussten Erkennens sich selbst helfen wollte. Dal's
dies bei Wallbeck möglich wäre, ist der Eindruck, den man bei der
Lektüre seiner Fabeln erhält. So entbehren seine Fabeln einerseits jeden
künstlerischen Wert, die Wahrheit, die Bescheidenheit der Natur, die den
Lafontaine'schen zur Hauptzierde gereicht, andererseits aber auch den
hohen moralischen Wert, der die Lafontaine'schen trotz der im allgemeinen
epikuräischen Weltauffassung des bekomme auszeichnet. Denn sittlich
ist am Ende doch nur die Wahrheit. Alles Übertriebene oder einseitig
Dargestellte ist unwahr und entsittlichend, so gut die Tendenz auch sein mag.
Zu diesen Mängeln gesellt sich noch ein anderer Fehler. Weil in
fast allen Fabeln der Dichter subjektiv auftritt, sich sogar vordrängt,
verlieren sie das allgemeine Weltinteresse. Die Fabeln werden monoton
und langweilig; man wird seiner Persönlichkeit müde, und all das scharfe
Gewürz, das der Dichter ihnen beigibt, rettet sie nicht vor dem Schicksal,
als schale Speise bei Seite geschoben zu werden. Er scheint selbst das
Schicksal seiner Werke geahnt zu haben: „ff, Uke many of my Brothers
of the Quill, 1 write and write and nobody reads, that is not my fault.
I would save the nation,“ sagt er1), und einmal läfst er Calliope eine grofse
Verteidigungsrede seiner Werke halten2). Was die Moralisation seiner
Fabeln angeht, so habe er zu ihrer Charakteristik selbst das Wort: „1t
has been a Question with Commentators, whether the Moral should stand at
the beginning or at the end ofthe Fable. Imake no scruple in answering —
Neither at one, nor the other, invariably. Bat commonly at the end, for the
Reflection grows more naturally out of the fable, than the fable out of
the Reflection. There is no necessity, however, for the Moral's standing
either at the beginning or al the end or apart from the fable — but as
pari of it. Oft times the Lesson is inculcated to the greatest advantage
in the middle: or is so intimately blended with the Story ilself, as to
require neither distinct plcice, nor characters of distinction. And at such
times, lohen one Moral is obvious to every reader as he runs along, ano-
ther, a partial one, mag be afterward pointed out by the author3).“
Diese Abhandlung stimmt so ziemlich mit Lafontaine's Art überein; der
letzte Satz aber ist für Wallbeck ganz charakteristisch. Nicht zufrieden
damit, dafs die Lehre der Fabel deutlich in die Augen springt, will er seine
Gedanken über irgend einen Gegenstand, der sich nur irgendwie mit der

1) Fable 24. Anmerk.

2) Fable 24.

3) Dedic. p. 32. f.
 
Annotationen