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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0043

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Februar


Nr. 5 * Seite 7

'V^unne t Wenn ick Miquekn wäre, een bisken populärer dhät' ick mir
doch machen! Könnte er nich det fiskalische Terräng von Dahlein
an eene Dahlemsjenossenschaft zur Linderung der Wohnungsnoth her-
jeben? Jrund jenug is doch vorhanden. Aber nee! Ick finde den
Jrund nich! sagt Miquel nn blickt scheu zu Boden. Un wenn man

ihn bittet, sich mal uff den Boden der praktischen Staatshilfe zu
stellen, denn sagt Miquel: Det is een fetter Boden, darum heeßt es

da Lehm. Un so een Boden is for jewöhnliche Berliner Flanzen
Pille zu schade, hier ziehe ick Moos, nn een bisken Joldlack mang, ooch
hin nn wieder eene Jistboomblnthe. Janz Dahlem soll een botanischer
Jarlen sind — sagt Miquel — wo man blos Rentjohs Wurzel fassen un
wie Pilze ans de Erde schießen. Dhener soll uns de heimathliche Scholle sind — sagt
Miquel. Ick soll hier arme Leute nfnehmen, die in Berlin nich wohnen können? Nee,
so wat wohnt nich. Und Wat is nn det Ende vom Liede? Ick, der Nnnne, Hab' et

immer jesagt: Je mehr in die Vororte der Jrund mit Villen bebaut wird, desto mehr

haben die Obdachlosen Jrund zu Unwillen.

eine Motivtafel überreichen/ Das Motiv
liegt hier auch nahe!

Niederlössnitz. Eleganter Ausdrucksweise be-
fleißigt sich der »Lößnitzer Anz.", der in der
Nummer vom 17. Jan. meldet: »Gestern wurde
sowohl der, mit Erhebung der hiesigen Orts-
polizei zur Wachtmeisterstelle, zum Vorstand
derselben angestellte bisherige Kriminalgendarm
in Leipzig Herr R. H ... als Polizeiwachtmeister,
wie auch als neuhinzugctretener Schutzmann
Herr H. B . . . , bisher Wohlfahrtspolizist in
Dresden, verpflichtet und trat die nun in einem
Wachtmeister und (nachdem auch der hiesige
bisherige Nachtschutzmann M . . . als voller
Schutzmann angenommen ist) vier Schutzleuten
bestehende Polizeiwachtmannschaft erstmalig den
Volldienst an." Dieses Satzungeheuer sollte der
Verfasser erstmalig hundertmal abschreiben und
zweitmalig täglich hundertmal hersagen, damit
er drittmalig eine ähnliche Konstruktion ver-



Berlin. F. B. Nach Aus-
schnitten aus Nr. 33 des „Lok.-
Anz." finden sich daselbst
folgende Ankündigungen:
1. „Hausreinigcr, der schon eine gehabt oder
ältere Leute, welche Rente beziehen, verlangt
zum 1. April 1901." Was für eine hat er denn
schon gehabt? 2. „Choeolatier, jungen Gehilfen
zum Einschlagen sucht A. S . . , K . . . str. 38."
Gemeint ist natürlich ein Gehilfe, der gut
ein schlügt. 3. „Karlshorst. Massiv gebaute
Villa, sehr geeignet zu Holz- und Kohlenplatz,
zu verkaufen." Eine Villa, die sich zum Holz-
und Kohlenplatz eignet? Ist es nicht eigentlich
schade darum? — ff Stilblüthe ans dem
Romanabschnitt der Nr. 17 des „Lokal-Anz.":
»Und schlimmer als die Krankheit wüthete der
Gedanke an seine Schande in seinen Ein-
geweide», die über ihn gekommen durch sein
Verschwinden mit seiner Frau und dem an-
vertrauten Kapital." Am schlimmsten aber
wüthet die Verfasserin in den Eingeweide» der
Shnlax, die über sie gekommen durch das
Verschwinden jeden Verständnisses für ihre
Muttersprache. — K. D. Wir haben selten eine
so leere Idee vorgelegt bekommen. — A. L.
In der „National-Ztg." vom (24. ?) Jan. wird
über »Zwei bisher noch nicht gewürdigte
Neuerungen im Abgeordnetenhause" berichtet.
Die eine davon betrifft die Uniformmütze des
Portiers. „Tiefe Mütze war das Samen-
korn, dem aufzngehcn und vielfältige Frucht
zu tragen beschieden sein sollte." Dann ent-
stünde aber eine heftige Konkurrenz für die
Mützenmacher, trenn man Mützen, nach dem
Wunsche der „Nalionalzeitung", künftig von
den Bäumen schütteln könnte. — F. D. In der
Literarischen Rundschau des „B. T." vom
26. Jan. wird ein neues philosophisches Werk
von Bölsche gewürdigt. Es handelt von dem
großen Mcnschenräthsel, und der Kritiker giebt
folgende Analyse des Buches: „Das Näthsel
sagt: „Bölsche liegt jetzt eben in der
Natur . . ." Räthsel. sind sonst nicht so
geschwätzig und Perrathen selbst eine so behag-
liche Wahrheit nicht wie die: daß ein Philosoph,
in diesem Falle Bölsche, irgendwo in der Natur
sich hingelagert hat, vermnthlich um über die
geheimnißvolle Wirkung „verrückter" Gänse-
füßchen nachzusinnen.

Duisburg. Cs. O. Merkwürdig gestaltete
sich, wenn man der „Rhein.-Westf. Zeitung"
vom 18. Jan. glauben darf, die Feier des
200jährigen KrönungSjubiläumß in Duisburg:
»In den Schulen wurden Fürstlichkeiten

^ abgehälten." So

^ junge Prinzen

^ sollte man lieber

noch nicht zur Schulfeier abordnen.

Falkenberg. In der „F. Ztg." vom 15. Jan.
preist eine Putzmacherin verschiedenes an und
leitet die Reklame mit den Worten ein: „Zum
bevorstehenden Weihnachtsseste empfehle zu
Geschenken passend . . ." Werden denn die
»garnirten Hüte" nicht, wenn das bevorstehende
Weihnachtsfest erst wieder da ist, unmodern sein?

Gifhorn. Es ist nicht ganz deutlich, was das
„Jsenhagener Kreisbl." vom 17. Jan. über den
dortigen Viehmarkt berichtet: „Die Schweine-
preise auf gestrigem Viehmarkte waren mäßige.
Der Handel ging recht lebhaft und flott von
statten. Nur wenige Verkäufer, die von
ihrer Verkaufswaare noch ein bischen mehr zu
erzielen hofften, kamen schließlich über-
haupt nicht zum Verkauf." Natürlich ist
gemeiut: die Verkäufer kamen nicht zum Verkauf
ihrer Waare, — aber gesagt hat's der Bericht-
erstatter nicht.

Halberstadt« C. K. Aus Prätoria ließ sich
die „H. Ztg." vom 16. Jan. depeschiren: „In
der Nachbarschaft von Prätoria ist eine kleine
Burenabtheitung er-
schienen und hat eine
Anzahl Kinder weg-
genommen/ Das ist
ein Nindermärchen.

Köpenick. Das„Köpe-
nicker Dampfboot" vom
18. Jan. bürgt für die
Meldung, daß „die
4. Gemeindeschule das
Festspiel „200 Jahr-
hunderte" unter Lei-
tung des Herrn Rektor
R . . . . zur Auffüh-
rung brachte." Die
llebertreibung, gleich
zweihundert Jahr-
hunderte in einem Fest-
spiel vorzuführen, über-
anstrengt den Patriotis-
mus auf Kosten der
Phantasie.

Meinet. In der Bei-
lage zu Nr. 12 des
„Bi. Dampfboots" wird
aus Königsberg be-
richtet: „Aus Anlaß
der 200jührigen Wieder-
kehr des Krönungs-
tages läßt dis Stadt
Königsberg durch eine
Deputation dem Kaiser

meidet.

Northeim. Aufregend klingt ein Gesuch in
Nr. 11 des „Hannoverschen Anzeigers" : „Auf-
wärterin für ein paar Mordenstd. G . . . -
straße 48." Zum Glück war hier nichts zu
morden als die Pointe des Inserats, wonach
die Aufwärterin für die Morgenstunden gesucht
wurde.

Nürnberg. Der „Fränk. Kurier" vom
19. Jan. berichtet über die Festvorstellung im
Berliner Opernhaus: „Hierauf wurde Putlitz's
Schauspiel „Das große Testament des Kur-
fürsten" gegeben." Eristirt denn noch ein kleines ?

Winkel i. Nheingan. H. H. Aus Triest
meldet der „Mainzer Anz." vom 6. Jan.: „Wegen
einer starken Boa ist der Schiffsverkehr ein-
gestellt." Das muß eine starke Boa sein, die
man da guer über den Golf von Triest gespannt
hat. Aber warum nur?

Zabrze. G. S. Im „Brest. Gen.-Anz." vom
13. Jan. findet sich das „Heirathsgesuch. Bau-
meister, 28 I., kath., hübsch, symp. Erscheinung
m. sicher, jährl. Einkommen von 12—15M.
sucht Bek. mit jung, gebitd. Dame . . ." Wie
will ein Mann, der 12 bis 15 Mark jährlich,
wenn auch sicher, einnimmt, darauf eine Familie
bauen? Das kann selbst ein Baumeister nicht!

Mas Oeukel, schon «»lecker ein Mechsel?

Erschrecken Sie nickt — es ist nur ein Thronwechsel.

verantwortlicher Redakteur: Fritz Engel in Berlin-Lharlottenburg.
Druck und Verlag von Rudolf Mssse in Berlin.
 
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