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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0059
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§5. Februar


Nr. 7 * Seite 7

De Jroße Berliner versucht nu ihre Schutzvorrichtungen an
'ns Puppe, die jenau wie 'n Mensch aussieht. Det is immerhin
.etwas, aber nach meine sachverständije Entscheidung noch nich jenug. Es
muß nu noch 'n Rejlemang ausjejeben wer'n, damit det Publikrun sich
beim Falle eines Unfalls oder beim Unfall eines Falles jenau so beträft,
wie det Versuchskarnickel von Puppe. Also, wenn de und de kommst vor 'n
Wagen, merk dir erstens: Maul halten un'n freindlichet Ooge machen,
wie 'ne Puppe. Zweitens: dir im jeringsten jarnich wehren, wie'ne Puppe.
Drittens: uff jeden Schadenersatz verzichten, wie 'ne Puppe. Viertens: dir
ruhig mit Säjespähne ufffüllen lassen, wie 'ne Puppe. Ick, der Nunne, Hab'
et aber immer jesagt: Wenn det Monopol der Jroßen so in de Puppen
jeht, is et keen Wunder, wenn se uns Spähne macht.

Glogau. Das

„Oberglog. Stadt-
blatt" schmückt die
Nummer vom 18. Januar mit einer Dichtung
„Zur 200jährigen Jubelfeier Preußens". Ter
Anfang lautet:

Im Schmucke der königlichen Zeichen
Sitzt Friedrich in Königsberg,

Die Nachbarn seh'ns und erbleichen
Vor Zollerus gewaltigem Werk.

Es lüftet der Aar seine Schwingen
Zum siegreichen Fluge durch's Land!
„8umn euigus!" Hört's klingen!

Drum sein Schritt wird all' anerkannt.

Und was er begonnen, setzt weiter
Sein Sohn Friedrich Wilhelm kühn fort.
„Er weicht ja der Sonne nicht!" Heiter
Fliegt er ja von Ort zu Ort.

Heiter fliegt auch der Pegasus des „Oberglogauer
Stadtblattes" von Reim zu Reim. Es wird die
Sehnsucht nach dem ersten deutschen Kaiser
geschildert:

Und kam er nicht? Ja bald ! Der Greise
Er war's, der „Mit Gott" „Preußen" hob,
Zum „Deutschland" gestalt'te so weise,

Die Feinde gewaltig zerstob!

Wir scheuen uns, das ganze Gedicht bis zum
Schluß abzudruckeu, weil wir sicher sind, daß
F. v. V. (so bezeichnet sich der Dichter schüchtern)
dann auch unsere Leser „gewaltig zerstob".

Hamburg. Stilblüthe aus einer „Skizze" in
Nr. 22 des „Tägl. Unterhaltungsbl. der Hamb.
N. N." : „Welch eine wonnige und sonnige
Zeit war es, als die Fregatte dort vor mehr als
drei Jahrzehnten anlegte und mit dem ganzen
Jugendübermuth seiner 25 Jahre an
Land fuhr, um als schmucker Seekadett die
acht Tage Ruhe zur Ausbesserung dieses Schiffes
zu verbringen." Welch ein Jugendübermuth,
wenn eine Fregatte sich plötzlich in einen See-
kadetten verwandelt und an Land geht! Sollte
er sich dort nicht nach einer Fregattin um-
gesehen haben?

Jever. In Nr. 14 des „Anz. für Harlinger-
land" liest man: „Gesucht. In einem größeren
landwirthschaftlichen Betriebe wird ein kom-
pletes Fräulein gesucht." Sie fragen, wann
ein Fräulein komplet ist? Das richtet sich ganz
nach den Ansprüchen an die Toilette! Also
eigentlich nie!

Ki'tstrin. Dr. H. Wir bedauern. Aus anderen
Zeitungen drucken wir nichts ab.

Lippstadt. Nett schildert das „L. Kreisbl."
vom 22. Jan. die „200 Jahr-Jubelfeier": „Es
herrschte dabei eine echte und rechte Feststim-
mung, die sich auf die gut patriotische Gesinnung
der Gäste gründete und durch gute vaterlän-
dischen Gerichte und seines Heimat hliche s
Bier in gesunde Gähruug kam; diese
wieder fand ihr Ventil in einer kräftigen
Festrede des Herrn H. St . . ." Ein Glück für
die Gähruug!

Beckum. Nicht ganz zu-
verlässig scheint uns, was die
„Glocke" vom 21. Jan. aus-
bimmelt, iudem sie die Nach-
kommen der verstorbenen Königin von England
aufzählt: „1. Viktoria, geb. 21. Nov. 1840, die
jetzige Kaiserin Friedrich. 2. Prinz Albert Eduard
von Wales, der nunmehrige König von England
und Kaiser von Indien, geb. 25. April 1841."
Zwischen dem 21. November 1840 und dem
25. April 1841 liegt ein Zeitraum von fünf
Monaten und vier Tagen . . .

Berlin. „Loge", Charlottenburg. Nach
dem Ausschnitt aus Nr. 27 der „Charl. Bürger-
ztg." vom 1. Febr. wurde dort bekannt gegeben:
„Königl. Standesamt I. Geburten. Sohn:
Konditor P . .. s. Tochter: Kaufmann T . . . t,
Prediger G...e (Zwillinge) 1 unehelich."
Das ist doch unmöglich. Wenn das eine von
den Zwillingen ehelich ist, muß es auch das
andere sein. — D. B. Nach dem „Vorwärts" vom
5. Febr. wehrte Staatssekretär Dr. Nieberding
die verlangte Entschädigung für unschuldig Ver-
urtheilte mit den Worten ab: „Uns kann um
so weniger ein Vorwurf treffen, als auch andere
grobe Staaten diese Entschädigung noch nicht
erreicht haben." Das mag zutreffen. Aber warum
richtet sich Deutschland nicht nach den höflichen
Staaten?

Elbing. Die „Altpreuß. Ztg." vom 20. Jan.
giebt folgende Schilderung einer Illumination:
„Einen sehr vortheilhaften Eindruck machte mit
ihrem Glühlichtarrangement die N . . . sche
Fabrik. Dieses wirkte so effektvoll, daß seine
ganze Umgebung ins Dunkel gestellt
wurde." Sehr hell kann doch dann die
Illumination jener Fabrik nicht gewesen
sein.

Fttlda. Der Leitartikel der „F. Ztg." vom
24. Jan. beginnt: „Nach einem langen, an
Thatsachen, Erfahrungen nnd Lehren ungewöhn-
lich reichen Leben ist Königin Viktoria von
Großbritannien und Irland (seit 1877 mich
Kaiserin von Indien) durch die erfolg-
reichen Bemühungen ihres hervorragendsten,
wenn auch persönlich nicht angenehmsten
Ministerpräsidenten Lord Beacvnsfield —
aus dem Leben ab berufen worden."
Wir wagen kaum, zuzustimmen.

Gleiwitz. „Friedrich Nietzsche", erzählt das
„Oberschles. Tagebl." vom 30. Jan., „war der
Inhalt des Vortrages, den der bekannte
Münchener Schriftsteller M. G. Conrad gestern
Abend vor einer zah »reichen Zuhörerschaft
hielt." Der Saal war also so gefüllt, daß nicht
einmal ein paar Zahnlücken sichtbar wurden.

Grüubcrg. Das „Gr. Wochenblatt" vom
24. Jan. meldete: „Der Handel mit Hasen ist
nur noch bis zum 31. Februar gestattet."
Das ist lange genug!

Mhslowitz. Dem Eissport huldigt der „M.
Anz." vom 17. Jan. durch folgende Dichtung:
Welch Gewimmel, welches Wogen!

Bald in Schnörkeln oder Bogen,

Bald in Ketten oder Reih'n,

Solo oder auch zu Zwci'n —

Wirbelt man im weiten Kreise
Auf dem spiegelglatten Eise.

Kokettireu und Charmiren,

Oder stolpernd Rumpoussiren —

Augen feurig blitzen lassend.

Leise um die Taille fassend,

Beine weithin kecklich schwingend
Und dabei ins Herz ein dringend,
Lispelnd traulich in die Ohren —

Nase roth und blau verfroren —

Doch im Herzen Glut und — dann —
Blicke — Küsse — Ringe an!

Augen, die leise um die Taille fassen, sind schon
recht gefährlich. Aber Beine, die weithin kecklich
schwingend dabei ins Herz eindringen, können
doch das größte Unheil anrichten. Wer solche
Kunststücke auf dem.Eise verfocht, sollte polizei-
lich überwacht werden.

Bau. Wie ein Ausschnitt der „D. N. N."
(Nr. 25) belehrt, geht es in der dortigen Gegend
recht wunderbar zu: „(Telegr.) Ein Ein-
wohner der Gemeinde Bexrie hat vorgestern
vier Kinder in die Welt gesetzt, zwei Knaben
und zwei Mädchen." Wo anders könnte man
das höchstens von einer Einwohnerin erwarten.

Pr. Holland. L. S. Verleumdung ist es, wenn
die „Nogat-Ztg." in Nr. 13 über Verdi schreibt:
„Er hat lange in Paris und Madrid gelebt und
ließ sich dann in Oberitalien nieder, wo er im
Kreise seiner Famil ien lebte." Unseres Wissens
hat Verdi nur eine Familie gehabt. Neu ist uns
auch, daß er außer den weit und breit bekannten
Opern noch einige bisher nie genannte komponirt
haben soll. Tie „Nogat-Ztg." führt verschiedene
solche auf: „Ripoletto (1851), La Fraviola
(1883), Oida (1871)." Welchem Abschriftsteller
verdankt die „Nogat-Ztg." diese Kenntnis)?

Vorsicht: Schüttelreim!

Das lange Ikeden, das

banale Miederkauen,
bedeutet, dass sie am

Ikanale wieder bauen.

Mo«r agrarische; Herr.

(Aus unserem anatomischen Atlas.)

Fritz Engel in Beriin-Ltzarlottenbur-g.

Druck und Verlag von Rudolf Masse in Berlin.
 
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