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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0072

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Leite H . Nr. A

<. rNLez ,93,

Protest-Versammlung tles Vereins üer Uebermäücven.

WMM Sonntag veranstaltete der Verein der Neberinädchen, in
dem nur Fräuleins von 1,65 Meter Höhe und darüber
Ausnahme finden, eine Extrasitzung. Die Tagesordnung wurde
von der Einberuferin und Vorsitzenden des Vereins, Fräulein
Wolkenstößer, in kurzen Worten motivirt:

„Meine Damen! Unser Verein, der sich bisher nur mit wirth-
schastlichen Aufgaben von hoher und höchster Wichtigkeit befaßt
hat, sieht sich heute genöthigt, kleinliche Angriffe abzuwehren, wie
sie in einer Neichstagsrede des Herrn Müller-Fulda gegen die
Großen unseres Geschlechts geschleudert wurden. Der Abg. Müller-
Fulda sprach gegen Herrn v. Podbielski den Wunsch aus. daß
bei der Post nur Damen, die mindestens 1,55 Meter groß seien,
Anstellung finden sollten, weil solche Damen keine Aussicht hätten,
geheirathet zu werden. (Allgemeines Entsetzen.) Ich merke es Ihnen
an, meine lieben Vereinsschwestern, wie tief auch Sie dieses un-
vorsichtige Urtheil des Herrn Müller-Fulda berührt. Ich habe
Sie hierher gebeten, um Ihrer Entrüstung darüber Ausdruck zu
geben. (Lebhaftes Klatschen der llebermädchen)

Frl. Hopfenstang: Meine verehrten Genossinnen! Unser
Verein rühmt sich, die höchsten Spitzen der Weiblichkeit unter
seine Mitglieder zu zählen. Unsere geschätzte Vorsitzende hat
eine Höhe von zwei Metern, manche andere Damen im Vorstande
sind vielleicht nur 1,60—1,70 hoch, aber noch im Wachsen begriffen.
(Hört! Hört'.) Eine so hohe Vereinigung sollte sich nicht blos
körperlich, sondern auch geistig groß erweisen. lBravo!) Dazu

gehört, daß wir die raschen Worte des Herrn Müller-Fulda von
unserem höheren Gesichtspunkt aus betrachten. Zweifellos war
seine Absicht eine gute, denn sein Vorschlag würde ja gerade
unseren Mitgliedern Nutzen bringen. Ich wünschte, daß Herr
v. Podbielski über den Plan des Herrn Müller-Fulda hinausginge
und nur Damen von 1,65 Meter anstellte, denn halbwüchsige
Kinder von 1,55 Meter nehmen wir ja nicht mal bei uns auf.
(Heiterkeit und Bravo.) Natürlich müßte den Damen mit höherem
Wuchs die höhere Postkarrisre erschlossen werden. (WiederholterBeifall.)

Frl. Hochmann (sehr lebhaft): Nee, — Wat ick sagen wollte!
Ick wundere mir, daß Frl. Hopfenstang nich jleich eene Dankadresse
an Miller-Fnldan vorjeschlagen hat. Von wejen, weil er doch
uns Jroßmächens bei de Post versorgen wollte. So'n jutet
Männeken! Nee. Wat ick sagen wollte, is des eene jenügende
Versorgung for unsereins? Un schickt sich det von een Abjeornten,
uns for de janze Welt öffentlich zu blamiren, indem daß er uns
de Heirathsfähigkeit abspricht? Nee, wat ick sagen wollte! Er
fürcht' sich man, der Herr Miller, weil wir ihm iebern Kopp je-
wachsen sind. So'ne Knirpse wie er haben freilich keen Ver-
ständnis) for jroße Mächens. Aber et jiebt noch Männer— erscht
heite Hab' ick wieder so'n Brief bekommen (sie holt ein rosafarbenes
Couvert aus dem Busen), wo mir Eener schreibt: „Jeliebte Nosalie!..."
(Glocke der Präsidentin).

Frl. Wolkenstößer: Ich bitte die Rednerin, doch hier keine
Privatangelegenheiten vorzubringen.
 
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