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Ulk: illustriertes Wochenblatt für Humor und Satire — 30.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.29961#0083
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8. Nkärz 1901


Nr. sO * Seite ?

For Thielen jiebt et bekanntlich nur een eenzichstes richtijet
Eisenbahnunjlnck, nämlich, wenn seine Beamten etwa von de Sozis
.anjesteclt wer'n würden. Det wundert mir nich, da er als Chef von de
erste bis vierte Klasse for den Klassenstaat vitle übrig hat. Nur muß ick et
tadeln, daß er det rothe Jespenst nich zielbewußt bekämpft. Eenfach mal
die janzen Haiptlinge von diese staatszerspaltende Partei in'n O-Zug
sperren und denn losfahren lassen. Bei den Brandreden, die die Brieder
dann in den Kupees halten wer'n, wird der Wagen bald Feuer fangen,
und det Jottesgericht wird besinnen. Schon riecht et singerig, Au er-
sieht bald wie'n jebratenes Auerhühnken aus, und Bebel is nfs een Mal
een janz weichjesottener Sünder. Det is'n biskeir jewaltsam, aber Thielen
wird dann mit Recht als Blut- und Eisenbahnminister jefeiert wer'n. Ick, der Nunne,
Hab' et aber immer jesagt: Der innere Feind muß zur Strecke jebracht wer'n, un wenn
et ooch nur 'ne Eisenbahnstrecke is.

Ihrhove. In

Nr. 47 des „Lee-
rer Anzeigebl."
liest man: „Beabsichtige, jeden Tag 25 Fuder
Kuhdüuger aus der Hand ans 6 Monate
Kredit zu verkaufen." Xon olot!

Karlsruhe. In Nr. 38 theilt die „Badische
Presse" aus Port Elizabeth mit: „Die Buren
versuchten die Engländer zu umzüngeln."
Tie Engländer in Südafrika verdienen, daß
mau ihnen die Zunge herausstreckt. So lang
aber werden die Zungen der Buren nicht sein,
um ihre Feinde gänzlich zu „umzüngeln".

Landsbcrg a. W. Recht vielseitig ist eine
Kundgebung in Nr. 46 des „Gen.-Anz. für die
gesummte Neumark": „Ich erkläre hiermit, daß
meine Aeußerungen über meine mir mit einem
Andern davongelaufeue Frau hundsgemein,
erstunken und erlogen waren. Ich bitte sie, z.
mir wieder zurückzukommen, damit ich ein braver
Ehemann werd. kann. Heinrich M . . , Vor-
schnitter. Auch k. u. 1 Pasch bei mir eintr., pro
Mann 1 Liter Milch pro Tag extra; sowie
1 Paar Stiefel zu verkauf., v. denen der linke
fehlt, aber wie neu." Heinrich, mir graut
vor dir . . .

Nackenheim. Aus diesem Orte meldet die
„Wormser Ztg." vom 13. Febr.: „Gestern starb
im Alter von 29 Jahren die älteste Person hiesiger
Gemeinde." Es scheint, daß die Nackenheimer,
wenn auch nicht ewiger Jugend sich erfreuen,
doch wenigstens lebenslänglich jung bleiben.

Nenmnnfter. Die „Gettorfer Nachr." vom
20. Febr. berichteten über den „Liedertafel-
Fasching" : „Die junge Damenwelt führte
auf trippelnden, tanzlustigen Füßchen
manches hübsche, sinnige Kostüm im Ruudreigeu
durch den Saal." In der That recht närrisch!

Schönebeck. Stilblüthen aus dem Roman-
abschnitt in Nr. 42 der „Wernigeroder Ztg.":
„Die Svnnenkugel stand in voller Rundung am
Horizont und erröthete purpurn den glänzend
weißen Schaum, den der Südwestwind in breiter
Linie an den Strand geweht, jenes liebliche
Märchenwunder, aus dem die Venussage ent-
standen und das doch nichts anderes ist als
Milliarden mikroskopischer Algeneier." Selbst
für die kühnste Phantasie ist diese Algeneierspeise
recht unverdaulich. Weiter unten wird ein
schlafendes Mädchen beschrieben : „Von der sanft-
gewölbten Stirn hob leise der Abendwind ein
goldenes Löckchen, daß es die Stirn frei machte
und nun deutlicher noch und schöner die feine
süße Linie der Nase Herportrat." Wie pikant
muß diese süße Nasenlinie werden, wenn sich
der Mund zu einem sauren Lächeln verzieht.
Sinniger als der Romandichter erscheint uns
der Druckfehlerteufel, dem wir folgende Schil-
derung verdanken: „Da rauschten Fontaine» in
Marmorschalen, kunstvoll bemalt mit Land-
schaf en."

Berlin. Betth, Eliride,
Gertrud, Katharina und
Andere. In der Bezirks-
beilage des „Lok.-Anz." vom
25. Febr. wird berichtet: „Die Einweichung
des neuen Reformgpmnasiums in der Knese-
beckstraße findet am nächsten Mittwoch statt."
Bei dem schlechten Wetter der vorigen Woche
war diese Einweichung nicht zu vermeiden.

— E. S. 97. Erstens zahlen wir für Druck-
fehler und Stilblüthen aus fremden Zeitungen
kein Honorar, und zweitens nehmen wir
überhaupt nichts aus, was uns in der Ab-
schrift zugeht, da wir nur das uns vor-
gelegte Original glvssiren. — E. Nach dem
Ausschnitt aus der „Voss. Ztg." vom 24. Febr.
wurde im Handelstheil über die „Gesellschaft für
elektrische Unternehmungen, Berlin," mitgelheilt:
„Der Restbetrag von 500,000 M. der zu 103 pCt.
rückzahlbaren Schuldverschreibungen der Gesell-
schaft wird zum Konkurse von 99'/? PCt. am
27. d. M. zur öffentlichen Zeichnung aufgelegt."
Gleich zum Konkurse? Dann würde es mit
der Gesellschaft schlecht stehen. — K. R. In
Nr. 93 des „Lok.-Anz." liest man: „Perfekte
Klavierspielerin, welche fließend vom Blatt
spielt und möglichst sich zum Verkauf
eignet, ansprechendes Aeutzere und gute
Umgangsformen, verlangt sofort für die Ab-
theilung „Musikalien" Waarenhaus Hermann
Tietz." Es ist unglaublich! Nun wollen diese
Waarenhäuser auch noch Klavierspielerinnen
feil, halten. Aber ein Meuschenwaarenhaus
wird die Polizei nun und nimmer konzessioniren.

— ß In Nr. 50 der „B. Mvrgenpvst" findet sich
die Anzeige: „Zahnreisende für die Hälfte jedes
Gebisses gesucht." Wieder ein Beleg für die
Arbeitstheilung. Denn nach dieser Anzeige giebt
es Oberkieferzahnreisende und Unterkieserzahn-
reisende. Die Ober . . . sind natürlich die
besser besoldeten ! — W. K. Ueber eine Pianistin,
die in der Singakademie aufgetreten ist, berichtet
der „Lok.-Anz." vom 2. März: „Es klang wohl
manches sehr schön, was Fräulein N . .. spielte,
aber es war eine uninteressante, kalte Schön-
heit. Doch das ändert vielleicht die Zeit und —
das allnüchtige Schicksal." Eine Künstlerin
pflegt allerdings kein alltägliches Schicksal zu
haben, aber den Gegensatz hätte der Musik-
referent doch anders ausdrücken sollen.

Bingerbrück. Wie die „Rhein- und Nähe-
Ztg." vom 22. Febr. erzählt: „haben mehrere
hiesige Einwohner in einem Hause zwei Marder
todtgeschlagen, was denselben große Freude
machte, da unsere Hühner aus ihrer Lebens-
gefahr befreit sind." Für so hühnerfreundlich
halten wir die Marder denn doch nicht, daß sie
sich über ihren eigenen Tvdtschlag freuen.

Oer arme Okrn.

FVenn nuob ckis ^.UAenopsruticm Obm
krüAer8 in Hoslanck Zlüeßie, so ersebeint
es 600I1 fruZlieb, ob 6er alte Nunn je
sein Imnck zviecksrsiebt.

N eb er-Blick über öas
Neber - Brettl.

^Feber-schaust du dir die Zettel,

^ Ueber-sieh die Ueber-Schrift
Nun und nie: „Das Ueber-Brettl",
Welches alles über-trifft.

Dies kann dir den Abend kürzen,
Ueber-aus freut sich dein Sinn;

Ist's heut voll, nicht über-stürzenl
Geh doch über-morgen hin!

Deine Ueber-Beine stecke
Dorher in die Ueber-Schuh;

Ueber-kalt ist's, und drum decke
Dich ein Ueber-Zieher zu!

Ueber alles int'ressant ist,

Was sich dort dir zeigt, und gut,
Wenn's auch etwas über-spannt ist;
Ueber-all wirkt Ueber-UIiith.,

Ueber-wiegend — ohn' Grröthungl
Hörst du, was nicht üb er-frei,

Denn die kleinste U eber-tretung
Ueber-wacht die Polizei. K

x*x»x»x*x*x»x*x»x*x*x*x*x»^«x»x*^»x*x»

Var vberprärWum verlin

wircl cien Ztaciwätem schon über'n
Kopf kommen.

MnanUvoNücher Heclaklcur:

7rilr 6»ge1 m Iün>in--ei,arlollcnviifg.
Druck uȊ iterlag von Itucloll Illosse in Lerlln.
 
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