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Das 500jährige Jubiläum der Heidelberger Universität im Spiegel der Presse: Neustrelitzer Zeitung — 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.17450#0002
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hängnißvoll wurde. Auch die verhältnißmäßig milde Witterung im
Januar und in den ersten Wochen des Februar kam nur wenigen
kräftigen Völkern zu Gute, und die Neigung, die der vorjährige Honig
zur Verzuckerung hatte, wie das Fehlen des nöthigen Wasscrs von
draußen her, hatte die Folge, daß die Ruhr ihren Einzug unter den
Bienen hielt. Später, Mitte März, trat ein heftiger Schneefall ein,
auch dre Witterung des April war ungünstig, nicht minder die dcr
ersten Hälfte Mai; der Raps lieferte wemg Blüthen und da es
andere honigliefernde Blüthen nm diese Zeit wenig gab, so wurde es
still vor den Bienenständen. Jn einzelnen Orten in der Gegend von
Neubrandenburg und Stargard soll indessen eine Ausnahme statt-
gefunden und der Raps während feiner ganzen Blüthezeit viel Honig
geliefert haben. Als fpäter der Klee ansing zu blühen, begann zwar
überall wieder frifches Leben, auch andere Blüthen lieferten, fo weit
die Witterung es zuließ, gute Ausbeute, und nach dem Regen der
letzten Zeit und den mancherlei Blumen, die derselbe hervorgelockt,
hatten es die Thierchen sehr emsig, neue Vorräthe zu fammeln. Die
Linden haben indessen nur fpärlich geblüht, und wo nicht spät gefäeter
Buchweizen, Seradella oder die Heide noch im August und September
blühen und honigen, da haben die Bienen in diesem Jahre ihre meiste
Arbeit gethan, denn bald wird die Senfe des Landmannes das Ge-
treide und mit demselben die dazwifchen stehenden Blumen abgeschnitten
haben. Wollen wir nun ein Urtheil über das Jahr 1886 als Bienen-
jahr fällen, so würde solches, wie wohl aus vorstehendem zu errathen,
sehr verschieden lauten. Der eine Bienenzüchter, der im Winter in-
folge günstigerer Verhältnisse weniger verlor und dadurch im Früh-
ling und Sommer größere Ausbeute gewann, wird es vielleicht ein
gutes Bienenjahr nennen; ein anderer, der weniger begünstigt war,
vielleicht ein fchlechtes, die Mehrzahl der Bieneiizüchter aber wird
unstreitig von demfelben sagen: Es war ein mittelmäßiges Bienen-
jahr. — Es sei hier noch bemerkt, daß in Mecklenburg-Strelitz mehr
die Kastenform mit bcweglichen Waben vorherrschend ist; statt der
Wabenträger führt man in letzter Zeit immer mehr die Rähmchen
ein, da zweckmäßige Mafchiuen die Anfertigung derselben erleichtern
und Fabriken das Holz dazu fehr billig fertig liefern. Auch die
künstlichen Waben finden mehr und mehr Eingang, namentlich dadurch,
daß billige Presfen es dem Bienenzüchter gestatten, sich dieselben aus
dem eigenen Wachs selbst zu bereiten.

Neustrelitz^Z, August. Nach den Aufzeichnungen der hiesigen
meteorologischen Station waren die Witterungsverhältnisse des ver-
gangenen Monats kurz folgeude: Die mittlere Temperatur war um
inehr als 1° zu niedrig, indem aus den 5jährigen Beobachtungen der
vergangenen Jahre sich für Juli das Monatsmittel zu 18,8° C. ergiebt,
während in diesem Jahre dasselbe nur 17,4» betrug. Die höchste
Temperatur wurde am 20. mit 32,o° C., das höchste Tagesmittel
aber am 22. mit 23,i" C. beobachtet. Die niedrigste Temperatur
wurde am 16. mit 5° C., das niedrigste Tagesmittel am 10. mit
12,s° notirt. Die Schwankungen des Thermometers verliefen so, daß
die Tage vom 1.-7. so ziemlich normale Temperatur hatten; dann
trat vom 8.—17. eine bedeutende Abkühlung ein, während vom 18.
bis zum Ende des Monats wieder wärmere Tage kamen, mit Aus-
nahme des 28. und 20. Das Barometer zeigte nur geringe Schwan-
kungen; der höchste Stand desselben betrug am 21. 760,« mm, der
niedrigste am 8. 744,4g mm. Die meisten Tage hatten mittlere Be-
wölkung, nur 5 Tage konnten als heitere und ebcnsoviele als trübe
bezeichnet werden. Auch eigentliche Sommertage, d. h. solche, an
denen das Maximum der Temperatur 25° C. oder mehr beträgt,
hatten wir nur 5. Die Windrichtung war vorwiegend West, indem
von den 93 Windbeobachtungen 47 auf West, resp. Nord- und Süd-
west fielen; an 21 Beobachtungsterminen wurde Windstille notirt.—
Ueber die Gewitterbeobachtungen wurde schon früher berichtet.

— Der soeben erfchienene XIV. Band des von dem Verein für
Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde herausgegebenen
Mecklenburgifchen Urkundenbuchs umfaßt in 643 Nummern (Nr. 8175
bis 8817) die Jahre 1356 bis 1360, und erweitert in beträchtlichem
Umfange den Quellenfchatz, aus welchem die Landesgeschichte schöpft.
Eine besonders reichhaltige Beisteuer hierzu ist den Rathsarchiven
zu Rostock und Wismar entnommen. Auch diesem Bande sind wieder
eine größere Anzahl Siegelholzschnitte den Urkunden, zu welchen sie
gehören, angefügt, darunter Siegel des Bischofs Otto von Ratzeburg
(s- 13. Nov. 1356), des Bischofs Wipert von Ratzeburg (f 15. Sept.
1367) und des Bischofs Potho von Schwerin (resignirt 1388); ferner
des Herzogs Johann I. von Mecklenburg und Stargard, des Herzogs
Heinrich III. von Mecklenburg (Schwerin) und des Grafen Otto II.
von Schwerin; weiter 28 Privatsicgel, unter diesen ein Siegel des
Knappen Vicke Molteke auf Müsselmow: über dem rechtsgeneigten
Schilde mit 3 Birkhähnen ein rechtsschauender Helm mit 6 Büscheln
in langen Scheiden, Umschrift 8. Vie.Koms Uollelee. Dieses Siegel
sindet sich an einer Urkunde vom 27. März 1359, in welcher Herzog
Albrecht von Mecklenburg und sein Sohn Heinrich mit 60 Bürgen
sich den Grafen Nicolaus und Otto von Tecklenburg verpflichten,
von den Kaufgeldern für die Grafschaft Schwerin zum 6. Dec. 1359
die zweite Rate von 5000 löth. Mark zu zahlen. Außer dem genannten
Vicko Molteke auf Müsselmow befinden sich unter den Bürgen noch
fünf andere Mitglieder der Familie Moltcke: Vicko M. auf Striet-
feld, .Henneke M. auf Todendorf, Hinrich M. auf Westenbrügge,
Cord M. auf Belitz und Cord M. auf Wokrent.

— Die „Voss. Ztg." schreibt: Vor einiger Zeit nahmen wir
Veranlassung, die Betriebsverhältnisse der Berliner Nordbahn, welche
nunmehr nach Eröffnung der dem deutschnordischen Lloyd in Rostock
gehörigen Strecke Neustrelitz-Warnemünde den directen Verkehr zwifchen
Berlin und Kopenhagen vermittelt, zu besprechen und namentlich auf
die Verkchrsfchwierigkeiten und die große Verantwortlichkeit der Be-
triebsbeamten hinzuweisen, welche dadurch hervorgerufen würden, daß
der Betrieb auf eine eingeleisige Strecke beschränkt sei. Wie wir nun
hören, hat das Königliche Eisenbahn-Betriebsamt Stralsund, welchem
die Verwaltung der Strecke Berlin-Stralsund obliegt, Veranlassung
genommen, die Nordbahnverhältnisse nach dieser Richtung hin einer
eingehenden Prüfung zu unterziehen und da sich hierbei die Noth-

wendigkeit für die Anlage eines zweiten Geleises herausgestellt hat, einen
bezüglichen befürwortenden Bericht höheren Orts vorgelegt.

— Am 31. Juli feierte Herr Dr. Otto Witte in Woldegk
sein 25jähriges Arztjubiläum. Jm Laufe des Vormittags erschien
außer anderen Gratulanten auch eine Deputation und überreichte im
Auftrage der Freunde des Jubilars ein werthvollcs silbernes Eß-
besteck. Der Kriegerverein, dessen Mitglied Herr Dr. W. ist, marfchirte
in Wehr und Waffe, mit Musik und wehcnder Fahne auf, um eben-
falls feinen Glückwunsch darzubringen. Am Nachmittage vereinigte
sich eine größere Anzahl von Herren zu einem Festessen auf dem
Rathskeller.

— Der Remontemarkt in voriger Woche zu Neubrandenburg
war von mehr als hundert Pferden beschickt, welche fast alle angekauft
wurden. Die Preise schwankten zwischen 500 bis 800 ^ Von
Züchtern waren nur drei Pferdc zu Markt gebracht. — Auf dem
Remontemarkte, der am 31. Juli zu Friedland stattfand, waren
zwifchen 30 und 40 Füllen angeliefert, von denen nur eins für
gegen 700 ^ von der Commission angekauft wurde.

— Die Vorbereitungen zur bienenwirthschaftlichen Ausstellung
vom 27. bis 29. d. Mts. in Wismar schreiten rüstiz vorwärts.
Daß man auch auswärts der Ausstellung seine Aufmerksamkeit zu-
wendet, beweisen die brieflichen Mittheiliingen und Anfragen aus
Hannover und Schleswig-Holstein, die Anmeldebogen aus Kopen-
hageu, Berlin, Frankfurt a. O. und andern Orten, abgesehcu von den
mecklenburgischcn Ausstellern. Noch täglich werden Anmeldebogen
verlangt, sodaß es scheint, die Ausstellung werde trotz des heurigen
ungünstigen Bienen- und Honigjahrs von jedem Erfolge begleitet sein.

Bermischtes.

f* Die älteste deutsche Universität, die Ruperto-Carola in Heivelberg,
feiert in diesen Tagen ihr 500jähriges Beftehen. Sie ist heroor-
gegangen aus dem Zwiespait der katholischeu Kirche im 14. Jahrhunvert,
in welchem die Gegenpäpste einander mit Bann und Jnterdict, mir Blut
und Feuer bekämpften. DamalS standen Urban Vl. und Clemens VII.
einander gegenüber. Der Pfalzgraf Ruprecht I. von Baden hielt zu
dem ersteren. Jhn verdcoß es, daß seine LandeSkinver bic Universitäk in
Paris besuchen sollten, und so faßte er den Cntschluß, in seinem eige-
nen Lande eine Hochschule der Wissenschafren zu gründen. Er bewarb
stch deShalb bei Papst Urban um die Geuehmlgung zur Errichtung
einer Universität; denn biS zur Reformation waren diese Hochschulen im
wesenilichen kirchliche Anstaiten, zu deren Begründung es der päpstlichen
Erlaubniß bedurfte. Urban kam dem Wunsche seines treucn AnhängcrS
alsbald nach, und unlerm 23. October 1385 ward die brzügllche Bulle
ausgcstellt, welche jedoch erst am 24. Juni 1386 in die Hände Ruprechtö
gelangte. Der erste Rector der Hochschule war der „Psaffe" Marsiiius
von Jngen, der, als Anhänger Urbans von Paris vertrieben, sich in
Heidelberg niedergelassen hatte. BiS um die Mitle des l6. JahrhunvertS
hat die Universität ganz im Banne Roms gelcgen. Erst Kurfürst Otto
Heinrich war es beschiedcn, dic Pforten der wifsenschaftlich schon ganz
entarteten Nuperto-Carvla der Lehre des Wittenbergec Mönches zu öff-
nen. Nach dem Tode deS Kurfürsten hielt d?r unsellge Streit z.vischen
Calvinisten und Lulheranern Einzug in Heideioerg, und keine deutsche
Universttät hat schmerzlicher unter diesem Zwiespalt der Theologen zu
leiden gehabt, als die zu Heideiberg. Doch standen ihr noch schwecere
Prüfungen bevor. Die Schlacht am Weißen Berge, in welcher Kurfürst
Friedrich V. die kurze Freude seiner böhmischen Königshccrlichkeit mit
dem Verluste seiner Krone und seiner Erblande büßle, brachte auch
Heidelberg nahe dem Untecgang. Die kostbare Bibliothek überlieferte
der siegreiche Tilly seinem Fürsten Marimilian von Bayern, der sie
dem Papste zum Geschenke machte. Jn 184 Kisten verpackt, wurve sie
nach Rom transportirt. So hat die Universität wechselnv geblüht und
gewelkt, geduldet und geftritlen um GlaubenS- und ForschungSrecht, um
endlich, gehoben von der starken und milven Hand ihrer erlauchten Be-
schützer, die ehrenvolle Wunde mit dem Festkleide des Sieges zu decken.
Am letzten Montag haben die Festlichkeiten in Heivelberg mit ver Be-
grüßunq der Gäste, Commers rc. begonnen. Sie währen 6 Tage. Am
Dienstag traf der Deutsche Kronprinz, alS Vertreter des KaiserS, in
Heidelberg ein. An demselben Tage VormiltagS fand zur Einleitung
deS Festes ein feierlicher Gottesvienst in der Heiligen Geistkirche statt.
Daran schloß sich um I I Uhr der Festakk'in der Aula der Universität,
bei welchem der Kronpriuz und der Großherzog (Rector der Universität)
Ansprachen hielten. Dcr Kronprinz überbrachte ven Gruß und die
Glückwünsche deS KaiserS. Jn seiner viertelstündigen Ansprache erinnerte
der Kronpcinz an die ruhmreiche Geschichte und die wechselvollen Schick-
sale der Hochschule im Kampfe um daS Rechl des GlaubenS und der
Forschung, an die große Stunde, in welchec der Großherzog als erster
dem Kaiser huldigte, an die Bedeutung der Universität Heidelberg für
die Vereinigung der Deutschen aller Gaue und Herstellung des Glau-
benS an die Volksgemeinschaft, welche jetzt Deutschlands Hort und
Stärke sei. Nach der wiedergewonnenen Einigung des VaterlandeS
bedürfe daSselbe zur Bewahrung der alten Tugenden um so größerer
Besonnenheit und Selbstverleugnung und einer strengen geistigen Zucht,
um aus dcm Geiste deS FreimuthS die Lebensformen deS deutschen
VolkSthumS gedeihlich auSzubilden. An die Ansprache ves Großherzogs,
die in gleicher Weise wie die des Kronprinzen mit stücmischem Jubel
aufgenomme» wurde, rcihten sich noch eine Anzahl anderer. Der Groß-
herzog verlieh anläßlich dieser Feier folgende Auszeichnungen: Ver Pro-
rector, Geh. Rath Ernst Jmmanuel Bekker, ist mit Ueberspringung eines
Grades zum Comthur erster Klasse des Zähringer vöwen ernannt, der
Professor Kuno Fischer zum Geh. Rath erstec Klaffe mit dem Prädikat
Ercellenz, die Profefforen Karl Bartsch (Germanist), Leo Königsberger
(Mathematikcr) und Beckec (Ophthalmologe) zu Geheimen Räthen zwei-
ter Klasse, die Professoren Karlowa (Romanist), Winkelmann (Historiker)
und Quincke (Physiker) zu Geh. Hosrättzen, die Prosessoren ErdmannS-
dörffer (Historiker), Erb (Kliniker) und Zangemeister (Oberbibliothekar)
zu Hosräthen und der Professor HauSrath (Theologie) zum Kirchenrath.
Am Mittwoch fand ein großartiger Fackelzug der Studentenschaft statt.
Am Freitag soll sich ein im größten Maßstabe gcplanter Festzug durch
dic Straßen bewegen, für dessen Zustandekommen die Phantaste
 
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