Lrjch-int täglich, auSgenom-
mcn an Sonn- und hohen
Festtagen.
Abonnementspreis
(in cl. Stadt-Anzeiger)
.vierteljährlich
für Tr^cr und Vororte 2 M
im deutsch.Reich2M.50Pf
Verantwortl. Redacteur
in Trier.
Man^abonnirt in Tricr in
der ^Expcdition, Fleischstr
29, und auswärts bei allen
'Postanstalten des Deutschen
Reiches. Jnsertionspr. sür
die Pctirraumzeile 15 Pfg.
Reclamen 30 Pfg. Bei Wie-
derholungen entsp. Raba4t
r mi» MxsklWMji
verbunden mit dem jeden Samstag gratis von Haus zu Haus in Trier und Vororten vertheilten und an allen Strastenecken angeschlagenen
Stadt-Anzeiger md dem Anzeiger für den Regiernngsbezirk Trier.
Letzterer wird in 4l0 Gemeinden des Regierungsbezirks Trier als Plnkttt an den dazu geeigneten ösfeutlichen Plätzen angehestet. Alle im Laufe der Woche in die Saar-Mnd Mösel-
Zeitung gegen Bezahluug eingerückten Jnserate aus der Stadt werden im Stadt-Anzeiger gratis publieirt. Die Saar- u. Mosel-Ztg. ist also das Wirkfamste JnsertionsorgUU fkr
den Regbz- Trier und kann allen Jnserenten bestens empfohlen werden.
Anuoncen-Agenturen: Ruäolk Nosssi in Berlin, Leipzig, Hamburg, Frauksurt a. M., Halle, Prag, Wien, München, Nürnberg, Straßburg, Zürich und Stuttgart. — Huussllstein u. Vogler in Kdln, Berlin
Bresl«», Franksurt a. M., Hamburg, (Lübeck), (Rostock) Leipzig, Dresden, Stuttgart, Wien Prag, Basel, (St. Gallen), Zürich, Geni, (Lausannej. — 6. I-. vuuds u. Omnp. in Frankfurt a. M. —
Lullior ». 0s«p. in Paris, Place de la Bourse. — Illvuliüsnäulllc, Berlin IV. — .1. Ltoiusr, Hamburg. — I). 8eliürmullu, Düjssldorf, Schwaneninarkt 20. — Ourl 8eüüs«Isr, Hannover. — IV. VtusQ««,
Elberfeld. — Rsillrlodi 8cdulslc, Wien I Wollzeile 14. — Lsrlldurä ^rllät, Berlin W., Mohrenstraße 26. — LI. vulcss, Wien. —
Druck und Verlag vo«
8«ni»«!ll»ll»8
in Trier.
Nr. irr
Trier, Dienstag den 3. August 188t».
1S. Jahrgang.
Demsches Reich.
Berlin, 2. August.
* Der Kaiser hat gestern in Gastein das zehnte
Bad genommen, sein Befinden ist ausgezeichnet. Heute Vor-
mittag machte der hohe Herr keine Ausfahrt. Zur Tafel
wurden geladen der ungarische Justizminister Fabiny und
Graf Wolkenstein - Trostburg. Die Kaiserin von
0 e st e r r e i ch traf mit Gefolge um 7 Uhr 45 Min. in
Gastein ein und fuhr direct zum Badeschlosse, um dem
Kaiser Wilhelm einen Besuch abzustatten. Vor dem
Badeschlosse waren die Kurgäste zur Begrüßung versammelt.
Der Besuch der Kaiserin bei dem Kaiser dauerte eine halbe
Stunde. Dann fuhr die Kaiserin unter den Hochrufen der
Menge nach der Villa Meran, wo sie Wohnung genommen
hat. Der Kaiser von Oesterreich kommt am 7. August um
1 Uhr MittagS in Gastein an und wird Appartements im
Hotel Straubinger beziehen. Se. Majestät, in dessen Be-
gleitung sich Obersthofmeister Prinz Hohenlohe und zwri
Flügeladjutanten befinden, verläßt Gastein am 10. August,
wenige Stunden nach der Abreise des Kaisers Wilhelm. Da
es unwöglich war, momentan geeignete Appartements für die
Prinzessm Viktoria in Gastein zu finden, unterbleibt die
Herreise der hohen Dame. Jhr Gemahl, Prinz Wilhelm
von Preußen, trifft jedoch am 6. August um 4 Uhr Nach-
mittags im Kurorte ein, verläßt denselben gleichzeitig mit
seinem erlauchten Großvater, dem Kaiser Wilhelm, welchem
der Prinz bis Salzburg das Geleite gcben wird.
* Bei dcr am 29. d. M. vollzogenen ReichS -
tags-Ersatzwahl im 5. württembergischen Wahl-
kreise wurde nach der „Frankf. Ztg." der Kandidat der
„deutschen Partei" (rechter Flügel der Nationalliberalen)
Adae mit einer Mehrheit von 2 bis 3000 Stimmen ge-
wählt. Gegenkandidaten waren Retter (Dem.) und Lutz
(Soz.-Dem.).
* Das büreaukratische Element ist i>l der eben gevil-
deten A n s i e d e l u n g s c o m m i s s i o n für die p ol-
nischen Provinzen nur schr schwach vertreten, nur so weit
als es dringend erforderlich und wünschenswerth war. Sonst
sind cmßer den beiden Oberpräsidenten der betheiligten Pro-
vinzen nur Männer ernannt worden, die durch langjährigen
Grundbesitz mit den Verhältnissen genau vertraut setn kön-
nen. Von bekannteren Persönlichkeiten sind als Mitglieder
der Commission ernannt worden der Generallandschafts-
director Staudy in Posen, conservatives Mitglied desReichs-
tags, der Generallandschaftsdirector v. Körber zu Graudenz
und der Nittergutsbesitzer Kennemann zu Klenka. Die beiden
letzteren gehören dem Abgeordnetenhause als Mitglieder der
freiconservativen Partei an. Es steht bereits fest, daß in
den ersten Tagen des August die erste Sitzung in Posen
stattfinden wird.
* Bekanntlich hat nach längerem Prozessiren die kai -
serliche Tabaksmanufaktur in Straß-
burg ihr Fabrikzeichen „Die schwarze Hand"
verloren, da die Eintragung desselben nicht rechtzeitig er-
veuert wurde. Das Central-Handelsregister für das deutsche !
Reich enthält nun die neue Fabrikmarke. Dieselbe stellt in ooa-
lem Medaillonbild die Fabrikgebüude der Manufaktur aus
der Vogelschau dar.
* München, 1. Aug. Der Besuch des Für-
sten Bismarck wird in offiziellen Kreisen nur als ein
Höflichkeitsakt angesehen. Man hält dafür, daß der Reichs-
kanzler, desscn bundesfreundliche Gesinnung bekannt ist, dem
Bundesfürsten seine Huldigung darbringen will. Der Reichs-
kanzler wird um ^12 Uhr empfangen werden; danach wird,
wie der F. Z. berichtet wird, dei Regent den Besuch sofort
erwidern und auch der Fürstin cinen Besuch abstatten. Um
2 Uhr findet ein kleineS Diner statt, an dem die Minister
Lutz und Crailsheim theilnehmen. Die Fürstin Bismarck
wird auf des Prinzregenten besonderen Wunsch neben ihm
sitzen. Bismarck wird am Nachmittag voraussichtlich Besuche
machen und sich in der Stadt zeigen. Die Abreise ist noch
unbestimmt.
* München, 1. Aug. Fürst Bismarck machte
den hier anwesenden Mitgliedern des königlichen Hauses, dem
Prinz Arnulf, der Prinzessin Gisela und dem Herzog Max,
ferncr den Minlstern Lutz und Crailsheim Besuche und em-
pfing deren Gegenbesuche. Der Prinzregent machte
um 12^/4 Uhr dem Reichskanzler einen Besuch. Zu dem
Diner beim Prinzregenten waren geladen: der Fürst nnd die
Fürstin Bismarck, der preußische Gesandte Graf Werthern,
die Minister v. Lutz und Crailsheim, der Generaladjutant
General v. Freyschlag, der Flügeladjutant v. Lerchenfeld nnd
Geheimrath Rothenburg.
* München, 2. Aug. F ü r st Bismarck mit
Gemahlin ist unter Hochrufen einer zahlreichen M.nschenmenge
um 9 Uhr 40 Min. nach Gastein weitergereist. Zum Ab-
schiede waren auf dem Bahnhofe der Minister des Ä nswärti-
gen und der preußische Gesandte.
* Bayreuth, 2. Aug. Uejier die letzten Stunden
Liszt' s wird dem B- B. C. Nachstehendes berichtet:
Franz Liszt entschlief sanft um I1?/2 Uhr in den Armen
seiner Tochter. Die Festspicle sollen durch den Tod des
Meisters nicht unterbrochen werden. Gestern Abend wurde
noch Hosfnung auf die Wiedergenesung des erkrankten Meisters
gehegt. Plötzlich trat ein Kräfte-Verfall ein, dem mit den
wirksamsten Reizmitteln nicht zu begegnen war. Professor
Fleischer aus Erlangen und Landgerichtsarzt Dr. Landgraf
hatten seit dem Eintritt schlimmerer Anzeichen das Kranken-
bett nicht mehr verlassen. Die Beerdigung der stcrblichen
Hülle Liszt's wird voraussichtlich am Dienstag hier in Bay-
reuth stattfinden.
* Bayreuth, 2. Aug. Der Kronprinz ist heuie
Vormittag mit der Prinzessin Victoria hier eingetroffen und
von der Volksmenge, welche sich am Bahnhof und in den
Straßen zu Tausenden angesammelt hatte, mit stürmischcn
Hochrufen begrüßt worden. Der Verwaltungsrath der Fest-
spielaufführungen und der Bürgermeister Muncker hatten sich
zum Empfang auf dem Vahnhof eingefunden; der Prinzessin
! wurde von der Gemahlin des Banquiers Feustel ein Blumen-
! strauß überreicht. Der Kronprinz fuhr sofort nach der An-
kunft in das königliche Schloß, bis zu welchem die Krieger-
vereine Spalier bildeten. Die Stadt ist aufs reichste mit
deutschen und bayerischen Fahnen geschmückt._
AusLand.
* Wien, 1. Aug. Wie bestimmt verlautet, wird Graf
Kalnoky den Kaiser nach Gastein begleiten. (F. Z.)
* Bad Gastein, 1. Aug. Die Kaiserin von
Oesterreich fuhr gestern Abend unmittelbar nach ihrer
Ankunft mit der Gräfin Majlath zuin Badeschlosie, um dem
Kaiser Wilhelm einen Besnch abzustatten. Der Kaiser be-
fand sich grade in seinem Arbeitscabinet. Die Kaiserin ver-
weilte etwa 25 Minuten im Badeschlosse. Der Kaiser be-
gleitete die Kaiserin bis an die Vorhalle, küßte ihr die Hand
und verabschiedete sich aufs herzlichste von ihr. Der Kaiser
machte heute Mittag der Kaiserin in der Villa Meran einen
Gegenbesuch und verweilte daselbst etwa Stunden.
* Jschl, 1. Aug. Dem B. B. C. wird von hier ge-
meldet: Nach sicherster Jnformation hat der Bericht des
Grafen Kalnoky über die außerordentlich befriedigenden
Ergevnisse der Kissinger Ministerbesprechungen an höchster
SLelle einen ungemein günstigen Eindruck gemacht. Eine
Bürgschaft für die Erhaltung des europäischen Friedens auf
geraume Zeit ist damit gegeben. Graf Kalnoky reist Abends
nach Wien zurück.
* Arnfterdam, 31. Juli. Eine heute angeschlagene
Proclamation des Bürgermeisters verbietet den
Vertrieb von Zeitungen oder anderen Druck-
sachen auf den Straßen. Diese Maßregel ist dnrch Ge-
meindegesetz vorgesehen. — Ein Vataillon Jnfanterie ist heute
in dem Passantenhuis casernirt, in der Nähe des ViertelS,
in welchem die Unruhen stattgefunden. — Heute fand in
der Druckerei des soeialistischen Blattes „Excelsior" im Haag
eine gerichtliche Haussuchung statt,
° Pa.iv, -c. Aag. Au» <1 o n a wrrd gemelvet, daß
der Leiler des opportunistischen Blattes La Dsmocratie Al«
gorienne, namens Poulet, gestern Abend auf den Leiter des
radicalen Blattes Le Petit Bonois, namens Omessa, meuch-
lings mehrere Revolverschüsse abgefeuert und ihn
lebensgefährlich verwundet hat. Entrüstete Augenzeugen
brachten, der K. Z. zufolge, Poulet in Hast.
* Paris, 1. Ang. Boulanger läßt durch den
„Temps" erklären, daß er an den Herzog von Aumale mehrere
Hundert Briefe geschrieben habe unter dem Titel „NoiisoiAlisiir/
daß aber der Brief mil „^416886 rovsU," den daS „Journal
de Bruxelles" gebracht, sowie der Brief, den heute alle
reaktionären Blättec und d,e „Debats" veröffentlichen, worin
er für seine Ernennung zum General dankt, gefätscht sei.
Darauf veröffentlichen nun royalistische Blätter sofort folgen-
den Brief des Herrn Limbourg, Beiraths des Herzogs von
Aumale: „Der General Boulanger läßt durch Temps
nnd France den heute Morgen von Jhnen veröffentlichten
Brief als falsch bezeichnen. Da Sie Jhren Lesern Aufklärung
hierüber schulden, so erkläre ich hiermit, daß ich Jhnen gestern
den Bricf vom 8. Mai 1880 geschickt habe. Jch übersende
Jhnen noch zwei andere Briefe, die jenen vorbereiten und
Das Heidelberger Fast.
Bei dem fünfhundectjährigen Jubiläum der Universität
Heidelberg, welches die Ncckarsladt soeben feierlichst zu be-
gehen sich angeschickt hat, ist das vielbesungene, allbekcmnte
Riesenfaß im Schloßkeller noch einmal mit Rebensaft gefüllt
worden, labenden Trank spendet eS, nachdem es seit länger
als einem Jahrhundert nur eine interessante Heidelberger
Merkmürdigkeit gewcsen ist. Seit seiner Erbauung ist eS
eng verknüpft mit der Geschichte der Pfalz, mit jeder Hei-
delberger Erinnerung.
Der thurmähnliche Kellerraum, in welchem daS Faß liegt,
wurde um 1591 eigens zu dem Zwecke, einen solch gigantischen
Weinbehälter zu bewahren, errichtet. Das Faß, welches der
damalige Kurfürst Johann Casimir, wie die Chronik berichtet,
„um fünfhundert Gulden herstellen ließ", war jedoch nicht
das heutige und kam ihm an Größe nicht gleich. Es hielt
indeß bereits die ansehniiche Zahl von 158,000 Flaschen;
zu den 24 eisernen Reifen, die es umgaben, waren 122
Centner Metall erfordertich gewesen, und in seinem Jnnern
konnte „ein Mann mit einem Rennspieß aufrecht stehen".
Jm dreißigjährigen Kriege, dessen Schrecken im Pfälzer
Lande durch furchtbare Verheerungen fühlbar wurden, war es
auch um dies eigenthümliche Denkmal eines seiner letzten
Hecrscher gcschehen. Während der damaliae Pfalzgraf Kur-
fürst Friedrich V. aus seinem Königreiche Böhmen fliehen
mußte, deffen Krone er zu seinem Verhängnisse angenommen,
hausten die Kaiserlichen unter Tilly in seinem Erblande, und
Heidelberg wurde, nachdem es (1662) erstürmt, der Zer-
störung preisgegeben.
Zum Ersatz für das bei der Plünderung völlig unbrauch-
bar gewordene Faß erbaute Kurfürst Karl Ludwig, dcr Sohn
des unglücklichen Winterkönigs, 1664 ein neues, „gegen
welches das, so zerstöret worden, ein wahrer Zwerg gewesen."
Merkwürdig ist es, daß dieser Fürst selbst als ein Feind alles
Weintrinkens, wie überhaupt jeder Unmäßigkeit von seiner
Umgebung gesürchtet wurde. Seine Absicht war auch wohl
schwerlich, durch den Bau des Fasies Heidelberg eine in ihrer
Art einzige, aber problematische Berühmtheit zu erwerben.
Allein, wie sich Karl Ludwig in jeder Hinsicht bestrebte, das
durch den Krieg arg verwüstete Land wieder zu heben, seine
einstige Fruchtbackeit wieder herzustellen, wie er sich in dem
Gedanken gefiel, der Retter und Beglücker des Landes zu
sein, so wollte er in dem mächtigen Weinfaß das Symbol
des überströmenden Segens der pfälzischen Länder neu auf-
richten. Auch einzelne der damal» an dem Faß angebrachten
Reime deuten diese Absicht an, sprechen sie zum Theil
offen aus:
Was Feindeshand, was Schwert verheert,
Was Kriegesfeuer hat verzehrt,
Jn diesem Lande Schloß und Stadt
Der fromme Fürst erneuert hat.
Gott segne diese Pfalz bei Rhein
Von Jahr zu Jahr mit gutem Wein,
Daß dwses Faß und anö're mehr,
Nicht, wie das alte, werden leer.
Das neue Faß hielt 245,176 Flaschen, hatte oben einen
Tanzboden mit Galerie, wie noch heute, und zeigte an der
Nordseite einen auf einem Löwen reitenden Bacchus, an den
Seitenwänden vier Salyre mit Blasinstrumenten. Auf beiden
Böden des FasseS standen Sprüche, wie die oben angeführten.
Zwei andere Verse davon lauten:
Der Wein uns fremde Sprachen lehrt,
Den Blöden Herz und Muth vermehrt;
Berauscht man sich, so werden gleich
Der Knecht ein Herr, der Bettler reich.
Man brauet Bier im Land zu Meißen,
Jn Sachsen, Pommern, Holland, Preußen —
„GoLtlob, die edle Pfalz bei Rhein
Giebt uns und ihnen guten Wein."
Einen Scherz, den sich Karl Ludwig einst auf dem Tanz-
boden des Faffes machte, erzählt ein Chronist aus seiner Zett.
„Als der Herzog von Neuburg in Heidelbcrg mit Kurpfalz die
Erbverbrüderung bekräftigte, ließ der Kurfürst in das große
Faß, das damals leer war, die Trompeter und Pauker setzen,
und hielt oben auf der Galerie Tafel. Da nun die hohen
Personen speisten, mußten sich plötzlich die Trompeter und
Pauker mit großem Getöse hören lassen, woraus die hochfürst-
liche Gesellschaft sonderliches Vergnügen schöpfte."
Wührend der grausamen Zerstörungen Heidelbergs durch
die Franeosen in den Reunionskriegen (1689 und 1693) jedoch
nahm auch dieses Faß solchcn Schaden, datz es für lange Zeit
unbrauchbar wurde und leer stehen blieb, bis eS Kurfürst
Karl Philipp wieder herstellen und in die Gestalt bringen ließ,
in der es sich noch heute befindet. Nach dieser Renovirung
faßt es, wie jetzt ein Mathematcker berechnet hat, noch etwas
mehr als zuvor, nämlich 283,229 Flaschen. Wieder wurden
nun Verse angebracht, u. a. die launige Warnung:
„Klopf nur nicht mich,
Sonst klopf ich dich.
Klopf hier nicht an,
Sonst mußt Du dran."
Das kleine, holzgeschnitzte Standbild, das wir noch jetzt
neben dem Fasse Wache halten sehen, stellt den Zwerg Cle-
mente Perkeo, den Hofnarren des erwähnten Kursürsten Karl
Philipp, dar, „des Kurfürsten Clementel", wie man ihn im
Schlosse zu seiner Zeit nannte.
Es ist ein ganz eigenes Gefühl, das uns beim Anblick des
grotesken Gesichtes dieses Zwerges ergreift, — ein Gefühl,
dem zu Anfang dieses Jahrhunderts, als Perkeo schon eben so
mcn an Sonn- und hohen
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Bresl«», Franksurt a. M., Hamburg, (Lübeck), (Rostock) Leipzig, Dresden, Stuttgart, Wien Prag, Basel, (St. Gallen), Zürich, Geni, (Lausannej. — 6. I-. vuuds u. Omnp. in Frankfurt a. M. —
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in Trier.
Nr. irr
Trier, Dienstag den 3. August 188t».
1S. Jahrgang.
Demsches Reich.
Berlin, 2. August.
* Der Kaiser hat gestern in Gastein das zehnte
Bad genommen, sein Befinden ist ausgezeichnet. Heute Vor-
mittag machte der hohe Herr keine Ausfahrt. Zur Tafel
wurden geladen der ungarische Justizminister Fabiny und
Graf Wolkenstein - Trostburg. Die Kaiserin von
0 e st e r r e i ch traf mit Gefolge um 7 Uhr 45 Min. in
Gastein ein und fuhr direct zum Badeschlosse, um dem
Kaiser Wilhelm einen Besuch abzustatten. Vor dem
Badeschlosse waren die Kurgäste zur Begrüßung versammelt.
Der Besuch der Kaiserin bei dem Kaiser dauerte eine halbe
Stunde. Dann fuhr die Kaiserin unter den Hochrufen der
Menge nach der Villa Meran, wo sie Wohnung genommen
hat. Der Kaiser von Oesterreich kommt am 7. August um
1 Uhr MittagS in Gastein an und wird Appartements im
Hotel Straubinger beziehen. Se. Majestät, in dessen Be-
gleitung sich Obersthofmeister Prinz Hohenlohe und zwri
Flügeladjutanten befinden, verläßt Gastein am 10. August,
wenige Stunden nach der Abreise des Kaisers Wilhelm. Da
es unwöglich war, momentan geeignete Appartements für die
Prinzessm Viktoria in Gastein zu finden, unterbleibt die
Herreise der hohen Dame. Jhr Gemahl, Prinz Wilhelm
von Preußen, trifft jedoch am 6. August um 4 Uhr Nach-
mittags im Kurorte ein, verläßt denselben gleichzeitig mit
seinem erlauchten Großvater, dem Kaiser Wilhelm, welchem
der Prinz bis Salzburg das Geleite gcben wird.
* Bei dcr am 29. d. M. vollzogenen ReichS -
tags-Ersatzwahl im 5. württembergischen Wahl-
kreise wurde nach der „Frankf. Ztg." der Kandidat der
„deutschen Partei" (rechter Flügel der Nationalliberalen)
Adae mit einer Mehrheit von 2 bis 3000 Stimmen ge-
wählt. Gegenkandidaten waren Retter (Dem.) und Lutz
(Soz.-Dem.).
* Das büreaukratische Element ist i>l der eben gevil-
deten A n s i e d e l u n g s c o m m i s s i o n für die p ol-
nischen Provinzen nur schr schwach vertreten, nur so weit
als es dringend erforderlich und wünschenswerth war. Sonst
sind cmßer den beiden Oberpräsidenten der betheiligten Pro-
vinzen nur Männer ernannt worden, die durch langjährigen
Grundbesitz mit den Verhältnissen genau vertraut setn kön-
nen. Von bekannteren Persönlichkeiten sind als Mitglieder
der Commission ernannt worden der Generallandschafts-
director Staudy in Posen, conservatives Mitglied desReichs-
tags, der Generallandschaftsdirector v. Körber zu Graudenz
und der Nittergutsbesitzer Kennemann zu Klenka. Die beiden
letzteren gehören dem Abgeordnetenhause als Mitglieder der
freiconservativen Partei an. Es steht bereits fest, daß in
den ersten Tagen des August die erste Sitzung in Posen
stattfinden wird.
* Bekanntlich hat nach längerem Prozessiren die kai -
serliche Tabaksmanufaktur in Straß-
burg ihr Fabrikzeichen „Die schwarze Hand"
verloren, da die Eintragung desselben nicht rechtzeitig er-
veuert wurde. Das Central-Handelsregister für das deutsche !
Reich enthält nun die neue Fabrikmarke. Dieselbe stellt in ooa-
lem Medaillonbild die Fabrikgebüude der Manufaktur aus
der Vogelschau dar.
* München, 1. Aug. Der Besuch des Für-
sten Bismarck wird in offiziellen Kreisen nur als ein
Höflichkeitsakt angesehen. Man hält dafür, daß der Reichs-
kanzler, desscn bundesfreundliche Gesinnung bekannt ist, dem
Bundesfürsten seine Huldigung darbringen will. Der Reichs-
kanzler wird um ^12 Uhr empfangen werden; danach wird,
wie der F. Z. berichtet wird, dei Regent den Besuch sofort
erwidern und auch der Fürstin cinen Besuch abstatten. Um
2 Uhr findet ein kleineS Diner statt, an dem die Minister
Lutz und Crailsheim theilnehmen. Die Fürstin Bismarck
wird auf des Prinzregenten besonderen Wunsch neben ihm
sitzen. Bismarck wird am Nachmittag voraussichtlich Besuche
machen und sich in der Stadt zeigen. Die Abreise ist noch
unbestimmt.
* München, 1. Aug. Fürst Bismarck machte
den hier anwesenden Mitgliedern des königlichen Hauses, dem
Prinz Arnulf, der Prinzessin Gisela und dem Herzog Max,
ferncr den Minlstern Lutz und Crailsheim Besuche und em-
pfing deren Gegenbesuche. Der Prinzregent machte
um 12^/4 Uhr dem Reichskanzler einen Besuch. Zu dem
Diner beim Prinzregenten waren geladen: der Fürst nnd die
Fürstin Bismarck, der preußische Gesandte Graf Werthern,
die Minister v. Lutz und Crailsheim, der Generaladjutant
General v. Freyschlag, der Flügeladjutant v. Lerchenfeld nnd
Geheimrath Rothenburg.
* München, 2. Aug. F ü r st Bismarck mit
Gemahlin ist unter Hochrufen einer zahlreichen M.nschenmenge
um 9 Uhr 40 Min. nach Gastein weitergereist. Zum Ab-
schiede waren auf dem Bahnhofe der Minister des Ä nswärti-
gen und der preußische Gesandte.
* Bayreuth, 2. Aug. Uejier die letzten Stunden
Liszt' s wird dem B- B. C. Nachstehendes berichtet:
Franz Liszt entschlief sanft um I1?/2 Uhr in den Armen
seiner Tochter. Die Festspicle sollen durch den Tod des
Meisters nicht unterbrochen werden. Gestern Abend wurde
noch Hosfnung auf die Wiedergenesung des erkrankten Meisters
gehegt. Plötzlich trat ein Kräfte-Verfall ein, dem mit den
wirksamsten Reizmitteln nicht zu begegnen war. Professor
Fleischer aus Erlangen und Landgerichtsarzt Dr. Landgraf
hatten seit dem Eintritt schlimmerer Anzeichen das Kranken-
bett nicht mehr verlassen. Die Beerdigung der stcrblichen
Hülle Liszt's wird voraussichtlich am Dienstag hier in Bay-
reuth stattfinden.
* Bayreuth, 2. Aug. Der Kronprinz ist heuie
Vormittag mit der Prinzessin Victoria hier eingetroffen und
von der Volksmenge, welche sich am Bahnhof und in den
Straßen zu Tausenden angesammelt hatte, mit stürmischcn
Hochrufen begrüßt worden. Der Verwaltungsrath der Fest-
spielaufführungen und der Bürgermeister Muncker hatten sich
zum Empfang auf dem Vahnhof eingefunden; der Prinzessin
! wurde von der Gemahlin des Banquiers Feustel ein Blumen-
! strauß überreicht. Der Kronprinz fuhr sofort nach der An-
kunft in das königliche Schloß, bis zu welchem die Krieger-
vereine Spalier bildeten. Die Stadt ist aufs reichste mit
deutschen und bayerischen Fahnen geschmückt._
AusLand.
* Wien, 1. Aug. Wie bestimmt verlautet, wird Graf
Kalnoky den Kaiser nach Gastein begleiten. (F. Z.)
* Bad Gastein, 1. Aug. Die Kaiserin von
Oesterreich fuhr gestern Abend unmittelbar nach ihrer
Ankunft mit der Gräfin Majlath zuin Badeschlosie, um dem
Kaiser Wilhelm einen Besnch abzustatten. Der Kaiser be-
fand sich grade in seinem Arbeitscabinet. Die Kaiserin ver-
weilte etwa 25 Minuten im Badeschlosse. Der Kaiser be-
gleitete die Kaiserin bis an die Vorhalle, küßte ihr die Hand
und verabschiedete sich aufs herzlichste von ihr. Der Kaiser
machte heute Mittag der Kaiserin in der Villa Meran einen
Gegenbesuch und verweilte daselbst etwa Stunden.
* Jschl, 1. Aug. Dem B. B. C. wird von hier ge-
meldet: Nach sicherster Jnformation hat der Bericht des
Grafen Kalnoky über die außerordentlich befriedigenden
Ergevnisse der Kissinger Ministerbesprechungen an höchster
SLelle einen ungemein günstigen Eindruck gemacht. Eine
Bürgschaft für die Erhaltung des europäischen Friedens auf
geraume Zeit ist damit gegeben. Graf Kalnoky reist Abends
nach Wien zurück.
* Arnfterdam, 31. Juli. Eine heute angeschlagene
Proclamation des Bürgermeisters verbietet den
Vertrieb von Zeitungen oder anderen Druck-
sachen auf den Straßen. Diese Maßregel ist dnrch Ge-
meindegesetz vorgesehen. — Ein Vataillon Jnfanterie ist heute
in dem Passantenhuis casernirt, in der Nähe des ViertelS,
in welchem die Unruhen stattgefunden. — Heute fand in
der Druckerei des soeialistischen Blattes „Excelsior" im Haag
eine gerichtliche Haussuchung statt,
° Pa.iv, -c. Aag. Au» <1 o n a wrrd gemelvet, daß
der Leiler des opportunistischen Blattes La Dsmocratie Al«
gorienne, namens Poulet, gestern Abend auf den Leiter des
radicalen Blattes Le Petit Bonois, namens Omessa, meuch-
lings mehrere Revolverschüsse abgefeuert und ihn
lebensgefährlich verwundet hat. Entrüstete Augenzeugen
brachten, der K. Z. zufolge, Poulet in Hast.
* Paris, 1. Ang. Boulanger läßt durch den
„Temps" erklären, daß er an den Herzog von Aumale mehrere
Hundert Briefe geschrieben habe unter dem Titel „NoiisoiAlisiir/
daß aber der Brief mil „^416886 rovsU," den daS „Journal
de Bruxelles" gebracht, sowie der Brief, den heute alle
reaktionären Blättec und d,e „Debats" veröffentlichen, worin
er für seine Ernennung zum General dankt, gefätscht sei.
Darauf veröffentlichen nun royalistische Blätter sofort folgen-
den Brief des Herrn Limbourg, Beiraths des Herzogs von
Aumale: „Der General Boulanger läßt durch Temps
nnd France den heute Morgen von Jhnen veröffentlichten
Brief als falsch bezeichnen. Da Sie Jhren Lesern Aufklärung
hierüber schulden, so erkläre ich hiermit, daß ich Jhnen gestern
den Bricf vom 8. Mai 1880 geschickt habe. Jch übersende
Jhnen noch zwei andere Briefe, die jenen vorbereiten und
Das Heidelberger Fast.
Bei dem fünfhundectjährigen Jubiläum der Universität
Heidelberg, welches die Ncckarsladt soeben feierlichst zu be-
gehen sich angeschickt hat, ist das vielbesungene, allbekcmnte
Riesenfaß im Schloßkeller noch einmal mit Rebensaft gefüllt
worden, labenden Trank spendet eS, nachdem es seit länger
als einem Jahrhundert nur eine interessante Heidelberger
Merkmürdigkeit gewcsen ist. Seit seiner Erbauung ist eS
eng verknüpft mit der Geschichte der Pfalz, mit jeder Hei-
delberger Erinnerung.
Der thurmähnliche Kellerraum, in welchem daS Faß liegt,
wurde um 1591 eigens zu dem Zwecke, einen solch gigantischen
Weinbehälter zu bewahren, errichtet. Das Faß, welches der
damalige Kurfürst Johann Casimir, wie die Chronik berichtet,
„um fünfhundert Gulden herstellen ließ", war jedoch nicht
das heutige und kam ihm an Größe nicht gleich. Es hielt
indeß bereits die ansehniiche Zahl von 158,000 Flaschen;
zu den 24 eisernen Reifen, die es umgaben, waren 122
Centner Metall erfordertich gewesen, und in seinem Jnnern
konnte „ein Mann mit einem Rennspieß aufrecht stehen".
Jm dreißigjährigen Kriege, dessen Schrecken im Pfälzer
Lande durch furchtbare Verheerungen fühlbar wurden, war es
auch um dies eigenthümliche Denkmal eines seiner letzten
Hecrscher gcschehen. Während der damaliae Pfalzgraf Kur-
fürst Friedrich V. aus seinem Königreiche Böhmen fliehen
mußte, deffen Krone er zu seinem Verhängnisse angenommen,
hausten die Kaiserlichen unter Tilly in seinem Erblande, und
Heidelberg wurde, nachdem es (1662) erstürmt, der Zer-
störung preisgegeben.
Zum Ersatz für das bei der Plünderung völlig unbrauch-
bar gewordene Faß erbaute Kurfürst Karl Ludwig, dcr Sohn
des unglücklichen Winterkönigs, 1664 ein neues, „gegen
welches das, so zerstöret worden, ein wahrer Zwerg gewesen."
Merkwürdig ist es, daß dieser Fürst selbst als ein Feind alles
Weintrinkens, wie überhaupt jeder Unmäßigkeit von seiner
Umgebung gesürchtet wurde. Seine Absicht war auch wohl
schwerlich, durch den Bau des Fasies Heidelberg eine in ihrer
Art einzige, aber problematische Berühmtheit zu erwerben.
Allein, wie sich Karl Ludwig in jeder Hinsicht bestrebte, das
durch den Krieg arg verwüstete Land wieder zu heben, seine
einstige Fruchtbackeit wieder herzustellen, wie er sich in dem
Gedanken gefiel, der Retter und Beglücker des Landes zu
sein, so wollte er in dem mächtigen Weinfaß das Symbol
des überströmenden Segens der pfälzischen Länder neu auf-
richten. Auch einzelne der damal» an dem Faß angebrachten
Reime deuten diese Absicht an, sprechen sie zum Theil
offen aus:
Was Feindeshand, was Schwert verheert,
Was Kriegesfeuer hat verzehrt,
Jn diesem Lande Schloß und Stadt
Der fromme Fürst erneuert hat.
Gott segne diese Pfalz bei Rhein
Von Jahr zu Jahr mit gutem Wein,
Daß dwses Faß und anö're mehr,
Nicht, wie das alte, werden leer.
Das neue Faß hielt 245,176 Flaschen, hatte oben einen
Tanzboden mit Galerie, wie noch heute, und zeigte an der
Nordseite einen auf einem Löwen reitenden Bacchus, an den
Seitenwänden vier Salyre mit Blasinstrumenten. Auf beiden
Böden des FasseS standen Sprüche, wie die oben angeführten.
Zwei andere Verse davon lauten:
Der Wein uns fremde Sprachen lehrt,
Den Blöden Herz und Muth vermehrt;
Berauscht man sich, so werden gleich
Der Knecht ein Herr, der Bettler reich.
Man brauet Bier im Land zu Meißen,
Jn Sachsen, Pommern, Holland, Preußen —
„GoLtlob, die edle Pfalz bei Rhein
Giebt uns und ihnen guten Wein."
Einen Scherz, den sich Karl Ludwig einst auf dem Tanz-
boden des Faffes machte, erzählt ein Chronist aus seiner Zett.
„Als der Herzog von Neuburg in Heidelbcrg mit Kurpfalz die
Erbverbrüderung bekräftigte, ließ der Kurfürst in das große
Faß, das damals leer war, die Trompeter und Pauker setzen,
und hielt oben auf der Galerie Tafel. Da nun die hohen
Personen speisten, mußten sich plötzlich die Trompeter und
Pauker mit großem Getöse hören lassen, woraus die hochfürst-
liche Gesellschaft sonderliches Vergnügen schöpfte."
Wührend der grausamen Zerstörungen Heidelbergs durch
die Franeosen in den Reunionskriegen (1689 und 1693) jedoch
nahm auch dieses Faß solchcn Schaden, datz es für lange Zeit
unbrauchbar wurde und leer stehen blieb, bis eS Kurfürst
Karl Philipp wieder herstellen und in die Gestalt bringen ließ,
in der es sich noch heute befindet. Nach dieser Renovirung
faßt es, wie jetzt ein Mathematcker berechnet hat, noch etwas
mehr als zuvor, nämlich 283,229 Flaschen. Wieder wurden
nun Verse angebracht, u. a. die launige Warnung:
„Klopf nur nicht mich,
Sonst klopf ich dich.
Klopf hier nicht an,
Sonst mußt Du dran."
Das kleine, holzgeschnitzte Standbild, das wir noch jetzt
neben dem Fasse Wache halten sehen, stellt den Zwerg Cle-
mente Perkeo, den Hofnarren des erwähnten Kursürsten Karl
Philipp, dar, „des Kurfürsten Clementel", wie man ihn im
Schlosse zu seiner Zeit nannte.
Es ist ein ganz eigenes Gefühl, das uns beim Anblick des
grotesken Gesichtes dieses Zwerges ergreift, — ein Gefühl,
dem zu Anfang dieses Jahrhunderts, als Perkeo schon eben so