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Valentin, Veit
Politisches, geistiges und wirtschaftliches Leben in Frankfurt am Main vor dem Beginn der Revolution von 1848/49 — Stuttgart: Union dt. Verlagsges., 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.71759#0077
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Beschränkungen von Kauf und Verkauf

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Werksarbeit den ansässigen Handwerkern Vorbehalten. Wenn sie
den Verkauf den Meßfremden überlassen wollten, so war das
dann ihre Sache.
Kaufleute durften zum Beispiel nicht mit Kleidungsstücken
auswärtiger Provenienz Handeln — bei den Tuchhänd-
lern lag die Gefahr besonders nahe. Ebenso war den Schneider-
meistern verboten, Tuch in unverarbeitetem Zustand zu ver-
kaufen.
Wenn der Handwerker ursprünglich ein technischer Gehilfe der
bürgerlichen Hauswirtschaft gewesen war, der gerufen wurde,
wenu man ihn brauchte — wobei also die Initiative vom Kunden
ausging — so hatte sich jetzt das Verhältnis wesentlich umgestaltet.
Der Handwerker beanspruchte gewisse technische Verrichtungen als
sein alleiniges Privilegium. Die Vertreter der Zunft schnüffelten
ängstlich in den Häusern herum, ob nicht irgend ein Eingriff in
ihre Rechte geschähe, und beklagten sich dann bitter. Die zünftigen
Maler wandten sich so 1816 mit einer Beschwerde an die Be-
hörde, worin sie hervorhoben, daß viele durch die Städelstiftung
angezogene Künstler sich niedergelassen hätten, die im Begrn
ständen, ihnen ihr Brot zu schmälern. Wirklich wurde eine Unten
suchung angestellt und neun Malern, von welchen es zweifelhaft
war, ob sie der höheren freien Kunst angehörten, der Aufenthalt
gekündigtes.
Auch die Verhältnisse des Metzgergewerbes sind bezeichnend.
Jeder mußte in der Nähe des Domes in einem reservierten Gassen-
komplex eine Verkaufsstelle, eine sogenannte Schirne haben, auf
der die Gerechtigkeit ruhte. Da das Handwerk, wie oben erwähnt,
Von der Stadt die Fleischakzise gepachtet hatte, so beherrschte es
die gesamte Bedarfsdeckung. Wollte nun ein Bürger selber schlachten
so mußte er erstens für eine Gebühr einen zünftigen Metzger zuziehen,
falls er es nicht persönlich besorgte — das ist der alte technische
Gehilfe — zweitens aber dem Gewerk als solchem die Eingangs-
steuer zahlen. Man könnte also von einer Art Metzgerhoheitsrecht
sprechen. Nur an einem Termin des Jahres war die sogenannte
Bürger- oder Freischlacht, wo an Stelle des Akzisebetrages nur
ein Heller pro Pfund an die Geschworenen des Metzgerhandwerks
gezahlt werden mußte.
Der aus den Bedürfnissen und dem Geiste des Handwerks
erwachsene Nahrungsschutz war nun keineswegs allein für die

') Frankfurt am Main und seine Bauten. S. 114.

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