Alte Bräuche
67
„Die alte Zopfzeit ist vorbei —
Hinweg mit der Bocksbeutelei!
Die Zeit brach ihr schon längst den Stab,
Drum legen wir sie nun ins Grab."
Aber die Meister selbst waren lioch gar nicht so erhaben über die
„alte Zopfzeit'"). Wenn der Geselle zum Hutmachermeister kam,
um Arbeit zu suchen, so stellte dieser an ihn die Frage: „Wo kommst
du her bei dem staubigen Wetter?" — und wenn es auch in Strömen
regnete. Der Buchdrucker Willkommgruß War: „Gott grüß' die
Kunst!" Der Schornsteinsegermeister pflegte zu sagen: „Bist du
ein Schornsteinfeger?", worauf der Geselle immer antwortete: „Ich
verseh' mir's." —
Die Meister hielten die Gesellen in strenger Zucht — er gehörte
zum Haus, er schlief und aß dort?).
Meidinger zählt für einen sehr viel späteren Termin, als er
uns jetzt beschäftigt, für 1847?):
2696 zünftige Gewerbetreibende,
300 nicht zünftige,
2 996.
Im Hause der Meister wohnen 2838 Gesellen,
653 Lehrlinge,
3491.
Es wohnte also bei den Meistern im Durchschnitt mindestens
eine Person des Gehilfenstabes. Das Bild, das sich aus diesen
Zahlen rekonstruieren läßt, ist ganz patriarchalisch.
Patriarchalisch waren auch noch die Berkehrsformen zwischen den
Geschworenen der Gewerke und den Behörden. Die Feuerhandwerker
benutzten, wenn sie ihre Geschworenenwahlen dem Senat anzeigten,
damit er sie bestätige, noch die Formulare der reichsstädtischeu Zeit.
Auf graugrünem Papier stand da noch in den Zwanzigerjahren
in altertümlich verzogenen Lettern immer wieder zu lesens:
„Wohl und Hochedel geborne Gestrenge Best- und Hochgelahrte,
Wohlfürsichtige, Hoch- und Wohlweise, insonders Großgünstig
Hochgebietend und Hochzuehrende Herren Bürgermeister und Rath!
Da nun abermals die Zeit herbeigekommen, vermög welcher
') Johann Jakobus a. a. O.
2) 1820 und 1832 erfolgten darauf bezügliche Ratsbeschlüsse — eine Ausnahme
machten nur die Bauprofessionisten.
H Meidinger, Zur Statistik Frankfurts 1847.
0 Senatsakten X. 1, 1.
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„Die alte Zopfzeit ist vorbei —
Hinweg mit der Bocksbeutelei!
Die Zeit brach ihr schon längst den Stab,
Drum legen wir sie nun ins Grab."
Aber die Meister selbst waren lioch gar nicht so erhaben über die
„alte Zopfzeit'"). Wenn der Geselle zum Hutmachermeister kam,
um Arbeit zu suchen, so stellte dieser an ihn die Frage: „Wo kommst
du her bei dem staubigen Wetter?" — und wenn es auch in Strömen
regnete. Der Buchdrucker Willkommgruß War: „Gott grüß' die
Kunst!" Der Schornsteinsegermeister pflegte zu sagen: „Bist du
ein Schornsteinfeger?", worauf der Geselle immer antwortete: „Ich
verseh' mir's." —
Die Meister hielten die Gesellen in strenger Zucht — er gehörte
zum Haus, er schlief und aß dort?).
Meidinger zählt für einen sehr viel späteren Termin, als er
uns jetzt beschäftigt, für 1847?):
2696 zünftige Gewerbetreibende,
300 nicht zünftige,
2 996.
Im Hause der Meister wohnen 2838 Gesellen,
653 Lehrlinge,
3491.
Es wohnte also bei den Meistern im Durchschnitt mindestens
eine Person des Gehilfenstabes. Das Bild, das sich aus diesen
Zahlen rekonstruieren läßt, ist ganz patriarchalisch.
Patriarchalisch waren auch noch die Berkehrsformen zwischen den
Geschworenen der Gewerke und den Behörden. Die Feuerhandwerker
benutzten, wenn sie ihre Geschworenenwahlen dem Senat anzeigten,
damit er sie bestätige, noch die Formulare der reichsstädtischeu Zeit.
Auf graugrünem Papier stand da noch in den Zwanzigerjahren
in altertümlich verzogenen Lettern immer wieder zu lesens:
„Wohl und Hochedel geborne Gestrenge Best- und Hochgelahrte,
Wohlfürsichtige, Hoch- und Wohlweise, insonders Großgünstig
Hochgebietend und Hochzuehrende Herren Bürgermeister und Rath!
Da nun abermals die Zeit herbeigekommen, vermög welcher
') Johann Jakobus a. a. O.
2) 1820 und 1832 erfolgten darauf bezügliche Ratsbeschlüsse — eine Ausnahme
machten nur die Bauprofessionisten.
H Meidinger, Zur Statistik Frankfurts 1847.
0 Senatsakten X. 1, 1.