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Frankfurt vor der Revolution
Hambach ließ dieser Kreis seinem Propheten Wirth ein Schwert
überreichen, das die verheißungsvolle Inschrift trug: „Im Namen
von Deutschen in Frankfurt".
Der Überbringer war der Literat Funck, der mit dem Dichter
Sauerwein und mit Freyeisen den Kern der Preßvereinler bildeten.
Die Lausbahn dieses Funck ist ein bezeichnendes und trauriges
Schicksal der Zeit. Als fester und unbeugsamer Charakter wird er
geschildert, streng bis zur Härte, ein fanatischer Doktrinär, der
alles mit Sicherheit tat, der immer Konsequenzen zog, und was
dann an Mißlichem aus seinem Vorgehen für ihn selber folgte,
unbeirrt ohne Reue und Widerruf, ohne zu Kreuze zu kriechen,
stoisch-gelassen trug. Ursprünglich war er Theologe gewesen, —
so stellt er in sich den interessanten und bezeichnenden Übergang
vom religiösen Glauben zum politischen Doktrinarismus dar. Die
Art, wie er der Theologie entsagte, ist ebenso lächerlich wie eigen-
artig groß. Er beschloß — eine Art politischer Pharisäer — Sylvester
Jordan, dem kurhessischen Märtyrer des Liberalismus, zu Ehren
seinen Bart stehen zu lassen, und stellte, obwohl gänzlich mittellos,
an das städtische Konsistorium das Ersuchen, ihn, da es bärtige
Pastoren wohl nicht dulden würde, aus der Kandidatenliste zu
streichen. Durch Privatstunden, durch Journalistentätigkeit erhielt
er sich nun. Bei wissenschaftlichen Arbeiten verfolgte er eine deut-
liche Tendenz — so wenn er sich mit „der Auflösung des großen
Frankenreiches unter Ludwig dem Frommen" darstellerisch befaßte.
Nach kurzer deshalb erlittener Gefangenschaft auf der Hauptwache
fuhr er ruhig fort, seine politischen Überzeugungen in derselben
Weise nunmehr mündlich zu verbreiten, indem er im Winter 1833
Vorträge über deutsche Geschichte hielt. Als die Polizei dies unter-
sagte, ließ er den nicht gehaltenen Rest drucken. Er blieb unbeugsam.
Verzweiflung und Skepsis ließ er nicht an sich herankommen. In
einem Bauernkonversationslexikon suchte er seine Anschauungen
auf dem Lande zu verbreiten. Die Schlagworte: Republik, Staat,
Abgabe, Bund, Kongreß, Konstitution, Soldat — zeugen schon
genug von dem Inhalt. So konfiszierte es denn auch bald die
Polizei mit der Begründung, daß es in revolutionärem Geist
abgefaßt voll der gröbsten Schmähungen gegen die Bundesver-
sammlung und mehrere deutsche Fürsten sei.
Das Hauptmittel zur Verbreitung der neuen Lehre waren die
Zeitschriften und Flugschriften, die von Funck und seinem Kreis
herausgegeben wurden. Die wachsamen Behörden ließen sie
meistens nur ganz kurze Zeit leben, aber unmittelbar nach dem
Frankfurt vor der Revolution
Hambach ließ dieser Kreis seinem Propheten Wirth ein Schwert
überreichen, das die verheißungsvolle Inschrift trug: „Im Namen
von Deutschen in Frankfurt".
Der Überbringer war der Literat Funck, der mit dem Dichter
Sauerwein und mit Freyeisen den Kern der Preßvereinler bildeten.
Die Lausbahn dieses Funck ist ein bezeichnendes und trauriges
Schicksal der Zeit. Als fester und unbeugsamer Charakter wird er
geschildert, streng bis zur Härte, ein fanatischer Doktrinär, der
alles mit Sicherheit tat, der immer Konsequenzen zog, und was
dann an Mißlichem aus seinem Vorgehen für ihn selber folgte,
unbeirrt ohne Reue und Widerruf, ohne zu Kreuze zu kriechen,
stoisch-gelassen trug. Ursprünglich war er Theologe gewesen, —
so stellt er in sich den interessanten und bezeichnenden Übergang
vom religiösen Glauben zum politischen Doktrinarismus dar. Die
Art, wie er der Theologie entsagte, ist ebenso lächerlich wie eigen-
artig groß. Er beschloß — eine Art politischer Pharisäer — Sylvester
Jordan, dem kurhessischen Märtyrer des Liberalismus, zu Ehren
seinen Bart stehen zu lassen, und stellte, obwohl gänzlich mittellos,
an das städtische Konsistorium das Ersuchen, ihn, da es bärtige
Pastoren wohl nicht dulden würde, aus der Kandidatenliste zu
streichen. Durch Privatstunden, durch Journalistentätigkeit erhielt
er sich nun. Bei wissenschaftlichen Arbeiten verfolgte er eine deut-
liche Tendenz — so wenn er sich mit „der Auflösung des großen
Frankenreiches unter Ludwig dem Frommen" darstellerisch befaßte.
Nach kurzer deshalb erlittener Gefangenschaft auf der Hauptwache
fuhr er ruhig fort, seine politischen Überzeugungen in derselben
Weise nunmehr mündlich zu verbreiten, indem er im Winter 1833
Vorträge über deutsche Geschichte hielt. Als die Polizei dies unter-
sagte, ließ er den nicht gehaltenen Rest drucken. Er blieb unbeugsam.
Verzweiflung und Skepsis ließ er nicht an sich herankommen. In
einem Bauernkonversationslexikon suchte er seine Anschauungen
auf dem Lande zu verbreiten. Die Schlagworte: Republik, Staat,
Abgabe, Bund, Kongreß, Konstitution, Soldat — zeugen schon
genug von dem Inhalt. So konfiszierte es denn auch bald die
Polizei mit der Begründung, daß es in revolutionärem Geist
abgefaßt voll der gröbsten Schmähungen gegen die Bundesver-
sammlung und mehrere deutsche Fürsten sei.
Das Hauptmittel zur Verbreitung der neuen Lehre waren die
Zeitschriften und Flugschriften, die von Funck und seinem Kreis
herausgegeben wurden. Die wachsamen Behörden ließen sie
meistens nur ganz kurze Zeit leben, aber unmittelbar nach dem