lehrer" sind — dies sei nochmals hervorgehoben — teils aus dem
Zeitstil, teils ironisch genommen und müssen mit der sokratischen
Bedeutung gelesen werden, wie sie sich aus dem „natürlichen Hang"
und „inneren Beruf" eines Winckelmann ergibt. Gerade die letzt-
angeführte Stelle beweist, wie sehr ihm das bloße Aufzeigen — selbst
seiner geliebten Altertümer, die nur fachliche Unterrichtung wider-
strebte, wie ihn nur die Ausbildung junger Menschen in seiner Art
freundschaftlichen Umganges verlockte. Darauf läuft es auch hinaus,
wenn er einmal an einen seiner Schweizer Freunde schreibt: „Ich habe
sehr viel Zeit mit einigen Fremden verloren, denen ich mich zu ent-
ziehen gesucht hätte, wenn sich nicht eine Passion mit eingemischt
hätte." Diesen seinen innersten Drang hat er immer wieder an den
jugendlichen Volksgenossen, die Italien aufsuchten, bewährt: an Hans
Heinrich Füeßli, am Freiherrn von Berg, am Freiherrn von Riedesel,
an Friedrich Wilhelm von Schlabbrendorf, an den Prinzen von Dessau
und Mecklenburg und manchem anderen. Über den jungen Füeßli
wurde schon soeben ein bezeichnendes Wort angeführt. Etwa gleich-
zeitig schreibt er an dessen Anverwandte: „Herr Füeßli wird Zeugnis
geben von den wenigen Augenblicken, die mir zum Schreiben übrig-
blieben. Er soll mir Sohn, Freund und alles sein, und hoffe ich, mit
größerer Kenntnis als jemand jenseits der Alpen zurückgehen." Und
einen Monat darauf: „Es geht selten ein Tag vorbei, ohne uns zu
sehen, und die vornehmsten Sachen sieht er mit mir, und hat dieselben
mehr als einmal mit mir gesehen und vieles von neuem, ohne mich,
mit dessen vernünftigen und geschickten Reisegefährten wiederholt;
so daß ich gewiß versichert bin, es solle jenseits der Alpen kein Mensch
sein, welcher mit mehr Erkenntnis, Erfahrung und Geschmack aus
Italien gereist ist, und es werden auch nach einem Aufenthalt von
einigen Monaten wenige in Rom selbst sein, denen dieser würdige
Jüngling nicht Lektion geben könnte. Euer Vaterland wird sich
künftig rühmen können, den größten Kenner zu besitzen, welcher
richterlich wird entscheiden können. Einen solchen Kenner zu ziehen,
ist noch keinem Fürsten gelungen, soviel mir wissend ist . . ." Neben
der Hervorhebung der von Füeßli erwarteten hohen Kennerschaft
und seines richterlichen (d. i. kunstrichterlichen) Vermögens unter-
läßt Winckelmann nicht auf die Gesamtanlagen des jungen Mannes,
bei „vielen Wissenschaften" die „unvergleichliche Erziehung" und
„das angenehme Wesen" Gewicht zu legen und als Ergebnis seines
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Zeitstil, teils ironisch genommen und müssen mit der sokratischen
Bedeutung gelesen werden, wie sie sich aus dem „natürlichen Hang"
und „inneren Beruf" eines Winckelmann ergibt. Gerade die letzt-
angeführte Stelle beweist, wie sehr ihm das bloße Aufzeigen — selbst
seiner geliebten Altertümer, die nur fachliche Unterrichtung wider-
strebte, wie ihn nur die Ausbildung junger Menschen in seiner Art
freundschaftlichen Umganges verlockte. Darauf läuft es auch hinaus,
wenn er einmal an einen seiner Schweizer Freunde schreibt: „Ich habe
sehr viel Zeit mit einigen Fremden verloren, denen ich mich zu ent-
ziehen gesucht hätte, wenn sich nicht eine Passion mit eingemischt
hätte." Diesen seinen innersten Drang hat er immer wieder an den
jugendlichen Volksgenossen, die Italien aufsuchten, bewährt: an Hans
Heinrich Füeßli, am Freiherrn von Berg, am Freiherrn von Riedesel,
an Friedrich Wilhelm von Schlabbrendorf, an den Prinzen von Dessau
und Mecklenburg und manchem anderen. Über den jungen Füeßli
wurde schon soeben ein bezeichnendes Wort angeführt. Etwa gleich-
zeitig schreibt er an dessen Anverwandte: „Herr Füeßli wird Zeugnis
geben von den wenigen Augenblicken, die mir zum Schreiben übrig-
blieben. Er soll mir Sohn, Freund und alles sein, und hoffe ich, mit
größerer Kenntnis als jemand jenseits der Alpen zurückgehen." Und
einen Monat darauf: „Es geht selten ein Tag vorbei, ohne uns zu
sehen, und die vornehmsten Sachen sieht er mit mir, und hat dieselben
mehr als einmal mit mir gesehen und vieles von neuem, ohne mich,
mit dessen vernünftigen und geschickten Reisegefährten wiederholt;
so daß ich gewiß versichert bin, es solle jenseits der Alpen kein Mensch
sein, welcher mit mehr Erkenntnis, Erfahrung und Geschmack aus
Italien gereist ist, und es werden auch nach einem Aufenthalt von
einigen Monaten wenige in Rom selbst sein, denen dieser würdige
Jüngling nicht Lektion geben könnte. Euer Vaterland wird sich
künftig rühmen können, den größten Kenner zu besitzen, welcher
richterlich wird entscheiden können. Einen solchen Kenner zu ziehen,
ist noch keinem Fürsten gelungen, soviel mir wissend ist . . ." Neben
der Hervorhebung der von Füeßli erwarteten hohen Kennerschaft
und seines richterlichen (d. i. kunstrichterlichen) Vermögens unter-
läßt Winckelmann nicht auf die Gesamtanlagen des jungen Mannes,
bei „vielen Wissenschaften" die „unvergleichliche Erziehung" und
„das angenehme Wesen" Gewicht zu legen und als Ergebnis seines
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