dieser Gestalt und ihrer Triebverfassung ist damit nichts bewiesen. —
Wichtig aber bleibt, daß Winckelmann auch diese nur einmal in seinem
Leben und erst in späten Jahren unter besonderen Umständen er-
wachte Zuneigung zu einem weiblichen Wesen doch als eine Aus-
strahlung seiner Freundschaft zum Gatten auslegt: „Die glückliche
Rückkunft Ihrer teuersten Gemahlin, die ich aufs Innigste liebe wie
einen Teil des teuersten Freundes, den ich auf dieser Welt habe ..."
„Mengs und dessen Frau, die ich beide als eins betrachte", zählt er
neben Stosch und Riedesel als die drei ihm verbliebenen Freunde auf.
Ja er hat diese Neigung sogar besonders nachdrücklich der Freundes-
liebe hintangesetzt. Bei Anhörung einer Oper wird er so aufgewühlt,
daß er im Gedanken an Stosch von „zärtlicher Rührung" bis zu Trä-
nen übermannt wird. Indem er dies Stosch mitteilt, bemerkt er dazu:
„Ungeachtet ich itzo verliebt, und das Bild der Liebsten gegenwär-
tiger hätte sein sollen, fühlte ich nichts als den Freund, und meine
Seele, die sich von Jugend an nur mit der Freundschaft beschäftigt,
gab mir damals selbst ein überwiegendes Zeugnis, daß sie, wenn sie
entzückt ist, sich zu dem Ursprung und auf den Gipfel und Thron der
Freundschaft erhebt, und daß hierin ihr höchster Genuß besteht."
Die Liebesbeziehung zu Margerita Mengs hat an Winckelmanns
menschlicher Verfassung nichts geändert. Achtzehn Tage nach jenem
Briefe an Stosch bekennt er: „Die Freundschaft nimmt bei mir die
Stelle der Liebe ein, das heißt, sie wird leidenschaftlich, zärtlich und
ich glaube, wie die Liebe selbst, wenn sie dem Gegenstand, dem ich
mich gewidmet habe, fern ist." Und noch in späterer Zeit, ein Jahr
vor seinem Tode, erklärt er, daß er jene andere Liebe „nicht kenne"
und „als ein Unerfahrener" aus den Umständen auf ihre Wirkung
schließe. — Darum ist eine handschriftliche Randbemerkung Varn-
hagens in seinem Exemplar der kleinen biographischen Notiz Gurlitts
über Winckelmann von 1794 völlig unhaltbar. Er hat dort zu der Er-
zählung von der verhängnisvollen Umkehr Winckelmanns auf der
deutschen Reise an den Rand gesetzt: „Seine Freundin, die Gattin
von Mengs zog ihn nach Italien zurück". Dafür fehlt es in der Über-
lieferung an jedem Anhalt, im Gegenteil stehen alle Äußerungen und
Handlungen Winckelmanns mit einer solchen Annahme, die aus der
Atmosphäre des Salongeistes der Rahel stammt, in unlöslichem
Widerstreit. Die Reihe derartiger Äußerungen möge der seinem
Freunde Berg in dem ersten Briefe (Juni 1762) nachgesandte Ab-
154
Wichtig aber bleibt, daß Winckelmann auch diese nur einmal in seinem
Leben und erst in späten Jahren unter besonderen Umständen er-
wachte Zuneigung zu einem weiblichen Wesen doch als eine Aus-
strahlung seiner Freundschaft zum Gatten auslegt: „Die glückliche
Rückkunft Ihrer teuersten Gemahlin, die ich aufs Innigste liebe wie
einen Teil des teuersten Freundes, den ich auf dieser Welt habe ..."
„Mengs und dessen Frau, die ich beide als eins betrachte", zählt er
neben Stosch und Riedesel als die drei ihm verbliebenen Freunde auf.
Ja er hat diese Neigung sogar besonders nachdrücklich der Freundes-
liebe hintangesetzt. Bei Anhörung einer Oper wird er so aufgewühlt,
daß er im Gedanken an Stosch von „zärtlicher Rührung" bis zu Trä-
nen übermannt wird. Indem er dies Stosch mitteilt, bemerkt er dazu:
„Ungeachtet ich itzo verliebt, und das Bild der Liebsten gegenwär-
tiger hätte sein sollen, fühlte ich nichts als den Freund, und meine
Seele, die sich von Jugend an nur mit der Freundschaft beschäftigt,
gab mir damals selbst ein überwiegendes Zeugnis, daß sie, wenn sie
entzückt ist, sich zu dem Ursprung und auf den Gipfel und Thron der
Freundschaft erhebt, und daß hierin ihr höchster Genuß besteht."
Die Liebesbeziehung zu Margerita Mengs hat an Winckelmanns
menschlicher Verfassung nichts geändert. Achtzehn Tage nach jenem
Briefe an Stosch bekennt er: „Die Freundschaft nimmt bei mir die
Stelle der Liebe ein, das heißt, sie wird leidenschaftlich, zärtlich und
ich glaube, wie die Liebe selbst, wenn sie dem Gegenstand, dem ich
mich gewidmet habe, fern ist." Und noch in späterer Zeit, ein Jahr
vor seinem Tode, erklärt er, daß er jene andere Liebe „nicht kenne"
und „als ein Unerfahrener" aus den Umständen auf ihre Wirkung
schließe. — Darum ist eine handschriftliche Randbemerkung Varn-
hagens in seinem Exemplar der kleinen biographischen Notiz Gurlitts
über Winckelmann von 1794 völlig unhaltbar. Er hat dort zu der Er-
zählung von der verhängnisvollen Umkehr Winckelmanns auf der
deutschen Reise an den Rand gesetzt: „Seine Freundin, die Gattin
von Mengs zog ihn nach Italien zurück". Dafür fehlt es in der Über-
lieferung an jedem Anhalt, im Gegenteil stehen alle Äußerungen und
Handlungen Winckelmanns mit einer solchen Annahme, die aus der
Atmosphäre des Salongeistes der Rahel stammt, in unlöslichem
Widerstreit. Die Reihe derartiger Äußerungen möge der seinem
Freunde Berg in dem ersten Briefe (Juni 1762) nachgesandte Ab-
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