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wänder zu tragen. Linen geheimnißvollen Zug besitzt das Schwarz;
je nach seiuer ksinncigung zu einer anderen Farbe nähert es sich deren
Lharakter; es kann aber'nainentlich als Trennungsinittel zwischen
anderen Farben — gleich dem Weiß und dem Gold — sehr wichtig werden.
Der Dortrag war von zahlreichen Abbildungen begleitct, welche — soweit
cs das Gaslicht gestattete — den Aussührungen des Redners zur Be>
kräftigung dienten.

Oie weihnachtsausstellung nn Kunstgewerbehause.

Die Weihnachtsausstellung dcs abgelaufenen Iahres bedcutet eine
Ltappe in der Lntwicklung des baycrischen Aunstgewerbevereins; ist
doch gleichzeitig mit ihr ein laug gehegter wunsch zur grcisbaren
Thatsachc geworden: die Lrweiterung der Aiisstellungshalle. kvcrden
die lsauptziele des vercins auch stets mehr auf der idealen Seite zu
suchen sein, so war es doch für ihn seit mehreren Iahren zur brennen-
den Lebensfrage geworden, auch die gcschäftlichen Intereffen dcr vercins-
mitglicdcr durch umfaffcndere Vorfiihrung
ihrcr Arbeiten beffcr zu vertreten. Diesem
Drangc war schon die sssser Kunstgewerbe-
ausstellung entsprnngcii, und die weihnachts-
/> 2"2stellungen der beiden letzten Zahre waren
/ x / X Nothbehelfe, welche jene Lebensfrage nicht

lösten, wohl aber eindringlich an ihrc Lösung
mahnten. Und diese kam auch. was wir
liandelsmarkc der Firma heute vor Augen haben, die Dermehrung
tl-hürmer. der Ausstcllungsräume fast auf das Drei-

.l»s li. - Nöhl s „Schutzmarke". fache der früher allein vorhandenen
Partcrrehalle, ist das werkweniger Ukonate;
uud da durch Beiziehung des großen Festsaales und seiner Nebenräume
die fllr Ausstellungszwecke benutzbare Fläche auf nahezu tausend Vuadrat-
meter erweitert wordeu war, so verfehlte die Ausstellung nicht, auf das
Münchener Publikum eine große Anziehui-gskraft auszuüben.

Der ganze Umbau erfolgte bckanntlich nach dcn Plänen des prof.
Romeis, welcher dercn Ausführung mit großer Umsicht leitete.

Die Treppc, welche im Hintcrgruud des Parterresaales beginnt
und wclche mit eiuem schön geschmiedeten Gittcr ans der Merkstätte
des kjofkunstschloffers D. Bußmann versehen ist, war während der
Meihnachtstage in der an dcm untern Arm anstoßeiiden Nische dnrch
dic reizend angeordnete und beleuchtete Arippc aus dem Besitz des
kferrn Kommerzienraths 5chmedcrer zeitgemäß dekorirt.

Ls ist cin allgcmeiner Lharakterzug des gegenwärtigen Knnst-
gewerbcs, daß dic Freude an dem bunten wechscl der Farbcn vielfach
die Ideen des Annsthandwerkers leitet; am meisten kam dieser Gc-
danke zum Ausdrnck in der Ausstattung dcs sonstigcn „Kneipzimincrs".

Der Znhalt desselben gab ein Bild davon, zu welchcr gewaltigcn Aus. I
dehnung sich dic Fabrikation künstlicher Blumcn cntwickelt hat. Konnte ^
man schon letztes Zahr ftännen über den herrlichen Frühlingsflor, der
sich damals an der im großen 5aal aufgeschlagenen Laube eutfaltet
hattc, so grenzt das uns jctzt in diesem Raum gebotene an s Fecuhafte.
ein wohlgepflcgter Garten mit großen Blumenbeeten, behaglicher Laube,
Springbrunnen rc. zeigte sich hier — mitten im winter — den über-
raschten Blicken. Man müßte die Mehrzahl der in Gärten und Töxfen
gczogenen und viele alxinen oder sonstige wild wachsende Blnmen auf-
zählen, wollte man von dem Reichthum dieser Flora eiuen Begriff geben.
Dicses — im bildlichen und wirklichen Sinne — „blühende" Runstgewerbe
versteht es gleich den modernen Panoramen, den Uebergang von den
künstlichen zu dcn ini kfintergruud aufgestellten wirklichen Pflanzen so
täuschend zu gestalten, daß man bei mehreren Stücken wirklich sehr
genau hinsehen muß, um Kunst nnd Natur zu unterscheiden. Zu
diesem berauschenden Zarbeiizauber haben die Firmen A. Sell, S.
Kaußler, G. Goldstein, A. Danzer, Heckel das Schönste an
künstlichen Pflanzen beigetragen. Dazu kamen die oft wundervoll
conservirten Bluinen, Gräser, Früchtc, palmen rc. von Zell ä: Tie.
nnd Trautmann L Lie.

Auch der große Saal hatte eincn umfaiigreichen festlichen Pflanzen-
schmuck angclegt; das ernste Braun der vcrtäfelungen war durch cin-
geschaltete Vrnamcntfri'ese mit Goldgrund, durch hellfarbige Palm-
blattcr, buntc Fruchtgewinde, ricsige Blumen rc. gcmildert. Die Mitte
dcssclben nahmcn Erzcugnisse dcr Münchcncr Ldelschmicdckunst ein:
die Meistcr Professor v. Miller, Professor lfalbreiter, kjarrach
äe Sohn, Th. Lseidcn, L. R o t h m ü l le r, Wollenweber u. A.
haben eine Reihe dcr köstlichsten Früchte ihrer Annst hier untergebracht, !

denen sich die silberuen Nippsachen von S. Rosenau-Aitzingen, die
prächtig geschnitzten Llfenbcinsachen von A. Dießl u. A. würdig
anschließen. von Linzelheiten, welche auf Nenheit Anspruch erheben
köiinen, seien genannt: Schmuckschale aus Achat, Brautbecher in ncuer
Gestaltung, Räuchergefäß, Schwedenständcr, Abreißkalender, verschicdene
Schmucksachen mit hellgrün gebeiztem Achat von kjofgoldschmied Th.
kjeiden, — Schmuckschalen, zwei große vom Aönig von Rumänien
bestellte Silbervasen (entw. v. Dir. Anton Seder) von Ld. wollen-
weber, — weihkeffelchen, Siegelstöcke, vorstecknadeln, Brochen von
L. Rothmüller, — Amoretten als Briefbeschwerer (massiv Silber)
von L. Leyrer, — „Stehauferl" in Silberfassung mit Ainder-
fries von G. Meese, — Arbeitstäschchen von L. Blum, — Weih-
gefäß von M. Strobl, — Gnyxgefäße und großes Photograxhie-
album von F. kjarrach öc Sohn; die Decke des Albums, welches
zur Aiifnahme von Bildern aus dem kjochgebirg bestimint zu sein
scheint, trägt in dem Mittelfeld in Plattstickerei eine Gruppe von
Amoretten, in dem breiten aus grünem Plüsch bestehenden Rahmen
einen großen kjirschkäfer und einige vortrefflich gearbeitete Bergdisteln.
Völlig iieu waren auch kj. kjausmann's Arbeiten, darunter ein in
Silber getriebenes väschen und zwei xrächtig cisclirte rundc Aupfer-
schalen mit Rosenzweigen und Paxageieu; anch kf. Seitz war mit
kupfergetriebenen Platten, Aühlern rc. hervorragcnd vcrtreten, während
F. Zk. Uusterer-Augsburg neben getriebenen anch geätzte Aupfcr-
arbeiten ausgestellt hatte.

An den wänden und in den Lcken des Saales waren die ver-
schicdensten Zimmerchen zusainmengestellt: vor dem Aamin lud ein
gedeckter Theetisch ein, Platz 'zu nehmen auf den ringsum stehenden
Stühlen mit den prächtigen Lederpolstern L. Alöpfers, in den Lcken
und an den Wändcn bildeten andere Möbelgruppen einen Salon, ein
Boüdoir, ein Arbeitszimmer u. s. w.; immer aber — auch wenn die
einzelnen Stücke den verschiedeusten Ursprung hatten — war eine ein-
heitliche Gesammtwirkung errcicht. Zn ähnlicher weise war auch dcr
vorxlatz neben dem Saal überwiegend zur Zusainmenstellnng solcher
Möbelgruxpen verwerthet; in einem Theil des daranstoßenden Lorridors
hatte S. Schreiber ein Badezimmerchen ctablirt.

Das Bestreben, einheitliche Gruppcn zu bilden, wodurch der Zahr-
marktscharakter anderer Ausstellungslokale völlig beseitigt wurde, kam
natürlich in den neu gewonncnen, an einzelne Meister fest vermietheten
Räumen am entschiedensten zum Ausdruck. Awar traf dieß gleich bei
dem ersten Aussteller — I. Steinmetz — uicht gauz zu; aber seiue
Stücke — ein großes Renaiffancc-Buffet und mehrere Polstermöbel —
bekundeten ein so hohes Maß von Geschmack uud Geschick, daß man
auch einmal auf Linheitlich-
keit verzichten koniitc. Neben
ihm hat M. Ballin. von
welchem ein treffliches Re-
iiaiffance-Buffet iin großen
Saal stand, ein Zimmerchen
im Boudoirstil des ;8. Iahr-
hunderts eingerichtet, aus lau-
ter fein gearbeiteten Stücken
bestehend und in den Farben
so frisch, daß von der frösteln-
den Rococo-Ltiquette keine
Sxur zu finden. Sein Gegen-
über — F. Radspieler
6c Lie. — ist als Meister die-
ses Stils zu bekannt als daß derSchreibfedcriifabrikS.Schmidtck-Söhue.

besoudere kservorhebung cvgk 7.)

von Nöthen wäre. In den einfacheren, aber aufs sorgfältigste aus-
studirten Formen der Renaiffance hält sich das niedliche Zimmerchen
von G. Fritzsche, der übrigens die Beherrschung anderer Stile(Gothisch
und in Rococo) an einzelnen sonst uiitergebrachten Möbeln nachwies.
A. pössenbacher hatte mehrere für den Aönig von Rumänicn be-
stimmte Stücke gebracht, an welchen namentlich die maßvolle Ver-
goldung der geschnitzten Rococo-Möbel auffiel; ein anderes Rococo-
Mobiliar mit Wandfeld, welches nach Weihnachten ausgestellt wurde,
zeichnet sich neben der trefflichen Schnitzarbeit durch feine Farben-
stimmung aus: Die Polster in einem milden Gelb, die durchweg ge-
schnitzten ksolztheile in sanftem Blau mit Silber. —

Die Schlafzimiiiergarnitur von Th. Bcrger-Ulm erscheint als
ein geschmackvolles Mittelding zwischen Renaissance und Rococo:

Marke

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