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ERSTES KAPITEL.
DÜRERS REISE UND LOGIES.
§ i. Reifevorbereitung.
Es war im Anfang des Jahres 1720, als Albrecht Dürer den Entfchlufs fafste,
eine Reife nach den fernen Niederlanden zu unternehmen, — in „das Niederland”,
wie er es mit einem damals noch neuen Ausdruck bezeichnet.
Der Grund diefer Reife ift bekannt. Schon im Mittelalter war das Reifen
nichts Ungewöhnliches, aber man reifte damals, um Gefchäfte zu erledigen oder
um Abenteuer zu erleben. Mit der Renaiflance kam dann eine neue Mode auf:
man reifte, um Naturfchönheiten und Sehenswürdigkeiten fremder Länder zu
wundern; Petrarca war einer der erften, die im Stande waren, eine Reife zu ge-
niefsen und zu befchreiben. Aber fein Beifpiel fand nur fehr feiten Nachahmung:
man verftand ihn nicht. Thomas Morus, der Freund Erasmus’, fing eine Erzählung
folgendermafsen an: „Es war einmal ein junger Edelmann, der eine Kaufmanns-
witwe geheiratet hatte. Und da er zu viel Geld hatte, das, wie er meinte, feine
Börfe verbrennen würde, nahm er im erften Jahr feiner Verheiratung feine Frau
mit auf der Reife und fuhr nach Flandern und Frankreich hinüber, ausfchliefslich
mit dem Zweck, diefe Länder zu befuchen und dort den Sommer zu verbringen”.
Das finden wir fehr begreiflich und fogar modern, Morus jedoch war anderer
Meinung; ihm fchien der Plan des Edelmannes noch fonderbar und töricht. Und
fo können wir annehmen, dafs Dürer zwar den Wunfch gehegt haben wird, das
Land der „grofsen Künftner”, von denen fein Vater ihm in der Jugend erzählt,
hatte, zu durchfchweifen, dafs aber fo ideale Neigungen doch nicht aufschlag-
gebend fein konnten. Vielmehr trieb ein wichtiger praktifcher Grund den Künftler
zur Reife: er bezog vom Kaifer Maximilian ein Jahresgehalt, welches feit deflen
Tode am 12. Januar 17 ly ausgeblieben war. Dürer war natürlich alles daran
gelegen, von Maximilians jungem Nachfolger, dem am 28. Juni zum Kaifer
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