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Volkmann, Ludwig
Von der Weltkultur zum Weltkrieg: Vortrag, gehalten am "Vaterländischen Abend" in der Alberthalle zu Leipzig den 17. September 1914 — Leipzig: Verlag des Deutschen Buchgewerbevereins, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.50948#0008
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uns zahlreiche Angehörige fremder, uns zum Teil nun heiß verfeindeter
Länder; und um so tiefer traf uns alle der Schlag, als es ja nicht
nur äußere, materielle Werte waren, die wir damit bedroht sahen,
sondern eine innere, ideale Gesinnung, eine ganze Lebensauffassung,
der wir den schönsten und edelsten Ausdruck verliehen hatten und deren
Zusammenbruch wir nun vor Augen sehen mußten. Ach, wie bald
sollte es sich zeigen, wie dünn die gepriesene Kulturschicht gewesen war,
welche die furchtbaren Gegensätze flüchtig verdeckt hatte, und wie schreck-
lich sollte sich das Wort: «(Tratte? le Hussa et vous trouverer le
Larbare» nicht nur am russischen Volke, sondern, wie es scheint, an allen
unsern Feinden bewähren, sobald die Masseninstinkte geweckt waren. —
Wie man sieht, handelt es sich hier um tiefernste Fragen und
Vorgänge von geradezu dramatischer Wucht, und auch in diesen Zeiten
höchster und herrlichster nationaler Empfindungsgewalt wird es vielleicht
nicht überflüssig oder uninteressant erscheinen, denselben einmal etwas
näher nachzugehen, vergleichend zu betrachten wie es war und wie es
wurde, prüfend zu überblicken, was unsre „Weltkulturausstellung"
an guten Beziehungen zwischen den Völkern schon gebracht hatte und
noch erhoffen ließ, sodann zu zeigen, wie schließlich alles in der rauhen
Wirklichkeit gekommen ist, und eben dadurch den krassen Gegensatz zwischen
Hoffnung und Erfüllung um so deutlicher hervortretcn zu lassen. —
Fast wie ein Traum will es mir unter den gegenwärtigen Umständen
erscheinen, wenn ich an die vielfachen Auslandreisen zurückdenke,
die ich schon seit dem Jahre 1912 zur Werbung für unsere Ausstellung
unternommen habe und über die ich dem Direktorium jedesmal ein-
gehenden schriftlichen Bericht erstattete. Überall, ohne jede Ausnahme,
wurde ich von den Behörden wie von den beteiligten Fachkreisen mit
dem größten Entgegenkommen, ja mit Auszeichnung empfangen, und
es war keine leere Redensart, wenn ich bei der Eröffnungsfeier der
Ausstellung es aussprach, die dankbare Erinnerung daran werde mich
durch mein ganzes ferneres Leben begleiten, daß ein Mensch, der einer
guten und großen Sache dient, einen Freipaß darin besitzt, der überall
gilt, wo menschliche Herzen schlagen! Überall war man auf das Tiefste
davon durchdrungen, daß eine solche Kulturausstellung auf der Grund-
lage alles dessen, was zum Buche gehört und im Buche seinen Ausdruck
findet, nur in Deutschland und nur in Leipzig verwirklicht werden
 
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