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Volkmann, Ludwig
Von der Weltkultur zum Weltkrieg: Vortrag, gehalten am "Vaterländischen Abend" in der Alberthalle zu Leipzig den 17. September 1914 — Leipzig: Verlag des Deutschen Buchgewerbevereins, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.50948#0009
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könne, und dies nicht etwa nur, wie billig, in den uns befreundeten
oder neutralen Staaten, wie besonders Österreich und Italien, sondern
vornehmlich gerade in den Landern, die uns jetzt nicht widerwärtig
genug als unkultivierte Barbaren hinzustellen wissen. Natürlich war
die äußere Form der Aufnahme und des Eingehens auf unsere Anregung
den Nationalcharakteren entsprechend sehr verschieden, und dies zu be-
obachten bot allein schon einen großen Reiz und ein dankbares Studien-
objekt. So waren die Engländer, die mich im üblichen „Club" oder
„Circle" sehr gastlich aufnahmen, bei aller persönlichen Liebenswürdigkeit
sachlich recht kühl und zurückhaltend, und die Vertreter der Regierung,
mit denen auch späterhin ein sehr zäher Handel nötig war, erklärten
zunächst, England habe überhaupt kein Interesse auf dem Kontinent
— "ws 6on't care kor tbe Continsnt", ein Ausspruch, der gerade jetzt
eines gewissen pikanten Nebensinnes nicht entbehrt. Es war der echte
englische Standpunkt des ziffernmäßigen Vorteils, der auch dabei zum
Ausdruck kam, wobei indessen nicht verschwiegen sei, daß nach Abschluß
der nicht leichten Verhandlungen, wie beim englischen Kaufmann im
allgemeinen, alles in bester Ordnung war und wir fernerhin ganz vor-
trefflich miteinander ausgekommen sind.
In Paris war der Ton um ein Erhebliches lebhafter und festlicher
gestimmt. Die Franzosen sind ja das Volk der großen internationalen
Vereinigungen, der Ausstellungen und Kongresse, und tun von jeher
bei solchen Gelegenheiten alles, um ihr nationales „Prestige" in mög-
lichst glänzender Weise zu wahren und zu vertreten. So war auch
eine stattliche Beteiligung Frankreichs mit eigenen: Staatsgebäude auf
unserer Ausstellung von vornherein außer jeden: Iweifel, und dem
entsprechend war die Aufnahme, die man mir in Paris zuteil werden
ließ, eine derart gastliche und festliche, daß selbst mein Magen, der sich
anläßlich der Ausstellung mit Diplomaten-Eigenschaften ausgerüstet
hatte, durch die Fülle der Frühstücke und Diners eine kleine Niederlage
erlitt. Den würdigen Beschluß bildete ein Bankett der «^ssoaiation
litteraire et arti8tic^ue internationale» — die übrigens gerade in diesen
Tagen hier bei uns ihren diesjährigen Kongreß hätte abhalten sollen
— unter den: Vorsitz des damaligen Ministerpräsidenten Poincare.
So hatte ich Gelegenheit, auch diesen: für uns so bedeutungsvollen
Manne vorgestellt zu werden, der einen klugen Advokatenkopf und ein
 
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