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Der Volksführer — 1849

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No. 56 - No. 60 (7. März - 12. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52472#0127
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L27

die Verfassung erstens monarchisch, zweitens monarchisch und
drittens kann das Demokratisch zum Teufel gehen, sobald es
will; das ist das Ende vom Lied. Amen.
Aus Schleswig-Holstein, 2. März. Unser Land
ist wie verwandelt, alles Geschäft ruht, welches nicht auf
den Krieg gerichtet ist, man hört nur von Vereinsversamm-
lungen, Waffenübungen, Ererzizien der Bürgergarden, demo-
kratischen Freiwilligenkorps, Landsturmübungen, Landwehrzu-
sammenziehungen, Marinezusammenzug, Uebungslager, Erer-
ziren bei Haltenau u. s. w. Jedenfalls hat die Kündigung
des Waffenstillstandes günstig auf die Stimmung des Volkes
gewirkt, das Volk ist erwacht aus seiner Lethargie, es ver-
langt die größten Anstrengungen für die Bewaffnung des
Landes. Je mehr man aber dies wünscht, je mißvergnügter
wird man über den Schritt der Regierung, einen Gesandten
in der Person des Grafen Reventlow-Favre nach Ko-
penhagen gesandt zu haben, um sich anerkennen zu lassen.
Flensburg, 27. Febr. Ein dänischer Matrose, der
gestern zu Boot von Alsen auf Sundewitt zusteuerte, wurde
von einem daselbst auf dem Posten stehenden Jäger durch
einen losen Schuß gewarnt, ohne daß er Gehör leistete. Da-
rauf schoß der Jäger ihm eine Kugel durch die Segel, der
Matrose verhöhnte ihn dagegen und steuerte rücksichtslos dem
Lande zu, bis Ersterer, in Erfüllung seiner Pflicht, den Ma-
trosen erschoß.
Berlin. Die ersten Sitzungen der 2. Kammer haben
noch Nichts weiter gezeigt, als daß man noch nicht Vorher-
sagen kann, wie die Dinge sich gestalten werden. Dem An-
schein nach hat die Rechte die Mehrheit, und sie hat bereits
in der 2. Sitzung vom 28. Februar den ersten Sieg errun-
gen, indem die von ihr vorgeschlagene Geschäftsordnung an-
genommen wurde, bis von einer Vierzehnerkommission eine
endgiltige Geschäftsordnung entworfen und von der Kammer
angenommen sein wird. Bei der Verkündigung der Bor-
standswahl in den 7 Abtheilungen der Kammer zeigte es sich
ebenfalls, daß die Rechte in der Mehrheit sei, denn nur in
einer Abtheilung konnten die Linken Einen aus ihrer Mitte
als Vorstand durchsetzen. Das Verhältnis der Partheien ist
indessen noch nicht festgestellt, indem dieselben noch in der
Bildung begriffen sind, und indem das Ergebniß der Nach-
wahlen, welche in Berlin in allen 4 Bezirken für dre De-
mokratie ausgefallen sind, was man auch aus den nachwäh-
lenden Landbezirken erwartet, noch abzuwarten ist. In der
3. und 4. Sitzung lwßen die Abtheilungen Berichte über die
Wahlprüfungen ersta rm. Es wurde nur eine Wahl als
beanstandet erklärt, der 4. Sitzung vom 3. März
legten sämmtliche polnischen Abgeordneten (aus Posen) eine
Verwahrung ein gegen die von der Neichsgewalt vollzogene
Scheidungslinie zwischen Deutschposen und Polnischposen. Auf
verschiedene Ausfälle gegen das Ministerium erklärte der
Minister Manteuffel mit großer Gemüthsruhe, daß die
Kammer noch nicht befugt sei, die Minister anzugreifen, be-
vor sie konftituirt (in ihrem Bestand festgestellt) sei. In der
2. Sitzung hatte der Minister Heydt auch die Kündigung
des Waffenstillstandes von Malmö verkündigt, dabei aber ge-
sagt, die dänische Regierung sei des Verhoffens, daß es nach
Ablauf des Stillstandes (am 26. März) nicht zu neuen Feind-
seligkeiten kommen werde.
Die 1. Kammer hat sich unterdessen „konstituirt", ihre
Präsidenten und Sekretäre gewählt, und ist bereits an die
Berathung einer untertänigsten Antwort auf die Thronrede
ihres allergnädigsten Königs und Herrn gegangen.

Ungarn.
Der „madscharische Bericht" der Breslauer Zeitung
bringt Folgendes:
Der zweite Adjutant des Fürsten Windischgrätz, Graf
Erbach, ist gefangen und nach Debretschin gefübrt worden.
Die Kaiserlichen haben bei Arad (am Fluß Ma-
rosch, zwischen Siebenbürgen und der Theiß) eine große
Niederlage erlitten. Vom Regiment Leiningen
sind 300 Mann zu den Ungarn übergegangen.
In der in Debretschin erscheinenden Zeitung Közlöny vom
13. Februar wird Ernst Kis als Feldmarschall genannt,
welchen die Wiener Lügenzeitung schon längst hat zu den
Oefterreichischen übergehen lassen. General Meszaros ist
wieder Kriegsminister. Dasselbe Blatt enthält auch die Ver-
handlungen des ungarischen Reichstages vom 12. Februar,
in welchen Kossuth in einer Rede andeutete, daß der kai-
serliche Hof in Olmütz, wie es scheint, hinter dem Rücken
von Windischgrätz, zu Friedensunterhandlungen
sich herbeilaffe. In der Nacht vom 25. auf den 26. Fe-
bruar wurden nach Pesth sehr viele Wagen mit (österreichi-
schen) Verwundeten aus Szolnok (also zurück-) gebracht.
Windischgrätz ist in Gödöllö bei Pesth, Jellachich in
Pesth. Der General Schlick, dessen früheres Armeekor bei
Tokai und in der Zips fast aufgerieben worden ist, hat das
Kommando über die kaiserliche Armee bei Szolnock bekom-
men. Nachdem im 24. Heeresbericht die großen Siege der
Kaiserlichen verkündet waren, hat man doch zuletzt die Rus-
sen zu Hilfe rufen müssen. Vor diesen hat sich zwar Bem
in Siebenbürgen etwas zurückziehen müssen, er wird aber
bald auch die Russen vertreiben.
Nachschrift. Soeben ist hier (in Breslau) ein Rei-
sender aus Debretschin angekommen und brachte die Zeitung
Közlöny vom 21. Februar Anit. Aus derselben entnimmt
man, daß der vortreffliche Bem den kaiserlichen General
Puchner in Siebenbürgen aufs Haupt geschlagen und am
15. Februar Hermannstadt mit Sturm genommen hat. Puch-
ner hat sich nach Temeswar (also rückwärts) geflüchtet.
Bem erhielt in der Schlacht zwei Schüsse in die linke Hand
und mußte sich drei Finger einrichten lassen. Von den Rus-
sen ist keine Spur mehr in Siebenbürgen. In Debretschin
wurde dieser entscheidende Sieg Bem's am 20. Februar
unter Kanonenschüssen gefeiert. Aus Pesth erfahren wir aus
zuverlässiger Duelle, daß Windisch am 26. Februar bei Zi-
bakhaza geschlagen worden ist, und daß in Folge dessen in
Ofen Alles zum Rückzug bereit gehalten wird. Das Brü-
ckenzeug ist bereits bis nach Raab auf der Donau hinuanf
gefahren; das Geschütz aber wurde von der Generalwiese
bei Ofen in die Festung selbst gebracht. Von den Kroaten
sollen an 2000 Mann zu den Ungarn übergegangen sein.
Großes Aufsehen macht in Pesth die Verhaftung des Soh-
nes des reichsten Bankiers in Ungarn, Wodjaner.
Im Widerspruch mit diesen Berichten meldet dagegen
die Augsburger Allgemeine Zeitung, daß der Fürst Win-
dischgrätz bei Kavolna auf der Straße zwischen Pesth und
Kaschau in einer zweitägigen Schlacht am 26. und 27. Fe-
bruar die Madscharen vollständig geschlagen habe. Auch die
Breslauer Zeitung erwähnt dieses als gewiß ausgegebenen
Gerüchtes. Wir müssen abwarten, ob es sich b stätigen wird,
oder nicht. Der 26. kaiserliche Herresbericht ist zwar er-
schienen und trompetet den Sieg mit vollen Backen aus;
aber wir wollen hoffen, daß er auch dies Mal wieher ge-
logen hat.
 
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