Berichte vom Kriegsschauplatz.
M s
Inhaltsverzeichnis. Mieroslawsky. — Die Kämpfe in der Rhcinpfalz. — Die Verwundeten und die Gefangenen. Edclmnth der Heidelber-
ger Frauen. — Gefecht bei und in Käfcrthal am 15. Juni 1849.
Mieroslawsky.
Selten ward wobl einem Flldherrn ein großartigerer Be-
ruf zu Theil, als dem General Mieroslawsky, da ihn Ba-
den und Nheinpfalz an die Spitze des ersten deutschen Freiheits-
heeres beriefen; und niemals vereinigte ein Feldherr^ alle dieje-
nigen Eigenschaften in sich, welche ihn eines so hohen Berufes
fähig machten. Seme Ankunft beim Heere wurde bezeichnet
durch glänzende Erfolge, welche wir am 15. Juni auf allen
Punkten unserer Linie errangen. Im Laufe weniger Tage er-
warb sich der General die Liebe und die Achtung des Heeres
und erfüllte es mit Siegeszuversicht. Bn d.r Spitze eines deut-
schen Heeres, geborener Pole, dem Frankreich ein zweites Vater-
land wurde, und der Theil nahm an den Kämpfen Italiens,
scheint Mieroslawsky von der Vorsehung bestimmt zu sein,
den großen Bund der Völker zu schließen, und durch denselben
Europa von seinen Tyrannen zu befreien. In der Schule der
Verfolgungen und der Leiden groß geworden, wird unser Feld-
herr keine Mühseligkeiten scheuen und das Schwert nicht aus
der Hand legen, bevor daS hohe Ziel, nach welchem die Völker
Emopa's streben, errungen sein wird. Mieroslawsky, der
in den preußischen Gefängnissen schmachtete, von den feilen Rich-
tern des Preußenkönigs sogar zum Tode verurtheilt wurde, weil
er für die Befreiung seines Volkes kämpfte, Mieroslawsky
wird mit den Tyrannen Deutschlands eben so wenig als mit ?
dem Czaaren Rußlands sich abfinden. Er kennt kein anderes !
Ziel, als die Befreiung Europa'S von seinem schmählichen Joche. -
Nach diesem Ziele wird er streben, sein Herr wird ihm folgen
und die Wünsche aller Völker Europa'S werden ihn begleiten.
An daS Fr-iheitSheer deö OstenS, an die Siege der Ungarn
hat sich angsschloffen ein Freiheitshcer im Westen, uno werden
sich reihen die Siege der Deutschen über die verbündeten
Fürsten. Voran denn, deutsches Volk, auf der Bahn der Frei-
heit! Mieroslawsky wird DiL führen und bei Dir aus-
harren in guten wie in schlimmen Tagen. Voran, auf Leben
und auf Sterben!
Die Kämpfe in der Nheinpfalz.
I.
Seit langer Zeit hatten alle Einsichtigen darauf gedrun-
gen, die badische Regierung möge die Rheinpfalz mit Nachdruck
unterstützen, allein vergeblich. Mit Ausnahme einiger alten Ka-
nonen erhielt die Rhetnpfalz weder Geld noch Waffen von Ba-
den, ungeachtet der abgeschlossenen militärischen Union, und un-
geachtet aller Bitten der Rhetnpfälzer. Auf ihre eigenen Kräfte
verwiesen, war es der provisorischen Regierung der Rhetnpfalz
nicht möglich, umfassende KriegSrästungen zu machen, und noch
weniger, sich der wichtigen Festungen Landau und Germersheim
zu bemächtigen. Zwar that der wackere Willich mit feiner
Schaar Alles, was nur irgend geschehen konnte, um die Gar-
nisonen jener beiden Plätze von Ausfällen abzuhalten. Allein
ohne eine einzige Kanone, mit bloß 900 Mann zuverlässiger
Truppen gegenüber zweien Besatzungen im Gesammtbetrage von
5000 Mann war es schon viel, daß er nur im Stande war,
sich in der unmittelbaren Nähe jener festen Plätze zu halten und
ihnen die Herrschaft über die benachbarte Gegend streitig zu ma-
chen. Ja fast täglich stattfindenden G fechten bewährten die
Schaaren Willich's eine Au dauer und einen Muth, welche
nicht genug gerühmt werden können. Willich selbst ging fei-
nen Brüdern (denn in dieser SÄaar betrachten sich alle Strei-
ter als Brüder und Freunde) mit dem guten Beispiele voran.
Hier fand man allerdings keine glänzenden Uniformen, keine
hoch tönenden Titel, auch nicht viel Geld und GeldeSwerth,
allein strenge Folgsamkeit, unausgesetzte Wachsamkeit und im
Kampfe größte Kühnheit. Dem wack-rn Willich gebührt daS
Verdienst, feiner Schaar den edlen Geist etngeflößt zu haben,
welcher sich bisher bet jeder Gelegenheit bewährte, und welcher
sich auch künftig gewiß bewähren wird. Unter den Haupt-
leuten, welche sich durch ihre Tapferkeit ausgezeichnet haben,
erwähne ich hier nur den Hauptmann Lor eck, welcher vor 8
Tagen mit 36 Mann zwischen Bellheim und Knittelsheim eine
baierische Kolonne von 700 Mann Infanterie, eine Schwadron
Reiterei und eine Batterie Artillerie zwei Stunden lang be-
schäftigte, ihr 7 Mann töotete, 14 verwundete und sie endlich,
als Hilfe kam, in die Festung zurückkrieb. Doch bei aller Ta-
pferkeit konnte natürlich die Schaar Willich's so wenig als
die übrigen Truppen der Rheinpfalz den herankommenden preu-
ßischen HeereSmassen die Spitze bieten. Sie zogen sich daher
nach einigen kleinen G.fechten in guter Ordnung auf badisches
Gebiet zurück, auf welchem sie in bedeutender Stärke Montag
den 18. Juni eintrafen. Wir hoffen jedoch, die Preußen wer-
den sich nicht lange des ruhigen Besitzes der Rhetnpfalz erfreuen.
II
U Karlsruhe, 19. Juni. U ber die militärischen Be-
wegungen der Rhcinpfalz kann ich Ihnen als Augenzeuge bet
verschiedenen Operationen und von dem Plane der obersten
Leitung seit dem Einrücken der Preußen genau unterrichtet, fol-
gendes Thalsächliche mittheilen. Die militärische Organisation
der Pfalz machte ihren Anfang eigentlich erst, seitdem Sznaide
den Oberbefehl ««getreten hatte, in den letzten Tagen des Monats
Mai. So viel militärische Umsicht dieser tüchtige Soldat be-
währt und so sehr er von mehreren guten Offizieren unterstützt
wurde, so standen allen diesen außerordentlichen Leistungen doch
der vollständige Mangel au Schuß-Waffen entgegen, dem die
Verfertigung von etlichen tausend Sensen nicht abhelfcn konnte.
In Folge dessen konnten von den über 30,000 Mann ersten
Aufgebots nur ungefähr l 0,000 bewaffnet werden. Die übri-
gen einberufenen Mannschaften mußten, obwohl gut einererziert,
bei dem Anrücken der Preußen entlassen werden. Daß mit
10,000 schlecht ausgerüsteten Leuten, vollständigem Mangel an
Kavallerie und Geschütz, dessen Zahl sich kaum ans 10 Stück
belief, einem Korps von 30,000 Preußen mit mindestens 4 mal
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Inhaltsverzeichnis. Mieroslawsky. — Die Kämpfe in der Rhcinpfalz. — Die Verwundeten und die Gefangenen. Edclmnth der Heidelber-
ger Frauen. — Gefecht bei und in Käfcrthal am 15. Juni 1849.
Mieroslawsky.
Selten ward wobl einem Flldherrn ein großartigerer Be-
ruf zu Theil, als dem General Mieroslawsky, da ihn Ba-
den und Nheinpfalz an die Spitze des ersten deutschen Freiheits-
heeres beriefen; und niemals vereinigte ein Feldherr^ alle dieje-
nigen Eigenschaften in sich, welche ihn eines so hohen Berufes
fähig machten. Seme Ankunft beim Heere wurde bezeichnet
durch glänzende Erfolge, welche wir am 15. Juni auf allen
Punkten unserer Linie errangen. Im Laufe weniger Tage er-
warb sich der General die Liebe und die Achtung des Heeres
und erfüllte es mit Siegeszuversicht. Bn d.r Spitze eines deut-
schen Heeres, geborener Pole, dem Frankreich ein zweites Vater-
land wurde, und der Theil nahm an den Kämpfen Italiens,
scheint Mieroslawsky von der Vorsehung bestimmt zu sein,
den großen Bund der Völker zu schließen, und durch denselben
Europa von seinen Tyrannen zu befreien. In der Schule der
Verfolgungen und der Leiden groß geworden, wird unser Feld-
herr keine Mühseligkeiten scheuen und das Schwert nicht aus
der Hand legen, bevor daS hohe Ziel, nach welchem die Völker
Emopa's streben, errungen sein wird. Mieroslawsky, der
in den preußischen Gefängnissen schmachtete, von den feilen Rich-
tern des Preußenkönigs sogar zum Tode verurtheilt wurde, weil
er für die Befreiung seines Volkes kämpfte, Mieroslawsky
wird mit den Tyrannen Deutschlands eben so wenig als mit ?
dem Czaaren Rußlands sich abfinden. Er kennt kein anderes !
Ziel, als die Befreiung Europa'S von seinem schmählichen Joche. -
Nach diesem Ziele wird er streben, sein Herr wird ihm folgen
und die Wünsche aller Völker Europa'S werden ihn begleiten.
An daS Fr-iheitSheer deö OstenS, an die Siege der Ungarn
hat sich angsschloffen ein Freiheitshcer im Westen, uno werden
sich reihen die Siege der Deutschen über die verbündeten
Fürsten. Voran denn, deutsches Volk, auf der Bahn der Frei-
heit! Mieroslawsky wird DiL führen und bei Dir aus-
harren in guten wie in schlimmen Tagen. Voran, auf Leben
und auf Sterben!
Die Kämpfe in der Nheinpfalz.
I.
Seit langer Zeit hatten alle Einsichtigen darauf gedrun-
gen, die badische Regierung möge die Rheinpfalz mit Nachdruck
unterstützen, allein vergeblich. Mit Ausnahme einiger alten Ka-
nonen erhielt die Rhetnpfalz weder Geld noch Waffen von Ba-
den, ungeachtet der abgeschlossenen militärischen Union, und un-
geachtet aller Bitten der Rhetnpfälzer. Auf ihre eigenen Kräfte
verwiesen, war es der provisorischen Regierung der Rhetnpfalz
nicht möglich, umfassende KriegSrästungen zu machen, und noch
weniger, sich der wichtigen Festungen Landau und Germersheim
zu bemächtigen. Zwar that der wackere Willich mit feiner
Schaar Alles, was nur irgend geschehen konnte, um die Gar-
nisonen jener beiden Plätze von Ausfällen abzuhalten. Allein
ohne eine einzige Kanone, mit bloß 900 Mann zuverlässiger
Truppen gegenüber zweien Besatzungen im Gesammtbetrage von
5000 Mann war es schon viel, daß er nur im Stande war,
sich in der unmittelbaren Nähe jener festen Plätze zu halten und
ihnen die Herrschaft über die benachbarte Gegend streitig zu ma-
chen. Ja fast täglich stattfindenden G fechten bewährten die
Schaaren Willich's eine Au dauer und einen Muth, welche
nicht genug gerühmt werden können. Willich selbst ging fei-
nen Brüdern (denn in dieser SÄaar betrachten sich alle Strei-
ter als Brüder und Freunde) mit dem guten Beispiele voran.
Hier fand man allerdings keine glänzenden Uniformen, keine
hoch tönenden Titel, auch nicht viel Geld und GeldeSwerth,
allein strenge Folgsamkeit, unausgesetzte Wachsamkeit und im
Kampfe größte Kühnheit. Dem wack-rn Willich gebührt daS
Verdienst, feiner Schaar den edlen Geist etngeflößt zu haben,
welcher sich bisher bet jeder Gelegenheit bewährte, und welcher
sich auch künftig gewiß bewähren wird. Unter den Haupt-
leuten, welche sich durch ihre Tapferkeit ausgezeichnet haben,
erwähne ich hier nur den Hauptmann Lor eck, welcher vor 8
Tagen mit 36 Mann zwischen Bellheim und Knittelsheim eine
baierische Kolonne von 700 Mann Infanterie, eine Schwadron
Reiterei und eine Batterie Artillerie zwei Stunden lang be-
schäftigte, ihr 7 Mann töotete, 14 verwundete und sie endlich,
als Hilfe kam, in die Festung zurückkrieb. Doch bei aller Ta-
pferkeit konnte natürlich die Schaar Willich's so wenig als
die übrigen Truppen der Rheinpfalz den herankommenden preu-
ßischen HeereSmassen die Spitze bieten. Sie zogen sich daher
nach einigen kleinen G.fechten in guter Ordnung auf badisches
Gebiet zurück, auf welchem sie in bedeutender Stärke Montag
den 18. Juni eintrafen. Wir hoffen jedoch, die Preußen wer-
den sich nicht lange des ruhigen Besitzes der Rhetnpfalz erfreuen.
II
U Karlsruhe, 19. Juni. U ber die militärischen Be-
wegungen der Rhcinpfalz kann ich Ihnen als Augenzeuge bet
verschiedenen Operationen und von dem Plane der obersten
Leitung seit dem Einrücken der Preußen genau unterrichtet, fol-
gendes Thalsächliche mittheilen. Die militärische Organisation
der Pfalz machte ihren Anfang eigentlich erst, seitdem Sznaide
den Oberbefehl ««getreten hatte, in den letzten Tagen des Monats
Mai. So viel militärische Umsicht dieser tüchtige Soldat be-
währt und so sehr er von mehreren guten Offizieren unterstützt
wurde, so standen allen diesen außerordentlichen Leistungen doch
der vollständige Mangel au Schuß-Waffen entgegen, dem die
Verfertigung von etlichen tausend Sensen nicht abhelfcn konnte.
In Folge dessen konnten von den über 30,000 Mann ersten
Aufgebots nur ungefähr l 0,000 bewaffnet werden. Die übri-
gen einberufenen Mannschaften mußten, obwohl gut einererziert,
bei dem Anrücken der Preußen entlassen werden. Daß mit
10,000 schlecht ausgerüsteten Leuten, vollständigem Mangel an
Kavallerie und Geschütz, dessen Zahl sich kaum ans 10 Stück
belief, einem Korps von 30,000 Preußen mit mindestens 4 mal