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X Aus dem Schüpfergrrmde, 8. April. In
der „Deutschen Zeitung" (sonst auch Professorenbase gehei-
ßen) vom 3. April lesen wir von Feierlichkeiten, welche die
Nachricht von der Kaiserwahl in unserm Nachbarstädtchen
Gerlachsheim veranlaßt haben soll. Die ganze Geschichte :
besteht nur Larin, daß der dortige Apotheker Röder, der '
sich schon oft als Soldknecht einer unverstandenen Politik
lächerlich machte, vor Freude über die Vielen unerfreuliche !
Nachricht, seine Gewehrläufe zum Fenster hinaus abschoß, i
Das war ein Mal der allgewaltige Kanonendonner, den
außer dem Apotheker Röder gewiß sonst kein Mensch da-
für hielt — sind ja doch gar keine Kanonen in Gerlachs-
heim! Eine weitere Feierlichkeit soll in Musik bestanden ha-
den. Die wurde allerdings gemacht — und zwar von zwei
herumziehenden Harfenmädchen, die Nachmittags in Borderg !
sich hören ließen, und von da nach Gerlachsheim pilgerten.
Mit dcm Kanonendonner, der in der Nachbarschaft gehört .
worden sein soll, hat cs endlich diese Bewandtniß: zwei ;
halbkaiserliche Beamte, der in seinen Ideen sehr oft über- ,
spannte Obereinnehmer von Borberg, nebst seinem Sekun- i
Lauten von Krautheim, fanden es auf ihren müßigen Spa-
ziergängen für sachgemäß, läuten und schießen zu lassen. Ei-
genmächtig schickten sie Leute an die Glocken, die dann na-
türlich auch ertönten; ebenso ließen sie aus dem Staatsamts- i
gebäude die Haken herausnehmen, und auf Rechnung des
Geldbeutels des Obereinnehmers an 12 Pfund demokrati-
sches Pulver verschießen, das ihnen Kaufmann Henrici
aus Versehen abgegeben hatte.
Wir veröffentlichen Dieses, damit die fälschlich ausge-
Lrompeteten Feierlichkeiten nicht allenfalls dem Bürger-
stande zugerechnet werden. Denn wenn auch das Volk
unserer Gegend dem eigenen Fürstenhause zum Thei! noch zu- -
getban ist, so erkennt doch auch der Unerfahrenste, wie weit !
es die Nazionalversammlung in Frankfurt gebracht hat, und !
wie sehr Deutschland getäuscht und die Volkssuveränität ver- -
kauft wurde.
Sollte die höchste Errungenschaft unserer vorjährigen
Märzrevolusion darin bestehen, daß wir zu unsern 34 Für-
sten noch einen weiteren mit nochmaliger Zwilliste erhalten?
Jubeln auch unsere Schwarz-werßen (die Preußrschgesinnten) '
so hoffen wir, daß die Zeit wieder Rosen bringt, und daß
eine durch Feigheit und Verrätherei herbeigesührte zweite
Nevoluzion kräftiger wirken und unser Wohl besser begrün- !
den wird, als die erste.
V HerrDheiM, 9. April. Heute fand dahier unter
der Leitung des Bürgers Doktor Kreit ler von Tauberbi-
schofsheim eine Volksversammlung statt, welcher wohl
5 bis 6000 Menschen beiwohnten. Der erste Redner war '
der Bürger Damm von Tauberbischofsheim, Abgeordneter
zur Nazionalversammlung. Er sprach über die Thätigkeit
der Nazionalversammlung, wies namentlich auf den Werth
der Grundrechte hin, und bezeichnete als ausschließliches Mit- '
tel, sie zu verwirklichen, die allenthalben in's Leben getrete- -
nen Volksvereine. — Hierauf sprach der Bürger Doktor -
Nöthig hauptsächlich über die Beziehungen der Fürsten zum !
Volke, und wies nach, daß mit jenen die Freiheit und die i
Einheit des deutschen Volkes nicht zu erstreben sei. Dann s
wies er noch besonders die Verleumdungen zurück, welche !
sich namentlich die sogenannten „Vaterländischen" gegen die
Demokraten durch den Vorwurf des Kommunismus, der
Anarchie u. s. w. erlauben, um das Volk irre zu führen. —
Alsdann erhielt Bürger Go egg von Mannheim das Wort,
welcher sich in gleichem Sinne aussprach, vorzugsweise die
Errichtung von Vereinen empfahl und diese als das aus-
schließliche Mittel zur Erringung der Freiheit und Einheit
des deutschen Volkes bezeichnete. — Endlich erhielt Bürger
Florian Mördes von Mannheim das Wort, welcher !in
einem längeren Vortrag auf eine Prüfung der Grundrechte
einging, nachwies, wie dieselben nur das geringste Maß der
Freiheit gewähren, und wie nebenbei noch sämmtliche Ne-
gierungen darauf ausgehen, durch die Art und Weise der
Einführung sie zu schmälern.
Anträge wurden gestellt und einstimmig zum Beschluß
erhoben, von Mördes: Zu fordern, daß die beiden
Kammern in Karlsruhe unverweilt aufgelöst
werden, und nicht länger mehr, dem Willen des
Volkes entgegen, beisammen bleiben; von Goegg:
Zu erklären, daß das künftige Oberhaupt Deutsch-
lands weder ein Fürst, noch erblich sein solle.
Der Vorsitzende schloß die Versammlung mit einem Vorträge,
worin er auf die Macht des Gesammtwillens eines Volkes
hinwies, wie diese sich in den Märztagen des vorigen Jah-
res beurkundet habe, und worin er zu zahlreichem Eintritt
in die Volksvereine, die Schulen für Erziehung des Volks-
geistes, aufforderte.
O Bon dsV 6. April. Der Bürgermeister und
Gemeinderath in Rothenfeld wurden wegen der Besetzung
ihrer Pfarrei mit dem Pfarrer Binz von Tauberbischofs-
heim (was früher im Volksführer besprochen war) kürzlich
vor Las Amt Rastatt geladen, welches ihnen auf höhern
Befehl den §. 17 der Grundrechte auslegte. Diese Ausle-
gung ist natürlich bekkisch, d. h. volksfeindlich. Es soll näm-
lich nicht jeder einzelnen Kirchengemeinde zustehen,
ihren Pfarrer zu wählen, sondern der §.17 gebe dies Recht
der ganzen Neligionsgesellschaft, oder — was ei-
nerlei (I!) sei — dem Vorstande derselben, der höhern
Geistlichkeit. Der Bekk kommt also auch hier glücklich um
die Grundrechte herum, und bei seiner Auslegung wäre das
Volk viel schlechter daran, als früher. Es würden ihm lau-
ter Jesuiten und Pietisten zu Geistlichen gesetzt werden.
Der §. 17 der Grundrechte sagt aber, eine jede Re-
ligionsgesellschaft habe das Recht, ihre Angelegenheiten selb-
ständig,zu ordnen. Jede Gemeinde aber ist eine Religions-
gesellschaft für sich, und deßhalb gehört auch die Anstellung
ihres Pfarrers zu ihren Rechten, und nicht zu den Rechten
der höhern Geistlichkeit (Bischof, Ordinariat). Diese ist
vielmehr selbst von der Neligionsgesellschaft, und zwar von
der ganzen, von allen einzelnen Gemeinden (Religions-
gesellschaften) zusammen, zu wählen. Das Gleiche gilt
von der Verwaltung des Kirchenvermögens. Wenn Viele
glauben, dieselbe werde der Regierung abgenommen und der
höhern Geistlichkeit übergeben, so täuschen sie sich gewaltig. Die
Gemeinden haben ihr Vermögen selbst zu verwalten.
Bürgermeister und Gemeinderath von Rothenfeld erklär-
ten dem Amt, daß sie, weil bis jetzt der §. 17 der Grund-
rechte noch nicht ein geführt sei, von ihrem Verlangen,
ihren Pfarrer selbst zu wählen, einstweilen — abftehcn wollten!!
GLLenheiM, 5. April. Der zweite Versuch einer Er-
satzwahl für Richter ist (wie schon in Nr. 82 gemeldet
wurde) mißlungen. Auf den 14. April soll nun eine dritte
Wahl angeordnet werden. Wie lange wird wohl die Re-
gierung diese Komödie noch fortsetzen? Sie hofft wahrschein-
lich, die Wablmänner durch dis ihnen aufzubürdenden Kosten
zu ermüden '— allein das hilft Nichts; die Volksvereine
bringen diese Kosten durch Kreuzecsammlungen zusammen.
Darum nur standhaft geblieben, Ihr wackeren Wahlmänner;
Ihr handelt auf diese Weise im Sinne des Volkes! Seid
X Aus dem Schüpfergrrmde, 8. April. In
der „Deutschen Zeitung" (sonst auch Professorenbase gehei-
ßen) vom 3. April lesen wir von Feierlichkeiten, welche die
Nachricht von der Kaiserwahl in unserm Nachbarstädtchen
Gerlachsheim veranlaßt haben soll. Die ganze Geschichte :
besteht nur Larin, daß der dortige Apotheker Röder, der '
sich schon oft als Soldknecht einer unverstandenen Politik
lächerlich machte, vor Freude über die Vielen unerfreuliche !
Nachricht, seine Gewehrläufe zum Fenster hinaus abschoß, i
Das war ein Mal der allgewaltige Kanonendonner, den
außer dem Apotheker Röder gewiß sonst kein Mensch da-
für hielt — sind ja doch gar keine Kanonen in Gerlachs-
heim! Eine weitere Feierlichkeit soll in Musik bestanden ha-
den. Die wurde allerdings gemacht — und zwar von zwei
herumziehenden Harfenmädchen, die Nachmittags in Borderg !
sich hören ließen, und von da nach Gerlachsheim pilgerten.
Mit dcm Kanonendonner, der in der Nachbarschaft gehört .
worden sein soll, hat cs endlich diese Bewandtniß: zwei ;
halbkaiserliche Beamte, der in seinen Ideen sehr oft über- ,
spannte Obereinnehmer von Borberg, nebst seinem Sekun- i
Lauten von Krautheim, fanden es auf ihren müßigen Spa-
ziergängen für sachgemäß, läuten und schießen zu lassen. Ei-
genmächtig schickten sie Leute an die Glocken, die dann na-
türlich auch ertönten; ebenso ließen sie aus dem Staatsamts- i
gebäude die Haken herausnehmen, und auf Rechnung des
Geldbeutels des Obereinnehmers an 12 Pfund demokrati-
sches Pulver verschießen, das ihnen Kaufmann Henrici
aus Versehen abgegeben hatte.
Wir veröffentlichen Dieses, damit die fälschlich ausge-
Lrompeteten Feierlichkeiten nicht allenfalls dem Bürger-
stande zugerechnet werden. Denn wenn auch das Volk
unserer Gegend dem eigenen Fürstenhause zum Thei! noch zu- -
getban ist, so erkennt doch auch der Unerfahrenste, wie weit !
es die Nazionalversammlung in Frankfurt gebracht hat, und !
wie sehr Deutschland getäuscht und die Volkssuveränität ver- -
kauft wurde.
Sollte die höchste Errungenschaft unserer vorjährigen
Märzrevolusion darin bestehen, daß wir zu unsern 34 Für-
sten noch einen weiteren mit nochmaliger Zwilliste erhalten?
Jubeln auch unsere Schwarz-werßen (die Preußrschgesinnten) '
so hoffen wir, daß die Zeit wieder Rosen bringt, und daß
eine durch Feigheit und Verrätherei herbeigesührte zweite
Nevoluzion kräftiger wirken und unser Wohl besser begrün- !
den wird, als die erste.
V HerrDheiM, 9. April. Heute fand dahier unter
der Leitung des Bürgers Doktor Kreit ler von Tauberbi-
schofsheim eine Volksversammlung statt, welcher wohl
5 bis 6000 Menschen beiwohnten. Der erste Redner war '
der Bürger Damm von Tauberbischofsheim, Abgeordneter
zur Nazionalversammlung. Er sprach über die Thätigkeit
der Nazionalversammlung, wies namentlich auf den Werth
der Grundrechte hin, und bezeichnete als ausschließliches Mit- '
tel, sie zu verwirklichen, die allenthalben in's Leben getrete- -
nen Volksvereine. — Hierauf sprach der Bürger Doktor -
Nöthig hauptsächlich über die Beziehungen der Fürsten zum !
Volke, und wies nach, daß mit jenen die Freiheit und die i
Einheit des deutschen Volkes nicht zu erstreben sei. Dann s
wies er noch besonders die Verleumdungen zurück, welche !
sich namentlich die sogenannten „Vaterländischen" gegen die
Demokraten durch den Vorwurf des Kommunismus, der
Anarchie u. s. w. erlauben, um das Volk irre zu führen. —
Alsdann erhielt Bürger Go egg von Mannheim das Wort,
welcher sich in gleichem Sinne aussprach, vorzugsweise die
Errichtung von Vereinen empfahl und diese als das aus-
schließliche Mittel zur Erringung der Freiheit und Einheit
des deutschen Volkes bezeichnete. — Endlich erhielt Bürger
Florian Mördes von Mannheim das Wort, welcher !in
einem längeren Vortrag auf eine Prüfung der Grundrechte
einging, nachwies, wie dieselben nur das geringste Maß der
Freiheit gewähren, und wie nebenbei noch sämmtliche Ne-
gierungen darauf ausgehen, durch die Art und Weise der
Einführung sie zu schmälern.
Anträge wurden gestellt und einstimmig zum Beschluß
erhoben, von Mördes: Zu fordern, daß die beiden
Kammern in Karlsruhe unverweilt aufgelöst
werden, und nicht länger mehr, dem Willen des
Volkes entgegen, beisammen bleiben; von Goegg:
Zu erklären, daß das künftige Oberhaupt Deutsch-
lands weder ein Fürst, noch erblich sein solle.
Der Vorsitzende schloß die Versammlung mit einem Vorträge,
worin er auf die Macht des Gesammtwillens eines Volkes
hinwies, wie diese sich in den Märztagen des vorigen Jah-
res beurkundet habe, und worin er zu zahlreichem Eintritt
in die Volksvereine, die Schulen für Erziehung des Volks-
geistes, aufforderte.
O Bon dsV 6. April. Der Bürgermeister und
Gemeinderath in Rothenfeld wurden wegen der Besetzung
ihrer Pfarrei mit dem Pfarrer Binz von Tauberbischofs-
heim (was früher im Volksführer besprochen war) kürzlich
vor Las Amt Rastatt geladen, welches ihnen auf höhern
Befehl den §. 17 der Grundrechte auslegte. Diese Ausle-
gung ist natürlich bekkisch, d. h. volksfeindlich. Es soll näm-
lich nicht jeder einzelnen Kirchengemeinde zustehen,
ihren Pfarrer zu wählen, sondern der §.17 gebe dies Recht
der ganzen Neligionsgesellschaft, oder — was ei-
nerlei (I!) sei — dem Vorstande derselben, der höhern
Geistlichkeit. Der Bekk kommt also auch hier glücklich um
die Grundrechte herum, und bei seiner Auslegung wäre das
Volk viel schlechter daran, als früher. Es würden ihm lau-
ter Jesuiten und Pietisten zu Geistlichen gesetzt werden.
Der §. 17 der Grundrechte sagt aber, eine jede Re-
ligionsgesellschaft habe das Recht, ihre Angelegenheiten selb-
ständig,zu ordnen. Jede Gemeinde aber ist eine Religions-
gesellschaft für sich, und deßhalb gehört auch die Anstellung
ihres Pfarrers zu ihren Rechten, und nicht zu den Rechten
der höhern Geistlichkeit (Bischof, Ordinariat). Diese ist
vielmehr selbst von der Neligionsgesellschaft, und zwar von
der ganzen, von allen einzelnen Gemeinden (Religions-
gesellschaften) zusammen, zu wählen. Das Gleiche gilt
von der Verwaltung des Kirchenvermögens. Wenn Viele
glauben, dieselbe werde der Regierung abgenommen und der
höhern Geistlichkeit übergeben, so täuschen sie sich gewaltig. Die
Gemeinden haben ihr Vermögen selbst zu verwalten.
Bürgermeister und Gemeinderath von Rothenfeld erklär-
ten dem Amt, daß sie, weil bis jetzt der §. 17 der Grund-
rechte noch nicht ein geführt sei, von ihrem Verlangen,
ihren Pfarrer selbst zu wählen, einstweilen — abftehcn wollten!!
GLLenheiM, 5. April. Der zweite Versuch einer Er-
satzwahl für Richter ist (wie schon in Nr. 82 gemeldet
wurde) mißlungen. Auf den 14. April soll nun eine dritte
Wahl angeordnet werden. Wie lange wird wohl die Re-
gierung diese Komödie noch fortsetzen? Sie hofft wahrschein-
lich, die Wablmänner durch dis ihnen aufzubürdenden Kosten
zu ermüden '— allein das hilft Nichts; die Volksvereine
bringen diese Kosten durch Kreuzecsammlungen zusammen.
Darum nur standhaft geblieben, Ihr wackeren Wahlmänner;
Ihr handelt auf diese Weise im Sinne des Volkes! Seid