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als das Wohl ihres Vaterlandes; ihrer Eitelkeit und ihrem
Ehrgeiz gewähren sie eher Befriedigung, als dem Mahnruf
und dem Willen des ganzen Deutschlands. Was sollten sich
auch Fürsten um das Verlangen des Volkes kümmern, „die
Herrn von Gottes Gnaden" bilden sich ja ein, daß das Volk
ihretwegen da sei! Die Fürsten wollen nichts von Einheit
wissen, denn wenn Deutschland einig ist, so gibt es eine
Reichsversammlung und ein Reichsoberhaupt, welch' beide im
Namen des deutschen Volkes Gesetze geben, die von den
Fürsten beachtet werden müssen. Die Fürsten möchten aber
lieber Niemanden über sich haben, sie möchten wie bisher un-
eingeschränkt und ganz nach Willkür in ihren Ländern und
Ländchen wie Götter schalten und walten. Wenn sie dessen-
ungeachtet von ihrer Bereitwilligkeit sprechen, alles Mögliche
zur Einheit und Macht Deutschlands beizutragen, so ist dies
eben nur leeres Gerede, das kein Verständiger beachten wird;
es ist ja Jedem bekannt, was von Fürstenversprechungen zu
halten ist. Man sehe nach Preußen, Baiern, Hanover; sind
dort nur die Grundrechte anerkannt? Von Oesterreich gar
nicht zu reden!
Die Mehrheit der Nazionalversammlung glaubte, Alles
auf dem sogenannten gesetzlichen Wege durchführen zu kön-
nen. Wie weit sie damit gekommen ist, liegt jetzt am Tag.
Dadurch, daß sie der Wiener Oktoberrevoluzion nicht mrt
aller Macht und Kraft zu Hilfe kam, gingen die deutsch-
österreichischen Provinzen für den deutschen Bundesstaat ver-
loren. Aber nicht einmal das übrige Deutschland vermag
sie zu einigen. Bei ihrer Ohnmacht glaubte die Nazional-
versammlung auf keine andere Weise die Einheit retten zu
können, als durch Ernennung des Königs von Preußen zum
erblichen Kaiser, obwohl die große Mehrheit des Volkes von
der veralteten Kaiserwürde und der Person des Preußenkö-
nigs offenbar Nichts wissen will. Aber selbst dieses verzwei-
felte Mittel will Nichts mehr helfen. Denn der König von
Preußen sagt mit dürren Worten, er nehme die Krone nicht
aus der Hand der Nazionalversammlung, sondern nur von
den Fürsten an, und versehe sich noch obendrein zu diesen,
daß sie ihm die Verfassung ändern und der beschränkenden
Bestimmungen entkleiden; unter solchen Bedingungen ist er
so gnädig, und will sich an die Spitze eines Bundesstaats
stellen, der aus denjenigen Staaten sich bilde, welche demsel-
ben „freiwillig" sich anschließen möchten; ein Fürstenkon-
greß solle die Angelegenheit ordnen.
Also die Nazionalversammlung, die bisher das einzige,
wiewohl schwache Band deutscher Einheit war, sie soll jetzt
bei Seite geschoben werden, sie darf das Einheitswerk nicht
gründen, sondern die Fürsten unter Leitung des Preußen-
königs sollen es thun!? Gott bewahre das deutsche Volk
vor der Einheit, die ihm die Fünften bringen! Von den
Fürsten kann nur eine Polizeieinheit kommen, eine Einheit
in Unterdrückung der Freiheit. Die Einheit der deutschen
Volksstämme hat aber nur dann einen Werth, wenn zugleich
die in der Revoluzion erkämpfte Freiheit zur Geltung ge-
langt.
Im vorigen Frühjahr wurde unter Zustimmung der
Fürsten festgesetzt, daß „einzig und allein" die Nazio-
ualversammlung die Verfassung für den deutschen Bundes-
staat schaffen solle. Wie steht es aber jetzt? Es ist so
weit mit der feierlich anerkannten Volksherrlichkeit (Volks-
suveränitat) gekommen, daß Das, was durch sie geschaffen
wurde, von den Fürsten gar nicht angenommen wird, daß
die Nazionalversammlung von ihnen verhöhnt und nächstens
auseinandergejagt wird. So mußte es aber kommen. Als
die Frankfurter Versammlung die Macht hatte, die Fürsten
zu stürzen, that sie es nicht, sondern gab sich dem thörichten
Vertrauen hin, die Fürsten würden die Freiheit, Einheit und
Wohlfahrt Deutschlands befördern helfen. Als ob die Für-
sten plötzlich über Nacht ihre Natur geändert hätten! Was
die Reichsversammlung hätte thun sollen, das wird ihr
jetzt von den Fürsten auf empfindliche Weise begreiflich ge-
macht: sie hätte die Macht benützen sollen, so lange sie in
ihren Händen war, sie hätte die natürlichen Feinde der Ein-
heit nicht schonen sollen, sie hätte die Fürstenherrschaft ver-
nichten sollen. Wem daran gelegen ist, verhöhnt und betro-
gen zu werden, der braucht nur großmüthig gegen seine
Feinde zu sein, zumal gegen die Fürsten. Die Reichsver-
sammlung mag ihre Unterlassungssünden verantworten, wenn
sie kann; sie hätte unserer Nazion die längst ersehnte Frei-
heit und Einheit schaffen können, statt dessen aber hat ihre
Unentschiedenheit bewirkt, daß Deutschland zerrissener ist,
als jemals.
Du aber, betrogenes Volk, hast alle Ursache, mißtrauisch
zu sein; traue Niemanden, als Dir selber! Traue nament-
lich keinem Fürsten, und bedenke stets, daß die Staaten von
Nordamerika nicht das Muster der Freiheit und Einheit wä-
ren, wenn sie, wie Du, Fürsten hätten. Für die Zukunft
halte Dich bereit, und kommt es wieder zur Revoluzion, so
hegehe keine Halbheit mehr, sondern handle entschieden, wie
es Männern ziemt, sei dann klug, und schmiede das Eisen,
so lang' es noch glüht!
Deutschland.
Karlsruhe, 12. April. Das in Schleswig befind-
liche badische Batallion Porbeck hat an dem Gefechte, wel-
ches die hanoverische Heeresabtheilung am 6. April bei Ulde-
rup, auf der Straße von Apenrade nach Sonderburg, bestand,
Antheil genommen. Der Verlust desselben beträgt 2 Todte
und 36 Verwundete. Jene sind die Soldaten Wilhelm
Meier von Freiburg und Ignaz Klumpp. (K. Z.)
LeiMS», bei Heidelberg, 11. April. Lange hatte
die hiesige Gemeinde das Glück, allgemein geliebte Geistlichen
zu haben, die noch jetzt in ehrendem Andenken stehen. Vor
3 Jahren kam zum Mißfallen vieler Bürger der gegenwär-
tige Pfarrer Lebeau hierher, dessen Ruf und Lob schon
von Wimmersbach aus bekannt war, als eines Mannes, der
nirgends Frieden gestiftet hatte. Im Sti en, aber emsig,
betreibt der pietistische Herr auch hier sein Bekehrungsgeschäft,
obschon mit sehr geringem Erfolg, denn unsere schlichten
Bürger können sich ein Mal nicht überreden lassen, daß sie
Heiden und Ungläubige seien, um so weniger, da der geist-
liche Strafprediger das Gebot der Mildthätigkeit weit we-
niger ausübt, als sie selbst. Er verschanzt sich in seinem
Pfarrhaus mit verschlossenen Laden und Fenstern, wie in ei-
ner Festung, und für die Armen ist weder seine Thüre, noch
sein Ohr offen. Am Ostertage setzte er seinen Bekehrungs-
eifer dadurch die Krone auf, daß er seinem Schwiegervater,
einen Professor aus Frankfurt, kommen ließ, der uns in ei-
ner langen und langweiligen Rede beweisen wollte, wir wären
eine durch und durch verdorbene Gemeinde, in der es eine
Menge Bettler und Diebe gäbe. Dieses anmaßende und
grobe Benehmen eines Frankfurters oder Sachsenhäusers zog
den geistlichen Herren ein Mißbilligungsschreiben des Kir-
chengemeinderathes zu, indem ihnen gesagr wurde, daß ihre
dreiste Unverschämtheit alle Erwartungen übertroffen habe,
und daß man von dem Professor Fehmel Nichts mehr auf
der Kanzel sehen oder hören wolle. Um sich zu rechtfertigen,
ließen die Beiden die ganze Gemeinde in die Kirche laden;
als das Wohl ihres Vaterlandes; ihrer Eitelkeit und ihrem
Ehrgeiz gewähren sie eher Befriedigung, als dem Mahnruf
und dem Willen des ganzen Deutschlands. Was sollten sich
auch Fürsten um das Verlangen des Volkes kümmern, „die
Herrn von Gottes Gnaden" bilden sich ja ein, daß das Volk
ihretwegen da sei! Die Fürsten wollen nichts von Einheit
wissen, denn wenn Deutschland einig ist, so gibt es eine
Reichsversammlung und ein Reichsoberhaupt, welch' beide im
Namen des deutschen Volkes Gesetze geben, die von den
Fürsten beachtet werden müssen. Die Fürsten möchten aber
lieber Niemanden über sich haben, sie möchten wie bisher un-
eingeschränkt und ganz nach Willkür in ihren Ländern und
Ländchen wie Götter schalten und walten. Wenn sie dessen-
ungeachtet von ihrer Bereitwilligkeit sprechen, alles Mögliche
zur Einheit und Macht Deutschlands beizutragen, so ist dies
eben nur leeres Gerede, das kein Verständiger beachten wird;
es ist ja Jedem bekannt, was von Fürstenversprechungen zu
halten ist. Man sehe nach Preußen, Baiern, Hanover; sind
dort nur die Grundrechte anerkannt? Von Oesterreich gar
nicht zu reden!
Die Mehrheit der Nazionalversammlung glaubte, Alles
auf dem sogenannten gesetzlichen Wege durchführen zu kön-
nen. Wie weit sie damit gekommen ist, liegt jetzt am Tag.
Dadurch, daß sie der Wiener Oktoberrevoluzion nicht mrt
aller Macht und Kraft zu Hilfe kam, gingen die deutsch-
österreichischen Provinzen für den deutschen Bundesstaat ver-
loren. Aber nicht einmal das übrige Deutschland vermag
sie zu einigen. Bei ihrer Ohnmacht glaubte die Nazional-
versammlung auf keine andere Weise die Einheit retten zu
können, als durch Ernennung des Königs von Preußen zum
erblichen Kaiser, obwohl die große Mehrheit des Volkes von
der veralteten Kaiserwürde und der Person des Preußenkö-
nigs offenbar Nichts wissen will. Aber selbst dieses verzwei-
felte Mittel will Nichts mehr helfen. Denn der König von
Preußen sagt mit dürren Worten, er nehme die Krone nicht
aus der Hand der Nazionalversammlung, sondern nur von
den Fürsten an, und versehe sich noch obendrein zu diesen,
daß sie ihm die Verfassung ändern und der beschränkenden
Bestimmungen entkleiden; unter solchen Bedingungen ist er
so gnädig, und will sich an die Spitze eines Bundesstaats
stellen, der aus denjenigen Staaten sich bilde, welche demsel-
ben „freiwillig" sich anschließen möchten; ein Fürstenkon-
greß solle die Angelegenheit ordnen.
Also die Nazionalversammlung, die bisher das einzige,
wiewohl schwache Band deutscher Einheit war, sie soll jetzt
bei Seite geschoben werden, sie darf das Einheitswerk nicht
gründen, sondern die Fürsten unter Leitung des Preußen-
königs sollen es thun!? Gott bewahre das deutsche Volk
vor der Einheit, die ihm die Fünften bringen! Von den
Fürsten kann nur eine Polizeieinheit kommen, eine Einheit
in Unterdrückung der Freiheit. Die Einheit der deutschen
Volksstämme hat aber nur dann einen Werth, wenn zugleich
die in der Revoluzion erkämpfte Freiheit zur Geltung ge-
langt.
Im vorigen Frühjahr wurde unter Zustimmung der
Fürsten festgesetzt, daß „einzig und allein" die Nazio-
ualversammlung die Verfassung für den deutschen Bundes-
staat schaffen solle. Wie steht es aber jetzt? Es ist so
weit mit der feierlich anerkannten Volksherrlichkeit (Volks-
suveränitat) gekommen, daß Das, was durch sie geschaffen
wurde, von den Fürsten gar nicht angenommen wird, daß
die Nazionalversammlung von ihnen verhöhnt und nächstens
auseinandergejagt wird. So mußte es aber kommen. Als
die Frankfurter Versammlung die Macht hatte, die Fürsten
zu stürzen, that sie es nicht, sondern gab sich dem thörichten
Vertrauen hin, die Fürsten würden die Freiheit, Einheit und
Wohlfahrt Deutschlands befördern helfen. Als ob die Für-
sten plötzlich über Nacht ihre Natur geändert hätten! Was
die Reichsversammlung hätte thun sollen, das wird ihr
jetzt von den Fürsten auf empfindliche Weise begreiflich ge-
macht: sie hätte die Macht benützen sollen, so lange sie in
ihren Händen war, sie hätte die natürlichen Feinde der Ein-
heit nicht schonen sollen, sie hätte die Fürstenherrschaft ver-
nichten sollen. Wem daran gelegen ist, verhöhnt und betro-
gen zu werden, der braucht nur großmüthig gegen seine
Feinde zu sein, zumal gegen die Fürsten. Die Reichsver-
sammlung mag ihre Unterlassungssünden verantworten, wenn
sie kann; sie hätte unserer Nazion die längst ersehnte Frei-
heit und Einheit schaffen können, statt dessen aber hat ihre
Unentschiedenheit bewirkt, daß Deutschland zerrissener ist,
als jemals.
Du aber, betrogenes Volk, hast alle Ursache, mißtrauisch
zu sein; traue Niemanden, als Dir selber! Traue nament-
lich keinem Fürsten, und bedenke stets, daß die Staaten von
Nordamerika nicht das Muster der Freiheit und Einheit wä-
ren, wenn sie, wie Du, Fürsten hätten. Für die Zukunft
halte Dich bereit, und kommt es wieder zur Revoluzion, so
hegehe keine Halbheit mehr, sondern handle entschieden, wie
es Männern ziemt, sei dann klug, und schmiede das Eisen,
so lang' es noch glüht!
Deutschland.
Karlsruhe, 12. April. Das in Schleswig befind-
liche badische Batallion Porbeck hat an dem Gefechte, wel-
ches die hanoverische Heeresabtheilung am 6. April bei Ulde-
rup, auf der Straße von Apenrade nach Sonderburg, bestand,
Antheil genommen. Der Verlust desselben beträgt 2 Todte
und 36 Verwundete. Jene sind die Soldaten Wilhelm
Meier von Freiburg und Ignaz Klumpp. (K. Z.)
LeiMS», bei Heidelberg, 11. April. Lange hatte
die hiesige Gemeinde das Glück, allgemein geliebte Geistlichen
zu haben, die noch jetzt in ehrendem Andenken stehen. Vor
3 Jahren kam zum Mißfallen vieler Bürger der gegenwär-
tige Pfarrer Lebeau hierher, dessen Ruf und Lob schon
von Wimmersbach aus bekannt war, als eines Mannes, der
nirgends Frieden gestiftet hatte. Im Sti en, aber emsig,
betreibt der pietistische Herr auch hier sein Bekehrungsgeschäft,
obschon mit sehr geringem Erfolg, denn unsere schlichten
Bürger können sich ein Mal nicht überreden lassen, daß sie
Heiden und Ungläubige seien, um so weniger, da der geist-
liche Strafprediger das Gebot der Mildthätigkeit weit we-
niger ausübt, als sie selbst. Er verschanzt sich in seinem
Pfarrhaus mit verschlossenen Laden und Fenstern, wie in ei-
ner Festung, und für die Armen ist weder seine Thüre, noch
sein Ohr offen. Am Ostertage setzte er seinen Bekehrungs-
eifer dadurch die Krone auf, daß er seinem Schwiegervater,
einen Professor aus Frankfurt, kommen ließ, der uns in ei-
ner langen und langweiligen Rede beweisen wollte, wir wären
eine durch und durch verdorbene Gemeinde, in der es eine
Menge Bettler und Diebe gäbe. Dieses anmaßende und
grobe Benehmen eines Frankfurters oder Sachsenhäusers zog
den geistlichen Herren ein Mißbilligungsschreiben des Kir-
chengemeinderathes zu, indem ihnen gesagr wurde, daß ihre
dreiste Unverschämtheit alle Erwartungen übertroffen habe,
und daß man von dem Professor Fehmel Nichts mehr auf
der Kanzel sehen oder hören wolle. Um sich zu rechtfertigen,
ließen die Beiden die ganze Gemeinde in die Kirche laden;