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krönt sein wird, welche bisher alle derartigen Zusammenkünfte
des Volkes begleiteten.
Kirch geßn er, der nicht zu den Bourgeois oder Geld-
säcken gezählt werden darf, ist vielleicht doch noch zur Repu-
blik zu bekehren, um so mehr, als erst vor Kurzem ein Be-
amter von Philippsburg strafweise versetzt wurde, weil er
dringend verdächtig war, aus ihm und dem Nechtspraktikan-
ten Scholl, glorreichen Angedenkens, Republikaner machen
zu wollen. Wenn damals schon Gefahr auf dem Verzüge
war, um wie viel mehr nicht fetzt, wo man gar nicht weiß,
wie hoch der Brodkorb hängt, auf den doch Alles ankommt?
Was uns unverbesserliche Demokraten anbetrifft, so
theilen wir nicht die Ansicht der Mehrheit unserer Mitbür-
ger, daß die Versetzung des Borberger Amtmanns ein Un-
glück für unfern Bezirk zu nennen sei. Im Gegentheil, wir
bedanken uns höflich bei dem Herrn Bekk, daß er uns ei-
nen, für unsere Zwecke so nützlich wirkenden Menschen her-
gefetzt hat; denn niemals wäre ohne solche eigene Anschau-
ung unseren einfachen, biederen, aber mißleiteten Mitbür-
gern der Unfug der Beamtenwirthschaft klar geworden. Al-
so Ehre und Preis dem ruhmwürdigen Minister Bekk,
der sichtbarlich nur im Interesse der Demokratie wirkt!
F Uttterharnrersbach, 24. April. Ein großer
Theil der hiesigen Bürger zählt sich zu den Demokraten und
rühmt sich in den Wirthshäusern öffentlich als „Hambacher
Liberale"; auch blickt derselbe mit einem gewissen Stolz auf
die anerkannt finstern Mariazeller herab. Gut! Ein Freund
der Freiheit erließ einen Aufruf an die vermeintlichen „De-
mokraten", worin sie zur Bildung eines Volksvereins aufge-
fordert wurden. Der Aufruf wurde jedoch mit der Antwort
zurück gegeben, daß man sich mit „so Etwas" nicht befassen,
sondern „neutral" (thatlos) bleiben wolle — o unerhörte
Simplizität (Einfalt)!
Von diesen angeblichen „Liberalen" haben sich Viele
in einen Liederkranz vereinigt, dem ein erprobter Krebsfüß-
ler, der Lehrer L., vorsteht, der sie offenbar zu jener Ant-
wort veranlaßt hat. Wenn die Vaterländler, wie ich erfah-
ren habe, jedem Mitglied zu ihren Schmierblättern noch eine
Belohnung geben, so wird dieses monarchische Möbel bald
eintreten; denn wo es Etwas einzustecken gibt, da ist er bei
der Hecke. In den Märztagen des vorigen Jahres verlangte
zwar die Bürgerschaft einstimmig, daß dieser Krebs von sei-
nem Amte entfernt würde, und wenig hätte gefehlt, so wäre
er zum Rathhaus hinausgeworfen worden. Aber die März-
tage sind vergessen, und jetzt ist er Präsident!
Freilich, die meinungslosen „Demokraten" von hier
schämen sich solcher Dinge nicht. Sie fischen gerne im Dun-
keln; und an einem Kalb liegt ihnen mehr, als am Lichte
der Freiheit. Macht Euch Eure Feigheit aber nicht roth
bis hinter die Ohren, Ihr vaterländischen Halbstiefler? So
musizirt in Gottes Namen in der bisherigen Aristokratenme-
lodie fort, vergeßt aber nicht, das Lied zu Euerm Leibstück
zu nehmen:
„Du gebst so stille, guter Mond;
Guter Mond, Du gehst so stille.
Und wenn Du gehest stille, guter Mond,
So gehest, guter Mond, Du stille".
Aus öem Höhgmr, 20. April. Auf die in den
Seeblättern erlassene Einladung versammelten sich gestern
Nachmittag eine große Anzahl Demokraten aus dem Höh-
gau, und faßten folgende Beschlüsse, um den Kreisausschuß
zu Konstanz zu größerer Thätigkeit anzuspornen, da derselbe
wegen seinen eiteln Zänkereien weit hinter den übrigen Kreis-
ausschüssen Zurückgeblieben ist:
1) Wurde dem Ausschuß aufgegeben, mit aller Kraft
dahin zu streben, daß die Bürger in kürzester Zeit bewaff-
net werden und sich regelmäßig in den Waffen üben;
2) habe der Kreisausschuß unverzüglich jene Anord-
nungen zu treffen, welche geeignet sind, dem deutschen Reichs-
Verfassungsgesetze in allen Gemeinden Geltung zu verschaffen,
und jeder Feindseligkeit hiergegen mit Entschiedenheit und
Kraft zu begegnen;
3) sei der Kreisausschuß zu beauftragen, binnen 14
Tagen die Errichtung von bürgerlichen Schiedsgerichten, und
zwar in jedem Amtsbezirk eines, auszusprechen und sofort
zur Ausführung zu schreiten, um den langwierigen, kostspie-
ligen und in jeder Hinsicht durchaus verderblichen Prozessen
und der damit verknüpften monarchischen Sportel- und Stem-
pelwuth, Schreiberei und Beutelschneiderei ein für alle Mal
ein Ende zu machen, oder doch die Uebelstände möglichst zu
beseitigen durch Einführung einer schnellen, wohlfeilen und
guten Justiz;
4) nehmen es die demokratischen Veerine im Höhgau
als eine selbstständige Aufgabe auf sich, zur Förderung der
Volksbildung einen Sängerbund zu errichten, in welchem
Robert Blum durch Benennung nach dessen Namen ein
unvergängliches, erhabenes Denkmal finden soll;
5) sollen durch den Kreisausschuß an mehreren Orten
des Bezirks zum Schutze des Kunst- und Gewerbsfleißes
Verkaufshallen errichtet werden. (Ob. Z).
Stuttgart. Die Schwabenrevoluzion für Reich, Kai-
ser und Verfassung ist vorbei, und dem geliebten Landesva-
ter, Wilhelmus „von Gottes Gnanden", ist kein Haar ge-
krümmt worden. Er hat sich nur so lang einen Spaß ma-
chen wollen, bis es an das Absetzungspiel gekommen wäre.
Die Sache ging so:
Nachdem der König des Montags (23. April) früh um
halb 4 Uhr nach Ludwigsburg geflohen war, folgten ihm
seine beiden Tochtermänner, der Prinz Friedrich und der
Graf Neipperg, so wie seine Hure, die sogenannte Fräu-
lein Stubenrauch. Darauf erfolgte die Morgensitzung
der Kammer, in welcher der Fünfzehnerausschuß, von Eini-
gen sorgar „Wohlfahrtsausschuß" genannt, gewählt wurde,
der Landesauöschuß erließ einen Aufruf an die Soldaten,
um diese zum Schutz für die Reichsverfassung aufzufordern,
und ihnen einzuschärfen, daß sie nicht gegen die Bürger ste-
hen sollten. Um 5 Uhr Abends hielt der König im Schloß
zu Ludwigsburg Musterung über die dortigen Soldaten. Das
Stuttgarter Militär soll Befehl gehabt haben, sich sofort aus
Stuttgart zurückzuziehen, sobald dort ein Krawall losbreche.
Aber es kam nicht dazu.
In der ebenfalls um 5 Uhr beginnenden Abendfitzung
der 2. Kammer wurde fast einstimmig folgender Antrag an-
genommen: „Die Kammer ersucht die Minister, sich morgen-
den Tages (Dienstag) zum König zu begeben, und ihre
Bitte um alsbaldige Annahme der Verfassung dringend zu
wiederholen, und jedenfalls, wenn im Laufe des (morgigen)
Tages eine Entschließung nicht erfolge, sich vom König als
entlassen zu betrachten." Sch oder meinte, erst dann sei
für die Kammer die Zeit des Handelns, der Einsetzung einer
„provisorischen Negierung" gekommen. Ein verschärfter An-
trag von Scherr wurde daher zurückgewiesen. Dieses Kam-
mervolk hat keinen Muth, eine Revoluzion zu machen! Die
deutsche Neichsverfassung ist eine solche freilich auch nicht
werth; indessen wollte man sie ja mit „Gut und Blut" ver-
theidigen!
Der König fügte sich dem ernstlichen Willen des Volkes,
weil er sah, daß längeres Widerstreben zu bösen Häusern
krönt sein wird, welche bisher alle derartigen Zusammenkünfte
des Volkes begleiteten.
Kirch geßn er, der nicht zu den Bourgeois oder Geld-
säcken gezählt werden darf, ist vielleicht doch noch zur Repu-
blik zu bekehren, um so mehr, als erst vor Kurzem ein Be-
amter von Philippsburg strafweise versetzt wurde, weil er
dringend verdächtig war, aus ihm und dem Nechtspraktikan-
ten Scholl, glorreichen Angedenkens, Republikaner machen
zu wollen. Wenn damals schon Gefahr auf dem Verzüge
war, um wie viel mehr nicht fetzt, wo man gar nicht weiß,
wie hoch der Brodkorb hängt, auf den doch Alles ankommt?
Was uns unverbesserliche Demokraten anbetrifft, so
theilen wir nicht die Ansicht der Mehrheit unserer Mitbür-
ger, daß die Versetzung des Borberger Amtmanns ein Un-
glück für unfern Bezirk zu nennen sei. Im Gegentheil, wir
bedanken uns höflich bei dem Herrn Bekk, daß er uns ei-
nen, für unsere Zwecke so nützlich wirkenden Menschen her-
gefetzt hat; denn niemals wäre ohne solche eigene Anschau-
ung unseren einfachen, biederen, aber mißleiteten Mitbür-
gern der Unfug der Beamtenwirthschaft klar geworden. Al-
so Ehre und Preis dem ruhmwürdigen Minister Bekk,
der sichtbarlich nur im Interesse der Demokratie wirkt!
F Uttterharnrersbach, 24. April. Ein großer
Theil der hiesigen Bürger zählt sich zu den Demokraten und
rühmt sich in den Wirthshäusern öffentlich als „Hambacher
Liberale"; auch blickt derselbe mit einem gewissen Stolz auf
die anerkannt finstern Mariazeller herab. Gut! Ein Freund
der Freiheit erließ einen Aufruf an die vermeintlichen „De-
mokraten", worin sie zur Bildung eines Volksvereins aufge-
fordert wurden. Der Aufruf wurde jedoch mit der Antwort
zurück gegeben, daß man sich mit „so Etwas" nicht befassen,
sondern „neutral" (thatlos) bleiben wolle — o unerhörte
Simplizität (Einfalt)!
Von diesen angeblichen „Liberalen" haben sich Viele
in einen Liederkranz vereinigt, dem ein erprobter Krebsfüß-
ler, der Lehrer L., vorsteht, der sie offenbar zu jener Ant-
wort veranlaßt hat. Wenn die Vaterländler, wie ich erfah-
ren habe, jedem Mitglied zu ihren Schmierblättern noch eine
Belohnung geben, so wird dieses monarchische Möbel bald
eintreten; denn wo es Etwas einzustecken gibt, da ist er bei
der Hecke. In den Märztagen des vorigen Jahres verlangte
zwar die Bürgerschaft einstimmig, daß dieser Krebs von sei-
nem Amte entfernt würde, und wenig hätte gefehlt, so wäre
er zum Rathhaus hinausgeworfen worden. Aber die März-
tage sind vergessen, und jetzt ist er Präsident!
Freilich, die meinungslosen „Demokraten" von hier
schämen sich solcher Dinge nicht. Sie fischen gerne im Dun-
keln; und an einem Kalb liegt ihnen mehr, als am Lichte
der Freiheit. Macht Euch Eure Feigheit aber nicht roth
bis hinter die Ohren, Ihr vaterländischen Halbstiefler? So
musizirt in Gottes Namen in der bisherigen Aristokratenme-
lodie fort, vergeßt aber nicht, das Lied zu Euerm Leibstück
zu nehmen:
„Du gebst so stille, guter Mond;
Guter Mond, Du gehst so stille.
Und wenn Du gehest stille, guter Mond,
So gehest, guter Mond, Du stille".
Aus öem Höhgmr, 20. April. Auf die in den
Seeblättern erlassene Einladung versammelten sich gestern
Nachmittag eine große Anzahl Demokraten aus dem Höh-
gau, und faßten folgende Beschlüsse, um den Kreisausschuß
zu Konstanz zu größerer Thätigkeit anzuspornen, da derselbe
wegen seinen eiteln Zänkereien weit hinter den übrigen Kreis-
ausschüssen Zurückgeblieben ist:
1) Wurde dem Ausschuß aufgegeben, mit aller Kraft
dahin zu streben, daß die Bürger in kürzester Zeit bewaff-
net werden und sich regelmäßig in den Waffen üben;
2) habe der Kreisausschuß unverzüglich jene Anord-
nungen zu treffen, welche geeignet sind, dem deutschen Reichs-
Verfassungsgesetze in allen Gemeinden Geltung zu verschaffen,
und jeder Feindseligkeit hiergegen mit Entschiedenheit und
Kraft zu begegnen;
3) sei der Kreisausschuß zu beauftragen, binnen 14
Tagen die Errichtung von bürgerlichen Schiedsgerichten, und
zwar in jedem Amtsbezirk eines, auszusprechen und sofort
zur Ausführung zu schreiten, um den langwierigen, kostspie-
ligen und in jeder Hinsicht durchaus verderblichen Prozessen
und der damit verknüpften monarchischen Sportel- und Stem-
pelwuth, Schreiberei und Beutelschneiderei ein für alle Mal
ein Ende zu machen, oder doch die Uebelstände möglichst zu
beseitigen durch Einführung einer schnellen, wohlfeilen und
guten Justiz;
4) nehmen es die demokratischen Veerine im Höhgau
als eine selbstständige Aufgabe auf sich, zur Förderung der
Volksbildung einen Sängerbund zu errichten, in welchem
Robert Blum durch Benennung nach dessen Namen ein
unvergängliches, erhabenes Denkmal finden soll;
5) sollen durch den Kreisausschuß an mehreren Orten
des Bezirks zum Schutze des Kunst- und Gewerbsfleißes
Verkaufshallen errichtet werden. (Ob. Z).
Stuttgart. Die Schwabenrevoluzion für Reich, Kai-
ser und Verfassung ist vorbei, und dem geliebten Landesva-
ter, Wilhelmus „von Gottes Gnanden", ist kein Haar ge-
krümmt worden. Er hat sich nur so lang einen Spaß ma-
chen wollen, bis es an das Absetzungspiel gekommen wäre.
Die Sache ging so:
Nachdem der König des Montags (23. April) früh um
halb 4 Uhr nach Ludwigsburg geflohen war, folgten ihm
seine beiden Tochtermänner, der Prinz Friedrich und der
Graf Neipperg, so wie seine Hure, die sogenannte Fräu-
lein Stubenrauch. Darauf erfolgte die Morgensitzung
der Kammer, in welcher der Fünfzehnerausschuß, von Eini-
gen sorgar „Wohlfahrtsausschuß" genannt, gewählt wurde,
der Landesauöschuß erließ einen Aufruf an die Soldaten,
um diese zum Schutz für die Reichsverfassung aufzufordern,
und ihnen einzuschärfen, daß sie nicht gegen die Bürger ste-
hen sollten. Um 5 Uhr Abends hielt der König im Schloß
zu Ludwigsburg Musterung über die dortigen Soldaten. Das
Stuttgarter Militär soll Befehl gehabt haben, sich sofort aus
Stuttgart zurückzuziehen, sobald dort ein Krawall losbreche.
Aber es kam nicht dazu.
In der ebenfalls um 5 Uhr beginnenden Abendfitzung
der 2. Kammer wurde fast einstimmig folgender Antrag an-
genommen: „Die Kammer ersucht die Minister, sich morgen-
den Tages (Dienstag) zum König zu begeben, und ihre
Bitte um alsbaldige Annahme der Verfassung dringend zu
wiederholen, und jedenfalls, wenn im Laufe des (morgigen)
Tages eine Entschließung nicht erfolge, sich vom König als
entlassen zu betrachten." Sch oder meinte, erst dann sei
für die Kammer die Zeit des Handelns, der Einsetzung einer
„provisorischen Negierung" gekommen. Ein verschärfter An-
trag von Scherr wurde daher zurückgewiesen. Dieses Kam-
mervolk hat keinen Muth, eine Revoluzion zu machen! Die
deutsche Neichsverfassung ist eine solche freilich auch nicht
werth; indessen wollte man sie ja mit „Gut und Blut" ver-
theidigen!
Der König fügte sich dem ernstlichen Willen des Volkes,
weil er sah, daß längeres Widerstreben zu bösen Häusern