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Der Volksführer — 1849

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No. 96 - No. 100 (25. April - 30. April)
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Die zahlreichen Zuhörer gaben diesen hochherzigen Wor-
ten ihren ungetheilten Beifall und schwuren ebenfalls, die
Republik um jeden Preis zu vertheidigen.
In einem Aufruf an sämmtliche Italiener laden die
Triumvirn alle Vaterlandsfreunde aus der Lombardei, von
Genua und Toskana ein, sich nach Rom zu begeben, wo die
Bewaffneten ein italienisches Lager, die Bedürftigen italieni-
sche Gastfreundschaft finden werden, und sprechen darin den
festen Willen aus, trotz aller eingetretenen Ereignisse an der
Republik festzuhalten und sie zu vertheidigen.

Briefkasten.
Es werden dem Volksführer manche Aufsätze zugeschickt, die er
nicht abdrucken lassen kann, entweder, weil es ihm an Platz dazu fehlt,
oder, weil die Sachen zu geringfügig sind. Persönliche Streitigkeiten,
wenn Einer den Andern schimpft und dergl. wollen die Leser des Füh-
rers nicht anhören, sondern wichtige Nachrichten von Gemeinds- und
Staatsangelegenheiten und namentlich, wie schlechten Beamten und
Pfaffen auf die Finger gesehen wird. Manche Aufsätze kommen auch
ohne den Namen der Einsender ein, und da kann der Führer nicht
helfen; er nimmt nicht eine Zeile Namenloses auf. Wer eine ehrliche
Sache hat, darf thm seinen Namen nennen, sonst traut ihm der Füh-

rer mcht. Der Name bleibt ja doch verschwiegen, wenn sich der Ein-
sender an die Wahrheit gehalten hat. Da aber der Führer nicht je-
des Mal besonders antworten kann, wenn Etwas aus irgend einem
Grund nicht ausgenommen wird, so wird er alle Freitag einen Brief-
kasten bringen, in den er die Antwort legt. Heute wird der Anfang
gemacht:
An Mayer in Markdorf: Der verlangte Name kann nicht ge-
nannt werden, und es bleibt demselben überlassen, eine Klage gegen
den Volksführer zu erheben, wenn er glaubt, daß es ihm Etwas hel-
fen wird.
Auf Verlangen wird bezeugt, daß Hauptlebrer Koch von Etten-
heimweiler der Einsender des Aufsatzes aus Ettenheimweiler in der
Beilage zu Nr. 85 des Führers nicht ist.
An I. Kastner in Offenburg hat der Führer wegen des Auf-
satzes aus Malsch besonders geschrieben; allein der Brief kam zurück
mit dem Bemerken: „unbekannt in Offenburg." Wenn dem Einsender
an der Sache gelegen ist, so mag er seine Adresse deutlich angebeu.
An Engelwirth K. Gr. in Oe. -Das Verlangte erhalten Sie auf
der Volksversammlung in Z. am nächsten Sonntag.

Verantwortlicher Redakteur V. Salzgeber.

Offene Erklärung des Gemeinderaths von Todtnau.
Todtnau, 16. April. Die maßlosen Entstellungen der Wahrheit, welche sich unser ehemaliger Pfarrer Rombach in seiner Erwiderung
in Nr. 83 des Volksführers auf einen nicht von uns herrührenden Artikel erlaubt, veranlassen uns, darauf sowohl, als auch wegen seines Beneh-
mens in den letzten 14 Tagen seines Hierseins, Folgendes zu entgegnen:
Die darin aufgesührte Sache, wo ein von Rombach gedungener falscher Zeuge^sich vor dem Herrn Erzbischof als einen Gemeinderath Todt-
naus ausgeben mußte, um Rombach zu rühmen, berühren wir nur in sofern, als derjenige, welcher der Mitschuldige an diesem schamlosen Je-
suitenstücklein hätte sein sollen, und welcher Fridolin Zimmerman von Zell, nicht Dietsch heißt, jeden Augenblick bereit ist, für die Wahr-
heit seiner Erzählung einzustehen, was aber schon früher deren Veröffentlichung durch den Druck mit seiner Unterschrift beweist; übrigens glaubt
Jedermann diese Sache um so mehr, als es Rombach nicht wagt, deren Erzähler gerichtlich zu belangen.
Rombach rühmt sich der Aufopferung für Fürst und Vaterland, allein seine Handlungen widersprechen dem.
In der Gemeindeversammlung, welche wegen dem Zuzug zu der Hecker'schen Schaar abgehalten wurde, hatte der nachher gegen die Frei-
schaaren so sehr beredte Mann nicht einmal den Muth, auch nur ein Wort dagegen zu sagen; den Freischaaren ging er zu Fuß entgegen, und ritt
ihnen dann hiehcr voran, bewillkommte sie auf dem Kirchplatze und grüßte ihren Führer durch den freundlichsten Händedruck. Seinen Fortgang
von hier anlangend, fo ist dessen Ursache eine ganz andere, als er sie angibt.
Als er in den gegründeten Verdacht kam, daß er den Verräthcr an seinen Pfarrkindern mache, und daß er der Ursächer sei, daß vier hiesige
Bürger als Kriegsgefangene abgeführt und eingesperrt wurden, klopfte sein Gewissen in dem Maße, daß er augenblicklich zu den Vorgesetzten,
und bei ihnen keinen Anklang findend, in die Wirthshäuser lies, schimpfte und tobte und erklärte, er werde sogleich nach Freiburg und Karlsruhe
abreisen, und die Todtnauer auf das Scheußlichste anschwärzen. In dieser leidenschaftlichen Aufwallung trat er den anderen Morgen seine schwarze
Reise dahin an, und kehrte hierauf unter Bedeckung von 5 hessischen Soldaten zurück, verweilte mit ihnen noch zirka 8 Tage hier und verließ
nachher Todtnau sür immer. So schied dieser Pfarrer von seinen 3000 Pfarrkindern, die er sonst bet jeder Gelegenheit mit den größten Lobhu-
deleien und Schmeicheleien überschüttete, und sogar kurz vor diesen Auftritten ihr rechtschaffenes Betragen in dieser aufgeregten Zeit in allen
Wirthshäusern mit dem Beisatze rühmte, daß ihm noch nicht ein Mal an den Laden geklopft worden sei, und er hier nie Etwas zu befürchten
habe. Noch in den letzten 8 Tagen bemühte er sich, die Gemüther gegen ihn umzustimmen, um wieder hier bleiben zu können; allein kein hiesiger
Bürger nahm sich seiner an, und so steigerte sich seine Wuth noch mehr, Hirngespinste bemächtigten sich seiner, und Mordversuche spiegelte ihm
seine aufgeregte Fantasie vor. Um hiefür Belege zu bekommen, mußte eines seiner Subjekte in der Nacht die Gartenmauer übersteigen, wobei
er aber schnell zur Wache sprang, und sie zu schießen verhinderte, und in einer anderen Nacht mußte die Wache selbst schießen, damit man glaube,
es sei gegen ihn geschossen worden. Es gereicht der hiesigen Bürgerschaft gewiß znr Ehre, daß sie den gewandten Komödianten sammt den 5
Hessen nicht mit Gewalt aus dem Orte geschafft hat, wie es an tausend andern Orten nicht unterblieben wäre.
Wir gedenken seiner weitern Schauspieler- und Jesuitenstücke nicht, erwähnen aber, daß die würtembergischen höhern Offiziere einstimmig
hier und anderwärts das Urtheil über ihn fällten, daß das Benehmen unseres Pfarrers gegen seine Pfarrkinder ein miserables sei. Seine Ab-
schiedspredigt war eine Entweihung der Kanzel, überfloß so sehr von Schimpfreden, daß eine ganze Anzahl Bürger die Kirche während derselben
verließen, und was derselbe bei erster Kinderkomunion an seine Kinder gesprochen, und wie sein Benehmen während der hochfeierlichen Hand-
lung selbst war, wollen wir mit Stillschweigen übergehen!
Die Begleitung bei seiner Abreise waren allein seine 5 Mann Hessen. Der Amtsaktuar Metzger war hier nicht in Lebensgefahr, er ist
auS unserm Amtsbezirk gebürtig, und nur zu sehr bekannt; aber hier sollte ein Subjeckt dem anderen zu goldenen Medaillen verhelfen'
Wenn Rombachs Darstellung in 268 Folioseiten so voller Lügen, wie seine kleine Erwiderung ist, so gereicht sie ihm selbst zur größten
Schande; eine gute Sache braucht übrigens nicht eines Foliodanbes zu ihrer Vertheidigung, der redliche Mann weiß sich mit wenigen Worten
zu vertheidigen! Rombach hat aber auch hier, als er kein Vertrauen sah, persönlich seine Aussagen oft mit den abscheulichsten Schwüren be-
gleiten müssen.
So wenig als Rombach von den hiesigen Bürgern etwas zu fürchten hatte, so wenig hatte er von den Freischärlern zu fürchten, wir be-
herbergten deren wohl an 5000, aber kein einziger ließ sich etwas Unrechtes zu Schulden kommen.
Doch wie wenig er die Wahrheit achtet, dieses beweisen am besten die Aussagen von 13 beeidigten Zeugen, welche in einem Prozesse gegen
ihn wegen Ehrenkränkung hiesiger Bürger geschehen, zu deren Gunsten folgendes hofgerichtliche Urtheil gegen ihn erfolgte:
Pfarrer Rombach sei der Ehrenkräukung der Ankläger für schuldig zu erklären, und deßhalb zu einer Geldstrafe von 50 fl., den Kla-
gern zufallend, und in die Kosten zu Verfällen. , .
Sollte sich Rombach fernerer Verläumdungen gegen die hiesige Gemeinde schuldig machen, so wird auch sie nicht ermangeln, eme ^nju-
rienklage gegen ihn zu erheben.
Bürgermeister Kaiser. Rath Dietsche. Rath Dietsche, Färber. Rath Waßmer. Rath Scherer.

Verlag von PH. Stay. — Druck von G. Mohr in Heidelberg.
 
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