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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (Mai-Juni)

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Nr. 132-157 (1. - 29. Juni)
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Der „alte
Die schlimmste Mittagshitze ist vorüber. — Die
prallen Sonnenstrahlen, die über die Tagmitte
das Tal wie eine allesversengende Glutdecke
einschläfernd überzogen, haben die Wanderung
über die ersten, westlichen Bergsvitzen angetreten.
— Beim Nachbar, dem Hofbauer, beginnt es le-
bendig zu werden. Elockentöne in melodischem
Turcheinanderklingen, erschallen und wiegen sich
durch die Spätnachmittagsluft zu mir herüber.
Drüben wird „ausgesahren", das Vieh wird auf
die Weide getrieben. In buntscheckigem Durch-
einander trotten Ochs und Kühlem den Fahrweg
herüber, der Weide entgegen. Gemütlich hinter sei-
nen Pflegebefohlenen her marschiert der „Hirten-
bub". um diese Zeit eine wichtige Persönlichkeit
auf dem Schwarzwaldhof. Zweimal mutz er das
Vieh auf die Weide treiben, am frühen Morgen
und am späten Nachmittag Zur Zeit der Mittags-
hitze steht das Vieh im Stall, da es um diese Zeit
von den Fliegen so geplagt werden würde, datz an
ein geruhsames Fressen nicht zu denken wäre.
Des Nachbars „Sirtenbub" ist keiner vom alten
Schlag, ist keiner von den halbwüchsigen Schwarz-
waldbuben mit kurzen Hosen und verwittertem
Hütlein. die nach der Schule ihrem Sütegsschäft
obliegen und an Hang und Halde das Vieh be-
treuen. Im Gesicht trägt er einen wilden Bart, di«
Hosen sind nach Radfahrerart mit einer Hosen-
klammer zusammengesteckt, auf den sehnigen Ar-
men, an denen die Hemdärmel aufgekremvelt sind,
zeigt sich grellblau der tätowierte Anker. Aber sein
Amt versiebt er, der Hirtenbub. Und nun sei er-
zählt, warum die Dorfkinder meines Nachbars
Viehhirten den „alten Hirtenbuben" heißen. Auch
sie wissen, datz das Hütegeschäft eine Arbeit ist.
die von altersber der Jugend vorbehalten, war,
wenn sie auch nicht so leicht ist, wie es auf den
ersten Augenblick scheinen mag. Ist eine stattliche
Herde beieinander, so bat der Hirtenbub ordentlich
zu laufen, denn wenn ihm einer oder der andere
der Hornträger ausreitzt, so ist es kein leichtes Ge-
schäft, den Vermißten wieder einzuholen. Und gebt
gar ein störriges KüWein aus Langeweile oder ei-
nem anderen Grunde den Weg nach dem Hof
allein und muht vor der Stalltüre, so hat der
Hirtenbub für seine mangelnde Aufmerksamkeit
am Abend mit einem bedenklichen Griff nach den
Ohren von feiten des Bauern zu rechnen. Wenn
er am Abend „einfährt, wenn er seine Herde
heimwärts treibt, dann weiß er, was er geschafft
bat und ist rechtschaffen müde.
Seit Jahren ist für die Bauern keine Kleinig-
keit mehr, für den Sommer einen Hirtenbuben
aufzutreiben, denn manche Eltern füttern ihren
Buben — selbst am kargen Tisch — lieber selber
durch, als daß sie ihn als Hütekind fortgeben. Der
Bauer mutz aber sein Vieh auf die Weide treiben,
er ist auf das Ausfahren aus verschiedenen Grün-
den angewiesen, lleberall wird nach einem Hir-
tenbuben gefragt, da und dort kann mau in der

Hirtenbub
Zeitung lesen, datz Hirtenbuben gesucht sind. Wenn
dann alles erfolglos ist, so mutz eben ein Knecht
oder eine Jungmagd stellvertretungsweise das Hll-
tegeschäft übernehmen, bis irgendwie Abhilfe ge-
schaffen werden kann. So pilgerte beim Nachbar
eines Tages ein nicht eben vornehm aussehender
Handwerksbursche durch die Wiesen, dem Hofe zu
und klopfte bescheiden an der Stubentüre an. Die
Bauersleute satzen gerade beim Essen. Die Bäue-
rin sah die hungrigen Blicke des Versprechenden
und richtete ihm einen Teller voll Essen zurecht,
der einem kräftigem Appetit genügen konnte. Der
Gast hieb tüchtig ein, und als er — wie die An-
deren — nach vollbrachter Arbeit den Löffel am
Tischtuch abwischte, fragte er, ob sie ihn nicht zum
Schaffen gebrauchen könnten, er habe genug von
der Landstraße und wolle gern wieder einmal die
Füße unter einen Tisch strecken, auf dem ein ver-
dientes und wohlerworbenes Essen stünde. Der
Bauer kratzte sich hinter dem Ohr. Der Fremde sah

Die Maus
Ein kleiner Bäckerladen im Norden einer
Grobstadt; zwei Kinder pressen sich am schmalen
Schaufenster die Näschen platt, und ihre Augen
funkeln durch dickes Glas auf verstaubte Herrlich-
keiten. Ein bröckelnder Napfkuchen, Mohnbrötchen
und Plätzchen führen auf nicht mehr ganz saube-
ren Tellern ein beschauliches Dasein. Darüber
schaukelt ein leimglänzender Fliegenfänger mit
schwarzverklebten Punkten besät.
Aber es mutz noch etwas anderes sein, was die
Kinderaugen so hell macht. Und plötzlich kreischen
die Kleinen jubelnd auf, greifen sich erregt an
die mageren Aermchen, und ihre blassen Gesichter
brennen in Freuden. Ob. . oh! rufen sie und
schlagen die braunen Händchen zusammen und
drängen sich bebend und zitternd wieder dicht an
die Scheibe. Ein Trippeln und Trappeln die kleine
holprige Straße herauf und herab. Aus Höfen,
Häusern und Gassen quillt es heran, drängt sich,
stößt sich, pufft sich und patscht gegen die unter so-
viel Griffen schnell erblindende Scheibe.
Eine Maus, eine richtige, lebende Maus! Die
hat jetzt den Napfkuchen erklettert, nascht hier und
dort ein Krümchen und putzt sich das rosige
Schnäuzchen.
Erwachsene kommen, lächeln, klopfen ans Fen-
ster. „Man müßte die Polizei holen!" faucht eine
fette Frau mit krebsrotem Gesicht und stiert mit
kühlen Fischaugen umher. Im Laufschritt naht
schon ein Schüvo.
„Da . . . da!" faucht es ihm entgegen, und ein
geballter Menschenklumpen wälzt sich hinter ihm
in den kleinen Laden.
Zwei Männer backpfeifen sich, weil, ihre Kinder

nicht besonders vertrauensevweckend aus, und der
Schwarzwälder hat es nicht in der Gewohnheit,
mit dem nächstbesten Fremden gleich gut Freund
zu fein. Aber der Bauer hätte bitter nötig einen
Hirtenbuben gebraucht. Da bekanntlich der Teufel
in der Not Fliegen frißt, dachte der Bauer, er
könnte statt einem 14jährigen Hirtenbuben auch
einmal einen vierzigjährigen nehmen. — Gesagt
— getan. — Dem Fremden war die Art der Ar-
beit gleichgültig, Brot und Dach waren ihm die
Hauptsache Und wie er später erzählte, hatte er
es bitter nötig gehabt, Arbeit zu erhalten, da ihm
die Behörden wegen verschiedener Bettelstrafen
aus den Fersen waren — der Schluß war das
Arbeitshaus, das wußte er. Und schließlich, meinte
er, wolle er doch lieber freiwillig und gegen Lohn
schaffen, als zwangsmätzig. So blieb er, und seit
Wochen treibt er des Nachbars Vieh jeden Tag
zweimal hinaus und bringt es wohlbehütet wieder
beim.
Das Mißtrauen der Schwarzwälder gegen den
landfahrenden Gesellen ist verschwunden, sahen sie
doch, datz er schaffte und sein Brot verdiente. So
konservativ der Schwarzwälder ist, — die Arbeit

Von Heinz Karsten
sich prügeln. Schreie, Pfiffe und Helle Rufe ängst-
licher Frauen. Aber die Kleinen wanken und wei-
chen nicht, sehen begeistert zu, wie sich ein behaar-
ter Arm vom Laden her ins Schaufenster schiebt
und runde Wurstfinger krabbelnd über den Ku-
chen laufen.
„Das arme Mäuschen!" piept ein Helles
Stimmchen bedauernd auf. Ach, es erstickt in dem
kochenden Jubel der andern, als sich eine unbarm-
herzige Faust um das Tierchen legt.
„Man müßte zufehen, wie er sie totmacht!" La-
chend und jubelnd stürzen alle zur Tür, wo ihnen
der Schupo gleich dem Erzengel Michael das Pa-
radies verwehrt. Und die Kinder verstehen es
nicht, daß er so grausam sein kann.
Der gefchüstsrüchtige Händel
Händel pflegte während seiner Operndirektions-
tätigkeit in London das Orchester selbst an der Harfe
mitwirkend zu dirigieren. Der Meister spielte da-
bei dieses Instrument so bewundernswürdig schön,
daß er oft die ganze Aufmerksamkeit des Publi-
kums auf sein herrliches Spiel lenkte und daß das
Publikum den Sänger, dem die Begleitung des
Orchesters dienen sollte, weniger beachtete. Es ist
selbstverständlich, daß ein gefeierter italienischer
Tenor durch solchö Zurücksetzung aufs äußerste ge-
reizt wurde. Er drohte daher, demnächst von der
Bühne auf das Instrument des Meisters zu sprin-
gen. Als Händel von diesem Vorhaben erfuhr, bat
er den Sänger ibn vorher zu benachrichtigen, da-
mit er auf dem Theaterzettel einen Vermerk ma-
che, diese Sensation werde das Publikum mehr
anziehen als die Gesangsleistung.

und ihren Träger respektiert er in jeder Form und
allezeit. Bald hatte sich der „alte Hirtenbub", die
Achtung der Hofbewohner errungen. Früh am
Morgen steht er schon auf und macht sich im Stalle
nützlich. Er weiß, tut er da und dort ein wenig
mehr, als er muß, so fällt auch einmal etwas Be-
sonderes für ihn ab. Zuerst erhielt er ein Paar
derbe Schuhe. Sie waren wohl nicht so sein, als die,
die er irgendwo, abgelegt und windschief, erhalten
batte. Dafür waren sie aber ganz und für das
Lausen in den Bergen wohlgeeignet.
Der „alte Hirtenbub" ist ein Pfälzer. Wie er
erzählte, batte er seine Jugend bei Rebbauern zu-
gebracht und dabei die Gottesgabe des Weines
gründlich kennen gelernt. Und seither wohl hatte
er eine besondere Zuneigung für alles, was —
gluck-gluck — dazu bestimmt ist, eines durstigen
Menschen Begierden zu stillen. Auch dieser kleinen
Schwäche kam der Bauer entgegen. Hatte er doch
manches dickbauchige Mostfab im Sveicherkellsr
liegen, bei denen es auf ein paar Schoppen mehr
oder weniger nicht ankam. So stand für den ewig
Durstigen immer ein Schoppen „Astbeimer" mehr
als für die Andern bereit, und alle waren dabei
zufrieden.
Ta« für Tag sehe ich den „alten Hirtenbuben",
den Namen hat er nun schon bei groß und klein,
bergwärts wandern. Manchmal singt er droben.
Ich hör« nur die Melodie, di« Worte sind nicht
zu verstehen. Melleicht singt er wilde Lieder
der Landstraße, von Fahrtgesellen und Erlebnissen
in weiter Ferne. Mag auch sein, datz er von der
Heimat singt, von der schöne» sonnigen Pfalz, die
in seiner Erinnerung lebt als der Hort der Ju-
gend und Freude, deren Luft ihn umfing, deren
Wein ihn stärkte und froh machte. Vielleicht singt
der Pfälzer aber auch ein Lied, in dem er die Hei-
mat in jeder Form preist, die neu« Heimat viel-
leicht, die ihn nun umhegt, deren Menschen ihn
achten und pflegen — auf ihr« Art. di« ihn dank
seiner Arbeit zu sich zählen.
Vielleicht trägt er auch schon die Sehnsucht zu
neuer Wanderschaft in seinem Herzen und ersehnt,
den Tag, an dem er mit seinem Bündel wieder wei-
ter wandern kann, den rebewbegrünten Hügeln der
Pfalz — oder der weiten, ruhelosen Fremde ent-
gegen. Was tuts! —
Wer noch ist er da und schafft sein Sach. Und
wenn er am Sonntagmorsen mit den Bauern über
die Felder schreitet, wenn sein« Hand prüfend
durch das reife Korn gleitet, wenn er da und dort
zeigt, daß er etwas von dem Geschäft versteht,
dann gibt ihm her Bauer eine Zigarre, und ge-
mütlich schmauchend machen die beiden ihren
Rundgang, der Pfälzer und der Schwarzwälder,
der ewig Wandernde, dem der Wandertrieb gleich
einem Fieber im Blut steckt, und der Seßhafte,
dem die Scholle, der Hof, alles ist. Einer hört dem
Andern zu, läßt sich erzählen, aus einer anderen
Welt, die grundverschieden von der seinigen ist,
und doch ewig gleich in dem Einen, was hoch und
nieder eint und gleichmacht, was alle adelt: in
der Arbeit. F.


3S. Fortsetzung
Punkt 8 Uhr wachte ich auf, rieb mir die Au-
gen: Ich batte zwei Stunden im Hocken geschlafen!
Helle Sonne im Fenster, auf einer Fahnenstange
im Vorhof die Trikolore, zwei Posten trappelten
mit geschulterten Flinten bin und her wie im
Zoo die Panther. Dann Hörnerblasen, Trommel-
wirbel, Marschieren: Die Wache wurde abgelöst,
Präsentiergrife rasselten, die Bremsen einer mär-
chenhaften Limousine knackten: Der OLerstkomman-
dierende war angekommen! Zehn Fäuste griffen
nach der Wagentllr, ein Dutzend Hände flog grü-
ßend an die Helme und Mützen. Auch mein wacht-
habender Leutnant sprang ins Vestibül, dem ein-
tretenden General und seinem Gefolge Meldung
zu erstatten. Wiederum hörte ich meinen Namen,
der mir immer lieb und vertraut gewesen war,
der mich aber heute mit Gänsevocken spickte, so oft
ich ihn hören mußte. Dann das Err Jmmerodd der
Franzosen klang messerkalt gegen das mollige Ma-
nes Himmerod meiner Kölner Heimat.
Der General hörte sich gesenkten Obres das Ge-
flüster des Wachtoffiziers an, hob dann mit einem
offenen Ab den Ksvi, sah mir ins Gesicht, gab dem
Leutnant eine kr»H« WMtmr und stieg, gefolgt
von sechs Adjutanten, die MarmsTwWq» Äs» Pa-
lastes hinan.
Der Wachtoffizier wandte sich mir zu: „Err Km
merodd. in einer halben Stunde!"
Er matz mich schnüffelnd vom Scheite! bis zum
Sch. HeMM sMW «M-Mam

Ankers Hosen. Wohin ich geführt werden sollte,
wußte ich immer noch nicht. Plötzlich schnurrte das
Telephon. Zwei Worte wechselte der Leutnant,
dann warf er den Hörer auf die Gabel, zerrte
mich am Ärmel ins Vestibül, die Marmortrepp«
hinauf, einen breiten Gang links, einen schmalen
Gang rechts, an einer Flucht von numerierten
Türen und Türchen vorbei, nochmals eine Trep-
pe hinauf, und wir ständen vor einem hölzernen
Portal. Diese pomphafte' Varocktür im zweiten
Stock konnte man schon ein Portal neunen.
Der Leutnant öffnete, wir betraten ein Zimmer,
in, dem schon wieder ein halbes Dutzend Offiziere
teils an Schreibtischen, teils an Generälstabskar-
ten mit Zirkeln und Nadelfähnchen militärische
Dienste versah. Obwohl es Hochsommer war, hielt
man die Fenster geschlossen. Ein Dickicht von Zi-
garettenqualm und pomadenhaften Düften brachte
mich ans Husten.
„Voila Ermann Jmmerodd de Most-eim!"
Die Offiziere verließen ihre Tische, einer durch-
wühlte meine Taschen, suchte nach Waffen, fand
aber nur einen Mangelknopf und zwei Sicherheits-
nadeln. Ein anderer verlangte meine Hände zu
sehen, ich zeigte sie, sie waren voll Knies. Also wur-
de ich an ein Waschbecken geführt, erhielt Seife
und Handtuch, eine Wohltat, der ich mich gern
,,FM?»
„Jawohl, meine Herren!"
M IWeMr wMde sMiM «M Mob mich

aus dem Vorzimmer ins Sanktissimum und ließ
mich mit derselben Exzellenz allein, die vorhin
unter Horngeschmetter und Trommelgewirbel im
Polster der märchenhaften Limousine angekommen
war. Der Mann sprach zunächst kein Wort, ich tat
desgleichen und besah mir den Gastgeber genauer:
Ein Fünfundsechziger etwa, greis, rötliche Haut-
farbe wie bei Burgundertrinkern. Jetzt stand er
auf: Ein viel zu dicker Wanst mit viel zu dickem
Kopf. In diesem Kopf ein gewaltiger Mund. Hin-
ten noch so ein Mund und der Kopf war ab. Und
so viel kugelrunde Schwere auf viel zu dünnen
Beinen. König Nußknacker. Laßt wohlbeleibte
Männer um mich sein. Aber in tadellos geschnei-
derte Uniform umwürgte diese Figur, das hatten
die Franzosen ja raus.
Und der Alte lächelte. Meiner Treu: Er lächelte
hold! Er lächelte fast väterlich hausbacken und
ohne gallische Verschlagenheit. Und streckte mir
seine Flosse leutselig entgegen. Da wußte ich, wa-
rum ich im Vorzimmer gereinigt worden war. Es
sollte nicht umsonst gewesen sein: Ich schlug ein
in die fremde Generalsband, die sich schwitzig beiß
anfühlte. Und die dicke Exzellenz sprach: Oeöü,
monsieur Jmmerodd, mir wurde gemeldet, Sie ab-
ben gerettet fünf Soldaten —?"
Der Alte spreizte die Finger: „Nischld wahr, fünf
Soldaten?"
„Jawohl, Herr General!"
„Oeööh, Err Jmmerodd, Sie wissen worum es
sich ier andelt? — Sie wissen es uischd? Der Offi-
zier der Kommandantur at Ihnen nischd orien-
tiert? Warum das —?"
Dieser Teufel von Ortskommandant! Er hatte
in Mostheim schon gewußt, worum es ging. Aber
er mutzte mich erst Blut schwitzen lassen!
„Nein, Herr General; ich wurde verhaftet und
unter schwerer Bewachung nach Mainz transpor-
tiert!"
Der Alte knabberte unwirsch an seinem Schnurr-
bärtchen, machte sich Notizen. Hoffentlich hatte ich
den Schinder von Mostheim angsschwärzt; denn
der General schimpfte vor sich bin, beschrieb einen

Bogen Papier und drückte auf den Knopf, um dem
hereintvetenden Ordonnanzoffizier einen Orderzet-
tel zu übergeben. Dann waren wir wieder allein.
„Oeööh, Err Jmmerodd, ich bedanke Ihnen ers-
tich und abbe die Ehre, Sie fünftausend Francs
zu begeben!"
Damit öffnete die Exzellenz ihre allerhöchste
Schublade und zählte fünf einzelne Taufendfrancs-
scheine auf den Tisch.
Vor meinen Augen strauchelten Gespenster. Die-
ses Vermögen war mein. . . Eigentum? Ich kniff
mich in die Wangen, griff nach dem Gelbe, steckte
es ein. Sollte ich danken? In meiner Tasche
brannten die Scheine, in meinem Kopf schwirrten
Wespen.
„Sie können gehen, Err Jmmerodd!"
Ich blieb. Meine Füße hingen wie Blei. Da zog
ich das Geld wieder aus der Joppe, zählte es nach,
— die Rechnung stimmte nicht. Nein, sie war falsch,
war faul und irrig. Ich riß mich zusammen, holte
tief Atem, bekam den Datterich in die Lippen und
in die Finger: „Exzellenz, — es — stimmt nicht!"
Nun spreizte ich die Finger einer Hand: „Nicht
fünfmal tausend Francs sind ihre Schuld, aber
fünfmal ein — Mensch!"
Oh, der alte Satan begriff. Er begriff meine
Gegenrechnung so gut, daß er mit der Faust auf
den Schellenknopf schlug und dem eintretenden
Ordonnanzoffizier beibrachte, ich sei unverzüglich
auf die Straße zu weisen. Der Befehl wurde
prompt ausgeführt, freilich warf ich schnell die
fünf Tausender zurück auf den Schreibtisch des
Generals.
Der Leutnant brachte mich in den Flur und
überließ mich meinem Schicksal. Ich ging aber nicht
auf die Straße, ich setzte mich vielmehr auf die
Treppe und hatte Zeit. Alle Augenblicke stolperte
ein Poilu hohen oder gemeinen Ranges über meine
Füße. Einige fragten, was ich hier suchte, und
jedem stand ich Antwort: „Der General weiß
schon!"
MrMuug folgt)
 
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