Donnerskag, den 13. IvN 1933.
Der kauWiirmWe Slekenmrrtt zeigt gesteigertes Vertrauen
Nach den Beobachtungen der Kaufmännischen
Stellenvermittlung des Deutschen Handlungsge-
Hilfen-Verbandes (DHV), war im Juni eine
fortschreitende Besserung der Eesamtlage er-
kennbar. Diese Feststellung ist um so erfreu-
licher, als dem kaufmännischen Stellenmarkt,
sowohl im Abstieg wie jetzt im Aufstieg, ein we-
sentlich größeres Beharrungsvermögen eigen ist,
als dem Arbeitsmarkt der Arbeiter. Somit
darf die Belebung des Vermittlungsgeschäftes
im Juni als wertvolles Zeichen größer gewor-
denen wirtschaftlichen Vertrauens gewertet wer-
den. Zwar verfügen die Kaufleute in Personal-
fragen noch äußerst vorsichtig. Auch entfällt ein
gewisser Teil der Vermittlungen aus die im
Juni sich bereits stärker bemerkbar machende Ini-
tiative der Reichsregierung, Männer, als die
Ernährer der Familie, an Stelle von weiblichen
Angestellten in das Erwerbsleben zurückzufüh-
ren. Beachtung verdient auch die seelische Aus-
wirkung der Regierungsmaßnahmen zur Be-
kämpfung der Doppelverdiener und zum Abbau
der Frauenarbeit auf die stellungslosen Kauf-
mannsgehilfen. Sie hatten früher, nach einer
gewissen Laufzeit ihrer Bewerbung, insbeson-
dere nach Erschöpfung ihrer Ansprüche auf Ver-
bandsstellenlosengeld, die Vewerbungspapiere ab-
legen lassen. Hier ist ein grundsätzlicher Wandel
eingetreten. Die Bewerber fordern mit. größter
Gewissenhaftigkeit termingemäß die Verlänge-
rung ihrer Bewerbung, in der Hoffnung, jetzt
doch noch ein geeignetes Unterkommen im Beruf
zu finden.
Der Neuzugang an Bewerbern ist weiter zu-
rückgegangen. Er entspricht beinahe wieder der
natürlichen Fluktuation in den Betrieben. Die
bei der Kaufmännischen Stellenvermittlung des
DHV gebuchten Vesetzungsaufträge sind aller-
dings noch nicht im gleichen Verhältnis gestie-
gen, wie umgekehrt der Bewerberzugang nach-
gelassen hat. Das scheint aber mit darauf zu-
rückzuführen zu sein, daß wieder in größerem
Umfange früher entlassene Kaufmannsgehilfen
von ihren alten Firmen unmittelbar zurückge-
rufen werden. Die Vesetzungsaufträge führen
Tel. 1694
?r3g vir's ein
vom llsclimkmn mllesen ckie Setten
gereinigt 8ein!
Ssttvn Nippius,8pv-islksu»
mit moüernrter elektr. Weckern-
kreinigung8- u. ?eckeriersnlAge
ikeugL88s 2 - Telepkon 1694
(I^LKe OnlversitLt)
übrigens allgemein wieder, mehr als früher in
der Krisenzeit üblich, zu vorbehaltlose« Festan-
stellungen. Der so zum Ausdruck kommende
Glaube der Unternehmer in die Stetigkeit der
Wirtschaftsbesserung findet nebenbei auch eine
gewisse Bestätigung in der beruflichen Gliede-
rung des gesuchten Personals. Verlangt werden
nämlich hauptsächlich für das Geschäft werbende
Kräfte — einschließlich Verkaufspersonal —,
hauptsächlich aber berufserfahrene Reisende.
Daneben macht sich, als Auswirkung des Ab-
baues weiblicher Hilfskräfte, stärkere Nachfrage
nach tüchtigen Kurzschriftlern bemerkbar. Für
sie bestehen zur Zeit gute Vermittlungsmöglich-
keiten, insbesondere dann, wenn sie außerdem
nicht nur allgemeine Kontoristenkenntnisse, son-
dern auch gediegene Brancheerfahrung besitzen.
Versammlung des Deutschen Tabakarbeiter-
verbandes. Am Sonntag nachmittag fand im Ar-
tushof eine Versammlung der Ortsgruppe Hei-
delberg des Deutschen Tabakarbeiter-Verbandes
unter der Leitung des Pg. Ihrig von der NSVO
statt. Als Tagesordnung waren folgende Punkte
festgesetzt: 1. Neubesetzung des Vorstandes. 2.
Referat des Pg. Ihrig über den Zweck und das
Ziel der NSVO zu den Gewerkschaften. 3. Ver-
schiedenes. Vor Eintritt in die Tagesordnung
erklärte der seitherige Eesamtvorstand seinen
Rücktritt. Pg. Ihrig dankte den Ausgeschie-
denen für ihre geleistete Arbeit und forderte sie
auf, auch fernerhin den Verband tatkräftig zu
unterstützen, um bei eventl. Hinzuziehung zu den
einzelnen Fachausschüssen nach bestem Wissen
und Gewissen die Belange ihrer Berufskollegen
zu vertreten. Als Vorstand wurden eingesetzt:
Georg Apfel l. Verbands-Ortsgruppsnleiter,
Fritz Schulz, Stellvertreter, Julius Lützen-
burger, Schriftwart, Heinrich Bähr, Kassen-
wart. Für die noch unbesetzten Aemter werden
demnächst die einzelnen Mitglieder ernannt wer-
den. Die weitere Leitung der Versammlung
wurde dem neuen Vorstand übergeben, welcher
die Anwesenden begrüßte und um rege Mitarbeit
bat. Nur dadurch sei es möglich, das ihm über-
tragene schwere Amt zur Zufriedenheit aller zu
erfüllen, wenn auch der jetzt noch Fernstehende
sich seinem Verufsverband anschließt und daselbst
mit Hand anlegt, die gewaltigen Aufgaben zu
meistern. Die nun folgenden Ausführungen des
Pg. Ihrig waren sehr lehrreich und geeignet,
den Versammelten restlose Aufklärung zu ver-
mitteln. Pg. Apfel dankte dem Redner und
schloß die Versammlung mit einem dreifachen
Sieg-Heil!
Fovadige K«s«Mms Ksv ZOMVEUe Sos
Lan-esn»tg«m»kRM«ft kn den «ms« Samltts«
Ueber 18 000 arme, volksschulpflichtige Kin-
der in armen Dorfgemeinden Badens konnten
bis heute infolge der Bemühungen und der
Sammlungstätigkeit der Landesnotgemeinschaft
für Baden unter Mitwirkung der badischen
Schuhhersteller und ortsansässigen Schuhgeschäfte
mit neuem, wetterfestem Schuhwerk versorgt
werden.
Sehr nett und aufmunternd zur weiteren
Arbeit ist es, zu lesen, was in einfachen Wor-
ten dieser Tage von einer armen, kinderreichen
Familie aus einer armen Dorfgemeinde des
Hochschwarzwaldes an die Landesnotgemeinschaft
geschrieben wurde:
Da ist zu lesen:
„.... Möchte der Landesnotgemeinschaft
vielmals Vergeltsgott sagen für die Schuhe,
denn wir haben auch 2 Paar bekommen, die
Sie hierher geschickt haben. Sind gute Schuhe
und können sie notwendig brauchen. Wir
haben 7 Kinder und müssen fast alles kaufen.
Und so ist man froh, wenn man so etwas be-
kommt. Mein Mann ist auch arbeitslos. Man
bekommt ja wohl Unterstützung, die man
aber in die Haushaltung braucht.
Nochmals vielmals Vergeltsgott für die
2 Paar Schuhe!
Familie.... in.... bei St. Blasien."
Die Schuhversorgung der armen Volksschul-
kinder muß uns auch weiterhin Herzenssache
sein. Es sind weitere 14 000 arme Kinder ge-
meldet, deren Eltern infolge langjähriger wirt-
schaftlicher Not heute noch nicht in der Lage sind,
Kinderschuhs zu regulären Preisen zu kaufen.
Die gegenwärtigen Sommermonate müssen da-
her auf das Beste ausgenutzt werden, damit diese
armen, schuhbedürftigen Kinder bis zum Spät-
jahr auf ihren oft weiten Schulgängen nicht
unnötigerweise Nässe und Kälte ausgesetzt sind.
Die Plakatsammlung in allen Schulen unseres
Badnerlandes — befürwortet vom Herrn Kul-
tusminister — hat bis jetzt teilweise recht gu-
ten Erfolg. An alle Schulklassen, die noch ab-
seits stehen, ergeht auch hierdurch nochmals die
herzliche Bitte: Helft alle mit, daß bis zum kom-
menden Winter alle armen Kinder mit gutem
Schuhwerk versorgt sind! Klebt eisrig Eure
Sammelfünfer, die armen Kinder werden Euch
dafür von Herzen dankbar sein!
Jede Klaffe sollte wenigstens ein Plakat voll-
kleben.
Spenden für die große Schuhbeihilfe für arme
Volksschulkinder Vadens nimmt jederzeit ent-
gegen die
Landesnotgemeinschaft für Baden, Karls-
ruhe, Friedrichsplatz 7, Fernruf 814, Postscheck-
konto Karlsruhe Nr. 360.
Der Landwirtschaftliche Bezugs- und Absatz-
verein Heidelberg-Rohrbach hielt am Samstag
im Gasthaus zur „Linde" seine diesjährige Ge-
neralversammlung ab. Der erste Vorsitzende des
Aufsichtsrats, Hauptlehrer Eckert, wies in seinen
einleitenden Worten auf die veränderten poli-
tischen Verhältnisse in unserem Vaterlande hin.
Während bei der vorherigen Generalversamm-
lung noch der Parteistaat existierte, stehen wir
heute unter dem machtvollen Eindruck des Füh-
rerprinzips. Was große deutsche Männer vor
bald 100 Jahren ersehnten, und was Bismarck
begann, das hat der Volkskanzler Adolf Hitler
zur Vollendung geführt. Wenn es von Anfang
des Krieges hieß „ich kenne keine Parteien mehr,
ich kenne nur noch Deutsche" so muß es heute
heißen, es gibt keine Parteien mehr, es gibt
nur noch ein deutsches Volk. Das llngebilde der
Grenzpfähle und das Wahngebilde der Main-
linie sind mit einem Schlage vernichtet worden.
Die kompakte Masse des deutschen Volkes, sie
stärkt unseren Auslandsvertretern auf den Kon-
ferenzen das Rückgrat und gibt Ihnen die nötige
Stoßkraft, um Deutschlands Stellung zurllckzuge-
winnen. Auch in wirtschaftspolitischer Bezie-
hung wirkt sich der neue Geist aus. Arbeit und
Brot seien die Parole, und die gigantischen Pro-
jekte der Arbeitsbeschaffung und die Säuberung
der Wirtschaft seien Zeugen der Taten dieses
neuen Geistes. Dieser neue Geist der Sauber-
keit und der Volks- und Willensgemsinschaft
müsse auch immer tiefer in unsere Genossen-
schaften eindringen. Mit einem dreifachen „Sieg
Heil" auf unseren Reichspräsidenten und den
Volkskanzler Adolf Hitler ging dann der Vor-
sitzende zur eigentlichen Tagesordnung über. Der
1. Vorstand Herr G. Kaltschmidt gab Be-
richt über das abgelaufene Geschäftsjahr und be-
tonte, daß trotz der schwierigen Lage der Land-
wirtschaft ein kleiner Reingewinn erzielt wer-
den konnte. Hierauf brachte der Aufsichtsrats-
vorsitzende Hauptlehrer Eckert den Revifionsbe-
richt zu Gehör. Die Bilanz schloß mit einem
Reingewinn von 146,39 Mark ab. Die Bi-
lanz wurde einstimmig und ohne Aussprache an-
genommen. Dem Gesamtvorstand wurde Entla-
stung erteilt. Zu Punkt Wahl wurde der seit-
herige Vorstand Gg. Kaltschmidt sowie Pe-
ter Bauer als Aufsichtsratsmitglieder wieder-
gewählt.
Der Geist
-es rreuerr GLsMseeMs
Vortrag von Prof. Karl Schmitt, Köln.
Professor Schmitt gilt in weiten Kreisen als
der maßgebende Former der Gesetze des neuen
Staates, soweit sie in das öffentliche Rechtfäl-
len. Sicher ist, daß Schmitt die Gedanken aus
dem großen Reich-Preußen-Prozeß in das Statt-
Halter-Gesetz herein brachte, und man zum tie-
feren Verständnis dieser Neuregelung vielfach die
Stenogramme der Leipziger Verhandlungen her-
anziehen muß. Nach Schmitts eigenen Aussagen
geht vieles aber direkt auf Adolf Hitler zurück.
Auch v. Papen hat mitgewirkt. Schmitt war
entscheidend bei der Formulierung dieser Gesetze,
die auch durch ihn den Fachleuten schon oor län-
gerer Zeit in der deutschen Juristenzeitung an-
gekündigt wurden.
Außerhalb des neuen Geistes, der heute alle
Gebiete der Gesetzgebung erfaßt, gibt es keine
Jmmunitätsgebiet, die vor der totalen Revo-
lution geschützt sind. Höchstens Nebensächlichkei-
ten, bei denen es belanglos ist, ob sie für oder
gegen die Neuentwicklung sind. Später aber,
nach der Durchglühung im Neuen Werden, sollen
alle Dinge zu ihrer Substanz zurückgeführt wer-
den.
Auf drei Organisationsreihen baut sich der
Staat des 20. Jahrhunderts auf
1. dem staatlichen Behörden- und Beamten-
apparat,
2. der NSDAP als staatstragende Partei,
3. dem corporativen, volkstümlichen Sozial-
ausbau,
also 3 Verfassungen.
Wohin gehört nun die Kirche? Es ist ein
Problem, aber dies Problem ist nur noch in-
nerhalb dieser 3 Umklammerungen zu Gsen.
Die Legalität ist nur noch eine symptomatische
Betrachtungsweise bestimmter Jahrgänge. „Es
ist ein rührendes Bild, sso Schmitt wörtlich)
wenn man sieht, wie sich alte aus der liberali-
stischen Periode stammende Gebildete bemühen,
aus dieser scheinbaren Legalität heraus sich mit
Sem neuen Staat abzufinden"' Aber wenn die
Weimarer Verfassung nicht sofort über Bord ge-
worfen wurde, dann liegt das an der Disziplin
der neuen Bewegung und am Ordnungssinn der
Deutschen, nicht daran, daß sich die nationale
Revolution dadurch Len Anschein der Loyalität
im alten Sine verschaffen wollte.
In zwei wichtigen Punkten wurde die Wei-
marer Verfassung sogar durchbrochen, nämlich:
1. Der Artikel 3 (der zu den 3 Artikeln ge-
hört, deren Ausführung lediglich die Weimarer
Verfassung bildete) wurde in freier revolutio-
närer Entscheidung übergangen, ohne auf ihn
Bezug zu nehmen in dem Flaggenerlaß vom 12.
März.
2. Wurden die kommunistischen Reichstags-
mandate glatt kassiert. (Darin allerdings wäre
vielleicht, entgegen Schmitt, zu sagen, daß jede
Verfassung auch ihre ungeschriebenen Gesetze hat,
und daß sie Elemente, die sie aufheben wollen,
selbstverständlich nicht dulden kann. Man könnte
hier höchstens formal von einem Uebergehen der
Verfassung sprechen.)
Die neue Bewegung kann nicht in die Kathe-
gorie der Legalität eingefangen werden. Die
j Sache ist in Ordnung ex facto, nicht ex lege,
s das Ermächtigungsgesetz ist der Anfang einer
j neuen Verfassung, es ist die vorläufige Verfassung
der nationalsozialistischen Revolution.
Die zweigruppige Weimarer Verfassung hat
nur eine Organisationsreihe mit gesetzlicher Re-
gelung: den Beamten- und Behördenapparat.
Es sollte der allein politische Teil sein.
Der staatsfreie, unpolitische Teil besteht aus
einzelnen, schutzbedürftigen Individuen. Es
herrschte die Vorstellung, als träte das Indivi-
duum dem Moloch Staat unmittelbar gegen-
über, und man müsse es darum mit sog. Grund-
rechten dem Staat gegenüber ausstatten.
Nun setzen sich aber unter dem Schutze dieser
Rechtsstaatlichen Einrichtung die Corporationen
— Kirche, Bewegung, Parteien) fest, und be-
mächtigten sich des Rechtsstaats. So entstand
unter dem Schutze der Grundrechte, die den Ein-
zelnen schützen wollten, der pluralistische Par-
teienstaat. Jede Partei hatte ihr eigenes Staats-
recht, und wollte die Weimarer Verfassung nur
unter ihren Voraussetzungen gelten lassen. Das
führte zur Auflösung der Ideen der Verfassung
die nur noch formal und leer waren, ein vergif-
teter Dolch, den eine Partei der anderen in den
Rücken zu stoßen suchte.
Unter der Weimarer Verfassung gab es nicht
einen totalen Staat, sondern 4—5 totale Par-
teien. Wenn aber heute die Staatsfreie 2ndi-
vidualsphäre aufgehoben wird, so ist das Pathos
der unterdrückten Freiheit, das sich dagegen wen-
det, falsch, denn es handelt sich nicht um eine
Aufhebung der Freiheit des Einzelnen, sondern
um Aufhebung der hinterstaatlichen collektioen
Einflüsse, die den Staat beherrschten, da die
staatsfreie Hälfte des Weimarer Staates längst
nicht mehr unpolitisch war, längst nicht mehr
der unpolitische Einzelne dem politischen Staat
gegenübertrat. Alles muß heute umgeschmolzen
werden, es gibt keine Entziehung mehr auf Grund
der „Rechtsstaatsfiktion".
Der nationalsozialistische Staat ist ein ge-
rechter Staat. Er ist ein nationaler Staat und
ein Rechtsstaat. Man muß vor dem Gebrauch
des Wortes „nationaler Rechtsstaat" warnen, La
sich mit ihm allzuleicht die Vorstellung eines na-
tionalliberalen Rechtsstaats verbindet. Dann
lieber offen: nationalsozialistischer Rechtsstaat.
Die Justiz soll unabhängig bleiben, aber nicht
von der Revolution. Es ist für sie das beste,
wenn sie ihre Entpolitisierung vollzieht durch
klare Entscheidung, und nicht wie im Weimrrer
Staat durch Entziehung, die dann doch keine ecdte
Politisierung war.
Besondere Grundsätze:
Führung
ist ein unverfälschter, neuer staatspolitischer Be-
griff, der sich mit alten Begriffen nicht erklären
läßt. Als neuer Begriff hat er zunächst 'einen
polemischen Sinn, wie immer zunächst, Vorrang
der politischen Führung.
Kein normativiststches System kann heran an
den neuen Begriff. Auch mit Bildern kann n an
ihn nicht erklären: er ist nicht der Herrschafts-
anspruch des Klerikers über den Laien, nicht Hirt
und Herdeverhältnis, sondern eben das wn der
Gemeinschaft erhobene Führertum, das sie iührt,
aber fortwährend von ihr getragen wird. Es ist
dies eine Artidee der Arier, die deshalb auch
Artgleichheit von Führern und Geführten ver-
langt.
Das Dilemma des Richters, daß seine Unab-
hängigkeit bedingt, kam durch die Bindung an
das Gesetz, das meist durch 51 Prozent irgend-
welcher kuhhandelnden Koalition zusammenge-
bracht war. Die Festigkeit, Sicherheit und Be-
rechenbarkeit des Rechts war durch riesige Ee-
setzesbibliotheken scheinbar gewährleistet, als ob
durch die Quantität der Fahrpläne das vünkt-
liche Fahren der Züge gesichert sei. Generalklau-
seln lösten andererseits jede Berechenbarkeit wie-
der auf.
Das Correlat der richterlichen Freiheit: die
Bindung an ein festes Gesetz, war aufgelöst. —
Die neue Revolution wird keine neuen Gesetz-
bände den alten hinzufügen, denn der Richter ist
nicht besser gebunden durch die Zahl der Gesetze.
Sie wird ihn mit der Artgleichheit binden, in-
dem sie einen konkreten Typus von Richtern
schafft. Wenn wir so das Schlagwort: „Justiz-
reform? Nein, Juristenreform!" anwenden, dann
sind die Eeneralklauseln das Schönste für einen
gerechten Richter! denn der einzelne gehört zum
Volk, ist teilhaftig der Gemeinschaft. Nur dann
kann er Rechtsschöpfer sein, dürfen ihm weise
Eeneralklauseln in die Hand gegeben werden.
Der Fremde sieht die Beziehung: Volk —
Einzelner nicht, seine Objektivität ist bestenfalls
Beziehungslosigkeit. Erst mit der Juristenrsform
kann etwas wesentliches geschehen. Aber sie ist
keine Methodenfrage.
Der Nationalsozialismus darf hier keine Kon-
zessionen machen. Seine Forderungen sind: Un-
bedingter Vorrang der Führung, positive Art-
gleichheit.
Daß die neue Revolution auch mit neuen
Methoden arbeitete, ist manchen bürgerlichen
Kreisen nur sehr schwer verständlich geworden.
Sie arbeitete mit der Methode der direkten Ak-
tion.
Die Aktion schlägt eine Bresche, haut zu, und
wartet dann ab. Dann setzt sie Zellen, Keime
in das alte Gebäude, und wartet bis dies von
selbst zusammenfällt. So war z. B. die kürzlich
ergangene Aenderung des Reichsstatthaltergessges
eine lautlos explodierende Mine, daß die An-
ordnungen der Rei-bsreaierung versassnngsän-
dernde Gesetze sind. Sie sind also Gesetze im for-
mellen Sinne des Wortes. Dies ist richtig für
den Beamten- und Bshördenapparat, dis R-oic-
rung hat sich der „Legalität" üemächtiat.
Das Reichsstattbaltergcfstz- Es ist entschei-
dend, daß die Statthalter im Namen des Reichs
Landssgewalt ausüben, die Statthalter sind di-
rekte politische Unterführe: Hitlers, sie ünL
nämlich bis auf v. Epp alle Gauleiter. Auch
dies ist ein vollkommen neues Konstruktionsprin-
zip. Kein bundesstaatliches, kein unitarisch-
Wichtig ist noch das preußische Gesetz über
Erbgüter, das den Charakter von Familie und
Dorf, und damit von Landschaft und Stadt
wieder sicherstellt.
Alle Residuen müssen gebrochen werden. Das
neue deutsche Werden kommt nicht aus irgend-
welchen Affekten, sondern ist eins Gesamtleistung
aus ganzer Kraft, zu der sich das deutsche Volk
aufgeschwungen hat. Im Kern ist sie geistig uni-
versal, duldet keine Neutralität, nicht einmal Li-
des empörten Dritten. Sie ist unsere
keit. Auch hier gilt der Satz Heraklids, daß de:
Krieg der Vater aller Dinge ist, — aber mit Sem
wenig bekannten Zusatz des Philosophen — die
einen macht er zu Göttern, die andern zu Men-
schen, den einen zum Freien, den andern zum
Sklaven.
Werner Broß, stud. jur.
Der kauWiirmWe Slekenmrrtt zeigt gesteigertes Vertrauen
Nach den Beobachtungen der Kaufmännischen
Stellenvermittlung des Deutschen Handlungsge-
Hilfen-Verbandes (DHV), war im Juni eine
fortschreitende Besserung der Eesamtlage er-
kennbar. Diese Feststellung ist um so erfreu-
licher, als dem kaufmännischen Stellenmarkt,
sowohl im Abstieg wie jetzt im Aufstieg, ein we-
sentlich größeres Beharrungsvermögen eigen ist,
als dem Arbeitsmarkt der Arbeiter. Somit
darf die Belebung des Vermittlungsgeschäftes
im Juni als wertvolles Zeichen größer gewor-
denen wirtschaftlichen Vertrauens gewertet wer-
den. Zwar verfügen die Kaufleute in Personal-
fragen noch äußerst vorsichtig. Auch entfällt ein
gewisser Teil der Vermittlungen aus die im
Juni sich bereits stärker bemerkbar machende Ini-
tiative der Reichsregierung, Männer, als die
Ernährer der Familie, an Stelle von weiblichen
Angestellten in das Erwerbsleben zurückzufüh-
ren. Beachtung verdient auch die seelische Aus-
wirkung der Regierungsmaßnahmen zur Be-
kämpfung der Doppelverdiener und zum Abbau
der Frauenarbeit auf die stellungslosen Kauf-
mannsgehilfen. Sie hatten früher, nach einer
gewissen Laufzeit ihrer Bewerbung, insbeson-
dere nach Erschöpfung ihrer Ansprüche auf Ver-
bandsstellenlosengeld, die Vewerbungspapiere ab-
legen lassen. Hier ist ein grundsätzlicher Wandel
eingetreten. Die Bewerber fordern mit. größter
Gewissenhaftigkeit termingemäß die Verlänge-
rung ihrer Bewerbung, in der Hoffnung, jetzt
doch noch ein geeignetes Unterkommen im Beruf
zu finden.
Der Neuzugang an Bewerbern ist weiter zu-
rückgegangen. Er entspricht beinahe wieder der
natürlichen Fluktuation in den Betrieben. Die
bei der Kaufmännischen Stellenvermittlung des
DHV gebuchten Vesetzungsaufträge sind aller-
dings noch nicht im gleichen Verhältnis gestie-
gen, wie umgekehrt der Bewerberzugang nach-
gelassen hat. Das scheint aber mit darauf zu-
rückzuführen zu sein, daß wieder in größerem
Umfange früher entlassene Kaufmannsgehilfen
von ihren alten Firmen unmittelbar zurückge-
rufen werden. Die Vesetzungsaufträge führen
Tel. 1694
?r3g vir's ein
vom llsclimkmn mllesen ckie Setten
gereinigt 8ein!
Ssttvn Nippius,8pv-islksu»
mit moüernrter elektr. Weckern-
kreinigung8- u. ?eckeriersnlAge
ikeugL88s 2 - Telepkon 1694
(I^LKe OnlversitLt)
übrigens allgemein wieder, mehr als früher in
der Krisenzeit üblich, zu vorbehaltlose« Festan-
stellungen. Der so zum Ausdruck kommende
Glaube der Unternehmer in die Stetigkeit der
Wirtschaftsbesserung findet nebenbei auch eine
gewisse Bestätigung in der beruflichen Gliede-
rung des gesuchten Personals. Verlangt werden
nämlich hauptsächlich für das Geschäft werbende
Kräfte — einschließlich Verkaufspersonal —,
hauptsächlich aber berufserfahrene Reisende.
Daneben macht sich, als Auswirkung des Ab-
baues weiblicher Hilfskräfte, stärkere Nachfrage
nach tüchtigen Kurzschriftlern bemerkbar. Für
sie bestehen zur Zeit gute Vermittlungsmöglich-
keiten, insbesondere dann, wenn sie außerdem
nicht nur allgemeine Kontoristenkenntnisse, son-
dern auch gediegene Brancheerfahrung besitzen.
Versammlung des Deutschen Tabakarbeiter-
verbandes. Am Sonntag nachmittag fand im Ar-
tushof eine Versammlung der Ortsgruppe Hei-
delberg des Deutschen Tabakarbeiter-Verbandes
unter der Leitung des Pg. Ihrig von der NSVO
statt. Als Tagesordnung waren folgende Punkte
festgesetzt: 1. Neubesetzung des Vorstandes. 2.
Referat des Pg. Ihrig über den Zweck und das
Ziel der NSVO zu den Gewerkschaften. 3. Ver-
schiedenes. Vor Eintritt in die Tagesordnung
erklärte der seitherige Eesamtvorstand seinen
Rücktritt. Pg. Ihrig dankte den Ausgeschie-
denen für ihre geleistete Arbeit und forderte sie
auf, auch fernerhin den Verband tatkräftig zu
unterstützen, um bei eventl. Hinzuziehung zu den
einzelnen Fachausschüssen nach bestem Wissen
und Gewissen die Belange ihrer Berufskollegen
zu vertreten. Als Vorstand wurden eingesetzt:
Georg Apfel l. Verbands-Ortsgruppsnleiter,
Fritz Schulz, Stellvertreter, Julius Lützen-
burger, Schriftwart, Heinrich Bähr, Kassen-
wart. Für die noch unbesetzten Aemter werden
demnächst die einzelnen Mitglieder ernannt wer-
den. Die weitere Leitung der Versammlung
wurde dem neuen Vorstand übergeben, welcher
die Anwesenden begrüßte und um rege Mitarbeit
bat. Nur dadurch sei es möglich, das ihm über-
tragene schwere Amt zur Zufriedenheit aller zu
erfüllen, wenn auch der jetzt noch Fernstehende
sich seinem Verufsverband anschließt und daselbst
mit Hand anlegt, die gewaltigen Aufgaben zu
meistern. Die nun folgenden Ausführungen des
Pg. Ihrig waren sehr lehrreich und geeignet,
den Versammelten restlose Aufklärung zu ver-
mitteln. Pg. Apfel dankte dem Redner und
schloß die Versammlung mit einem dreifachen
Sieg-Heil!
Fovadige K«s«Mms Ksv ZOMVEUe Sos
Lan-esn»tg«m»kRM«ft kn den «ms« Samltts«
Ueber 18 000 arme, volksschulpflichtige Kin-
der in armen Dorfgemeinden Badens konnten
bis heute infolge der Bemühungen und der
Sammlungstätigkeit der Landesnotgemeinschaft
für Baden unter Mitwirkung der badischen
Schuhhersteller und ortsansässigen Schuhgeschäfte
mit neuem, wetterfestem Schuhwerk versorgt
werden.
Sehr nett und aufmunternd zur weiteren
Arbeit ist es, zu lesen, was in einfachen Wor-
ten dieser Tage von einer armen, kinderreichen
Familie aus einer armen Dorfgemeinde des
Hochschwarzwaldes an die Landesnotgemeinschaft
geschrieben wurde:
Da ist zu lesen:
„.... Möchte der Landesnotgemeinschaft
vielmals Vergeltsgott sagen für die Schuhe,
denn wir haben auch 2 Paar bekommen, die
Sie hierher geschickt haben. Sind gute Schuhe
und können sie notwendig brauchen. Wir
haben 7 Kinder und müssen fast alles kaufen.
Und so ist man froh, wenn man so etwas be-
kommt. Mein Mann ist auch arbeitslos. Man
bekommt ja wohl Unterstützung, die man
aber in die Haushaltung braucht.
Nochmals vielmals Vergeltsgott für die
2 Paar Schuhe!
Familie.... in.... bei St. Blasien."
Die Schuhversorgung der armen Volksschul-
kinder muß uns auch weiterhin Herzenssache
sein. Es sind weitere 14 000 arme Kinder ge-
meldet, deren Eltern infolge langjähriger wirt-
schaftlicher Not heute noch nicht in der Lage sind,
Kinderschuhs zu regulären Preisen zu kaufen.
Die gegenwärtigen Sommermonate müssen da-
her auf das Beste ausgenutzt werden, damit diese
armen, schuhbedürftigen Kinder bis zum Spät-
jahr auf ihren oft weiten Schulgängen nicht
unnötigerweise Nässe und Kälte ausgesetzt sind.
Die Plakatsammlung in allen Schulen unseres
Badnerlandes — befürwortet vom Herrn Kul-
tusminister — hat bis jetzt teilweise recht gu-
ten Erfolg. An alle Schulklassen, die noch ab-
seits stehen, ergeht auch hierdurch nochmals die
herzliche Bitte: Helft alle mit, daß bis zum kom-
menden Winter alle armen Kinder mit gutem
Schuhwerk versorgt sind! Klebt eisrig Eure
Sammelfünfer, die armen Kinder werden Euch
dafür von Herzen dankbar sein!
Jede Klaffe sollte wenigstens ein Plakat voll-
kleben.
Spenden für die große Schuhbeihilfe für arme
Volksschulkinder Vadens nimmt jederzeit ent-
gegen die
Landesnotgemeinschaft für Baden, Karls-
ruhe, Friedrichsplatz 7, Fernruf 814, Postscheck-
konto Karlsruhe Nr. 360.
Der Landwirtschaftliche Bezugs- und Absatz-
verein Heidelberg-Rohrbach hielt am Samstag
im Gasthaus zur „Linde" seine diesjährige Ge-
neralversammlung ab. Der erste Vorsitzende des
Aufsichtsrats, Hauptlehrer Eckert, wies in seinen
einleitenden Worten auf die veränderten poli-
tischen Verhältnisse in unserem Vaterlande hin.
Während bei der vorherigen Generalversamm-
lung noch der Parteistaat existierte, stehen wir
heute unter dem machtvollen Eindruck des Füh-
rerprinzips. Was große deutsche Männer vor
bald 100 Jahren ersehnten, und was Bismarck
begann, das hat der Volkskanzler Adolf Hitler
zur Vollendung geführt. Wenn es von Anfang
des Krieges hieß „ich kenne keine Parteien mehr,
ich kenne nur noch Deutsche" so muß es heute
heißen, es gibt keine Parteien mehr, es gibt
nur noch ein deutsches Volk. Das llngebilde der
Grenzpfähle und das Wahngebilde der Main-
linie sind mit einem Schlage vernichtet worden.
Die kompakte Masse des deutschen Volkes, sie
stärkt unseren Auslandsvertretern auf den Kon-
ferenzen das Rückgrat und gibt Ihnen die nötige
Stoßkraft, um Deutschlands Stellung zurllckzuge-
winnen. Auch in wirtschaftspolitischer Bezie-
hung wirkt sich der neue Geist aus. Arbeit und
Brot seien die Parole, und die gigantischen Pro-
jekte der Arbeitsbeschaffung und die Säuberung
der Wirtschaft seien Zeugen der Taten dieses
neuen Geistes. Dieser neue Geist der Sauber-
keit und der Volks- und Willensgemsinschaft
müsse auch immer tiefer in unsere Genossen-
schaften eindringen. Mit einem dreifachen „Sieg
Heil" auf unseren Reichspräsidenten und den
Volkskanzler Adolf Hitler ging dann der Vor-
sitzende zur eigentlichen Tagesordnung über. Der
1. Vorstand Herr G. Kaltschmidt gab Be-
richt über das abgelaufene Geschäftsjahr und be-
tonte, daß trotz der schwierigen Lage der Land-
wirtschaft ein kleiner Reingewinn erzielt wer-
den konnte. Hierauf brachte der Aufsichtsrats-
vorsitzende Hauptlehrer Eckert den Revifionsbe-
richt zu Gehör. Die Bilanz schloß mit einem
Reingewinn von 146,39 Mark ab. Die Bi-
lanz wurde einstimmig und ohne Aussprache an-
genommen. Dem Gesamtvorstand wurde Entla-
stung erteilt. Zu Punkt Wahl wurde der seit-
herige Vorstand Gg. Kaltschmidt sowie Pe-
ter Bauer als Aufsichtsratsmitglieder wieder-
gewählt.
Der Geist
-es rreuerr GLsMseeMs
Vortrag von Prof. Karl Schmitt, Köln.
Professor Schmitt gilt in weiten Kreisen als
der maßgebende Former der Gesetze des neuen
Staates, soweit sie in das öffentliche Rechtfäl-
len. Sicher ist, daß Schmitt die Gedanken aus
dem großen Reich-Preußen-Prozeß in das Statt-
Halter-Gesetz herein brachte, und man zum tie-
feren Verständnis dieser Neuregelung vielfach die
Stenogramme der Leipziger Verhandlungen her-
anziehen muß. Nach Schmitts eigenen Aussagen
geht vieles aber direkt auf Adolf Hitler zurück.
Auch v. Papen hat mitgewirkt. Schmitt war
entscheidend bei der Formulierung dieser Gesetze,
die auch durch ihn den Fachleuten schon oor län-
gerer Zeit in der deutschen Juristenzeitung an-
gekündigt wurden.
Außerhalb des neuen Geistes, der heute alle
Gebiete der Gesetzgebung erfaßt, gibt es keine
Jmmunitätsgebiet, die vor der totalen Revo-
lution geschützt sind. Höchstens Nebensächlichkei-
ten, bei denen es belanglos ist, ob sie für oder
gegen die Neuentwicklung sind. Später aber,
nach der Durchglühung im Neuen Werden, sollen
alle Dinge zu ihrer Substanz zurückgeführt wer-
den.
Auf drei Organisationsreihen baut sich der
Staat des 20. Jahrhunderts auf
1. dem staatlichen Behörden- und Beamten-
apparat,
2. der NSDAP als staatstragende Partei,
3. dem corporativen, volkstümlichen Sozial-
ausbau,
also 3 Verfassungen.
Wohin gehört nun die Kirche? Es ist ein
Problem, aber dies Problem ist nur noch in-
nerhalb dieser 3 Umklammerungen zu Gsen.
Die Legalität ist nur noch eine symptomatische
Betrachtungsweise bestimmter Jahrgänge. „Es
ist ein rührendes Bild, sso Schmitt wörtlich)
wenn man sieht, wie sich alte aus der liberali-
stischen Periode stammende Gebildete bemühen,
aus dieser scheinbaren Legalität heraus sich mit
Sem neuen Staat abzufinden"' Aber wenn die
Weimarer Verfassung nicht sofort über Bord ge-
worfen wurde, dann liegt das an der Disziplin
der neuen Bewegung und am Ordnungssinn der
Deutschen, nicht daran, daß sich die nationale
Revolution dadurch Len Anschein der Loyalität
im alten Sine verschaffen wollte.
In zwei wichtigen Punkten wurde die Wei-
marer Verfassung sogar durchbrochen, nämlich:
1. Der Artikel 3 (der zu den 3 Artikeln ge-
hört, deren Ausführung lediglich die Weimarer
Verfassung bildete) wurde in freier revolutio-
närer Entscheidung übergangen, ohne auf ihn
Bezug zu nehmen in dem Flaggenerlaß vom 12.
März.
2. Wurden die kommunistischen Reichstags-
mandate glatt kassiert. (Darin allerdings wäre
vielleicht, entgegen Schmitt, zu sagen, daß jede
Verfassung auch ihre ungeschriebenen Gesetze hat,
und daß sie Elemente, die sie aufheben wollen,
selbstverständlich nicht dulden kann. Man könnte
hier höchstens formal von einem Uebergehen der
Verfassung sprechen.)
Die neue Bewegung kann nicht in die Kathe-
gorie der Legalität eingefangen werden. Die
j Sache ist in Ordnung ex facto, nicht ex lege,
s das Ermächtigungsgesetz ist der Anfang einer
j neuen Verfassung, es ist die vorläufige Verfassung
der nationalsozialistischen Revolution.
Die zweigruppige Weimarer Verfassung hat
nur eine Organisationsreihe mit gesetzlicher Re-
gelung: den Beamten- und Behördenapparat.
Es sollte der allein politische Teil sein.
Der staatsfreie, unpolitische Teil besteht aus
einzelnen, schutzbedürftigen Individuen. Es
herrschte die Vorstellung, als träte das Indivi-
duum dem Moloch Staat unmittelbar gegen-
über, und man müsse es darum mit sog. Grund-
rechten dem Staat gegenüber ausstatten.
Nun setzen sich aber unter dem Schutze dieser
Rechtsstaatlichen Einrichtung die Corporationen
— Kirche, Bewegung, Parteien) fest, und be-
mächtigten sich des Rechtsstaats. So entstand
unter dem Schutze der Grundrechte, die den Ein-
zelnen schützen wollten, der pluralistische Par-
teienstaat. Jede Partei hatte ihr eigenes Staats-
recht, und wollte die Weimarer Verfassung nur
unter ihren Voraussetzungen gelten lassen. Das
führte zur Auflösung der Ideen der Verfassung
die nur noch formal und leer waren, ein vergif-
teter Dolch, den eine Partei der anderen in den
Rücken zu stoßen suchte.
Unter der Weimarer Verfassung gab es nicht
einen totalen Staat, sondern 4—5 totale Par-
teien. Wenn aber heute die Staatsfreie 2ndi-
vidualsphäre aufgehoben wird, so ist das Pathos
der unterdrückten Freiheit, das sich dagegen wen-
det, falsch, denn es handelt sich nicht um eine
Aufhebung der Freiheit des Einzelnen, sondern
um Aufhebung der hinterstaatlichen collektioen
Einflüsse, die den Staat beherrschten, da die
staatsfreie Hälfte des Weimarer Staates längst
nicht mehr unpolitisch war, längst nicht mehr
der unpolitische Einzelne dem politischen Staat
gegenübertrat. Alles muß heute umgeschmolzen
werden, es gibt keine Entziehung mehr auf Grund
der „Rechtsstaatsfiktion".
Der nationalsozialistische Staat ist ein ge-
rechter Staat. Er ist ein nationaler Staat und
ein Rechtsstaat. Man muß vor dem Gebrauch
des Wortes „nationaler Rechtsstaat" warnen, La
sich mit ihm allzuleicht die Vorstellung eines na-
tionalliberalen Rechtsstaats verbindet. Dann
lieber offen: nationalsozialistischer Rechtsstaat.
Die Justiz soll unabhängig bleiben, aber nicht
von der Revolution. Es ist für sie das beste,
wenn sie ihre Entpolitisierung vollzieht durch
klare Entscheidung, und nicht wie im Weimrrer
Staat durch Entziehung, die dann doch keine ecdte
Politisierung war.
Besondere Grundsätze:
Führung
ist ein unverfälschter, neuer staatspolitischer Be-
griff, der sich mit alten Begriffen nicht erklären
läßt. Als neuer Begriff hat er zunächst 'einen
polemischen Sinn, wie immer zunächst, Vorrang
der politischen Führung.
Kein normativiststches System kann heran an
den neuen Begriff. Auch mit Bildern kann n an
ihn nicht erklären: er ist nicht der Herrschafts-
anspruch des Klerikers über den Laien, nicht Hirt
und Herdeverhältnis, sondern eben das wn der
Gemeinschaft erhobene Führertum, das sie iührt,
aber fortwährend von ihr getragen wird. Es ist
dies eine Artidee der Arier, die deshalb auch
Artgleichheit von Führern und Geführten ver-
langt.
Das Dilemma des Richters, daß seine Unab-
hängigkeit bedingt, kam durch die Bindung an
das Gesetz, das meist durch 51 Prozent irgend-
welcher kuhhandelnden Koalition zusammenge-
bracht war. Die Festigkeit, Sicherheit und Be-
rechenbarkeit des Rechts war durch riesige Ee-
setzesbibliotheken scheinbar gewährleistet, als ob
durch die Quantität der Fahrpläne das vünkt-
liche Fahren der Züge gesichert sei. Generalklau-
seln lösten andererseits jede Berechenbarkeit wie-
der auf.
Das Correlat der richterlichen Freiheit: die
Bindung an ein festes Gesetz, war aufgelöst. —
Die neue Revolution wird keine neuen Gesetz-
bände den alten hinzufügen, denn der Richter ist
nicht besser gebunden durch die Zahl der Gesetze.
Sie wird ihn mit der Artgleichheit binden, in-
dem sie einen konkreten Typus von Richtern
schafft. Wenn wir so das Schlagwort: „Justiz-
reform? Nein, Juristenreform!" anwenden, dann
sind die Eeneralklauseln das Schönste für einen
gerechten Richter! denn der einzelne gehört zum
Volk, ist teilhaftig der Gemeinschaft. Nur dann
kann er Rechtsschöpfer sein, dürfen ihm weise
Eeneralklauseln in die Hand gegeben werden.
Der Fremde sieht die Beziehung: Volk —
Einzelner nicht, seine Objektivität ist bestenfalls
Beziehungslosigkeit. Erst mit der Juristenrsform
kann etwas wesentliches geschehen. Aber sie ist
keine Methodenfrage.
Der Nationalsozialismus darf hier keine Kon-
zessionen machen. Seine Forderungen sind: Un-
bedingter Vorrang der Führung, positive Art-
gleichheit.
Daß die neue Revolution auch mit neuen
Methoden arbeitete, ist manchen bürgerlichen
Kreisen nur sehr schwer verständlich geworden.
Sie arbeitete mit der Methode der direkten Ak-
tion.
Die Aktion schlägt eine Bresche, haut zu, und
wartet dann ab. Dann setzt sie Zellen, Keime
in das alte Gebäude, und wartet bis dies von
selbst zusammenfällt. So war z. B. die kürzlich
ergangene Aenderung des Reichsstatthaltergessges
eine lautlos explodierende Mine, daß die An-
ordnungen der Rei-bsreaierung versassnngsän-
dernde Gesetze sind. Sie sind also Gesetze im for-
mellen Sinne des Wortes. Dies ist richtig für
den Beamten- und Bshördenapparat, dis R-oic-
rung hat sich der „Legalität" üemächtiat.
Das Reichsstattbaltergcfstz- Es ist entschei-
dend, daß die Statthalter im Namen des Reichs
Landssgewalt ausüben, die Statthalter sind di-
rekte politische Unterführe: Hitlers, sie ünL
nämlich bis auf v. Epp alle Gauleiter. Auch
dies ist ein vollkommen neues Konstruktionsprin-
zip. Kein bundesstaatliches, kein unitarisch-
Wichtig ist noch das preußische Gesetz über
Erbgüter, das den Charakter von Familie und
Dorf, und damit von Landschaft und Stadt
wieder sicherstellt.
Alle Residuen müssen gebrochen werden. Das
neue deutsche Werden kommt nicht aus irgend-
welchen Affekten, sondern ist eins Gesamtleistung
aus ganzer Kraft, zu der sich das deutsche Volk
aufgeschwungen hat. Im Kern ist sie geistig uni-
versal, duldet keine Neutralität, nicht einmal Li-
des empörten Dritten. Sie ist unsere
keit. Auch hier gilt der Satz Heraklids, daß de:
Krieg der Vater aller Dinge ist, — aber mit Sem
wenig bekannten Zusatz des Philosophen — die
einen macht er zu Göttern, die andern zu Men-
schen, den einen zum Freien, den andern zum
Sklaven.
Werner Broß, stud. jur.