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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (Juli-August)

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Nr. 190-220 (1. - 31. August)
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Tandaradei
Bon Fritz Zorn

Wer kennt Dich, Deutschland, und liebt Dich
nicht? Wer hat Dich je gesehen und glaubt
nicht an Dich? Wo immer Deutsche leben, da
glühen sie für Dich, Deutschland, heilige Mut-
ter der Mitte, Mark der Treue und Hort der
Ehre! Dein Name ist zum Sturmzeichen gewor-
den auf rauschenden Siegesfahnen und der Klang
Deines gewaltigen Namens bestimmt den Rhyth-
mus des Freiheitsmarsches. Dein Volk lebt im
Mythos des Blutes, und aus diesem Blute sind
zu allen Zeiten Männer und Führer entstanden,
um deren Andenken tausenderlei Lieder und Sa-
gen gewoben sind.
Da geschieht es dann, daß alle Jahrhunderte
einige kommen und mit zarten Fingern die
Harfe schlagen der blumenreichen Seele des
Volkes, daß sie blühende Machangeln und feuri-
gen Goldregen um die Worte winden, die ihnen
die Ahnen überliefert haben. Und es mag dann
Wohl geschehen, daß einmal aus all den vielen
Blumen eine große, bunte Herrgottswiese wird,
durch die murmelnd ein Bach rauscht. Am Bache
aber stehen die Hollundersträucher und auf dem
Stein sitzt Walther von der Vogelweide und
singt.
Nun würde eS Abend. Weit war er gewandert,
hatte auf vielen Burgen gesungen. Er lächelte,
wenn er an den Wildenstein dachte, wo ihm

Fleck Erde breiteten, zu dem des Sängers Herz
allabendlich Wallfahrt hielt mit einem Lied der
Minne. Und er bedachte, daß er es war, der
diesen Rosenstock gepflanzt hatte.
Darum sang er gar traurig und seine Augen
glänzten, als er jener Tage gedachte. Das Mäd-
chen kam leise zu ihm herüber und blieb hinter
ihm stehen, unter dem Wachholderstrauch, auf
dessen Nestchen sich die kleinen Vögel wiegten.
Abend wurde, und das Licht des Tages erstarb,
als die Dämmerung kam. Da setzte sich das Mäd-
chen zu dem Sänger von der Vogelweide und fuhr
ihm mit der Hand über den Lockenkopf. Es sah
ihm in die Augen und Walther von der Vogel-
weide erschauerte bei der Tiefe ihres Blickes.
Er legte die Laute beiseite und herzte das
Mädchen und sie waren beide Kinder der großen
und schönen Märchenfrau, die zur Nacht unter
den Bäumen des Waldes traumwandeln geht und
nichts weiß von den harten, ehernen Gesetzen
der Welt.
„Bleib hier bei uns!" bat das Mädchen, „geh
nicht wieder fort!"
Aber der Sänger senkte den Kopf.
„Ich muß ziehen von Burg zu Burg und von
Stätte zu Stätte und nirgends ist meines Blei-

bens lange. Mich treibt die Unrast durch das
Land und ich muß singen von Deutschlands
Schönheit und der Treue der deutschen Men-
schen. Nur manchmal streift mich das Glück
und winkt mir zu, aber ich darf ihm nicht die
Hand reichen und mit ihm über die heide-
glühenden Hänge springen. Ich muß den Men-
schen vom Glück singen und wer das will,
der muß eine große Sehnsucht haben, unerfüllt
und gewaltig. Und erst die läßt die Seele
klingen!"
Sie schwiegen ganz stille, als er das gesagt
hatte. Schon weinten die Nachtigallen durch die
schlafenden Wälder und von irgendwoher kam
das süßliche Duften gewendeten Heues. Sie be-
dachten nichts anderes, als daß sie beisammen
waren und sich doch nicht kannten, und daß
alles gut sei. Da sang Walther von der Vogel-
weide sein schönstes Tandaradei, daß rings die
Nachtigallen schwiegen und die Nacht aufhorchte.
Tandaradei, tandaradei!
Am Morgen zog ein einsamer Wanderer seine
Straße. Auf dem Rücken trug er die Laute und
in der Hand einen großen Strauß von bunten
Wiesenblumen. Sein Lied klang an den Halden
hinauf und durch den ganzen großen Wald und
war ein Minnelied, wie es noch keiner gehört
hatte.
Es War das Lied der deutschen Seele und
der deutschen Sehnsucht. Es war das Tandaradei
Walthers von der Vogelweide!

Brüder der Nrbeit

Klein Rotthraut, des Ritters Töchterlein den
Becher mit Wein gereicht hatte; oder wenn er
sich an die Waldenburg erinnerte, wo er die vom
Sang der Nachtigallen durchzitterten Nächte mit
Rosa-Linde durchwacht hatte. O, er wußte ein
Lied zu singen von deutschen Landen und von
deutschen Frauen. Es wußte manch Sage zu
künden von deutscher Rittertugend. Er wußte zu
singen von Lieb und Treu und von vergangener
Zeit. Das Tandaradei sommerlichtdnrchglühtcr
Liebe war sein Name geworden im Lied.
Wie er so saß und träumte und dabei die
Laute spielte, kam ein Mädchen über die große
bunte Wiese herüber. Ihr rotes Mieder und ihr
goldenes Haar leuchteten. in der Sonne des
schönsten Tages.
Walther von der Vogelweide sah das Mädchen
nicht. Seine Augen hingen fernen Zeiten nach,
wo ihn liebe Hände geführt und wo er glücklich
war. Und seine Gedanken gingen von Burg
zu Burg zurück bis hin in seine Heimat, wo
ein kleines, stilles Grab verwilderte, in dem
sein süßes Reh schlummerte aus den Tagen
waffenfroher und trunkener Jugend. Er sah,
wie die Rosen wuchernd das Grab überdeckten
und einen leuchtenden Mantel über den kleinen

Die Wagen fahren tagein, tagaus verstaubt
und häßlich an uns vorbei. Wir kennen sie
schon und wissen genan, daß sie Moder und
Asche und Staub und Schutt von den Höfen
bringen weit vor die Stadt in ein totes Land.
Und wir achten kaum noch darauf, empfinden
dies alles so selbstverständlich wie Tag und
Nacht, Tod und Leben. Wir blicken ja kaum
noch auf, wenn ein Toter an uns vorbeifahrt
mit 100 PS. und Vollgas. Uns interessiert viel-
leicht nur das, ob der Wagen auch acht Zylin-
der hat und die Witwe in schickem Trauerdretz
auf dem Motorrad hinterhersaust, daß der
Schleier schnurgerade im Winde steht.
Ja, da geht es bei der Abfuhr von Müll doch
weit gemütlicher zu. Tripp . . . trapp . . .
tripp . . . trapp . . . klopfen die Hufe der
Pferdchen auf das Pflaster und schlagen im-
mer den gleichen Takt. Und der Wagen schau-
kele dazu. Aus seinem rrgrgen Leib puffen dann
feine Wölkchen, bis er das Feld erreicht hat
und tief in das Braun des Geländes taucht.
Doch es sind soviel bunte Tupfen darin von
Silber und Grün und Rot, und wenn die

Sonne darüber fliegt, bann brennen tausend
Sterne darin. Da steht der Wagen so manches
Mal in all dem Glanz und dem Farbenspiel
und wirkt nun gar nicht mehr trostlos mit sei-
nem offenen Leib und der Wolke, die braun
und dick sich ins Goldblau wälzt, wenn die
Männer mit Haken und Stangen wuchtig und
wett in die Ladung stoßen. Das alles wird hier
wieder Erde, so gut und fruchtbar wie nirgend-
wo. Bon allen Seiten kriecht schon das Leben
smaragdgrün und struppig heran.
Jedes Schaffen prägt seinem Menschen ei-
nen eigenen Ausdruck. Es ist nicht nur das von
Asche und Staub so dunkel gefärbte Gesicht,
das den Mann, der Müll fährt, erkenntlich
macht, selbst wenn er nicht auf dem Wagen sitzt.
Es ist ein seltsamer Zug, ein seltsames Gemisch
von selbstverständlichem Müssen, vom Wissen
um das Vergängliche und von seinem spötti-
schen Lächeln. Aber nichts Hämisches ist dabei.
Und wenn sie dann auf den Höfen brüderlich
dicht an die eisernen Kästen treten und den
Tragegurt um die Lasten legen, so deucht mir

ihr stummes Gevahren stets eine kleine Pre-
digt zu sein:
Komm, Kamerad, faß mit zu!
Leg mir den Arm auf die Schultert
Und du auf die meine!
So zwingen wir jede Last . . .
Ho . . . ruck, mein Bruder!
Ho . . . ruck, Kamerad!
Seltsame Nagler
Vor einem Kellerfenster liegen zwei schmäch-
tige Knaben, ihre Beine lang ausgestreckt, auf
dem Bürgersteig. Angestrengt blicken sie durch
das enge Gitter, das in den schmalen Licht-
schacht eingelassen ist. In ihren aufgeregten
Händen hält jeder einen Binöfanden, an dem
ein Leimbestrichener Angelhaken hängt.
Wonach angeln denn diese Bürschchen? Man
sollte es kaum glauben! Nach Geld! Ich knöpfe
mir einen von ihnen vor. Mit leiser Stimme
erzählt er mir, daß sie dieses „Gewerbe" schon
seit einiger Zeit betreiben. Unter dem eisernen
Fußabtreter eines Hauses sahen sie einmal
nach Ladenschluß ein Pfennigstück glänzen, und
bei dem Versuch, es herauszuholen, hätten sie
noch mehr gefunden. Das hätte sie dazu ge-
bracht, systematisch die Kellerfenster und Licht-
schächte nach solchen Schätzen abzusuchen. Denn
auch andere verwendbare Dinge fänden sie dort
unten, kleine Broschen, Federn, Bleistifte,
manches, was sie noch gebrauchen können.
„Wie lange macht ihr denn das schon?"
Seit Anfang der Ferien. Da sind wir 'rum-
gebummelt und haben das Pfennigstück blitzen
sehen?
„Und wie verwendet ihr eure Beute?"
„Doch, ich gehe damit auf den Rummelplatz,
ab und zu gehe ich auch dafür baden!"
„Und du?" „Ich gebe alles meiner Mutter!"
Französisches Heeresdeulsch
Die Jnstruktionsbücher der französischen Soll
baten enthalten auch einen kleinen Anhang, den
man als „Tausend Worte Deutsch" bezeichnen
könnte. Es heißt „Questionnaire usual fran-
cais-allcmand" und soll den Poilous vor allem
die gar nicht so leichte deutsche Aussprache näher
bringen. Folgende Wörter sind bemerkenswert:
Aux armes — inns guevair; aujord'hui —
hoyte; capeteine — haouptmann; coucher —
chlaffen; itinäraire — marchriktoung; linge —
layneundzoyg; la ronü- traverse-t-elle? — furt
de straße nak?; com-äen y a-t-il d'habitants
dans? — vi fil ainNmneur zind in?; oü est
l'ennemi? — vo stack dair fayynd?; cidre —
apfailvain.
Wir können nur hoffen, daß wenigstens dieses
Hilfsmittel zur Verständigung der beiden Völ-
ker beiträgt; es scheint aber leider ebenso un-
klar zu sein, wie die französische Stellung-
nahme in Genf. Puck


89. Fortsetzung
Tobias und ich krochen aus dem Kesselhaus,
standen unter den Sternen. Der laue Frühlings-
wind webte den Gesang der Amokläufer zu uns
herüber. Und immer wieder peitschte ihr Sprech-
chor durch die Finsternis. Wer klärte diese Armen
aus, ihr Programm habe nichts mit einer Idee
und ihr Gallimatbias nichts mit einem Bekennt-
nis zu tun? Wer predigte ihnen, eine Nation sei
mehr als ein Ameisenhaufen? Nein, diese Arbei-
ter waren keine Mitarbeiter.
Tobias fragte mich: „Was wird mit uns,
Manes? Der Alte ist ein Stiesel, die Kollegen
toben, sollen wir zwischen diesen Mühlsteinen zer-
rieben werden? Ich mag kein Kuli werden mit
einer Hand voll Reis als Tagelohn. Hörst du sie
wieder? Was singen sie denn immer? Ich bin
der Doktor Eisenbart?"
Ich antwortete ihm: „Du bist ja jung und frei
und hell. Um Mitternacht erwarte Ich dich vor
meinem Fenster. Du kennst unfern Pfiff. Bring
deinen ganzen Kram mit, einen Koffer oder eine
Pappschachtel wirst du noch besitzen. Also, pack
deine Gummikragen, deinen Henkelmann und
deine Strickjacke, sei pünktlich, wir wollen türmen;
hörst du? Wir türmen!"
Tobias lief heim, ich selber holte Luft, tief und
mit ganzem Genuß. Von meiner Stirn fiel eine
Klammer, von meinen Rippen lösten sich Ketten.
Ich war wieder stark und frisch, hörte wieder die
rasselnden Pappeln, hörte wieder den Bach, hörte

wieder die Kühe in den Ställen und die Nacht-
vögel im Laub. Und meinte, ist sei monatelang
raub und verstopft gewesen. Tobias pfiff noch ein-
mal von weitem. Da hatte ich einen Freund ge-
sunden!
Im Dorfe viele Bauern vor den Türen und
überall zornige Gespräche. Die Amokläufer hatten
zwei bunte Chorfenster der Kirche zertöppert. Nun
belagerten die Leute von Virnich das Haus des
Pfarrers, forderten Rache, Sühne, Strafe, und
manche fromme Mutter ahnte nicht, daß ihr eig-
ner Sobn mit den Rattenfängern gezogen war.
Ich kam beim, meine Frau saß mit ihren Eltern
beim Abendessen. Die Glühbirne pendelte so ver-
drießlich über dem Tisch, als sei nur halber Strom
im Draht. Maria sagte mir, Sebastian läge fie-
bernd im Bett, das Kind habe sich über den Tu-
mult der Arbeiter entsetzt.
„Der Junge kommt ganz auf seinen Nährvater",
höhnte Peter Selbach. Und als ich meine Frau
zum Gruß auf die Stirn küßte, knurrte er in den
Bart, ich sei ein Schmuser und ein Pantoffelheld.
Ueberhaupt: Nur Papa Selbach war in seiner
Jugend ein richtiger Kerl gewesen!
Ich hatte mir angewöhnt, die Randbemerkun-
gen des Kranken zu überhören. Ich sah nur, daß
er ein gebratenes Kaninchen auf seinem Teller
verhackstückte, während wir andern Grießmehl-
suvoe löffelten, von der mein Schwiegervater zu
behaupten pflegte, er dürfe sie nun mal nicht essen,
der... Krampfadern wegen.

Ganz still wurde es dann, keiner sprach ein
Wort. Mir klopfte das Herz, Mutter Sel-
bach weinte bitterlich vor sich hin, Maria strei-
chelte unterm Tisch ihre alte Hand. Der Va-
ter durfte nicht sehen, daß ein Kind den
Schmerz seiner Mutter teilte. Mir war es,
als wüßten die Frauen schon meinen Plan.
So blaß stierten sie aufs Tischtuch, während
der Alte abwechselnd die Karnickelknochen und
die eigenen Pfoten ableckte, schmatzend und mit
Behagen. Im Zimmer über uns jammerte der
fiebernde Sebastian. Maria lief hinauf, ich
war unruhig im Kopf, denn wie sollte das mit
dem Abmarsch werden? Ein krankes Kind
durfte man nicht iw die Dschungeln der Zeit
schleppen. Da blickte Vater Selbach vom Tel-
ler hoch: „Nun? Wie ist es —?"
„Der Streik ist abgeblasen, aber jetzt ziehen
sie mit roten Fahnen über die Landstraße!"
„Sollen se, sollen se. Frische Luft tut im-
mer gut. Die kommen noch mal auf dem
Bauch gekrochen für ein Stück Brot. Jawoll,
Sie auch, Herr Schwiegersohn, nur nicht so
hitzig, Herr Mitarbeiter! — Frau, weißte, was
er meint? Wirst lachen: ich soll mit den Ar-
beitern zusammen schlafen und speisen, dann
würde alles viel besser fluppen. Tja, unser
Herr Schwiegersohn-!"
Er leckte immer die Finger ab, in seinem Bart
hingen Tropfen brauner Soße. Mein Schwei-
gen war dem Alten wohl unbehaglich, denn
er klopfte mich jetzt gönnerhaft auf die Schul-
ter: „Na, bös? Wissen Sie, wenn ich noch
mal auf die Welt kommen sollte, dann nur
als Sohn von Ihnen..."
Da stand ich auf und verließ das Zimmer.
Ich war noch zu jung, um mir meine Galle
von einem senilen Ignoranten aufschwemmen
zu lassen. Aber die vielen Hindernisse: die
verquälten Mütter, das fiebernd Kind!
Als ich im Flur stand, kam Marria zitternd
die Treppe herunter und hängte sich an mei-

nen Hals: „Manes, nicht fortgehett bitte, trag
alles für mich, laß Mutter nicht allein, es
trifft ja uns am schwersten, wenn du gehst.
Ich kann das ewige Hin und Her nicht mehr
mitmachen. Sind wir Zigeuner? Manes, halt'
aus, trag' alles für mich . .!"
„Ich geh ja nicht allein, Maria. Du und
der Junge müssen mit. Noch in dieser Nacht.
Ich kann nicht mehr. Ich ersticke. Ich hatte
mir das alles viel schöner vorgestellt. Wirf
die Schuld auf deinen Vater. Der Mann ist
nicht schlecht, er ist nur gefährlich!"
Maria wurde hysterisch. Sie schrie, warf sich
über den Boden, trommelte mit den Fäusten
auf die Holzdielen und machte sich absichtlich
schwer, als ich sie aufheben wollte.
„Ich will nicht! Ich mag nicht — —!"
Mochte sie mit dem fiebernden Kinde in Got-
tes Namen hier bleiben, — ich ging aufs Zim-
mer, packte meinen Kram, küßte den Buben,
vernahm den Pfiff des Tobias Voß. Und ging
wieder Hinunter, hörte, wie Mutter Selbach
mit ihrer Tochter in der Küche verschwand und
abriegelte. Maria hatte wohl einen Wein-
krampf. Welche Frau treibt ihre Mühlen nicht
mit Tränen?
Ich steckte den Kopf in die Wohnstube:
„Schwiegervater, leben Sie wohl!"
Der Alte grinste vor sich hin, stocherte in
den Zähnen, las die Zeitung unbekümmert
weiter und schüttelte den Kopf, was er immer
zu tun pflegte, wenn er seine innere Hohlheit
vertuschen mußte. Als ich die Tür hinter ihm
geschlossen hatte und schon im Hausflur stand»
da brachte er erst den Mut auf, mir zu ant-
worten: „Das ist der Dank dafür, daß ich ihn
von der Straße aufgelesen habe!" Es klang so
spöttisch, daß ich die Tür noch einmal öffnete:
„Sagten Sie etwas, Schwiegervater?"
„Ich? Nö, hab nur laut gedacht!"
Nein, Papa Selbach war krank. Sollte ich ihn
gesund pflegen?
(Fortsetzung folgt.)
 
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