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Donnerstag, de« 2. November ISZA
S. Zahrg. / Nr. 28S
„Gemeinnutz geht vor Tigennutz* ist für den
Nationalsozialismus nie ein nur propagan-
distisch zu verwertendes Schlagwort gewesen.
Seine Regierung hat gezeigt, wie ernst eS
ihm damit war und bleiben wird.
Er hat alle Souderinteressen, die das
Gemeinwohl gefährdete», in ihre
Schranken zurückgewieseu.
Er hat so erreicht, daß allgemein das Gefühl,
in der wirtschaftlichen Existenz gesichert zu
sein, aufgekommen ist. Eine Anzahl von Maß-
nahmen der Existenzsicherung sind erlassen.
Der Nationalsozialismus hat zum erstenmal
den Kampf gegen die Erwerbslosigkeit wirk-
sam ausgenommen, er hat im neuen Kartell-
gesetz den Schutz des Unternehmens und die
Rücksicht auf das Gemeinwohl erst verbunden,
er hat dem Handwerk eine neue Si-
cherheit gegeben und vor allem hat er
den Bauer befreit.
Das ist eine weltgeschichtliche Tat gewe-
sen! Auf die Einzelheiten der Bauernrettung
ist hier nicht einzugehen. Doch bietet sie An-
laß zu einer grundsätzlichen Betrachtung. Vom
Weimarer System wurde ein wirksamer Bau-
ernschutz für unmöglich gehalten: Die Arbeits-
losigkeit sollte dadurch unerträglich steigen.
Der Nationalsozialismus aber hat den
Bauer befreit und die Arbeitslosigkeit
ist zugleich über zwei Millionen zurück-
gegangen.
Für den Nationalsozialismus existieren die
Spannungen nicht, die im liberalistischen Sy-
stem vorhanden waren. Daß er den Bauer
befreite und zugleich die Erwerbslosenziffcr
in so ungeahntem Umfange hinunterürückte,
beweist, daß es für den Nationalsozialismus
hie Widerstände nicht mehr gibt, an denen die
Bemühungen des Weimarer Systems zerschellt
sind. Der große Erfolg auf beiden genann-
ten Gebieten ist die eindringlichste Garantie
dafür, daß dem Nationalsozialismus sein wei-
teres Aufbauwerk gelingen wird.
Die Vorbereitungen dazu werden getrof-'
fen, znm Teil sind sie getroffen. DaS Reichs-
bankgesetz ist umgeändert. Die Rcichsbank ist
keine Filiale der Tributmächte mehr, sondern
die Notenbank deS deutschen Volkes. Dadurch,
daß sie jetzt Wertpapiere aufkausen und eine
offene Marktpolitik treiben kann, sind ihr
neue Wirkungsmöglichkeiten erschlossen wor-
den, die ihre große Bedeutung besonders nach
der Neuordnung des deutschen Bankwesens
offenbaren werden. Die Neuordnung des
Bankwesens ist durch die Einsetzung einer Un-
terführungskommission auch schon vorbereitet.
Der Nationalsozialismus wird nach den
Erfolgen der vergangenen Monate in der
weiteren Auswirkung der schon ergriffenen
Maßnahmen und mit seinem grandiosen Wtn-
terhilfswerk diesen Winter viel weniger drük-
kend werden lassen, als es die vergangenen
gewesen sind. Im Frühjahr beginnt dann der
zweite große umfassende Angriff
gegen die Arbeitslosigkeit, der ihr
bas Cannä bereitet.
Mit seinen bisherige« Erfolge«, und mit
dem Versprechen» die Arbeitslosigkeit weiter
zu bekämpfe«, tritt der Nationalsozialismus
am 12. November vor das deutsche Volk. Er
fragt: Will das deutsche Volk de«
Friede« der Ehre, will es die Be-
seitigung der Arbeitslosigkeit,
will es eine glückhafte Zukunft?
Den« das ist gewiß: soviel wie der National-
sozialismus, hat auch wirtschaftlich «och keine
Regierung erreicht; er ist der einzige
Repräsentant der glücklichen Zu-
kunft des deutsche« Volkes.
Dr. Fritz Nonnenbruch.
-O-
Keine VerMMgung
zrvWen Litwinow uns Baut Boncmw
über Sie VorkrtegsBulSenirage
Moskau, 1. November. Die gestrige
Aussprache zwischen Litwinow und Paul-
Boncour über das Borkriegsschuldenproblem
soll, wie verlautet, noch zu keinerlei Ergebnis
geführt haben, da der französische Standpunkt
vom russischen weit abweicht. Wegen der
Schwierigkeiten der Einigung sollen die Ver-
handlungen bis auf weiteres vertagt werden.
Lin enMcher FournMt ausgewieien
-H- Berlin, 1. November. (Eig. Meldung)
Wie wir erfahren, ist angeordnet, daß der
englische Journalist Panter, der vor eini-
gen Tagen unter dem Verdacht der Spionage
in Haft genommen wurde, auf freien Fuß
gesetzt wird. Nach Abschluß der Ermittlungen
war das Ergebnis dem Oberreichsanwalt vor-
gelegt worden. Dieser hat nach Prüfung des
Materials keinen Anlaß gesehen, die formale
Anklage zu erheben.
Andererseits hat Panter seine journali-
stische Tätigkeit in einer Weise ausgeübt, die
sein Verbleiben in Deutschland unerwünscht
erscheinen läßt. Er wird daher des Landes
verwiesen werden.
Ssnte ZMvve-Ned»
tt» Este«
-X- Berlin, 1. November. Am Donners-
tag abend um 8 Uhr in de« Großen Aus-
stellungshallen in Essen der Führer eine An-
sprache halten. Vor ihm spricht Vizekanzler
von Papen. Die Veranstaltung wird ans alle
westdeutschen Sender übertragen.
Scho« tm Jahve 1930 Vvaa-ftMairgsVvovea r
Dtmttvoff mutz wieder avgesMeS werden — e werden waOern"
-H- Berlin, 1. Nov. Zu Beginn der Ver-
handlung erklärt Senatspräsident Dr. Bün-
ger: Nach dem Stenogramm der gestrigen
Sitzung hat der Angeklagte Dimitroff u. a.
gesagt, daß
„der Kreis der Zeuge« der Anklagever»
tretnug gegen uns kommunistische Ange-
klagte heute mit diesem Zeugen fge-
meint war Lebermannf geschlossen ist,
augesangen mit Reichstagsabgeordneten
der Nationalsozialistischen Partei, be-
endet mit einem Diebstähler".
Diese Acußerung habe ich nicht verstanden,
sonst wäre ich selbstverständlich aufs Schärfste
eingeschritten, denn diese Acußerung, so er-
klärt der Präsident mit erhobener Stimme,
stellt eine unerhörte Frechheit dar.
Angeklagter Dimitroff: Herr Präsident...
Der Vorsitzende unterbricht den Angeklagten
und erklärt, daß er ihm das Wort nicht gebe.
Dimitroff ruft: Der „Völkische Beobachter"
kann zufrieden sein. Der Vorsitzende berät
sich kurz mit dem Senat und verkündet dar-
auf, daß Dimitroff mit Rücksicht ans diese Be-
merkung für die heutige Sitzung ausge-
schlossen werde und abzuführeu sei. Der An-
geklagte Dimitroff ergeht sich in wütenden
lauten Beschimpfungen. Der Vorsitzende er-
sucht die Polizeibeamten, die Abführung zu
beschleunigen. Unter weiteren Beschimpfun-
gen verläßt Dimitroff den Saal.
Oberreichsanwalt Dr. Werner: Ich will
nur feststellen, daß auch ich gestern diese Äuße-
rung Dimitroffs nicht deutlich gehört habe,
sonst würde ich bei dem Herrn Präsidenten
um entsprechende Maßnahmen gebeten haben.
Als erster Zeuge wird in der heutigen Sit-
zung der K r i m in a l a ss i st e n t Spietz
vernommen. Er sagt aus, Frau Torgler habe
ihm die Wohnung geöffnet und auf seine
Frage nach Torgler geantwortet:
„Mein Man« befindet sich in der
Provinz aus Reisen!
Gegen 8 Uhr kam ein telefonischer Anruf.
Frau Torgler ging an den Apparat. Der
Zeuge hörte, daß von einer Frauenstimme
angerufen wurde, die offenbar ein Zusam-
mentreffen mit Frau Torgler verabreden
wollte. Frau Torgler antwortete: „Ich habe
unerwartet Besuch bekomme«, ich kann jetzt
nicht!" Gegen 10 Uhr kam ein zweiter An-
ruf, wieder von einer Frauenstimme, Frau
Torgler sagte: „Der Besuch ist immer noch
da, ich kann nicht kommen."
Reichsanwalt Parrisius: Torgler behaup-
tet, um V-1V Uhr vormittags selbst seine Frau
angernfc« z« Haven. Ich frage de» Zeuge«,
ob er von diesem Gespräch etwas bemerkt hat,
denn er war vis V-12 Uhr in der Wohnung.
Zeuge: Es sind «nr zwei Telefongespräche
geführt worden und es war veidemale eine
weibliche Stimme.
Dr. Sack fragt den Zeugen noch, was er
bei der Durchsuchung der Wohnung Torglers
gefunden habe.
Zeuge: Illegale Druckschriften.
Dann wird Frau Torgler vernommen.
Oberreichsanwalt: Hat Ihr Mann bei sei-
nem Anruf den Grund angegeben, aus dem
er bei Kühne übernachtet hatte? Frau Torg-
ler: Nein. Es kam ja oft vor, daß er in
Berlin übernachtet hatte, wenn es sehr spät
geworden war.
Oberreichsanwalt: Ihr Sohn hat aber in
London gesagt, daß Ihr Mann aus Sicher-
heitsgründen nicht nach Hause gegangen sei.
Da liegt es doch nahe, daß auch Sie unter-
richtet worden sind.
Frau Torgler: Das ist jetzt acht Monate
her, ich erinnere mich nicht, daß mir so
etwas gesagt worden ist.
Oberreichsanwalt: Es ist aber außeror-
dentlich wichtig, ob Ihr Mann schon in jener
Nacht solche Befürchtungen hatte.
Angeklagter Torgler: Mir ist nicht ganz
klar, warum der Oberreichsanwalt von mir
noch einmal die Aussage hören will, daß
meine Freunde die Befürchtung hatten, daß
ich aufgrund der Pressenachrichten von poli-
tischen Gegnern einen Ueberfall zu befürch-
ten hatte. Hält es denn der Oberreichsanwalt
wirklich im politischen Interesse Deutschlands
für angezeigt, daß solche Aussagen hier wie-
derholt werden?
Vorsitzender:
Angeklagter Torgler, verfallen Sie nicht
in den Fehler von Dimitroff! Wir wol-
le« doch ruhig und sachlich bleibe«.
Als nächster Zeuge wird der Journalist
Zimmermann aus Karlshorst vernommen. Er
macht Bekundungen über ein Zusammentref-
fen mit Torgler in der Straßenbahn kurz vor
dem Reichstagsbrand. Torgler habe ihn ge-
fragt: Was halten Sie von den heutigen Ver-
hältnissen? Ich sagte: Die Angelegenheit ist
ja geklärt. Torgler schaute dann so in Ge-
danken aus dem Fenster und ich hatte den
Eindruck, daß er mit Beziehung auf einige
braune Uniformen, die draußen gingen, sagte:
Es bereitet sich allerhand vor, cs ist dicke
Lust. Wen« bas Fanal ausleuchtet, so
werbe» sich die Herrschaften in ihre
Mauselöcher verkriechen.
Der Zeuge hält es für wahrscheinlich, daß
die Begegnung am Donnerstag, den 28. Fe-
bruar, war. Als ich am Dienstag von dem
Reichstagsbrand las, war mir diese Begeg-
nung in greifbarer Nähe.
Vorsitzender: Was haben Sie unter Fanal
verstanden?
Zeuge: Ich dachte nicht an ein Feuerzei-
chen, sondern an ein Alarmzeichen gedacht.
Ach war ähnliche Ausdrücke der KPD ge-
wöhnt und kannte auch von Torgler aus sei-
ner politischen Tätigkeit solche drohende Aus-
drücke.
Vorsitzender: Können Sie uns davon ei-
nige wiederholen?
Zeuge: Er hat dem Sinne nach gesagt:
Es wird nicht mehr lange dauer«, wo
das Proletariat sprechen wird, daß Ih-
nen» meine Herrschaften, die Köpfe wak-
kel« werde«.
Als Zeuge wird dann der Bergmann
Kun zack vernommen, dessen Vereidigung
einstweilen ausgesetzt wird. Kunzack ist zwei-
mal wegen Sittlichkeitsverbrechens, einmal
wegen Meuterei und auch .sonst vorbestraft.
Kunzack war früher bei der USP und seit
Ser Verschmelzung bis Anfang 1933 in der
KPD. Aus dieser wurde er Anfang 1982 aus-
Der ReichsweSklninWer entlarvt
auslSuSWe LügenmelSMgen
Bafel, 1. November. Ein höherer schwei-
zerischer Offizier hat sich wegen der angebli-
chen Enthüllungen von deutschen Durchmarsch,
plänen durch die Schweiz an Reichswehrmini-
ster Generaloberst von Blomberg gewandt und
um Beantwortung verschiedener genauer
Fragen gebeten.
In der Erwiderung, die von der „Neuen
Baseler Zeitung" wiedergegeben wird, legt
der Reichswehrminister sowohl vom militäri-
schen als auch vom politischen Standpunkt aus
die Unsinnigkeit solcher Behauptungen und
Gerüchte dar, die ja nicht von einem Schwei-
zer, der um sein Land besorgt sei. stammten,
sondern aus dunkler Quelle mit bestimm-
ten Absichten. Deutschland als das militärisch
schwächste Land des Kontinents mit seiner
entmilitarisierten Zone ringe um die dürftig-
sten Vorbedingungen zur Sicherung seiyer
Grenzen. Ihm gegen das waffenstarrende,
von Verbündeten im Osten und Südosten um-
gebene Frankreich einen Angriffswillen zuzu-
schreiben, sei absurd. Wenn behauptet werde,
der Gürtel der französischen Grenzbefestigung
im Osten lege Deutschland den Durchbruch
d"rch die Schweiz nahe, so lehre schon ein
Blick auf die Karte das Gegenteil. Selbst
wenn man von der Kampfeskrafk der schwei-
zerischen Heeresstärke absehe, die nicht unter-
schätzt werden dürfe, so wäre es schon deshalb
unmöglich, einen deutschen Stoßkeil unter Um-
gehung von Belfort zwischen Idstein und dem
Bodensee über das schwierige schweizerische
Durchmarschgelände nach Frankreich hineinzu-
bringen, weil die rückwärtigen Verbindungen
dieser Stoßtruppe gewissermaßen unter den
Kanonen der französischen Feskungsfronl lie-
gen. Französische Teilkräfke genügten hier, um
jeden Tag die Falle zuzumachen. Man habe
den deutschen Offizier bisher doch höher ein-
geschätzt, als daß man ihm eine solche Wahn-
sinnstat zutrauen könnte.
Der Minister erinnert an die Erfahrungen
des Weltkrieges und stellt die rethorische
Frage, wo der Schwerpunkt der schweizeri-
schen Grenzschutzbesetzung gelegen sei, an der
deutschen oder an der französischen Grenze
und in welchem Generalstab 1918 eine Offen-
sive durch die Schweiz erwogen worden sei.
Die Achtung Deutschlands vor dem Schweizer
Volk dürfte wohl Deutschland vor dem Ver-
dacht bewahren, unter Verletzung der schwei-
zerischen Souveränität militärische Durch-
marschpläne zu hegen. Was die politische
Seite anbelange, so habe ja der Reichskanzler
erst vor kurzem ausdrücklich erklärt, daß es
zwischen Deutschland und Frankreich keinen
moralisch oder vernünftig zu rechtfertigenden
Grund für einen Kampf gebe.
Umarbeitung Ses Korlt-WeNel-Films
-H- Berlin, 1. November. Wie wir hören,
hat Reichsminister Dr. Goebbels gestern das
Verbot des Horst-Wessel-Films unter folgen-
der Begründung aufgehoben: Das Verbot des
Horst-Wessel-Films ist deshalb ergangen, weil
es sich bei Horst Wessel um den bekanntesten
und verehrtesten Märtyrer der nationalsozia-
listischen Bewegung handelt. Es besteht kein
Anlaß, das Verbot weiter aufrecht zu erhal-
ten, wenn dieser Film unter einem neutralen
Titel läuft und direkte Anspielungen auf
Horst Wessel und sein Leben und Sterben
vermieden werden.
geschlossen. Während der illegalen Zett der
Partei hat er auch Kurierdienst geleistet. Der
Zeuge bekundet, daß, als der Gefängntsvor-
stehcr den. Reichstagsbrand bekanntgab, auch
der Name van der Lubbe gefallen sei. Er
habe sich dann daran erinnert, daß er aus ei-
ner Konferenz in Düsseldorf im Jahre 1923
mit einem Lubbe zusammen gewesen sei. Der
Leiter dieser Versammlung sei Heinz Neu-;
mann gewesen. Ferner waren, erzählt der
Zeuge weiter, drei Holländer erschienen, un«^
ter ihnen van der Lubbe. Dieser sei der Ver« j
sammlung mit ungefähr den Worten vorge-
stellt worden, daß man in Holland jetzt den'
Aufbau im Sinne des NFB vornehmen wolle.
Van der Lubbe habe sich bereit erklärt, die^
Bewegung aufzubauen und später einmal die
Leitung zu übernehmen. Lubbe hat dann ein
paar Worte gesprochen, aber in so schlechtem
Deutsch, daß man ihn nicht verstehen konnte.!
Sein Alter hat der Zeuge damals auf IS;
Jahre geschätzt. Auf die Frage des Vorsitzen-
den, ob in dieser Versammlung auch von Ter-
ror gesprochen worden sei, erwidert der Zeuge
der Terror sei nicht direkt empfohlen wor-
den, man habe aber gesagt, jedem Terror!
müsse der schärfste Terror entgegengesetzt wer-
den.
Die Vernehmung des Zeugen, der seine
Aussage recht unsicher und stockend macht, wird
dann auf seine früheren Bekundungen über
eine Sprengstoffhöhle in der Wuhlheide ge-
leitet, in der geheimnisvolle Sprengversuche
stattgefunden haben sollen. Ich war, so sagt
er aus, im Dezember 1930 arbeitslos und
bekam eine Bestellung nach Berlin. Mit eini-
gen Genossen bin ich dann in Berlin zum
Bahnhof Wuhlheide gefahren. Es waren et-
wa sieben Mann. Wir sind an der Bahnlinie
entlang gegangen, haben eine Siedlung durch-
quert und sind in ein Gehölz gekommen. Im
Gehölz war ein verdeckter Unterstand, eine
Grube, etwa zwei Meter tief. Man hat da
einige Gäsröhren zur Explosion gebracht, et-
wa 8 Stück.
Der Zeuge gibt dann an, daß bei dieser
Unternehmung Kasper, sowie ein Mann
dabei gewesen sei, der dem Aussehen nach
Torgler war.
Vorsitzender: Sie haben bei der gericht-
lichen Vernehmung nicht gesagt, daß cs dem
Aussehen nach Torgler war, sondern Sie ha-
ben ganz bestimmt gesagt: „Der eine war
Torgler. Weil Sie den kannten. Ist auch da-
von gesprochen worden, was in die Lust ge-
sprengt werden sollte?
Zeuge: Oeffentliche Gebäude an erster
Stelle.
Dann wird Kriminalassistent Stanek
vernommen, der eingehende Ermittlungen
über die Angaben des Zeugen Kunzack vor-
genommen hat. Die Ermittlungen erstreckten
sich in erster Linie auf die Auffindung von
Spuren angeblicher Sprengversnche in der
Nähe des Bahnhofs Wuhlheide. Der Zeuge
ist mit Kunzack zweimal dorthin gefahren.
Kunzack erklärte zunächst, daß die Sprcngver-
suche in der Wuhlheide von Mitgliedern der
KPD im Jahre 1931 vorgenommen worben
seien, korrigierte aber , sich später dahin, daß
dies im Oktober 1930 der Fall gewesen sei.
Der Kriminalassistent hat die Höhle nicht
vorgefunden. Forstbeamte haben ihm aber er-
klärt, daß im Laufe der letzten drei Jahre
mehrfach Veränderungen in diesem Teil des
Waldes vorgenommen worden seien, u. a.
auch Ausgrabungen und Neupflanzungen.
Von besonderer Wichtigkeit ist die weitere
Mitteilung des Kriminalassistenten, daß er
auf der Fahrt mit Kunzack durch die Petri-
Straße gekommen sei und daß Kunzack ihn
dort aufmerksam machte, daß ein gewisser
Thormann gerade auf dem Bürgersteig gehe.
In dem Keller des Thormann hätten die
Brandversuche stattgefuuden. Der Kriminal-
assistent hat auch den Thormann gestellt und
fcstgcstellt, daß tatsächlich dieser Thormann
heute noch in dem von Kunzack bezeichneten
Keller seine Geschäfte betreibt. Thormann er-
kannte auch Kunzack sogleich wieder, obgleich
dieser früher einen falschen Namen angegeben
hatte. Thormann gab z«, früher Kommunist
gewesen zu sein und bestritt auch nicht die
Möglichkeit, daß in seinem Keller Brandver-
snche vorgenommen worden seien, an denen
er selbst nicht teilgenommen haben will.
Der Zeuge schildert dann wieder, wie Kun-
zack ihm die Brandproben in dem Keller dar-
gestellt habe. Verschiedene Brennversuche seien
abgehalten worden, auch Löschversuche.
Bei einer Masse hätte das Löschen mit
Wasser nichts genützt; die Flamme»
seien im Gegenteil dadurch erst recht
. groß geworden.
Barnatschak, der Feuerwerker, habe den Leu-
ten auseinandergcsetzt, daß das Feuer nicht
einmal mit Sand zu löschen sei. Der Zeuge
hat sich, da Barnatschak ein Beamter der
Reichsbahn gewesen sein soll, an die Reichs-
bahn selbst gewandt und durch Nachfragen
festgestellt, daß die Lokomotiven der Reichs-
bahn noch bis 1928 oder 1929 mit Feuerzün-
öern angeheizt wurden.
Die Verhandlung wird dann auf Freitag
vertagt. Donnerstag bleibt verhandlnnassreil
Donnerstag, de« 2. November ISZA
S. Zahrg. / Nr. 28S
„Gemeinnutz geht vor Tigennutz* ist für den
Nationalsozialismus nie ein nur propagan-
distisch zu verwertendes Schlagwort gewesen.
Seine Regierung hat gezeigt, wie ernst eS
ihm damit war und bleiben wird.
Er hat alle Souderinteressen, die das
Gemeinwohl gefährdete», in ihre
Schranken zurückgewieseu.
Er hat so erreicht, daß allgemein das Gefühl,
in der wirtschaftlichen Existenz gesichert zu
sein, aufgekommen ist. Eine Anzahl von Maß-
nahmen der Existenzsicherung sind erlassen.
Der Nationalsozialismus hat zum erstenmal
den Kampf gegen die Erwerbslosigkeit wirk-
sam ausgenommen, er hat im neuen Kartell-
gesetz den Schutz des Unternehmens und die
Rücksicht auf das Gemeinwohl erst verbunden,
er hat dem Handwerk eine neue Si-
cherheit gegeben und vor allem hat er
den Bauer befreit.
Das ist eine weltgeschichtliche Tat gewe-
sen! Auf die Einzelheiten der Bauernrettung
ist hier nicht einzugehen. Doch bietet sie An-
laß zu einer grundsätzlichen Betrachtung. Vom
Weimarer System wurde ein wirksamer Bau-
ernschutz für unmöglich gehalten: Die Arbeits-
losigkeit sollte dadurch unerträglich steigen.
Der Nationalsozialismus aber hat den
Bauer befreit und die Arbeitslosigkeit
ist zugleich über zwei Millionen zurück-
gegangen.
Für den Nationalsozialismus existieren die
Spannungen nicht, die im liberalistischen Sy-
stem vorhanden waren. Daß er den Bauer
befreite und zugleich die Erwerbslosenziffcr
in so ungeahntem Umfange hinunterürückte,
beweist, daß es für den Nationalsozialismus
hie Widerstände nicht mehr gibt, an denen die
Bemühungen des Weimarer Systems zerschellt
sind. Der große Erfolg auf beiden genann-
ten Gebieten ist die eindringlichste Garantie
dafür, daß dem Nationalsozialismus sein wei-
teres Aufbauwerk gelingen wird.
Die Vorbereitungen dazu werden getrof-'
fen, znm Teil sind sie getroffen. DaS Reichs-
bankgesetz ist umgeändert. Die Rcichsbank ist
keine Filiale der Tributmächte mehr, sondern
die Notenbank deS deutschen Volkes. Dadurch,
daß sie jetzt Wertpapiere aufkausen und eine
offene Marktpolitik treiben kann, sind ihr
neue Wirkungsmöglichkeiten erschlossen wor-
den, die ihre große Bedeutung besonders nach
der Neuordnung des deutschen Bankwesens
offenbaren werden. Die Neuordnung des
Bankwesens ist durch die Einsetzung einer Un-
terführungskommission auch schon vorbereitet.
Der Nationalsozialismus wird nach den
Erfolgen der vergangenen Monate in der
weiteren Auswirkung der schon ergriffenen
Maßnahmen und mit seinem grandiosen Wtn-
terhilfswerk diesen Winter viel weniger drük-
kend werden lassen, als es die vergangenen
gewesen sind. Im Frühjahr beginnt dann der
zweite große umfassende Angriff
gegen die Arbeitslosigkeit, der ihr
bas Cannä bereitet.
Mit seinen bisherige« Erfolge«, und mit
dem Versprechen» die Arbeitslosigkeit weiter
zu bekämpfe«, tritt der Nationalsozialismus
am 12. November vor das deutsche Volk. Er
fragt: Will das deutsche Volk de«
Friede« der Ehre, will es die Be-
seitigung der Arbeitslosigkeit,
will es eine glückhafte Zukunft?
Den« das ist gewiß: soviel wie der National-
sozialismus, hat auch wirtschaftlich «och keine
Regierung erreicht; er ist der einzige
Repräsentant der glücklichen Zu-
kunft des deutsche« Volkes.
Dr. Fritz Nonnenbruch.
-O-
Keine VerMMgung
zrvWen Litwinow uns Baut Boncmw
über Sie VorkrtegsBulSenirage
Moskau, 1. November. Die gestrige
Aussprache zwischen Litwinow und Paul-
Boncour über das Borkriegsschuldenproblem
soll, wie verlautet, noch zu keinerlei Ergebnis
geführt haben, da der französische Standpunkt
vom russischen weit abweicht. Wegen der
Schwierigkeiten der Einigung sollen die Ver-
handlungen bis auf weiteres vertagt werden.
Lin enMcher FournMt ausgewieien
-H- Berlin, 1. November. (Eig. Meldung)
Wie wir erfahren, ist angeordnet, daß der
englische Journalist Panter, der vor eini-
gen Tagen unter dem Verdacht der Spionage
in Haft genommen wurde, auf freien Fuß
gesetzt wird. Nach Abschluß der Ermittlungen
war das Ergebnis dem Oberreichsanwalt vor-
gelegt worden. Dieser hat nach Prüfung des
Materials keinen Anlaß gesehen, die formale
Anklage zu erheben.
Andererseits hat Panter seine journali-
stische Tätigkeit in einer Weise ausgeübt, die
sein Verbleiben in Deutschland unerwünscht
erscheinen läßt. Er wird daher des Landes
verwiesen werden.
Ssnte ZMvve-Ned»
tt» Este«
-X- Berlin, 1. November. Am Donners-
tag abend um 8 Uhr in de« Großen Aus-
stellungshallen in Essen der Führer eine An-
sprache halten. Vor ihm spricht Vizekanzler
von Papen. Die Veranstaltung wird ans alle
westdeutschen Sender übertragen.
Scho« tm Jahve 1930 Vvaa-ftMairgsVvovea r
Dtmttvoff mutz wieder avgesMeS werden — e werden waOern"
-H- Berlin, 1. Nov. Zu Beginn der Ver-
handlung erklärt Senatspräsident Dr. Bün-
ger: Nach dem Stenogramm der gestrigen
Sitzung hat der Angeklagte Dimitroff u. a.
gesagt, daß
„der Kreis der Zeuge« der Anklagever»
tretnug gegen uns kommunistische Ange-
klagte heute mit diesem Zeugen fge-
meint war Lebermannf geschlossen ist,
augesangen mit Reichstagsabgeordneten
der Nationalsozialistischen Partei, be-
endet mit einem Diebstähler".
Diese Acußerung habe ich nicht verstanden,
sonst wäre ich selbstverständlich aufs Schärfste
eingeschritten, denn diese Acußerung, so er-
klärt der Präsident mit erhobener Stimme,
stellt eine unerhörte Frechheit dar.
Angeklagter Dimitroff: Herr Präsident...
Der Vorsitzende unterbricht den Angeklagten
und erklärt, daß er ihm das Wort nicht gebe.
Dimitroff ruft: Der „Völkische Beobachter"
kann zufrieden sein. Der Vorsitzende berät
sich kurz mit dem Senat und verkündet dar-
auf, daß Dimitroff mit Rücksicht ans diese Be-
merkung für die heutige Sitzung ausge-
schlossen werde und abzuführeu sei. Der An-
geklagte Dimitroff ergeht sich in wütenden
lauten Beschimpfungen. Der Vorsitzende er-
sucht die Polizeibeamten, die Abführung zu
beschleunigen. Unter weiteren Beschimpfun-
gen verläßt Dimitroff den Saal.
Oberreichsanwalt Dr. Werner: Ich will
nur feststellen, daß auch ich gestern diese Äuße-
rung Dimitroffs nicht deutlich gehört habe,
sonst würde ich bei dem Herrn Präsidenten
um entsprechende Maßnahmen gebeten haben.
Als erster Zeuge wird in der heutigen Sit-
zung der K r i m in a l a ss i st e n t Spietz
vernommen. Er sagt aus, Frau Torgler habe
ihm die Wohnung geöffnet und auf seine
Frage nach Torgler geantwortet:
„Mein Man« befindet sich in der
Provinz aus Reisen!
Gegen 8 Uhr kam ein telefonischer Anruf.
Frau Torgler ging an den Apparat. Der
Zeuge hörte, daß von einer Frauenstimme
angerufen wurde, die offenbar ein Zusam-
mentreffen mit Frau Torgler verabreden
wollte. Frau Torgler antwortete: „Ich habe
unerwartet Besuch bekomme«, ich kann jetzt
nicht!" Gegen 10 Uhr kam ein zweiter An-
ruf, wieder von einer Frauenstimme, Frau
Torgler sagte: „Der Besuch ist immer noch
da, ich kann nicht kommen."
Reichsanwalt Parrisius: Torgler behaup-
tet, um V-1V Uhr vormittags selbst seine Frau
angernfc« z« Haven. Ich frage de» Zeuge«,
ob er von diesem Gespräch etwas bemerkt hat,
denn er war vis V-12 Uhr in der Wohnung.
Zeuge: Es sind «nr zwei Telefongespräche
geführt worden und es war veidemale eine
weibliche Stimme.
Dr. Sack fragt den Zeugen noch, was er
bei der Durchsuchung der Wohnung Torglers
gefunden habe.
Zeuge: Illegale Druckschriften.
Dann wird Frau Torgler vernommen.
Oberreichsanwalt: Hat Ihr Mann bei sei-
nem Anruf den Grund angegeben, aus dem
er bei Kühne übernachtet hatte? Frau Torg-
ler: Nein. Es kam ja oft vor, daß er in
Berlin übernachtet hatte, wenn es sehr spät
geworden war.
Oberreichsanwalt: Ihr Sohn hat aber in
London gesagt, daß Ihr Mann aus Sicher-
heitsgründen nicht nach Hause gegangen sei.
Da liegt es doch nahe, daß auch Sie unter-
richtet worden sind.
Frau Torgler: Das ist jetzt acht Monate
her, ich erinnere mich nicht, daß mir so
etwas gesagt worden ist.
Oberreichsanwalt: Es ist aber außeror-
dentlich wichtig, ob Ihr Mann schon in jener
Nacht solche Befürchtungen hatte.
Angeklagter Torgler: Mir ist nicht ganz
klar, warum der Oberreichsanwalt von mir
noch einmal die Aussage hören will, daß
meine Freunde die Befürchtung hatten, daß
ich aufgrund der Pressenachrichten von poli-
tischen Gegnern einen Ueberfall zu befürch-
ten hatte. Hält es denn der Oberreichsanwalt
wirklich im politischen Interesse Deutschlands
für angezeigt, daß solche Aussagen hier wie-
derholt werden?
Vorsitzender:
Angeklagter Torgler, verfallen Sie nicht
in den Fehler von Dimitroff! Wir wol-
le« doch ruhig und sachlich bleibe«.
Als nächster Zeuge wird der Journalist
Zimmermann aus Karlshorst vernommen. Er
macht Bekundungen über ein Zusammentref-
fen mit Torgler in der Straßenbahn kurz vor
dem Reichstagsbrand. Torgler habe ihn ge-
fragt: Was halten Sie von den heutigen Ver-
hältnissen? Ich sagte: Die Angelegenheit ist
ja geklärt. Torgler schaute dann so in Ge-
danken aus dem Fenster und ich hatte den
Eindruck, daß er mit Beziehung auf einige
braune Uniformen, die draußen gingen, sagte:
Es bereitet sich allerhand vor, cs ist dicke
Lust. Wen« bas Fanal ausleuchtet, so
werbe» sich die Herrschaften in ihre
Mauselöcher verkriechen.
Der Zeuge hält es für wahrscheinlich, daß
die Begegnung am Donnerstag, den 28. Fe-
bruar, war. Als ich am Dienstag von dem
Reichstagsbrand las, war mir diese Begeg-
nung in greifbarer Nähe.
Vorsitzender: Was haben Sie unter Fanal
verstanden?
Zeuge: Ich dachte nicht an ein Feuerzei-
chen, sondern an ein Alarmzeichen gedacht.
Ach war ähnliche Ausdrücke der KPD ge-
wöhnt und kannte auch von Torgler aus sei-
ner politischen Tätigkeit solche drohende Aus-
drücke.
Vorsitzender: Können Sie uns davon ei-
nige wiederholen?
Zeuge: Er hat dem Sinne nach gesagt:
Es wird nicht mehr lange dauer«, wo
das Proletariat sprechen wird, daß Ih-
nen» meine Herrschaften, die Köpfe wak-
kel« werde«.
Als Zeuge wird dann der Bergmann
Kun zack vernommen, dessen Vereidigung
einstweilen ausgesetzt wird. Kunzack ist zwei-
mal wegen Sittlichkeitsverbrechens, einmal
wegen Meuterei und auch .sonst vorbestraft.
Kunzack war früher bei der USP und seit
Ser Verschmelzung bis Anfang 1933 in der
KPD. Aus dieser wurde er Anfang 1982 aus-
Der ReichsweSklninWer entlarvt
auslSuSWe LügenmelSMgen
Bafel, 1. November. Ein höherer schwei-
zerischer Offizier hat sich wegen der angebli-
chen Enthüllungen von deutschen Durchmarsch,
plänen durch die Schweiz an Reichswehrmini-
ster Generaloberst von Blomberg gewandt und
um Beantwortung verschiedener genauer
Fragen gebeten.
In der Erwiderung, die von der „Neuen
Baseler Zeitung" wiedergegeben wird, legt
der Reichswehrminister sowohl vom militäri-
schen als auch vom politischen Standpunkt aus
die Unsinnigkeit solcher Behauptungen und
Gerüchte dar, die ja nicht von einem Schwei-
zer, der um sein Land besorgt sei. stammten,
sondern aus dunkler Quelle mit bestimm-
ten Absichten. Deutschland als das militärisch
schwächste Land des Kontinents mit seiner
entmilitarisierten Zone ringe um die dürftig-
sten Vorbedingungen zur Sicherung seiyer
Grenzen. Ihm gegen das waffenstarrende,
von Verbündeten im Osten und Südosten um-
gebene Frankreich einen Angriffswillen zuzu-
schreiben, sei absurd. Wenn behauptet werde,
der Gürtel der französischen Grenzbefestigung
im Osten lege Deutschland den Durchbruch
d"rch die Schweiz nahe, so lehre schon ein
Blick auf die Karte das Gegenteil. Selbst
wenn man von der Kampfeskrafk der schwei-
zerischen Heeresstärke absehe, die nicht unter-
schätzt werden dürfe, so wäre es schon deshalb
unmöglich, einen deutschen Stoßkeil unter Um-
gehung von Belfort zwischen Idstein und dem
Bodensee über das schwierige schweizerische
Durchmarschgelände nach Frankreich hineinzu-
bringen, weil die rückwärtigen Verbindungen
dieser Stoßtruppe gewissermaßen unter den
Kanonen der französischen Feskungsfronl lie-
gen. Französische Teilkräfke genügten hier, um
jeden Tag die Falle zuzumachen. Man habe
den deutschen Offizier bisher doch höher ein-
geschätzt, als daß man ihm eine solche Wahn-
sinnstat zutrauen könnte.
Der Minister erinnert an die Erfahrungen
des Weltkrieges und stellt die rethorische
Frage, wo der Schwerpunkt der schweizeri-
schen Grenzschutzbesetzung gelegen sei, an der
deutschen oder an der französischen Grenze
und in welchem Generalstab 1918 eine Offen-
sive durch die Schweiz erwogen worden sei.
Die Achtung Deutschlands vor dem Schweizer
Volk dürfte wohl Deutschland vor dem Ver-
dacht bewahren, unter Verletzung der schwei-
zerischen Souveränität militärische Durch-
marschpläne zu hegen. Was die politische
Seite anbelange, so habe ja der Reichskanzler
erst vor kurzem ausdrücklich erklärt, daß es
zwischen Deutschland und Frankreich keinen
moralisch oder vernünftig zu rechtfertigenden
Grund für einen Kampf gebe.
Umarbeitung Ses Korlt-WeNel-Films
-H- Berlin, 1. November. Wie wir hören,
hat Reichsminister Dr. Goebbels gestern das
Verbot des Horst-Wessel-Films unter folgen-
der Begründung aufgehoben: Das Verbot des
Horst-Wessel-Films ist deshalb ergangen, weil
es sich bei Horst Wessel um den bekanntesten
und verehrtesten Märtyrer der nationalsozia-
listischen Bewegung handelt. Es besteht kein
Anlaß, das Verbot weiter aufrecht zu erhal-
ten, wenn dieser Film unter einem neutralen
Titel läuft und direkte Anspielungen auf
Horst Wessel und sein Leben und Sterben
vermieden werden.
geschlossen. Während der illegalen Zett der
Partei hat er auch Kurierdienst geleistet. Der
Zeuge bekundet, daß, als der Gefängntsvor-
stehcr den. Reichstagsbrand bekanntgab, auch
der Name van der Lubbe gefallen sei. Er
habe sich dann daran erinnert, daß er aus ei-
ner Konferenz in Düsseldorf im Jahre 1923
mit einem Lubbe zusammen gewesen sei. Der
Leiter dieser Versammlung sei Heinz Neu-;
mann gewesen. Ferner waren, erzählt der
Zeuge weiter, drei Holländer erschienen, un«^
ter ihnen van der Lubbe. Dieser sei der Ver« j
sammlung mit ungefähr den Worten vorge-
stellt worden, daß man in Holland jetzt den'
Aufbau im Sinne des NFB vornehmen wolle.
Van der Lubbe habe sich bereit erklärt, die^
Bewegung aufzubauen und später einmal die
Leitung zu übernehmen. Lubbe hat dann ein
paar Worte gesprochen, aber in so schlechtem
Deutsch, daß man ihn nicht verstehen konnte.!
Sein Alter hat der Zeuge damals auf IS;
Jahre geschätzt. Auf die Frage des Vorsitzen-
den, ob in dieser Versammlung auch von Ter-
ror gesprochen worden sei, erwidert der Zeuge
der Terror sei nicht direkt empfohlen wor-
den, man habe aber gesagt, jedem Terror!
müsse der schärfste Terror entgegengesetzt wer-
den.
Die Vernehmung des Zeugen, der seine
Aussage recht unsicher und stockend macht, wird
dann auf seine früheren Bekundungen über
eine Sprengstoffhöhle in der Wuhlheide ge-
leitet, in der geheimnisvolle Sprengversuche
stattgefunden haben sollen. Ich war, so sagt
er aus, im Dezember 1930 arbeitslos und
bekam eine Bestellung nach Berlin. Mit eini-
gen Genossen bin ich dann in Berlin zum
Bahnhof Wuhlheide gefahren. Es waren et-
wa sieben Mann. Wir sind an der Bahnlinie
entlang gegangen, haben eine Siedlung durch-
quert und sind in ein Gehölz gekommen. Im
Gehölz war ein verdeckter Unterstand, eine
Grube, etwa zwei Meter tief. Man hat da
einige Gäsröhren zur Explosion gebracht, et-
wa 8 Stück.
Der Zeuge gibt dann an, daß bei dieser
Unternehmung Kasper, sowie ein Mann
dabei gewesen sei, der dem Aussehen nach
Torgler war.
Vorsitzender: Sie haben bei der gericht-
lichen Vernehmung nicht gesagt, daß cs dem
Aussehen nach Torgler war, sondern Sie ha-
ben ganz bestimmt gesagt: „Der eine war
Torgler. Weil Sie den kannten. Ist auch da-
von gesprochen worden, was in die Lust ge-
sprengt werden sollte?
Zeuge: Oeffentliche Gebäude an erster
Stelle.
Dann wird Kriminalassistent Stanek
vernommen, der eingehende Ermittlungen
über die Angaben des Zeugen Kunzack vor-
genommen hat. Die Ermittlungen erstreckten
sich in erster Linie auf die Auffindung von
Spuren angeblicher Sprengversnche in der
Nähe des Bahnhofs Wuhlheide. Der Zeuge
ist mit Kunzack zweimal dorthin gefahren.
Kunzack erklärte zunächst, daß die Sprcngver-
suche in der Wuhlheide von Mitgliedern der
KPD im Jahre 1931 vorgenommen worben
seien, korrigierte aber , sich später dahin, daß
dies im Oktober 1930 der Fall gewesen sei.
Der Kriminalassistent hat die Höhle nicht
vorgefunden. Forstbeamte haben ihm aber er-
klärt, daß im Laufe der letzten drei Jahre
mehrfach Veränderungen in diesem Teil des
Waldes vorgenommen worden seien, u. a.
auch Ausgrabungen und Neupflanzungen.
Von besonderer Wichtigkeit ist die weitere
Mitteilung des Kriminalassistenten, daß er
auf der Fahrt mit Kunzack durch die Petri-
Straße gekommen sei und daß Kunzack ihn
dort aufmerksam machte, daß ein gewisser
Thormann gerade auf dem Bürgersteig gehe.
In dem Keller des Thormann hätten die
Brandversuche stattgefuuden. Der Kriminal-
assistent hat auch den Thormann gestellt und
fcstgcstellt, daß tatsächlich dieser Thormann
heute noch in dem von Kunzack bezeichneten
Keller seine Geschäfte betreibt. Thormann er-
kannte auch Kunzack sogleich wieder, obgleich
dieser früher einen falschen Namen angegeben
hatte. Thormann gab z«, früher Kommunist
gewesen zu sein und bestritt auch nicht die
Möglichkeit, daß in seinem Keller Brandver-
snche vorgenommen worden seien, an denen
er selbst nicht teilgenommen haben will.
Der Zeuge schildert dann wieder, wie Kun-
zack ihm die Brandproben in dem Keller dar-
gestellt habe. Verschiedene Brennversuche seien
abgehalten worden, auch Löschversuche.
Bei einer Masse hätte das Löschen mit
Wasser nichts genützt; die Flamme»
seien im Gegenteil dadurch erst recht
. groß geworden.
Barnatschak, der Feuerwerker, habe den Leu-
ten auseinandergcsetzt, daß das Feuer nicht
einmal mit Sand zu löschen sei. Der Zeuge
hat sich, da Barnatschak ein Beamter der
Reichsbahn gewesen sein soll, an die Reichs-
bahn selbst gewandt und durch Nachfragen
festgestellt, daß die Lokomotiven der Reichs-
bahn noch bis 1928 oder 1929 mit Feuerzün-
öern angeheizt wurden.
Die Verhandlung wird dann auf Freitag
vertagt. Donnerstag bleibt verhandlnnassreil