Sekte 2
Samstag, den 4 November 1988
8. Jahrs. k Nr. »SH
gen Deutschland zu parteipolitischen
Zwecken mißbraucht wurde.
DaS deutsche Volk glich damals einem
Heer der Enttäuschten. Der Arbei-
te r am Schraubstock, der Bauer am Pflug,
der A n g e st e l l t e im Kontor, sie alle hatten
das gleiche Ideal, aber die Zerrissenheit in
Parteien und Klaffen und die dazugehörige
Parteibürokratie verhinderten die Erfüllung
ihrer Sehnsucht! Alle diese deutschen Men-
schen, gleich welchem Beruf sie angehörten,
wollten dasselbe, hatten ein Ideal: Das
einige Deutschland!
Sie alle verkannten, daß die Verwirklichung
dieses Ideals unmöglich war, weil in Deutsch-
land 20 und mehr Parteien ihre eigene „Idee"
zur Herrschaft zu bringen suchten. In der
Schule, aus der Universität, im Gewerbe und
in den Gewerkschaften war keine einheit-
liche Willensbilbung möglich, weil es
kein einiges deutsches Volk gab, weil es des-
halb auch keine Nation geben konnte! Die
einen hetzten zum Klaffenkampf marxistischer
Prägung, die anderen zum Klassenkampf
von oben. Die einen sahen nur die Inter-
essen der Arbeiter, die anderen nur die der
Bauern und wieder andere nur die des ge-
werblichen Mittelstandes! Ganz zu schweigen
von den Sonderinteressen der freien
Berufe, der Beamten, oder der Nutznießer an
der Partxipolitik jeglicher Schattierung!
Was nun heute im Ausland als „Wun-
der", als „nur durch den Glauben" er-
klärbar bestaunt wird, das ist die Tatsache,
daß sich heute alle Sonderintereffen, dem Wohl
der Gesamtheit des deutschen Volkes unter-
ordnen!
Ganz Deutschland hat erkannt: Wir sitzen
heute in einem Schiss. Und dieses Schiff kann
nur dann ruhige Gestade anlausen, wenn
sich die Mannschaft, in diesem Falle das ganze
Volk, dem Willen des Kapitäns, der die
Verantwortung trägt, unterordnet!
Was heute in Deutschland geschieht, das ist
die Uebertragung jener Grundsätze des Pri-
vatlebens auf den Staat, die da sagen: In
jeder Familie kann nur der Mann ver-
antwortlich sein, in jedem Betrieb kann nur
derMeister herrschen. Aber in jedem Falle
tragen auch die, die die Macht haben, die
volle Verantwortung und das ganze
deutsche Volk wird sie zur Rechenschaft ziehen,
wenn sie ihre Macht egoistisch und nicht im
Sinne der Volksgemeinschaft ausüben!
Und so steht die Welt heute fassungslos
einem deutschen Volk gegenüber, das nicht,
wie bisher, uneins ist, sondern das
allem innenpolitischen Hader abgeschworen
hat, das seine ganze Kraft einsetzt für das
Interesse aller Deutschen, erkennend
daß niemand in Deutschland leben kann, ohne
Rücksicht auf die Gesamtheit des Volkes!
Das ist das deutsche Wunder:
Aus einem Haufen einzelner Wünsche und
Forderungen wurde der deutsche Wille!
Aus Parteien und Grüppchen wurde das
deutsche Volk!
Die Geburtsstunde der deutschen Nation
hat geschlagen in dem Augenblick, wo alle
Deutschen erkannten, daß nur ein einiges
Volk sich gegenüber den Ansprüchen der Um-
welt durchsetzen kann!
Und gerade weil das Ausland den nutz-
losen Versuch unternommen hat, auch weiter-
hin Deutsche gegen Deutsche aufzuheben, ge-
rade deshalb ist ein unzweifelhaftes Be-
kenntnis zur gegenwärtigen Führung des
Reiches notwendig.
Eine Nation wird geboren, gerade dadurch,
daß ihr Ideal von der Umwelt täglich erneut
angegriffen wird und daß sie es erfolgreich
verteidigt!
11 Fahre lang gelang es den Versailler
Genoffen, die Uneinigkeit der Deutschen für
ihre Zwecke auszunützen! Im 15. Jahre hat
diese Methode ihr Ende gefunden.
Das deutsche Volk hat sein Schicksal er-
kannt!
Entweder gemeinsamer Aufstieg oder
gemeinsamer Untergang!
Deshalb ist das „Ja" am 12. November
eine Pflicht, der sich kein Deutscher
entzieht, will er nicht als Lump und Volks-
verräter gelten! Denn es geht an diesem
Tage nicht um eine Stärkung der NSDAP
oder ihres Führers. Das wäre nicht notwen-
dig! Sondern es geht um das Schicksal jedes
Einzelnen, um Deutschland!
-o-
RsMsrZmsrrMkMWes
ZvM r«M H2. AsvSMvee
* Berlin, S. Nov. Zum Wahlkamps überlcn-
det Reichsinnenminister Di. Frick dem Preuß.
Pressedienst der NSDAP, folgendes Geleitwort:
„Der Sinn des Volksentscheids am 12. November
ist, der Welt in einer überwältigenden Abstim-
mung des deutschen Volkes den unerschütterlichen
Willen Deutschlands zu zeigen, sich nicht länger
als Nation zweiten Ranges behandeln zu lassen,
sondern als gleichberechtigtes Volk im Frieden
den Aufbau eines Staates oorzunehmen.
Das Ziel der Reichstagswahlen am 12. Nov.
ist, dem Führer Adolf Hitler eine Volksvertre-
tung zur Seite zu stellen, die in deutscher Treue
hinter ihm und seiner Politik steht und ihm die
Grundlagen für eine dauernde segensreiche Ar-
beit abgibt.
Berlin, 2. November 1933.
gez. Frick, Reichsminister des Innern".
Mmttroff für dorr VrrHaa-ltmgsrage
/ srne sengt«, ttzv»« «am«« «tttzt«««««« wM
Berli«, 8. Nov. Nach eintägiger Un-
terbrechung wurde die Verhandlung am Frei-
tag fortgesetzt. Der Angeklagte Dtmitroff war
wieder zugelassen. Die zahlreich geladenen
Zeugen betreffen schon den Komplex der bul-
garischen Angeklagten. Unter den Zeugen be-
finden sich auch zwei Frauen aus Moskau, die
auf die öffentliche Aufforderung des Reichs-
gerichtes hin erschienen sind und über die An-
wesenheit des Angeklagten Popoff in Moskau
in der Zeit vom Mai bis Oktober 1932 be-
künden sollen.
Zu Beginn der Verhandlung wurde ein
kurzes Protokoll der Mittwochverhandlung
verlesen, was wegen der Abwesenheit des An-
geklagten Dimitroff notwendig ist.
Der Vorsitzende verkündet dann den Be-
schluß des Senates über Annahme mehrerer
Beweisanträge. Der Antrag Dr. Sacks auf
Ladung von Dr. Rosenfeld, Dr. Herz
und Dr. Breitschetd wird dagegen ab-
gelehnt.
Nachdem noch der Angeklagte Dimitroff
mehrere Beweisanträge gestellt hatte, wird
als erste Zeugin Frau Weiß aus Moskau ver-
eidigt. Sie erklärt, ihr Gatte sei bulgarischer
Kommunist und lebe jetzt mit ihr als Emi-
grant in Moskau. Im gleichen Hause in Mos-
kau habe auch Popoff mit seiner Frau ge-
wohnt. Der Vorsitzende sagt der Zeugin, es
komme darauf an, ob Popoff im Sommer 32
tatsächlich in Moskau gelebt habe. Weiter sei
behauptet worden, daß Popoff im Dezember
1982 und im Januar 1933 im Büro der No-
ten Hilfe in der Dorotheenstraße gesehen wor-
den sei. Die Zeugin erklärt dazu, sie wohne
seit dem-24. Januar 1982 in Moskau. Anfang
Februar 1932 sei sie mit Popofs bekannt ge-
worden. Im April hätten die beiden Fami-
lien Gommervtllen in einem ländlichen Vor-
ort von Moskau gemietet. Sie und die Po-
poff's seien Mitte Mai in diese Sommerfrische
gezogen. Der Aufenthalt habe sich auf etwa
drei Monate erstreckt. Ende Juli sei Popoff
mit seiner Frau in einen Kurort gefahren.
I« Moskau habe sie Ende September und
Oktober Popoff uub seine Frau wiederholt
getroffen. Im November und Dezember habe
sie ihn nicht mehr in Moskau gesehen.
Auf weitere Fragen erklärt die Zeugin,
daß sie Popoff nicht unter seinem richtigen
Namen, sondern nnr nnter dem Namen Pet»
kofs kannte. Daß er Popoff heißt, hat sie erst
von seiner Frau erfahren, nachdem er in
Deutschland verhaftet worden war.
Vorsitzender: Was hat denn Frau Popoff
für einen Grund dafür angegeben, daß Po-
poff einen falschen Namen führte?
Zeugin: Das war sein Parteiname.
Oberreichsanwalt: Lebt Ihr Ehemann un-
ter seinem richtigen Namen?
Zeugin: Nein, unter seinem Parteinamen.
Vorsitzender: Weiß ist der richtige Name?
Zeugin: Nein, der Parteiname.
Oberreichsanwalt: Sie müssen doch den
richtigen Namen als Zeugin hier angebcn.
Wenn Sie einen falschen Namen angeben, ha-
ben Sie einen Meineid geleistet.
Vorsitzender: Ihren richtigen Namen wol-
len Sie nicht sagen?
Zeugin: Das kann ich sicht.
Vorsitzender: Wenn bas Gericht in die Lage
käme, zu beschließen, daß Sie Ihren richtigen
Namen angeben müßten, dann müßten Sie es
tun. Aber ich will eS einstweilen noch dahin-
gestellt sein lassen.
Reichsanwalt Parrisius: Kennen Die die
Ein neuer RrMenkchenikMal
-A- Berlin, 3. November. sEig. Meldung.)
Wie die Iustizpresseftelle Berlin mikleilt, wurde
im Zusammenhang mit der Aufdeckung der
unglaublichen Mißstände und Betrügereien in
den marxistisch verseuchten Krankenkassen am
Freitag nachmittag der Baumeister Richard
Freund verhaftet. Nach eingehenden Ermitt-
lungen hat der Sonderstaatsanwalt für die
Untersuchung bei den Krankenkassen gegen
Freund Anklage wegen fortgesetzter Untreue
und fortgesetzten Betruges erhoben.
Die Aufdeckung der sozialdemokratischen
Bonzenwirtschaft bei den Krankenkassen hatte
bereits früher in der Öffentlichkeit großes
Aufsehen erregt. Den Gipfel der skrupellosen
Ausplünderung der deutschen Arbeiter durch
die Vergeudung ihrer sauer verdienten Kas-
senbeiträge bildet zweifellos der setzt aufge-
rollte Fall. Der Verhaftete Richard Freund
ist der alleinige Inhaber der Bauflrma
Schmidt und Freund, der gleichzeitig „ehren-
amtlich" Vorstandsmitglied der Ortskranken-
kasse für das Maurergewerbe in Berlin und
Spandau war. Die Anklage wirft ihm vor,
in den Jahren 1923—1933 die von ihm ver-
tretene Kaffe in schamlosester Meise um etwa
285 060 Mark geschädigt zu haben.
E n neues Lo?omokkvwett
wird tu München aebiut
Dr. Ley über die Neuanlagen.
ID München, 3. Nov. Die Lokomokivfabrlk
Krauß 6- Co. — I. A. Maffei AG sti Mün-
chen errichtet gegenwärtig aus ihrem großen
Gelände in Allach bei München neue Werke,
durch die mehr als 20000 Quadratmeter
ausgebaut werden. Der erste Bauabschnitt,
der im Frühjahr nächsten Jahres zu Ende
geht, erfordert einen Kostenaufwand von rund
2 Millionen Mark. Es handelt sich dabei um
die Errichtung einer neuen Lokomotivmon-
lagehalle — die größte Europas — neue Gieß-
hallen, Modellwerkstätten usw., durch deren
Bau mehr als 800 Arbeiter für etwa 9 Mo-
nate Arbeit haben. Der Führer der Deut-
schen Arbeitsfront, Staatsrat Dr. Ley, der
den neuen Bau besichtigte, erklärte, daß es
sich um die bedeutendste Neuanlaqe handele,
die gegenwärtig in Deutschland besteht. Er
freue sich besonders darüber, daß die Mün-
chener Industrie neue Bauten in diesem Aus-
maße ausfübre und damit Ihr Vertrauen zu
der nationalen Regierung bekunde.
AWellttim des Net HsßaWernvettehrs
am SÄnelttriebwaaen
* Berlin, 3. Nov. (Gig. Meldung.) Gele-
gentlich der 8. wissenschaftlichen Tagung der
Vereinigung höherer technischer Reichsbeamter
machte, wie der „Völkische Beobachter" mitteilt,
der Direktor der Deutschen Reichsbahngesellschaft
Dr. Leibbrand sensationelle Ausführungen über
Eeschwindigkeitserhöhungen aus den deutschen
Reichsbahnstrecken. Der deutsche Personen- und
Eilzugverkehr soll allmählich ganz auf Schnell-
triebwagenverkehr umgestellt werden. Es werde
in absehbarer Zeit möglich sein, von Berlin aus
jede deutsche Stadt mit einem Frühzug bereits
mittags zu erreichen und nach einigen Stunden
Aufenthalt abends wieder in Berlin zu sein.
Die Haltezeit der Triebwagen aus den ein-
zelnen Stationen solle aus IS bis 39 Sekunden
herabgedrückt werden. Zur Verkehrswerbung
soll auch die 3. Klaffe mit Polsterung versehen
werden. Auch aus den Nebenbahnen werde die
Geschwindigkeit von 69 auf 199 Kilometer hera-
aufgesetzt werden.
Die Lokomotiven würden für den Güterver-
kehr und für die großen internationalen Züge
ihre Geltung behalten.
Die Umstellung würde natürlich Jahre dau-
ern. Die Kosten würden etwa zwei Milliarden
RM. betragen Das Projekt werde zur Zeit in
allen Einzelheiten geprüft.
Voltzettommanbeur beurlaubt
chi Braunschweig, 3. Nov. Der Reichsstatt.
Halter in Braunschweig und Anhalt hat den
Kommandeur der braunschweigischen Schutz-
polizei, Polizeioberstleutnant Selle, mit Wir-
kung vom 27. Oktober 1933 aus seinem Amt
entlassen. Selle hat auf seinen Anspruch auf
Gehalt, Ruhegehalt und Amtsbezeichnung ver-
.sichtet.
ArennenLes Hakenkreuz an einem der
verkehrsreichsten Punkte Wiens
A Wien, 8. Nov. Gegen 20 Uhr wurde an
der Straßenkreuzung Mariahilferstraße—Gür-
tellinie ein mehrere Meter hohe« Hakenkreuz
abgebrannt. Die Feuerwehr mußte berbeige-
holt werden, um die Flammen zu löschen.
Der Vorgang erregte ungeheures Aufsehen
Die Mariahilferstr. Ist bekanntlich die Straße
der großen Warenhäuser. Die Straßenkreu-
zung ist nicht nur wegen des Verkehrs in die
äußeren Bezirke besonders belebt, sondern
auch wegen des Zugänge? zu dem in unmittel-
barer Nähe gelegenen Ostbahnhof von dem
die wichtigsten Fernzüge abgehen.
Dee -suSkrhe
Grupps, vsksrmr ftch zu
Mdolf GMsv
-X- Berlin. 3. November. Die deutsche
Gruppe des PEN-Club erläßt folgenden Auf-
ruf:
Die deutsche Gruppe des PEN-Club, die
die deutsche Literatur Innerhalb des in 48
Staaten der Erde organisierten internationa-
len PEN Club autonom veritt und die geisti-
gen und persönlichen Verbindungen zwischen
den deutschen und den fremdländischen Schrift,
stellern im Sinns der Völkerversöhnung auf
der Grundlage der gegenseitigen Achtung der
völkischen Eigenart aller schöpferischen Ar-
beit, sowie der nationalen Ehre und Freiheit
vor allen Schriftstellern der Welt zum Füh-
rer des deutschen Volkes, Reichskanzler Adolf
Hitler, in der Gewißheit, daß der wirkliche
Friede und die wirkliche Völkerversöhnung
allein unter seiner Führung geschaffen wird.
(gez ): Hans Hinkel, Han- Iohst. Rainer
Schlösser, Johann von Loers, Edgar von
Schmidt-Pauli, Hanns Martin Elster, Erich
Kockanowsskt.
Angeklagten Dimitroff und Taneff?
Zeugin: Taneff kenne ich überhaupt «sicht,
von Dimitroff ist mir der Name bekannt.
Angeklagter Dimitroff: Ist es richtig, daß
in Sowjetrnßland nach dem Gesetz jede Per-
son ihren Namen nach eigenem Ermessen offi-
ziell ändern kann?
Zeugin Weiß: DaS ist gesetzlich gestattet.
Dimitroff: Ich lege großen Wert ans dies«
Antwort, weil ich sehr erstaunt bin über die
Unkenntnis der Reichsanwaltschaft über sow-
jetrussische Verhältnisse.
Vorsitzender: Dimitroff, ich habe Ihne»
schon wiederholt verboten, solche Angriffe ge-
gen die Reichsanwaltschaft zu richten.
Dimitroff halblaut: Sie müssen «och viel
lernen, Herr Oberreichsanwalt!
Oberreichsanwalt: Ich mutz doch bitten,
baß dem Angeklagten Dtmitroff diese Art der
fortwährenden beleidigenden Zurufe unter-
sagt wird.
Nach kurzer Beratung des Senats verkün-
det der Vorsitzende als Beschluß, daß der Au«
geklagte Dimitroff für heute und die folgen«
de« beiden Sitzungstage ausgeschloffen wird.
Dimitroff macht einige unverständliche Zu-
rufe und wird von den Beamten abgesührt.
Darauf wird die zweite russische Zeugt»,
Frau Arbore, aus Moskau, vereidigt.
Die Zeugin ist 89 Jahre alt, Aerzttn und
Professorin. Sie bekundet, daß sie mit Popoff
im gleichen Hause in Moskau gewohnt habe,
und zwar im September und Oktober 1932.
Vorsitzender: Wissen Sie ganz bestimmt,
baß er vom September bis Ende Oktober Ih-
nen wiederholt begegnet ist?
Zeugin: Jawohl.
Aus den Akten stellt der Berichterstatter
beglaubigte Auskünfte von der deutschen Bot-
schaft in Moskau fest, die den von Popoff be«
haupteten Aufenthalt in der Sommerfrische
bei Moskau, in einem Sanatorium aus der
Halbinsel Krim und in der Moskauer Woh«
uung bestätigen.
Nach der Pause wird der Kellner Hey-
t a vernommen. Der Vorsitzende fragt ihn,
wann er 1982 und 1933 Taneff, Dimitroff und
Popofs in Berlin gesehen hat. Der Zeuge er-
klärt, 1932 überhaupt nicht, sondern nur 1933,
und zwar im Februar. Sein Ches Michalski
habe ihm die Bilder in der Zeitung gezeigt,
und da habe er sich erinnert, daß diese Leute
mal in dem Kaffee gesessen hätten.
Vorsitzender: Ist das auch richtig «nb ha-
ben Sie keinen Zweifel?
Zeuge: Nein!
Vorsitzender: Hatte einer von den Leuten
einen Schnurbart?
Zeuge: Das weiß ich nicht.
Vorsitzender: War Taneff schlank oder dick?
Zeuge: So wie ich ^Heiterkeit, denn der
Zeuge ist durchaus nicht schlank, während Ta-
neff eine kleine schlanke Figur hat).
Die 53jährige Frau Hartung, die dann
als Zeugin vernommen wird, war bis zum
Jahre 1929 Mitglied der KPD und hat nach
ihrer Angabe im Büro der Roten Hilfe in
der Dorotheenstraße damals den für die Emi-
grantenhilfe tätigen Sekretär gelegentlich un-
terstützt. Sie wisse bestimmt, daß Dimitroff
1928 wiederholt daS Büro der Roten Hilfe
ausgesucht hat. Sie habe damals seinen Na-
men nicht gekannt, aber der Sekretär habe ihr
gesagt, daS sei der Vertreter der in Deutsch-
land lebenden bulgarischen Emigranten, der
habe die Emigranten bei der Noten Hilfe z»
legitimieren.
Vorsitzender: Wurden die bulgarischen Emi-
granten Dimitroff direkt vorgeführt?
Zeugin: Nein, eS wurde mit ihm durch
eine dritte Person verhandelt.
Dimitroff war ja zu fei«, sich be«
Besten gegenüberznstelleu.
Als ich dann daS Bild Dimitroffs nach dem
Reichstagsbrand in der Zeitung sah, habe ich
mir sofort gesagt, daS ist der Mann, der da-
mals bei der Roten Hilfe Vertreter der bul-
garischen Emigranten war.
Vorsitzender: Wann sind Sie aus der KPD
ausgetreten?
Zeugin: Im August 1929 bi« ich a«S de«
Roten Hilfe und aus der Partei ausgetreten,
weil soviel mit den Emigranten vorgekom»
men war, was mir nicht mehr paßte.
Diejenigen Emigranten, die sich gut bei
der Partei anschmieren konnte«, wurde«
bester behandelt als andere.
Vorsitzender: Sie haben auch bei der Ge-
genüberstellung gesagt, daß Sie den Angeklag-
ten Dtmitroff mit Sicherheit wiedererkennen.
Haben Sie auch Popofs früher gesehen?
Zeugin: Ich bin ganz sicher, daß ich Po-
pofs bei einer Fra« gesehen habe, bei der bul-
garische Emigranten wohnte«. DaS mar 1928.
Bei der Gegenüberstellung vor dem Unter-
suchungsrichter im Reichstage habe ich ihn
bestimmt wiedererkannt. Taneff ist mir auch
zunächst bekannt vorgekommen, und ich habe
mich gefragt, ob er vielleicht der bulgarische
Schuster gewesen sein kann, der seinerzeit für
die Emigranten arbeitete. Ich kann aber nicht
mit Bestimmtheit sagen, daß eS der Ange-
klagte Taneff gewesen Ist.
Die Weiterverhandlung wird auf Sonn-
abend vertagt.
Samstag, den 4 November 1988
8. Jahrs. k Nr. »SH
gen Deutschland zu parteipolitischen
Zwecken mißbraucht wurde.
DaS deutsche Volk glich damals einem
Heer der Enttäuschten. Der Arbei-
te r am Schraubstock, der Bauer am Pflug,
der A n g e st e l l t e im Kontor, sie alle hatten
das gleiche Ideal, aber die Zerrissenheit in
Parteien und Klaffen und die dazugehörige
Parteibürokratie verhinderten die Erfüllung
ihrer Sehnsucht! Alle diese deutschen Men-
schen, gleich welchem Beruf sie angehörten,
wollten dasselbe, hatten ein Ideal: Das
einige Deutschland!
Sie alle verkannten, daß die Verwirklichung
dieses Ideals unmöglich war, weil in Deutsch-
land 20 und mehr Parteien ihre eigene „Idee"
zur Herrschaft zu bringen suchten. In der
Schule, aus der Universität, im Gewerbe und
in den Gewerkschaften war keine einheit-
liche Willensbilbung möglich, weil es
kein einiges deutsches Volk gab, weil es des-
halb auch keine Nation geben konnte! Die
einen hetzten zum Klaffenkampf marxistischer
Prägung, die anderen zum Klassenkampf
von oben. Die einen sahen nur die Inter-
essen der Arbeiter, die anderen nur die der
Bauern und wieder andere nur die des ge-
werblichen Mittelstandes! Ganz zu schweigen
von den Sonderinteressen der freien
Berufe, der Beamten, oder der Nutznießer an
der Partxipolitik jeglicher Schattierung!
Was nun heute im Ausland als „Wun-
der", als „nur durch den Glauben" er-
klärbar bestaunt wird, das ist die Tatsache,
daß sich heute alle Sonderintereffen, dem Wohl
der Gesamtheit des deutschen Volkes unter-
ordnen!
Ganz Deutschland hat erkannt: Wir sitzen
heute in einem Schiss. Und dieses Schiff kann
nur dann ruhige Gestade anlausen, wenn
sich die Mannschaft, in diesem Falle das ganze
Volk, dem Willen des Kapitäns, der die
Verantwortung trägt, unterordnet!
Was heute in Deutschland geschieht, das ist
die Uebertragung jener Grundsätze des Pri-
vatlebens auf den Staat, die da sagen: In
jeder Familie kann nur der Mann ver-
antwortlich sein, in jedem Betrieb kann nur
derMeister herrschen. Aber in jedem Falle
tragen auch die, die die Macht haben, die
volle Verantwortung und das ganze
deutsche Volk wird sie zur Rechenschaft ziehen,
wenn sie ihre Macht egoistisch und nicht im
Sinne der Volksgemeinschaft ausüben!
Und so steht die Welt heute fassungslos
einem deutschen Volk gegenüber, das nicht,
wie bisher, uneins ist, sondern das
allem innenpolitischen Hader abgeschworen
hat, das seine ganze Kraft einsetzt für das
Interesse aller Deutschen, erkennend
daß niemand in Deutschland leben kann, ohne
Rücksicht auf die Gesamtheit des Volkes!
Das ist das deutsche Wunder:
Aus einem Haufen einzelner Wünsche und
Forderungen wurde der deutsche Wille!
Aus Parteien und Grüppchen wurde das
deutsche Volk!
Die Geburtsstunde der deutschen Nation
hat geschlagen in dem Augenblick, wo alle
Deutschen erkannten, daß nur ein einiges
Volk sich gegenüber den Ansprüchen der Um-
welt durchsetzen kann!
Und gerade weil das Ausland den nutz-
losen Versuch unternommen hat, auch weiter-
hin Deutsche gegen Deutsche aufzuheben, ge-
rade deshalb ist ein unzweifelhaftes Be-
kenntnis zur gegenwärtigen Führung des
Reiches notwendig.
Eine Nation wird geboren, gerade dadurch,
daß ihr Ideal von der Umwelt täglich erneut
angegriffen wird und daß sie es erfolgreich
verteidigt!
11 Fahre lang gelang es den Versailler
Genoffen, die Uneinigkeit der Deutschen für
ihre Zwecke auszunützen! Im 15. Jahre hat
diese Methode ihr Ende gefunden.
Das deutsche Volk hat sein Schicksal er-
kannt!
Entweder gemeinsamer Aufstieg oder
gemeinsamer Untergang!
Deshalb ist das „Ja" am 12. November
eine Pflicht, der sich kein Deutscher
entzieht, will er nicht als Lump und Volks-
verräter gelten! Denn es geht an diesem
Tage nicht um eine Stärkung der NSDAP
oder ihres Führers. Das wäre nicht notwen-
dig! Sondern es geht um das Schicksal jedes
Einzelnen, um Deutschland!
-o-
RsMsrZmsrrMkMWes
ZvM r«M H2. AsvSMvee
* Berlin, S. Nov. Zum Wahlkamps überlcn-
det Reichsinnenminister Di. Frick dem Preuß.
Pressedienst der NSDAP, folgendes Geleitwort:
„Der Sinn des Volksentscheids am 12. November
ist, der Welt in einer überwältigenden Abstim-
mung des deutschen Volkes den unerschütterlichen
Willen Deutschlands zu zeigen, sich nicht länger
als Nation zweiten Ranges behandeln zu lassen,
sondern als gleichberechtigtes Volk im Frieden
den Aufbau eines Staates oorzunehmen.
Das Ziel der Reichstagswahlen am 12. Nov.
ist, dem Führer Adolf Hitler eine Volksvertre-
tung zur Seite zu stellen, die in deutscher Treue
hinter ihm und seiner Politik steht und ihm die
Grundlagen für eine dauernde segensreiche Ar-
beit abgibt.
Berlin, 2. November 1933.
gez. Frick, Reichsminister des Innern".
Mmttroff für dorr VrrHaa-ltmgsrage
/ srne sengt«, ttzv»« «am«« «tttzt«««««« wM
Berli«, 8. Nov. Nach eintägiger Un-
terbrechung wurde die Verhandlung am Frei-
tag fortgesetzt. Der Angeklagte Dtmitroff war
wieder zugelassen. Die zahlreich geladenen
Zeugen betreffen schon den Komplex der bul-
garischen Angeklagten. Unter den Zeugen be-
finden sich auch zwei Frauen aus Moskau, die
auf die öffentliche Aufforderung des Reichs-
gerichtes hin erschienen sind und über die An-
wesenheit des Angeklagten Popoff in Moskau
in der Zeit vom Mai bis Oktober 1932 be-
künden sollen.
Zu Beginn der Verhandlung wurde ein
kurzes Protokoll der Mittwochverhandlung
verlesen, was wegen der Abwesenheit des An-
geklagten Dimitroff notwendig ist.
Der Vorsitzende verkündet dann den Be-
schluß des Senates über Annahme mehrerer
Beweisanträge. Der Antrag Dr. Sacks auf
Ladung von Dr. Rosenfeld, Dr. Herz
und Dr. Breitschetd wird dagegen ab-
gelehnt.
Nachdem noch der Angeklagte Dimitroff
mehrere Beweisanträge gestellt hatte, wird
als erste Zeugin Frau Weiß aus Moskau ver-
eidigt. Sie erklärt, ihr Gatte sei bulgarischer
Kommunist und lebe jetzt mit ihr als Emi-
grant in Moskau. Im gleichen Hause in Mos-
kau habe auch Popoff mit seiner Frau ge-
wohnt. Der Vorsitzende sagt der Zeugin, es
komme darauf an, ob Popoff im Sommer 32
tatsächlich in Moskau gelebt habe. Weiter sei
behauptet worden, daß Popoff im Dezember
1982 und im Januar 1933 im Büro der No-
ten Hilfe in der Dorotheenstraße gesehen wor-
den sei. Die Zeugin erklärt dazu, sie wohne
seit dem-24. Januar 1982 in Moskau. Anfang
Februar 1932 sei sie mit Popofs bekannt ge-
worden. Im April hätten die beiden Fami-
lien Gommervtllen in einem ländlichen Vor-
ort von Moskau gemietet. Sie und die Po-
poff's seien Mitte Mai in diese Sommerfrische
gezogen. Der Aufenthalt habe sich auf etwa
drei Monate erstreckt. Ende Juli sei Popoff
mit seiner Frau in einen Kurort gefahren.
I« Moskau habe sie Ende September und
Oktober Popoff uub seine Frau wiederholt
getroffen. Im November und Dezember habe
sie ihn nicht mehr in Moskau gesehen.
Auf weitere Fragen erklärt die Zeugin,
daß sie Popoff nicht unter seinem richtigen
Namen, sondern nnr nnter dem Namen Pet»
kofs kannte. Daß er Popoff heißt, hat sie erst
von seiner Frau erfahren, nachdem er in
Deutschland verhaftet worden war.
Vorsitzender: Was hat denn Frau Popoff
für einen Grund dafür angegeben, daß Po-
poff einen falschen Namen führte?
Zeugin: Das war sein Parteiname.
Oberreichsanwalt: Lebt Ihr Ehemann un-
ter seinem richtigen Namen?
Zeugin: Nein, unter seinem Parteinamen.
Vorsitzender: Weiß ist der richtige Name?
Zeugin: Nein, der Parteiname.
Oberreichsanwalt: Sie müssen doch den
richtigen Namen als Zeugin hier angebcn.
Wenn Sie einen falschen Namen angeben, ha-
ben Sie einen Meineid geleistet.
Vorsitzender: Ihren richtigen Namen wol-
len Sie nicht sagen?
Zeugin: Das kann ich sicht.
Vorsitzender: Wenn bas Gericht in die Lage
käme, zu beschließen, daß Sie Ihren richtigen
Namen angeben müßten, dann müßten Sie es
tun. Aber ich will eS einstweilen noch dahin-
gestellt sein lassen.
Reichsanwalt Parrisius: Kennen Die die
Ein neuer RrMenkchenikMal
-A- Berlin, 3. November. sEig. Meldung.)
Wie die Iustizpresseftelle Berlin mikleilt, wurde
im Zusammenhang mit der Aufdeckung der
unglaublichen Mißstände und Betrügereien in
den marxistisch verseuchten Krankenkassen am
Freitag nachmittag der Baumeister Richard
Freund verhaftet. Nach eingehenden Ermitt-
lungen hat der Sonderstaatsanwalt für die
Untersuchung bei den Krankenkassen gegen
Freund Anklage wegen fortgesetzter Untreue
und fortgesetzten Betruges erhoben.
Die Aufdeckung der sozialdemokratischen
Bonzenwirtschaft bei den Krankenkassen hatte
bereits früher in der Öffentlichkeit großes
Aufsehen erregt. Den Gipfel der skrupellosen
Ausplünderung der deutschen Arbeiter durch
die Vergeudung ihrer sauer verdienten Kas-
senbeiträge bildet zweifellos der setzt aufge-
rollte Fall. Der Verhaftete Richard Freund
ist der alleinige Inhaber der Bauflrma
Schmidt und Freund, der gleichzeitig „ehren-
amtlich" Vorstandsmitglied der Ortskranken-
kasse für das Maurergewerbe in Berlin und
Spandau war. Die Anklage wirft ihm vor,
in den Jahren 1923—1933 die von ihm ver-
tretene Kaffe in schamlosester Meise um etwa
285 060 Mark geschädigt zu haben.
E n neues Lo?omokkvwett
wird tu München aebiut
Dr. Ley über die Neuanlagen.
ID München, 3. Nov. Die Lokomokivfabrlk
Krauß 6- Co. — I. A. Maffei AG sti Mün-
chen errichtet gegenwärtig aus ihrem großen
Gelände in Allach bei München neue Werke,
durch die mehr als 20000 Quadratmeter
ausgebaut werden. Der erste Bauabschnitt,
der im Frühjahr nächsten Jahres zu Ende
geht, erfordert einen Kostenaufwand von rund
2 Millionen Mark. Es handelt sich dabei um
die Errichtung einer neuen Lokomotivmon-
lagehalle — die größte Europas — neue Gieß-
hallen, Modellwerkstätten usw., durch deren
Bau mehr als 800 Arbeiter für etwa 9 Mo-
nate Arbeit haben. Der Führer der Deut-
schen Arbeitsfront, Staatsrat Dr. Ley, der
den neuen Bau besichtigte, erklärte, daß es
sich um die bedeutendste Neuanlaqe handele,
die gegenwärtig in Deutschland besteht. Er
freue sich besonders darüber, daß die Mün-
chener Industrie neue Bauten in diesem Aus-
maße ausfübre und damit Ihr Vertrauen zu
der nationalen Regierung bekunde.
AWellttim des Net HsßaWernvettehrs
am SÄnelttriebwaaen
* Berlin, 3. Nov. (Gig. Meldung.) Gele-
gentlich der 8. wissenschaftlichen Tagung der
Vereinigung höherer technischer Reichsbeamter
machte, wie der „Völkische Beobachter" mitteilt,
der Direktor der Deutschen Reichsbahngesellschaft
Dr. Leibbrand sensationelle Ausführungen über
Eeschwindigkeitserhöhungen aus den deutschen
Reichsbahnstrecken. Der deutsche Personen- und
Eilzugverkehr soll allmählich ganz auf Schnell-
triebwagenverkehr umgestellt werden. Es werde
in absehbarer Zeit möglich sein, von Berlin aus
jede deutsche Stadt mit einem Frühzug bereits
mittags zu erreichen und nach einigen Stunden
Aufenthalt abends wieder in Berlin zu sein.
Die Haltezeit der Triebwagen aus den ein-
zelnen Stationen solle aus IS bis 39 Sekunden
herabgedrückt werden. Zur Verkehrswerbung
soll auch die 3. Klaffe mit Polsterung versehen
werden. Auch aus den Nebenbahnen werde die
Geschwindigkeit von 69 auf 199 Kilometer hera-
aufgesetzt werden.
Die Lokomotiven würden für den Güterver-
kehr und für die großen internationalen Züge
ihre Geltung behalten.
Die Umstellung würde natürlich Jahre dau-
ern. Die Kosten würden etwa zwei Milliarden
RM. betragen Das Projekt werde zur Zeit in
allen Einzelheiten geprüft.
Voltzettommanbeur beurlaubt
chi Braunschweig, 3. Nov. Der Reichsstatt.
Halter in Braunschweig und Anhalt hat den
Kommandeur der braunschweigischen Schutz-
polizei, Polizeioberstleutnant Selle, mit Wir-
kung vom 27. Oktober 1933 aus seinem Amt
entlassen. Selle hat auf seinen Anspruch auf
Gehalt, Ruhegehalt und Amtsbezeichnung ver-
.sichtet.
ArennenLes Hakenkreuz an einem der
verkehrsreichsten Punkte Wiens
A Wien, 8. Nov. Gegen 20 Uhr wurde an
der Straßenkreuzung Mariahilferstraße—Gür-
tellinie ein mehrere Meter hohe« Hakenkreuz
abgebrannt. Die Feuerwehr mußte berbeige-
holt werden, um die Flammen zu löschen.
Der Vorgang erregte ungeheures Aufsehen
Die Mariahilferstr. Ist bekanntlich die Straße
der großen Warenhäuser. Die Straßenkreu-
zung ist nicht nur wegen des Verkehrs in die
äußeren Bezirke besonders belebt, sondern
auch wegen des Zugänge? zu dem in unmittel-
barer Nähe gelegenen Ostbahnhof von dem
die wichtigsten Fernzüge abgehen.
Dee -suSkrhe
Grupps, vsksrmr ftch zu
Mdolf GMsv
-X- Berlin. 3. November. Die deutsche
Gruppe des PEN-Club erläßt folgenden Auf-
ruf:
Die deutsche Gruppe des PEN-Club, die
die deutsche Literatur Innerhalb des in 48
Staaten der Erde organisierten internationa-
len PEN Club autonom veritt und die geisti-
gen und persönlichen Verbindungen zwischen
den deutschen und den fremdländischen Schrift,
stellern im Sinns der Völkerversöhnung auf
der Grundlage der gegenseitigen Achtung der
völkischen Eigenart aller schöpferischen Ar-
beit, sowie der nationalen Ehre und Freiheit
vor allen Schriftstellern der Welt zum Füh-
rer des deutschen Volkes, Reichskanzler Adolf
Hitler, in der Gewißheit, daß der wirkliche
Friede und die wirkliche Völkerversöhnung
allein unter seiner Führung geschaffen wird.
(gez ): Hans Hinkel, Han- Iohst. Rainer
Schlösser, Johann von Loers, Edgar von
Schmidt-Pauli, Hanns Martin Elster, Erich
Kockanowsskt.
Angeklagten Dimitroff und Taneff?
Zeugin: Taneff kenne ich überhaupt «sicht,
von Dimitroff ist mir der Name bekannt.
Angeklagter Dimitroff: Ist es richtig, daß
in Sowjetrnßland nach dem Gesetz jede Per-
son ihren Namen nach eigenem Ermessen offi-
ziell ändern kann?
Zeugin Weiß: DaS ist gesetzlich gestattet.
Dimitroff: Ich lege großen Wert ans dies«
Antwort, weil ich sehr erstaunt bin über die
Unkenntnis der Reichsanwaltschaft über sow-
jetrussische Verhältnisse.
Vorsitzender: Dimitroff, ich habe Ihne»
schon wiederholt verboten, solche Angriffe ge-
gen die Reichsanwaltschaft zu richten.
Dimitroff halblaut: Sie müssen «och viel
lernen, Herr Oberreichsanwalt!
Oberreichsanwalt: Ich mutz doch bitten,
baß dem Angeklagten Dtmitroff diese Art der
fortwährenden beleidigenden Zurufe unter-
sagt wird.
Nach kurzer Beratung des Senats verkün-
det der Vorsitzende als Beschluß, daß der Au«
geklagte Dimitroff für heute und die folgen«
de« beiden Sitzungstage ausgeschloffen wird.
Dimitroff macht einige unverständliche Zu-
rufe und wird von den Beamten abgesührt.
Darauf wird die zweite russische Zeugt»,
Frau Arbore, aus Moskau, vereidigt.
Die Zeugin ist 89 Jahre alt, Aerzttn und
Professorin. Sie bekundet, daß sie mit Popoff
im gleichen Hause in Moskau gewohnt habe,
und zwar im September und Oktober 1932.
Vorsitzender: Wissen Sie ganz bestimmt,
baß er vom September bis Ende Oktober Ih-
nen wiederholt begegnet ist?
Zeugin: Jawohl.
Aus den Akten stellt der Berichterstatter
beglaubigte Auskünfte von der deutschen Bot-
schaft in Moskau fest, die den von Popoff be«
haupteten Aufenthalt in der Sommerfrische
bei Moskau, in einem Sanatorium aus der
Halbinsel Krim und in der Moskauer Woh«
uung bestätigen.
Nach der Pause wird der Kellner Hey-
t a vernommen. Der Vorsitzende fragt ihn,
wann er 1982 und 1933 Taneff, Dimitroff und
Popofs in Berlin gesehen hat. Der Zeuge er-
klärt, 1932 überhaupt nicht, sondern nur 1933,
und zwar im Februar. Sein Ches Michalski
habe ihm die Bilder in der Zeitung gezeigt,
und da habe er sich erinnert, daß diese Leute
mal in dem Kaffee gesessen hätten.
Vorsitzender: Ist das auch richtig «nb ha-
ben Sie keinen Zweifel?
Zeuge: Nein!
Vorsitzender: Hatte einer von den Leuten
einen Schnurbart?
Zeuge: Das weiß ich nicht.
Vorsitzender: War Taneff schlank oder dick?
Zeuge: So wie ich ^Heiterkeit, denn der
Zeuge ist durchaus nicht schlank, während Ta-
neff eine kleine schlanke Figur hat).
Die 53jährige Frau Hartung, die dann
als Zeugin vernommen wird, war bis zum
Jahre 1929 Mitglied der KPD und hat nach
ihrer Angabe im Büro der Roten Hilfe in
der Dorotheenstraße damals den für die Emi-
grantenhilfe tätigen Sekretär gelegentlich un-
terstützt. Sie wisse bestimmt, daß Dimitroff
1928 wiederholt daS Büro der Roten Hilfe
ausgesucht hat. Sie habe damals seinen Na-
men nicht gekannt, aber der Sekretär habe ihr
gesagt, daS sei der Vertreter der in Deutsch-
land lebenden bulgarischen Emigranten, der
habe die Emigranten bei der Noten Hilfe z»
legitimieren.
Vorsitzender: Wurden die bulgarischen Emi-
granten Dimitroff direkt vorgeführt?
Zeugin: Nein, eS wurde mit ihm durch
eine dritte Person verhandelt.
Dimitroff war ja zu fei«, sich be«
Besten gegenüberznstelleu.
Als ich dann daS Bild Dimitroffs nach dem
Reichstagsbrand in der Zeitung sah, habe ich
mir sofort gesagt, daS ist der Mann, der da-
mals bei der Roten Hilfe Vertreter der bul-
garischen Emigranten war.
Vorsitzender: Wann sind Sie aus der KPD
ausgetreten?
Zeugin: Im August 1929 bi« ich a«S de«
Roten Hilfe und aus der Partei ausgetreten,
weil soviel mit den Emigranten vorgekom»
men war, was mir nicht mehr paßte.
Diejenigen Emigranten, die sich gut bei
der Partei anschmieren konnte«, wurde«
bester behandelt als andere.
Vorsitzender: Sie haben auch bei der Ge-
genüberstellung gesagt, daß Sie den Angeklag-
ten Dtmitroff mit Sicherheit wiedererkennen.
Haben Sie auch Popofs früher gesehen?
Zeugin: Ich bin ganz sicher, daß ich Po-
pofs bei einer Fra« gesehen habe, bei der bul-
garische Emigranten wohnte«. DaS mar 1928.
Bei der Gegenüberstellung vor dem Unter-
suchungsrichter im Reichstage habe ich ihn
bestimmt wiedererkannt. Taneff ist mir auch
zunächst bekannt vorgekommen, und ich habe
mich gefragt, ob er vielleicht der bulgarische
Schuster gewesen sein kann, der seinerzeit für
die Emigranten arbeitete. Ich kann aber nicht
mit Bestimmtheit sagen, daß eS der Ange-
klagte Taneff gewesen Ist.
Die Weiterverhandlung wird auf Sonn-
abend vertagt.