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Volksgemeinschaft: Heidelberger Beobachter, NS-Zeitung für Nordbaden (3) — 1933 (November-Dezember)

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Nr. 312-340 (1. - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.70881#0453
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3.ZaSrg./Nr.3IZ

LWMery. ^en 4 Dezenter itzzz

KrelverkaM 15 Pfg.

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Verlag und Herausgeber: Verlag DallSgemeinIchosl G m. b H,, Heidelberg, Leapoldstrahe g
(Anlage), Fernruf 4048. Schrlftlcilung: ilulhcrftrasie bs, Fernruf 8740, Ti» vollSgcnicin-
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Ucher Gerichtsstand: Heidelberg. Postscheälonto Tie BslkSgeme.nschafi. klarlSrub» 24834. 8ü»
unverlangt -ingefandte Mauufkrivte übernehmen wir leine Verantwortung.


Des Neuaufbau -es deutsche« Handwerks
Gesetz über IZsUUftlnnungen an» Handwerksrollea

-fc Berlin, 8. Dez. Im Reichsgesetzblatt
Nr. ISS vom 2. Dezember 1933 wird folgendes
Gesetz über den vorläafigen Ausbau des Deut-
schen Handwerks vom 29. November 1988 ver-
össentlicht:
Die Reichsregieruug hat das folgende Ge-
setz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
81
1. Der NeichswlrtschaftSmiuister und der
Nelchscrbeitsmiuister werden ermächtigt, über
den Ausbau des Dentschen Handwerks eine
vorlänsige Regelung aus der Grundlage all-
gemeiner Pslichtiunuugeu und des Führer-
grundsatzes zu treffen.
2. Das Deutsche Handwerk im Sinne dieses
Gesetzes umsatzt alle in die HaudwerkSrolle
l8 184 O der Gewerbeordnung für daS Deut-
sche Reich) eingetragenen Betriebe: die näheren
Bestimmnngeu treffen im gegenseitigen Ein-
vernehmen der Neichswirtschastsminister und
der Reichsmiuister für Ernährung und Land-
Wirtschaft.
8 S
Die in de« Titeln VI und Vla der Gewer-
beordnung für das Deutsche Reich bestimmten

Befugnisse der Obersten Laubesbehörde« gehe«
mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aus den
ReichswirtschaftSmlnister über. Er kann die
Befugnisse auf die Obersten Landesbehürde«
und die ihnen Nachgeordnete» Behörden über-
trage». Soweit dies erfolgt, übe» sie von die-
sem Zeitpunkt ab ihre Befugnisse im Auftrage
des Reichswirtschastsmiuisters ans.
8 «
Die öffentlich-rechtlichen «nd sonstigen Be-
rnfsvertretnngen des Deutsche« Handwerks
und die Verbände der gewerblichen Genossen-
schaften haben bei der Durchführung der Vor-
arbeiten auf Erfordern des Reichswirtschasts,
Ministers Hilfe zu leiste«.
8 4
Der Reichs« irtfchaftSminister «nd
der ReichSarbeitSminister werde« ermächtigt,
eine Vereinfachung des Aufbaues n«d der
Verwalt»«« der Körperschaften des Handwerks
herbei,uführen, sowie ihre Tätigkeit und Auf-
gaben der Neuordnung der Gtaatsverhältnisie
in Reich, Ländern und Gemeinden anznpasse»,
insbesondere anch diese Körperschaften auszu-
lösen und zu ändern.

Der Neichswirtschastsminister und
der Reichsarbeitsminister werden ermächtigt,
zur Durchführung dieses Gesetzes Rechtsver-
ordnungen nud allgemein« Berwaltnngsvor-
schristen auch ergänzender Art zu treffe« und
den Führer der Spitzenvertretnug des Dent-
schen Handwerks z« ernenne».
8 6
Eine Entschädigung durch das Reich «egen
eines Schadens, der durch eine Maßnahme, die
aufgrund dieses Gesetzes getroffen wird ent-
steht, wird nicht gewährt.
Berli«, den 29. November 1938.

Der Reichskanzler:
Adolf Hitler
Der Neichswirtschastsminister:
Dr. Schmitt
Der Neichsarbeitsmiaister:
Franz Seldte
Der Reichsminister für Ernährung
und Landwirtschaft:
R. WalterDarrs.


ZWcher AMlag aus die beutM-enMHen Beziehungen

Dr. Neinhaus bet Ain-Murg
Berlin, S. Dez. Reichspräsident von Hin-
denburg' empfing am Sonnabend den Ober-
bürgermeister Dr. NeinhauS, der zum bevoll-
mächtigten Vertreter Badens beim Reichsrat
ernannt worden ist.

-U- London, 3. Dez. „Sunday DlSpatch"
meldet: Ein ernster Zwischenfall zwischen
Deutschland und England hülle die Folg«
eines erstaunlichen, polit scheu Husarenstückes
lein können, das geheimgehalten und erst in
der letzten Stunde aufgegeben wurde, weil die
Urheber sich eines besseren besannen. Der Ge-
danke war. daß ein britischer Flieger von
einem kleinen Flugplatz In Norfolk (Irland)
mit Flugblättern abfliegen sollte, die Gerech-
tigkeit für die Juden in Deutschland verlan-
gen. Der Flieger sollte diese Propagandaflug'
blätter über Berlin, Hamburg und anderen
deutschen Städten abwerfen. Ein bekannter
englischer Jude hakt« das Geld dafür bereit-
gestellt. En berühmter Kriegsflieger, der
augenblicklich erwerbslos ist, sollte das Flug-
zeug fliegen. Er sollt« 230 Pfund Sterling
beim Abflug erhalten und weitere 50V Pfund
Sterling nach erfolgreicher Rückkehr. Im
letzten Augenblick, einige Stunden, bevor das
Flugzeug in den frühen Morgenstunden star-
ken sollte, sagte der Urheber des Planes den
Flug ab, bezahlte den Flieger und zerstörte
die Flugblätter.
-o-
Stziwovo Anoutze«
do« Von KaMwatzlo«
I« Spante«
Madrid, 8. Dez. Die Nachwahlen zum
spanischen Landtag am Sonntag scheinen we-
sentlich unruhiger verlaufen zu sein als der
erste. Wahlgang. So kam es vor allem in
Madrid zu zahlreichen Zusammenstößen zwi-
schen Anhängern der Rechten und der Mar-
xisten. In einem Vorort der Hauptstadt ver-
suchte der Mob ein Kloster in Brand zu stek-
ken. Erst als daS Ueberfallkommando von
der Schußwaffe Gebrauch machte, konnte der
Pöbel auseinandergetrieben werden.
Großen Belästigungen und rohen Anpö-
belcien waren insbesondere die Nonnen und
Ordensbrüder ausgesetzt, die stellenweise ihre
Absicht, zu wählen, angesichts der Drohungen
aufgeben mußten. An mehreren Stellen in

Madrid wurden Privatkraftwagen, deren In-
sassen Propaganda für die Rechtsparteien
machten, umgemorfen und angezünüet.
AuS der Provinz liegen erst wenig Nach-
richten vor, aus denen aber hervorgeht, baß
es auch auf dem flachen Lande zu zahlreichen
Zwischenfällen kam, wobei eS mehrere Ver-
letzte auf beiden Seiten gab. In Mazarron
(Provinz Murcia) wurde ein Mann getötet.
SorläMe Mehrhell für Ehautemys
-i- Paris, 3. Dez. Im wetteren Verlauf der
Kammersttzung sagte Ministerpräsident Chau-
iemps, das Parlament dürfe sich nicht einer
sterIlen Aussprache hingeben, da der Par-
lamenkarismuS schon angegriffen werde und
man ihn verteidigen müsse. Wenn die Kam-
mer seiner Bitte, die Interpellationen über die
allgemeine Politik auf später zu verschieben,
nicht entspreche, so werde die Kammer selbst
die Folgen zu kragen haben.
Im Anschluß daran versuchte elne Reihe
von Abgeordneten, die Kammer gegen eine
Vertagung einzunehmen.
Schließlich wurde über die Vertagung ab-
gestimmt, wozu die Regierung die Ver-
trauensfrage gestellt hatte. Diese Vertrauens-
frage wurde mit 391 gegen 19 Stimmen bei
etwa 200 Enthaltungen angenommen.
Darauf brachte der Ministerpräsident die
Finan Vorlage ein. Ex forderte die Dringlich-
keitsberatung, wozu er zum zweiten Male die

Vertrauensfrage stellte. Die Abstimmung er-
gab 569 Stimmen dafür und 11 Glimmen da-
gegen, bei einer Reihe von Enthaltungen.
Somit hat die Regierung den ersten Tag
ihres Kampfes mit dem Parlament siegreich
bestanden. Es bleibt abzuwarten, wie die
Lage sich gestalten wird, wenn die Finanz-
aussprache beginnt.
Der Vorsitzende des Senalsausschusses,
Malvy, keilte mit, daß die Finanzausfprache
Donnerstag, 10 Uhr, beginnen könne.
Im Senat verlas der stellvertretende Mi-
nisterpräsident, Iustizminister Raynaldy, die
Regierungserklärung und gab dem Wunsch
der Regierung Ausdruck, alle Interpellationen
über die Außenpolitik und die allgemeine Po-
litik bis na-ch der Beratung des Flnanzpro-
gramms zurückzustellen.

Dle Ausdargerungen aus Seltenem
m Wien, 8. Dez. Seit dem Tage des In-
krafttretens der Notverordnung über die Aus-
bürgerung von Oestcrreichern sind hauptsächlich
wegen „Flucht «ach Deutschland" im gesamten
Staatsgebiete Oesterreichs 2224 Personen nus-
gebürgert worden. Im November allein sind
462 Ausbürgerungen aus dem gesamten Bun-
desgebiet erfolgt.

Deuifch-ttatteattive Sufammvnavvett
tm Kampf gegen »re Kvevskvankhsit

-A- Berlin, 3. Dez. Auf dem Boden neuer
experimenteller Erkenntnisse ist dem bekann-
ten italienischen Chirurgen und Krebsforscher
Fichera gelungen, eine neue Richtung in der
Behandlung von Krebskranken zu entdecken,
die bisweilen auch dann noch znm Erfolg
führt, wenn das Mester des Chirurgen oder
die Röntgen- und Radlumstrahlen nicht mehr
den erhofften Erfolg zeitigen. Er kam zu der
neuen Erkenntnis auf den folgenden kurz
skizzierten Wegen Pflanzte er Krebsgewebe
in verschiedene Organe, so sah er, daß sie in
manchen Organen gut anwachsen, in anderen
hingegen schlecht oder garnichk. Pflanzte er
andererseits die verschiedensten normalen Ge-
webe in Krebskranke Tiere ein, so zeigte sich,
daß einige dieser Organe daS Krebswachstum

förderten, andere hingegen es hemmten oder
gar ganz verhinderten. Die Gesamtheit der
Organe, die das Krebswachstum hlndecn,
nannte er Antiplastische, d. h. geschwulstfetnö-
liche Gewebe. ES gelang ihm, mit seinen Mit-
arbeitern aus diesen krebsfelndlichen Orga-
nen Extrakt« herzustellen, die — den Krebs-
kranken Menschen eingsspritzk — das Tu-
morwachskum hemmen und in manchen Fäl-
len sogar ganz verhindern. Manchmal konnte
er durch diese Maßnahmen allein sogar in
Fällen, die einer chirurgischen oder Strahlen-
behandlung nicht mehr zugänglich waren,
bösartige Geschwülste zur Rückbildung brin-
gen.
Im Alker und besonders bei geschwulst-
kranken Menschen fehlen dem Organismus

Substanzen, die das Geschwulstwachstum hem-
men, da diejenigen Organe, welche die gegen
Geschwülste wirksamen Substanzen erzeugen,
sich im Alter zurückbilden. Es ist zu hoffen,
daß mit dem von Professor Fichera entdeckten
Präparat sich noch in manchen Fällen werden
Erfolge erzielen lassen, die mit den bisherigen
Behandlungsmethoden nicht erreicht werden
konnten.
Das Präparat soll nicht an die Stelle der
bisher geülnen erfolgreichen Behandlungs-
methoden der Chirurgie und Bestrahlung tre-
ten, sondern es soll zusätzlich zu diesen Be-
handlungsarten angewendet werden, um die
Heilergebnisse bei Krebs um einen weiteren
nicht unerheblichen Prozentsatz zu erhöhen.
Prozessor Fichera beschreitet damit bewußt
einen ganz neuen Weg in der Krebskherapie.
Er stellt neben die chirurgische und Strahlen-
therapie eine biologische Therapie. Durch Zu-
fuhr der im gesunden Körper selbst gebildeten
geschwulstfeindlichen Substanzen sucht er dem
Krebskranken Körper die ihm fehlenden
Stoffe zuzuführen und seine geschwächten
Abwehrorgane zu neuer Tätigkeit anzuregen.
Deutsch-italienischer Zusammenarbeit ist es
ZÄ vewMken, daß das Fichera-Mittel —
„Fichera 3 6 S" genannt — das wegen ge-
ringerer Beständigkeit bisher nur in Italien
angewandt werden konnte, nunmehr in eine
halkbare allgemein verwendbare Form ge-
bracht und durch die I. G. Farben-Industrie
allen interessierten Aerzken zur Prüfung zu-
gänglich gemacht werden kann. Es wird na-
türlich Jahre dauern, ehe man in der Lag«
fein wird, ein endgültiges Urteil abzugeben.

SürEe Maßnahmen
gegen Hetzer im PMteMei-
Strafanzeige gegen Stadtpsarrer Dr. Muhler.
verfahre« vor dem Soudergericht.
München, 3. Dez. Gegen Stadtpfarrer
Dr. Muhler ist am Samstag die Strafanzeige
der Politischen Polizei bei der zuständigen
Staatsanwaltschaft eingelaufen.
In einer halbamtlichen Verlautbarung
wird darauf hittgewtesen, daß die Staatsmini-
ster Dr. Frank und Adolf Wagner im Ein-
vernehmen mit Poltzeikommandeur Himmler
darin einig sind Greuelmeldungen, die dann
besonders verwerflich sind, wenn sie unter
Mißbrauch des Priesteransehens im Jnter-
esfe der vernichteten Parteisysteme verbreitet
werden, mit alle« Mitteln der Justiz und der
Polizei zu verfolgen. Die Angelegenheit Dr.
M u h l e r-München und Dr. Roßberger-Frei»
sing wirb unter Heranziehung aller Schul-
digen der Rechtslage entsprechend im ord-
nungsgemäßen Strafverfahren dem Sonder-
gericht überantwortet werden.
Essener Kaplan wegen Beleidigung Dr. Goeb-
bels verurteilt.
Esten, 3. Dez. DaS hiesige Sonbergericht
verurteilte den 84jährigen Kaplan Peter
Brodesser aus Esten wegen Vergehens go-
gen 8 3 der Verordnung des Reichspräsiden-
ten vom 81. März 1933 in Tateinheit mit Be-
leidigung zn süss Monaten Gefängnis. Blöd-
ester, der als Religionslehrer an einer pri-
vaten höheren Lehranstalt tätig war, hatte sich
in einem Gespräch mit seinen 16 bis 17jährigen
Schülern beleidigende Aeußerungen gegenüber
Dr. Goebbels zuschulden kommen lassen.
Der Angeklagte gab die ihm zur Last gelegten
Aeußerungen mit dem Ausdruck des Bedau-
erns zu. Das Gericht habe ihm, so heißt es
in der Urteilsbegründung, zwar eine gewiße
Erregung zugebilligt, andererseits falle straf-
erschwerend ins Gewicht, daS er seinen Schü-
lern gegenüber, die der Hitlerjugend ange-
hören, sich einer größeren Zurückhaltung hätte
befleißigen müssen, um sie nicht in Gewissens-
konflikte zu bringen.
 
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