8. Jahrg. ? Nr. 822
Montag, tl Dezember 1838
Sette 3
TemNWWW iS der Heidelberger StaWlle
In der Stadthalle fand gestern abend eine
große Bcamtcnkundgebung statt, bei der Pg.
Wagner-München sprach. Die Halle war
bis auf den letzten Platz besetzt. Von den
Wänden grüßten die Symbole der national-'
sozialistischen Revolution. Unter den Klän-
gen der SA-Kapelle zogen SA, SS und PO
ein. Pg. Barth eröffnete die Versamm-
lung und mies darauf hin, baß der Dezember
eine besondere Bedeutung für den deutschen
Beamten habe, weil setzt zum ersten Mal alle
Beamten in einem Bund vereinigt seien. Das
Bild habe sich wesentlich geändert. Kein
Zwiespalt, keine Partei würde die deutsche
Beamtenschaft mehr trennen. Pg. Barth be-
grüßte den Gaufachschastsleiter Waffenschmied
und Bürgermeister Wetzel. Um die Eini-
gung zum Ausdruck zu bringen, war eine
Vertretung der Bauernschaft, der NSBO so-
wie der HAGO erschienen. Der Kreis der
Verbände soll für die Beamtenschaft ein Vor-
bild sein, auch ihren Kreis so eng wie nur
möglich zu schließen.
Pg. Wagner
nahm bann das Wort und führte etwa fol-
gendes aus: Wenn wir in Deutschland einen
Rückblick über die letzten Monate tun, dann
fällt uns auf, daß alle Böker aus uns sehen
und sie tun es nicht ohne Grund. Deutschland
ist in den Mittelpunkt alles Geschehens ge-
rückt. Es kommt uns Deutschen zum Be-
wußtsein, daß dies eine innere Kraft sein
muß. Es ist die germanische Nasse mit ihrer
Verbundenheit zu Grund und Boden. Diese
Tatsache ist für die ganze Welt von Bedeu-
tung. Es war immer nur der Einfluß fremd-
artiger Nassen, die unser Wollen gestört ha-
ben. Im Weltkrieg haben wir unsere Blut-
verbundenheit bewiesen. Dann wurden wir
unS selbst immer mehr entfremdet. Und setz»
stehen wir wieder mit einem Schlage unter-
schiedslos da. Unser Volk ist nur im bekann-
ten Zustand aus dem Kriege hcrauSgegangcn,
weil blutfrcmde Elemente ein Geschäft aus
dem Kriege gemacht haben.
In jener schrecklichen Zeit hat sich dann eine
Zelle gebildet, die zu unserer heutigen Grund-
lage geworden Ist. Das Wort „Deutscher, denk'
an dich leibst", wurde wach Weil man gewußt
hat, daß unser Volk wieder groß werden wird,
wenn es einig ist, deshalb hat man seden Drang
nach der Einigkeit unterdrückt. Durch die Kraft
der Idee wurde das Volk erobert. Nicht der
Geist allein war maßgebend, sondern das Ge-
fühl. das Blut hat eine entscheidende Rolle da-
bei gespielt. Der Geist war beeinflußbar, er war
verdorben, aber das Blut war noch gut. Alles
Kleine müssen wir aus uns herausreißen und
uns in einer Gemeinschaft zusammenfinden.
Wenn diele gelungen ist, dann begreifen wir erst,
tyie groß unsere Zeit ist. Der Beamte, der Ner-
venstrang des neuen Staates, trägt eine große
Verantwortung. Der Beamte darf nicht für sich
selbst arbeiten, sondern für unser Volk. Wenn
ihn der Führer zu dieser hoben Aufgabe beruft,
dynn hat er die unbedingte Pflicht, diese restlos
zu erfüllen. Jeder Querläufer ist nur Schaden,
«r muß beseitigt werden. So sind auch alle die
kleineren Organisationen verschwunden. Der
Deutsche Beamtenbund ist an di« Stell« aller
dieser getreten. Es ist eine berufständtschr Glie-
derung. und mitten im Volke steht die Negie-
rung. Da der Beamt« eine groß« Aufgabe hat.
muß der Staat ein volles Vertrauen zu seinen
Beamten haben, der Staat muß von seinen Be-
amten verlangen, daß er voll für den national-
sozialistischen Staat eintritt. Der Reichsbund
der deutschen Beamten will den Beamten in die-
sem Sinne schulen. Wenn auch 11 Fachschaften
geschaffen worden sind, so sind die Mitglieder
der einzelnen Fachschaften untereinander völlig
gleich. Es wird in Zukunft eine Berusskamerrd-
schaft geben. Immer wird es Nörgler geben.
Und wenn wir dann solche antresfen. dann wol-
len wir ihnen sagen, was der heutige Staat schon
alles geleistet hat. und wenn er dann immer noch
schimnft. dann könen wir ihm nicht mehr helfen.
Weil wir in Deutschland nur einen haben,
der uns führt, deshalb wissen wir, was in
Deutsch'and los ist Und weil wir In diesem
Geiste leben, ist für uns das Geheimnis gelöst.
Wir wisien wieder, warum wir leben, und wir
können Gott danken, daß er uns einen solchen
Mann geschickt hat- Wenn wir den national-
sozialistischen Geist voll ersaßt haben, dann wis-
sen wir. daß wir nicht umsonst gelebt haben.
Pg. Barth dankte dem Redner für seine
ausgezeichneten Ausführungen und legte das
Gelöbnis ab, in Freud und Leid, in Denken
und Handeln den Geist der Volksgemeinschaft
zu wahren.
Der Gausachschaftsleiter Pg. Waffen-
schmied forderte die Erschienenen auf, dem
Reichsbund deutscher Beamten beizutreten und
gab ein Telegramm bekannt, bas an den
Neichsführer der Beamtenschaft abgesanüt
wurde, und den Dank für seine unermüdliche
Arbeit für die Schaffung des Reichsbunües, so-
wie unverbrüchliche Treue gelobte. Das Horst-
Wcssel-Licd schloß sich an.
Bürgermeister Wetzel sprach noch einige
markante Worte zur versammelten Beamten-
schaft und führte hierbei aus: Früher wäre
cs unmöglich gewesen, eineü solche Beamten-
versammlung abzuhalten, weil der Staat zu
sehr nach parteipolitischen Gesichtspunkten ge-
spalten war. Der Beamte muß sich darüber
klar sein, was er dem Staat und dem Volke
cntgegenbringen muß. Es ist für den Beamten
genug Gelegenheit g boten, den Dienst am
Volke zu beweisen. Der Begriff führen ist
mit dienen eng verbunden. Dienen Ist nicht
knechtisch, dienen muß wieder zu einem Ethos
werden. In den nächsten Iahten wird das
Leistungsprinzip und der Charakter für einen
Beamten maßgebend sein. Der Beamte darf
Nicht mehr zufrieden sein, wenn er nur seinen
Arbeitsbereich erledigt», sondern er Muß sich
noch für den heutigen Staat einsetzen. Die al-
ten Kämpfer, die für den neüen Staat gelit-
ten haben, müssen geachtet werden, solange sie
leben.
Pg. Wagner sprach bann das Schlußwort.
In feierlicher Weise rief er die ganze Beam-
tenschaft auf. das große Werk zu unterstützen.
Mit einem Gelöbnis an den Führer schloß der
eindrucksvolle Abend. Der Musikzug bot noch
den großen Zapfenstreich. Spontan erklang
das Deutschlandlied.
Syndikalisten Hetze« zum Generalstreik.
Madrid, 11. Dez. sFuaksprnch.f I«
Villauueva in der Provinz Badajoz gingen
bei einer dort abgchaltene» Musterung die
Rekruten zu den Aufständischen über, model
eS zn einem Feuers«fecht gekommen sei«
soll. In de« Nachtstunde« begannen wieder
Gruppe» von Aufständischen mit der Durch-
führung von Bombenanschlägen. Punk«
22 Uhr explodierten drei schwere Sprengkör-
per in der Nähe der Gran Bia, einer der be-
lebtesten Straßen der Hauptstadt. I« den
Abendstunde« verteilte« Frauen von mehrere»
Kraftwagen auS Flugzettel der syndikalisti,
scheu Gewerkschaften mit der Mitteilung, daß
für ganz Svanie« der revolutionäre
Geueralst r ei k angeordnet sei. Das Mani-
fest enthielt sm übrigen die übliche« abqegrif,
sene« Sprüche gegen die Reaktion und de«
Faschismus.
Prinz Bernhard von Sachse« Meiningen
«ach Italien geflüchtet.
G Wie«, li. Dezember. Prinz und Prin-
zessin Bernhard von Sachsen Meiningen sind
w'u Schloß Pützelstctten bei Klagenfurt nach
Italien geflüchtet. Prinz Bernhard war we-
gen natronalsozialistischer Betätigung zu einer
Arreststrafe von 6 Wochen verurteilt worden,
die er abgcbüßt hat. Nach Abbüßung der
Strafe sollte er ins Konzentrationslager Wöl-
kersdorf überführt werden, wurde aber zu-
nächst auf sein Schloß, das unter Bewachung
stand, entlassen. Auf Einwirken der Deutschen
Gesandtschaft hin, wurde ihm zweimal, wie
halbamtlich mitgeteilt wird, zur Ordnung sei-
ner Privatyngelegenheiten ein Aufschub der
Neberführung zugebilligt. Der Leiter des Po-
lizeikommissariats in Klagenfurt, dem die
Neberwachung des Schlosses oblag, ist vom
Dienst enthoben worden.
Die Politische Korrespondenz stellt die polt-
tischen Kundgebungen in Wien, die Entlassun-
gen aus Wöllersdors und die Haltung der Re-
gierung gegen den Prinzen Bernhard gegen-
über und zieht den Schluß, daß ein« Rücksicht-
nahme nicht am Platze sei. Die Korrespondenz
teilt dann noch mit, daß noch am Sonntag
(also als Vergeltungsmaßnahme! die Ucber-
führung einer größeren Anzahl bekannter Na-
tionalsozialisten nach Wöllersdors verfügt
worden sei.
Die Auflösung der Eiserne« Garde
- in Rumänien.
G Bukarest, 11. Dezember. (Funk) Am
Sonntag wurde die Auflösung der Eisernen
Garde durchgeführt. Zunächst wurden alle er-
reichbaren Unterführer verhaftet. Der Führer
der Eisernen Garde, Codreanu, konnte ent-
kommen. Ebenso Professor Krointc, der Chef-
redakteur deS Blattes „Calendarul", der durch
seine deutschfreundliche Politik bekannt ist. I»
Bukarest verlies der Tag verhältnismäßig ru-
hig. ES kam allerdings verschiedentlich zu
Kundgebungen, die aber von der Polizei
mühelos zerstreut wurden. 8S Ruhestörer
wurden verhaftet. Die Wahlvorschläge der
Eisernen Garde wurden für ungültig erklärt,
sodaß die Partei, die bisher vier Sitze hatte,
im Parlament nicht mehr vertreten sein wird.
*
H Bukarest, 11. Dezember. (Funk). Am
Sonntag abend kam es hier im Zusammen-
hang mit der Auflösung der Eisernen Garde
zu heftigen Ausschreitungen. Mitglieder der
Eisernen Garde stürmten zunächst das große
Gebäude der jüdischen Firma Herz, das völlig
verwüstet wurde.
Dann wurde eine Filiale der jüdischen
Firma Herdan gestürmt. Die Polizei verhaf-
tete 15g Personen, darunter zwei Geistliche.
Vier GS-MSnuer bei einem Antonnglück
schwer verletzt.
Lübeck, 11. Dezember. (Funk). Am Sonntag
vormittag fuhr ein Auto, das mit fünf der
SS angehörcnden Landwirten besetzt war,
kurz vor Eckhorst im Nebel in ein Lastauto
hinein. Bier Insassen mußten schwer verletzt
dem Krankenhaus -«geführt werde». Der
fünfte kam mit leichteren Verletzungen davon.
Das Auto ist vollständig zertrümmert.
Paraguay meldet großen Sieg
über bolivianische Truppe».
Affnncion (Paraguays, 11. Dez. Die Ne-
gierung behauptet in einer amtlichen Verlaut-
barung, daß die paraguayanischen Truppen
einen großen Sieg über die Bolivianer davon-
getragen haben. Die Bolivianer sollen auf der
gesamten Chaco-Front um 60 Kilometer zu-
rückgetrteben worden sein.
Brand eines schwedischen Dampfers
aus hoher See.
-l- Paris, 11. Dezember. Die Funkstation
Marseille fing am Sonntag früh einen Hilfe-
ruf des schwedischen Dampfers „Hundres" auf,
der zehn Meilen südlich von Porquerollesss
in Brand geraten ist. Drei Dampfer der
gleichen Fahrtrichtung brachten dem brennen-
den Schiff Hilfe. Die Löscharbeiten waren ver-
geblich. Der Dampfer mußte von der Mann-
schaft geräumt und feinem Schicksal überlassen
werden.
Opfert cisn Pfennig!
Z o k 6 l f t 1 k r 6 6 n A f m 6 kl
viS groks I.ISKS
komsn von Vsltsr Skosm
10. Fortsetzung.
Die Zentrale berichtete, Fräulein Tochter
wünsche ihn zu sprechen. Und da war auch
schon Lucianes Stimme, fiebernd vor Angst.
„Ach, Büterchen, wo steckst du denn nur?
— Väterchen-"
Georg erklärte ihr mit raschen Worten
da- Schreckliche. Er hörte einen Aufschrei.
„Ich nehme den großen Wagen und komme
sofort zu dir!"
Vergebens versuchte Georg dem Kind den
Entschluß auszurcdcn.
«„Nein, nein, ich will bei dir sein. In einer
Stunde bin ich oben, Vater!"
Georg atmete tief aus. Heiß stieg- tn Ihm
empor. Ein Mensch, der zu mir hält. Mein
Kind-
Und wiederum saß er am Bett der Ver-
lassenheit. Sie fing an, sich zu beruhigen, die
Schmerzen, erklärte sie, hätten aufgehört. —
Ihre Augen fielen zu, sie lag setzt ganz stille,
ihre Atemzüge wurden länger, regelmäßiger
- sie schlief.
In Georgs todmattem Hirn hämmerten
Gedanken. Erika-wo war sie setzt? —
Und — er — war er — bei ihr?
Noch einmal schäumten Wut und Hatz in
ihm auf. Aber wenn er dann in das schöne
Leidensantlitz starrte, dann war »hm, als
wandle sichs vor seinen Augen. So '-«tre ein-
mal die Mutter seines Kindes gelegen.
Nichten? Verdammen? — Gebt eures We-
ges. ihr zwei — werdet so glücklich, wie ihr
könni.
Georg empfand, wie etwas in «hm sich
anslöste, zerrann, versank. Wie er unwesent-
lich, unpersönlich wurde gleich «.'»er Alten
dort. Das war, mitten im atmenden, ringen-
den Leben, ein langsames Verlöichen.
Müdigkeit senkte sich immer zwingender
herab. Eine Nacht ohne Schlaf — ein Tag voll
Qual und Kampf. Die Gedanken zerrannen,
zcr flatterten.
Es war still in der Stube, nichts als die
kaum hörbaren Atemzüge der Schwester, die
bisweilen von einem dünnen Wimmer hegtet-
telen der Kranken, die langgezogeuen fast
schnarchenden des Mannes. Lange — so lange.
Aber in Georgs erloschenes Bewußtsein
senkte sich ganz langsam die Wahrnehmung
eines anderen, — eines fremdartigen Geräu-
sches.
Ein ächzendes Röcheln .. .
Die Schwester stand am Lager. Auf ihrem
müden Gesicht der Ausdruck völliger Hilf-
losigkeit.
„Was gibts — Schwester?"
„Schrecklich, schrecklich — ja, da kann ich
nickt helfen. — Wo bleibt nur der Arzt?"
Georg hastete hinaus. Im selben Augen-
blick stürmte vom Treppenschacht ein ver-
schlafener Page heran; der Herr möge sich
tn die Telephvnzelle bemühen. Gleich darauf
meldete sich der befreundete Arzt. Georg er-
klärte kurz den Fall, bat um sofortige» Kam-
men, zweifellos bestehe dringend« Gefahr.
„In spätestens anderthalb Stunden bin ich
oben!"
Georg hängte an. Als er die Zelle verließ,
stand draußen Luciane. Durchfroren, tiber-
nächtigi, angstziticrnd und doch — seltsam
von innen durchstrahlt. Tie fiel dem Vater
um den Hals.
„Mein armes, arme» Väterchen! O, wie
schön, daß ich bei dir sein darf!"
Georg war's, als sei er irgendwo — frei-
gesprochen.
Er hatte kaum bas Wichtigste im Flüster-
ton berichtet, da öffnete sich die Tür, die
Schwester winkte.
''' 77 7?7 z .7,
»Jetzt Fassung, Kindchen ..
Die Warnung war vonnöten gewesen. Lu-
ciane batte Mühe, sich zu bemeistern. Kaum
meinte sie das kampfgespannte, beherrscht lä-
chelnde Gesicht von heute früh zu erkennen.
Aus den weißen Kissen starrte daS Haupt
einer Dolorosa.
Jetzt trat in die verfärbten Züge «in un-
gläubiges Erkennen, ein gütiges Lächeln.
Das Mädchen drückte ihr frisches Gesicht
auf die matte, zitternde Hand, die sich ihm
entgegenstreckte.
„Welch Wiedersehen, nicht wahr, meine
Kleine? O, aber wie bin ich glücklich, daß Sie
hergekommen sind." Heiser, kaum hörbar, hatte
daS geklungen. Luciane konnte die Tränen
nicht länger bemeistern.
„Fassen Sie Mut, Madame!" bat Georg.
„Der erste Arzt der Hauptstadt ist unter-
wegs."
„Er wird zu spät kommen. Aber — ich
danke Ihnen."
Georg wies die Schwester an, sich an» Bett
zu setzen. Er selbst nahm seine Tochter in
den Arm und führte sie »um Sofa. Dort saßen
sie und hielten Wacht. In allem Leid —
Zärtlichkeit quoll in ihnen beiden — Zusam-
mengehörigkeitsgefühl, herzauflöscnde Weich-
heit. Sie gabelt sich hin, ihre Herzen ver-
schmolzen zu nie gefühlter Einheit.
Langsam nur tauchten die Vorstellungen,
die Fragen Mieder auf, da» Bewutztsein deS
Furchtbaren, da» unabwendbar herankroch,
näher und immer näher.
„Ob wir nicht — Thilo benachrichtigen
müßten?" flüstert« Lucian«.
„Go lange noch Hoffnung ist, nein", ant-
wortete der Batet.
„Sollte da» Ende kommen, dann muß er
natürlich her."
Und beide wußten, wohin nun des andern
Gedanken flogen.
Jetzt haben sie sich wicdergesunden, ausge-
sprochen.
Und morgen früh vielleicht, sann Georg,
dann kommt mein Telegramm. — —
Und dann — wird er kommen, "
Oder — nicht?
Aeh — die Courage trau ich ihm nicht mal
zu. Er wird sich — drücken.
Aber sie — wenn sie das erfährt, ob sie
bann auch noch den Mut hat — zu ihrem —
Glück?
Vielleicht ist's noch nicht zu spät.
Wird sie es überhaupt erfahren?
WaS geht's mich noch an. Das ist auS —
vorbei.
Warum hab' ich sie ziehen lassen?
Ein Narr bin ich, ein Feigling.
Ihn hab' ich niederknallen wollen, statt sie
zu behalten — sie, die mein war — und die
nun — ins Elend geht.
Mit ihm, dem Schwätzer, dem Mann der
hohen Töne.
Zu spät — zu spät-
Schauer überfluteten bas Mädchen.
Heute früh hatte sie in der fremden Frau
von drüben nur die Zudringliche gesehen, die
sich würdcvergessen an einen Mann hängt, der
nichts mehr von ihr wissen will.
Schauderndes Ahnen stieg empor. Die
wesenhafte Tragik des Weibes. Es ist die
Trägerin der Zukunft des Menschengeschlechts.
Erkorenes Werkzeug der Gattung, durch da»
sie ewig erneut. Um dieser Sendung willen
müßte der Mann, die Menschheit vor ihr
knien, vor der Hohenpricsterin des Lebens.
Aber um Frucht tragen zu können, mutz
e» blühen — blühend locken.-
Dies Etwas — das ist des Weibes holde-
stes Geschenk — und grauenvolles Verhäng-
nis.
Sie schenkt, um zu empfangen. Der Mann
nimmt das Geschenk, und dann flieht er, läßt
die Hohepriesterin mit der Zukunft des Men-
schengeschlechts allein.
So hatte dieser Mann da neben ihr sich
ihrer Mutter nicht erbarmt. Und die Frau,
die ihre- VaterS Gefährtin geivorden, ver-
einigt sich mit einem anderen Manne.
Fortsetzung folgt?
Montag, tl Dezember 1838
Sette 3
TemNWWW iS der Heidelberger StaWlle
In der Stadthalle fand gestern abend eine
große Bcamtcnkundgebung statt, bei der Pg.
Wagner-München sprach. Die Halle war
bis auf den letzten Platz besetzt. Von den
Wänden grüßten die Symbole der national-'
sozialistischen Revolution. Unter den Klän-
gen der SA-Kapelle zogen SA, SS und PO
ein. Pg. Barth eröffnete die Versamm-
lung und mies darauf hin, baß der Dezember
eine besondere Bedeutung für den deutschen
Beamten habe, weil setzt zum ersten Mal alle
Beamten in einem Bund vereinigt seien. Das
Bild habe sich wesentlich geändert. Kein
Zwiespalt, keine Partei würde die deutsche
Beamtenschaft mehr trennen. Pg. Barth be-
grüßte den Gaufachschastsleiter Waffenschmied
und Bürgermeister Wetzel. Um die Eini-
gung zum Ausdruck zu bringen, war eine
Vertretung der Bauernschaft, der NSBO so-
wie der HAGO erschienen. Der Kreis der
Verbände soll für die Beamtenschaft ein Vor-
bild sein, auch ihren Kreis so eng wie nur
möglich zu schließen.
Pg. Wagner
nahm bann das Wort und führte etwa fol-
gendes aus: Wenn wir in Deutschland einen
Rückblick über die letzten Monate tun, dann
fällt uns auf, daß alle Böker aus uns sehen
und sie tun es nicht ohne Grund. Deutschland
ist in den Mittelpunkt alles Geschehens ge-
rückt. Es kommt uns Deutschen zum Be-
wußtsein, daß dies eine innere Kraft sein
muß. Es ist die germanische Nasse mit ihrer
Verbundenheit zu Grund und Boden. Diese
Tatsache ist für die ganze Welt von Bedeu-
tung. Es war immer nur der Einfluß fremd-
artiger Nassen, die unser Wollen gestört ha-
ben. Im Weltkrieg haben wir unsere Blut-
verbundenheit bewiesen. Dann wurden wir
unS selbst immer mehr entfremdet. Und setz»
stehen wir wieder mit einem Schlage unter-
schiedslos da. Unser Volk ist nur im bekann-
ten Zustand aus dem Kriege hcrauSgegangcn,
weil blutfrcmde Elemente ein Geschäft aus
dem Kriege gemacht haben.
In jener schrecklichen Zeit hat sich dann eine
Zelle gebildet, die zu unserer heutigen Grund-
lage geworden Ist. Das Wort „Deutscher, denk'
an dich leibst", wurde wach Weil man gewußt
hat, daß unser Volk wieder groß werden wird,
wenn es einig ist, deshalb hat man seden Drang
nach der Einigkeit unterdrückt. Durch die Kraft
der Idee wurde das Volk erobert. Nicht der
Geist allein war maßgebend, sondern das Ge-
fühl. das Blut hat eine entscheidende Rolle da-
bei gespielt. Der Geist war beeinflußbar, er war
verdorben, aber das Blut war noch gut. Alles
Kleine müssen wir aus uns herausreißen und
uns in einer Gemeinschaft zusammenfinden.
Wenn diele gelungen ist, dann begreifen wir erst,
tyie groß unsere Zeit ist. Der Beamte, der Ner-
venstrang des neuen Staates, trägt eine große
Verantwortung. Der Beamte darf nicht für sich
selbst arbeiten, sondern für unser Volk. Wenn
ihn der Führer zu dieser hoben Aufgabe beruft,
dynn hat er die unbedingte Pflicht, diese restlos
zu erfüllen. Jeder Querläufer ist nur Schaden,
«r muß beseitigt werden. So sind auch alle die
kleineren Organisationen verschwunden. Der
Deutsche Beamtenbund ist an di« Stell« aller
dieser getreten. Es ist eine berufständtschr Glie-
derung. und mitten im Volke steht die Negie-
rung. Da der Beamt« eine groß« Aufgabe hat.
muß der Staat ein volles Vertrauen zu seinen
Beamten haben, der Staat muß von seinen Be-
amten verlangen, daß er voll für den national-
sozialistischen Staat eintritt. Der Reichsbund
der deutschen Beamten will den Beamten in die-
sem Sinne schulen. Wenn auch 11 Fachschaften
geschaffen worden sind, so sind die Mitglieder
der einzelnen Fachschaften untereinander völlig
gleich. Es wird in Zukunft eine Berusskamerrd-
schaft geben. Immer wird es Nörgler geben.
Und wenn wir dann solche antresfen. dann wol-
len wir ihnen sagen, was der heutige Staat schon
alles geleistet hat. und wenn er dann immer noch
schimnft. dann könen wir ihm nicht mehr helfen.
Weil wir in Deutschland nur einen haben,
der uns führt, deshalb wissen wir, was in
Deutsch'and los ist Und weil wir In diesem
Geiste leben, ist für uns das Geheimnis gelöst.
Wir wisien wieder, warum wir leben, und wir
können Gott danken, daß er uns einen solchen
Mann geschickt hat- Wenn wir den national-
sozialistischen Geist voll ersaßt haben, dann wis-
sen wir. daß wir nicht umsonst gelebt haben.
Pg. Barth dankte dem Redner für seine
ausgezeichneten Ausführungen und legte das
Gelöbnis ab, in Freud und Leid, in Denken
und Handeln den Geist der Volksgemeinschaft
zu wahren.
Der Gausachschaftsleiter Pg. Waffen-
schmied forderte die Erschienenen auf, dem
Reichsbund deutscher Beamten beizutreten und
gab ein Telegramm bekannt, bas an den
Neichsführer der Beamtenschaft abgesanüt
wurde, und den Dank für seine unermüdliche
Arbeit für die Schaffung des Reichsbunües, so-
wie unverbrüchliche Treue gelobte. Das Horst-
Wcssel-Licd schloß sich an.
Bürgermeister Wetzel sprach noch einige
markante Worte zur versammelten Beamten-
schaft und führte hierbei aus: Früher wäre
cs unmöglich gewesen, eineü solche Beamten-
versammlung abzuhalten, weil der Staat zu
sehr nach parteipolitischen Gesichtspunkten ge-
spalten war. Der Beamte muß sich darüber
klar sein, was er dem Staat und dem Volke
cntgegenbringen muß. Es ist für den Beamten
genug Gelegenheit g boten, den Dienst am
Volke zu beweisen. Der Begriff führen ist
mit dienen eng verbunden. Dienen Ist nicht
knechtisch, dienen muß wieder zu einem Ethos
werden. In den nächsten Iahten wird das
Leistungsprinzip und der Charakter für einen
Beamten maßgebend sein. Der Beamte darf
Nicht mehr zufrieden sein, wenn er nur seinen
Arbeitsbereich erledigt», sondern er Muß sich
noch für den heutigen Staat einsetzen. Die al-
ten Kämpfer, die für den neüen Staat gelit-
ten haben, müssen geachtet werden, solange sie
leben.
Pg. Wagner sprach bann das Schlußwort.
In feierlicher Weise rief er die ganze Beam-
tenschaft auf. das große Werk zu unterstützen.
Mit einem Gelöbnis an den Führer schloß der
eindrucksvolle Abend. Der Musikzug bot noch
den großen Zapfenstreich. Spontan erklang
das Deutschlandlied.
Syndikalisten Hetze« zum Generalstreik.
Madrid, 11. Dez. sFuaksprnch.f I«
Villauueva in der Provinz Badajoz gingen
bei einer dort abgchaltene» Musterung die
Rekruten zu den Aufständischen über, model
eS zn einem Feuers«fecht gekommen sei«
soll. In de« Nachtstunde« begannen wieder
Gruppe» von Aufständischen mit der Durch-
führung von Bombenanschlägen. Punk«
22 Uhr explodierten drei schwere Sprengkör-
per in der Nähe der Gran Bia, einer der be-
lebtesten Straßen der Hauptstadt. I« den
Abendstunde« verteilte« Frauen von mehrere»
Kraftwagen auS Flugzettel der syndikalisti,
scheu Gewerkschaften mit der Mitteilung, daß
für ganz Svanie« der revolutionäre
Geueralst r ei k angeordnet sei. Das Mani-
fest enthielt sm übrigen die übliche« abqegrif,
sene« Sprüche gegen die Reaktion und de«
Faschismus.
Prinz Bernhard von Sachse« Meiningen
«ach Italien geflüchtet.
G Wie«, li. Dezember. Prinz und Prin-
zessin Bernhard von Sachsen Meiningen sind
w'u Schloß Pützelstctten bei Klagenfurt nach
Italien geflüchtet. Prinz Bernhard war we-
gen natronalsozialistischer Betätigung zu einer
Arreststrafe von 6 Wochen verurteilt worden,
die er abgcbüßt hat. Nach Abbüßung der
Strafe sollte er ins Konzentrationslager Wöl-
kersdorf überführt werden, wurde aber zu-
nächst auf sein Schloß, das unter Bewachung
stand, entlassen. Auf Einwirken der Deutschen
Gesandtschaft hin, wurde ihm zweimal, wie
halbamtlich mitgeteilt wird, zur Ordnung sei-
ner Privatyngelegenheiten ein Aufschub der
Neberführung zugebilligt. Der Leiter des Po-
lizeikommissariats in Klagenfurt, dem die
Neberwachung des Schlosses oblag, ist vom
Dienst enthoben worden.
Die Politische Korrespondenz stellt die polt-
tischen Kundgebungen in Wien, die Entlassun-
gen aus Wöllersdors und die Haltung der Re-
gierung gegen den Prinzen Bernhard gegen-
über und zieht den Schluß, daß ein« Rücksicht-
nahme nicht am Platze sei. Die Korrespondenz
teilt dann noch mit, daß noch am Sonntag
(also als Vergeltungsmaßnahme! die Ucber-
führung einer größeren Anzahl bekannter Na-
tionalsozialisten nach Wöllersdors verfügt
worden sei.
Die Auflösung der Eiserne« Garde
- in Rumänien.
G Bukarest, 11. Dezember. (Funk) Am
Sonntag wurde die Auflösung der Eisernen
Garde durchgeführt. Zunächst wurden alle er-
reichbaren Unterführer verhaftet. Der Führer
der Eisernen Garde, Codreanu, konnte ent-
kommen. Ebenso Professor Krointc, der Chef-
redakteur deS Blattes „Calendarul", der durch
seine deutschfreundliche Politik bekannt ist. I»
Bukarest verlies der Tag verhältnismäßig ru-
hig. ES kam allerdings verschiedentlich zu
Kundgebungen, die aber von der Polizei
mühelos zerstreut wurden. 8S Ruhestörer
wurden verhaftet. Die Wahlvorschläge der
Eisernen Garde wurden für ungültig erklärt,
sodaß die Partei, die bisher vier Sitze hatte,
im Parlament nicht mehr vertreten sein wird.
*
H Bukarest, 11. Dezember. (Funk). Am
Sonntag abend kam es hier im Zusammen-
hang mit der Auflösung der Eisernen Garde
zu heftigen Ausschreitungen. Mitglieder der
Eisernen Garde stürmten zunächst das große
Gebäude der jüdischen Firma Herz, das völlig
verwüstet wurde.
Dann wurde eine Filiale der jüdischen
Firma Herdan gestürmt. Die Polizei verhaf-
tete 15g Personen, darunter zwei Geistliche.
Vier GS-MSnuer bei einem Antonnglück
schwer verletzt.
Lübeck, 11. Dezember. (Funk). Am Sonntag
vormittag fuhr ein Auto, das mit fünf der
SS angehörcnden Landwirten besetzt war,
kurz vor Eckhorst im Nebel in ein Lastauto
hinein. Bier Insassen mußten schwer verletzt
dem Krankenhaus -«geführt werde». Der
fünfte kam mit leichteren Verletzungen davon.
Das Auto ist vollständig zertrümmert.
Paraguay meldet großen Sieg
über bolivianische Truppe».
Affnncion (Paraguays, 11. Dez. Die Ne-
gierung behauptet in einer amtlichen Verlaut-
barung, daß die paraguayanischen Truppen
einen großen Sieg über die Bolivianer davon-
getragen haben. Die Bolivianer sollen auf der
gesamten Chaco-Front um 60 Kilometer zu-
rückgetrteben worden sein.
Brand eines schwedischen Dampfers
aus hoher See.
-l- Paris, 11. Dezember. Die Funkstation
Marseille fing am Sonntag früh einen Hilfe-
ruf des schwedischen Dampfers „Hundres" auf,
der zehn Meilen südlich von Porquerollesss
in Brand geraten ist. Drei Dampfer der
gleichen Fahrtrichtung brachten dem brennen-
den Schiff Hilfe. Die Löscharbeiten waren ver-
geblich. Der Dampfer mußte von der Mann-
schaft geräumt und feinem Schicksal überlassen
werden.
Opfert cisn Pfennig!
Z o k 6 l f t 1 k r 6 6 n A f m 6 kl
viS groks I.ISKS
komsn von Vsltsr Skosm
10. Fortsetzung.
Die Zentrale berichtete, Fräulein Tochter
wünsche ihn zu sprechen. Und da war auch
schon Lucianes Stimme, fiebernd vor Angst.
„Ach, Büterchen, wo steckst du denn nur?
— Väterchen-"
Georg erklärte ihr mit raschen Worten
da- Schreckliche. Er hörte einen Aufschrei.
„Ich nehme den großen Wagen und komme
sofort zu dir!"
Vergebens versuchte Georg dem Kind den
Entschluß auszurcdcn.
«„Nein, nein, ich will bei dir sein. In einer
Stunde bin ich oben, Vater!"
Georg atmete tief aus. Heiß stieg- tn Ihm
empor. Ein Mensch, der zu mir hält. Mein
Kind-
Und wiederum saß er am Bett der Ver-
lassenheit. Sie fing an, sich zu beruhigen, die
Schmerzen, erklärte sie, hätten aufgehört. —
Ihre Augen fielen zu, sie lag setzt ganz stille,
ihre Atemzüge wurden länger, regelmäßiger
- sie schlief.
In Georgs todmattem Hirn hämmerten
Gedanken. Erika-wo war sie setzt? —
Und — er — war er — bei ihr?
Noch einmal schäumten Wut und Hatz in
ihm auf. Aber wenn er dann in das schöne
Leidensantlitz starrte, dann war »hm, als
wandle sichs vor seinen Augen. So '-«tre ein-
mal die Mutter seines Kindes gelegen.
Nichten? Verdammen? — Gebt eures We-
ges. ihr zwei — werdet so glücklich, wie ihr
könni.
Georg empfand, wie etwas in «hm sich
anslöste, zerrann, versank. Wie er unwesent-
lich, unpersönlich wurde gleich «.'»er Alten
dort. Das war, mitten im atmenden, ringen-
den Leben, ein langsames Verlöichen.
Müdigkeit senkte sich immer zwingender
herab. Eine Nacht ohne Schlaf — ein Tag voll
Qual und Kampf. Die Gedanken zerrannen,
zcr flatterten.
Es war still in der Stube, nichts als die
kaum hörbaren Atemzüge der Schwester, die
bisweilen von einem dünnen Wimmer hegtet-
telen der Kranken, die langgezogeuen fast
schnarchenden des Mannes. Lange — so lange.
Aber in Georgs erloschenes Bewußtsein
senkte sich ganz langsam die Wahrnehmung
eines anderen, — eines fremdartigen Geräu-
sches.
Ein ächzendes Röcheln .. .
Die Schwester stand am Lager. Auf ihrem
müden Gesicht der Ausdruck völliger Hilf-
losigkeit.
„Was gibts — Schwester?"
„Schrecklich, schrecklich — ja, da kann ich
nickt helfen. — Wo bleibt nur der Arzt?"
Georg hastete hinaus. Im selben Augen-
blick stürmte vom Treppenschacht ein ver-
schlafener Page heran; der Herr möge sich
tn die Telephvnzelle bemühen. Gleich darauf
meldete sich der befreundete Arzt. Georg er-
klärte kurz den Fall, bat um sofortige» Kam-
men, zweifellos bestehe dringend« Gefahr.
„In spätestens anderthalb Stunden bin ich
oben!"
Georg hängte an. Als er die Zelle verließ,
stand draußen Luciane. Durchfroren, tiber-
nächtigi, angstziticrnd und doch — seltsam
von innen durchstrahlt. Tie fiel dem Vater
um den Hals.
„Mein armes, arme» Väterchen! O, wie
schön, daß ich bei dir sein darf!"
Georg war's, als sei er irgendwo — frei-
gesprochen.
Er hatte kaum bas Wichtigste im Flüster-
ton berichtet, da öffnete sich die Tür, die
Schwester winkte.
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»Jetzt Fassung, Kindchen ..
Die Warnung war vonnöten gewesen. Lu-
ciane batte Mühe, sich zu bemeistern. Kaum
meinte sie das kampfgespannte, beherrscht lä-
chelnde Gesicht von heute früh zu erkennen.
Aus den weißen Kissen starrte daS Haupt
einer Dolorosa.
Jetzt trat in die verfärbten Züge «in un-
gläubiges Erkennen, ein gütiges Lächeln.
Das Mädchen drückte ihr frisches Gesicht
auf die matte, zitternde Hand, die sich ihm
entgegenstreckte.
„Welch Wiedersehen, nicht wahr, meine
Kleine? O, aber wie bin ich glücklich, daß Sie
hergekommen sind." Heiser, kaum hörbar, hatte
daS geklungen. Luciane konnte die Tränen
nicht länger bemeistern.
„Fassen Sie Mut, Madame!" bat Georg.
„Der erste Arzt der Hauptstadt ist unter-
wegs."
„Er wird zu spät kommen. Aber — ich
danke Ihnen."
Georg wies die Schwester an, sich an» Bett
zu setzen. Er selbst nahm seine Tochter in
den Arm und führte sie »um Sofa. Dort saßen
sie und hielten Wacht. In allem Leid —
Zärtlichkeit quoll in ihnen beiden — Zusam-
mengehörigkeitsgefühl, herzauflöscnde Weich-
heit. Sie gabelt sich hin, ihre Herzen ver-
schmolzen zu nie gefühlter Einheit.
Langsam nur tauchten die Vorstellungen,
die Fragen Mieder auf, da» Bewutztsein deS
Furchtbaren, da» unabwendbar herankroch,
näher und immer näher.
„Ob wir nicht — Thilo benachrichtigen
müßten?" flüstert« Lucian«.
„Go lange noch Hoffnung ist, nein", ant-
wortete der Batet.
„Sollte da» Ende kommen, dann muß er
natürlich her."
Und beide wußten, wohin nun des andern
Gedanken flogen.
Jetzt haben sie sich wicdergesunden, ausge-
sprochen.
Und morgen früh vielleicht, sann Georg,
dann kommt mein Telegramm. — —
Und dann — wird er kommen, "
Oder — nicht?
Aeh — die Courage trau ich ihm nicht mal
zu. Er wird sich — drücken.
Aber sie — wenn sie das erfährt, ob sie
bann auch noch den Mut hat — zu ihrem —
Glück?
Vielleicht ist's noch nicht zu spät.
Wird sie es überhaupt erfahren?
WaS geht's mich noch an. Das ist auS —
vorbei.
Warum hab' ich sie ziehen lassen?
Ein Narr bin ich, ein Feigling.
Ihn hab' ich niederknallen wollen, statt sie
zu behalten — sie, die mein war — und die
nun — ins Elend geht.
Mit ihm, dem Schwätzer, dem Mann der
hohen Töne.
Zu spät — zu spät-
Schauer überfluteten bas Mädchen.
Heute früh hatte sie in der fremden Frau
von drüben nur die Zudringliche gesehen, die
sich würdcvergessen an einen Mann hängt, der
nichts mehr von ihr wissen will.
Schauderndes Ahnen stieg empor. Die
wesenhafte Tragik des Weibes. Es ist die
Trägerin der Zukunft des Menschengeschlechts.
Erkorenes Werkzeug der Gattung, durch da»
sie ewig erneut. Um dieser Sendung willen
müßte der Mann, die Menschheit vor ihr
knien, vor der Hohenpricsterin des Lebens.
Aber um Frucht tragen zu können, mutz
e» blühen — blühend locken.-
Dies Etwas — das ist des Weibes holde-
stes Geschenk — und grauenvolles Verhäng-
nis.
Sie schenkt, um zu empfangen. Der Mann
nimmt das Geschenk, und dann flieht er, läßt
die Hohepriesterin mit der Zukunft des Men-
schengeschlechts allein.
So hatte dieser Mann da neben ihr sich
ihrer Mutter nicht erbarmt. Und die Frau,
die ihre- VaterS Gefährtin geivorden, ver-
einigt sich mit einem anderen Manne.
Fortsetzung folgt?