/!. Jahrg. / Nr. 837
Donnerstag, de« 28. Dezember 1933
Sette y
Nalionaljozialismus -er Tal
Die Landesstelle Baden-Württemberg des
Reichsministeriums für Volksaufklärung und
Propaganda teilt mit:
Beispielgebend haben die Angestellten der
NSDAP München zu Weihnachten 5090 Lose
der 2. Geldlotterie für Arbeitsbeschaffung er-
worben.
Bekanntlich dient die Arbeitsbeschaffungs-
lotterie dazu, neue Arbeitsplätze zu schassen und
zu erhalten. Die Ziehung findet schon am 29./S9.
Dezember statt. Es ist also nur mehr wenige
Tage Gelegenheit gegeben, sich diesem Vorgehen
anzuschlictzen.
Anträge auf Unterstützung durch das Winter-
hilfswerk können ab 6. Januar 1934 bei den
bekannten Stellen wiederum gestellt werden.
Sprechstunden in der Kreisgeschäftsstelle- Wrede-
platz 3, täglich von 9—12 Uhr mit Ausnahme
von Samstags; nachmittags ist geschlossen.
Winterhilfswerk des Deutschen Volkes,
Kreisführung Heidelberg.
RS - Krkgsopferversorgung Orksgr. Hei-
delberg. Heute, Donnerstag, abend um 20.30
Uhr findet in der Stadthallenwirlschaft unsere
Monatsversammlung statt, wozu alle Mitglie-
der eingeladen sind. Erscheinen ist Pflicht.
Der Obmann.
Von der Ritterschaft der Deutschen Ehren-
legion. Am Sonntag, den 7. Januar 1934, nach-
mittags 4 Uhr, findet im oberen Saal des Hotel-
Restaurants zum „Schwarzen Schiff" in Neuen-
heim eine Feier zur Verleihung der „Deutschen
Ehrendenkmünze des Weltkrieges" statt, bei
welcher ca. 100 Kameraden, deren Gesuche ge-
nehmigt sind, neu dekoriert werden sollen. Schon
im August, September und Oktober 1933 konn-
ten ca 300 Kameraden von hier und Umgebung
ausgezeichnet werden. Alle diese Feiern stehen
unter dem Protektorat des Ehrenvorsitzenden der
Ritterschaft Heidelberg, Se. Exz. des Herrn Ge-
neralleutnant Neuber, hier, dessen Verdienste
um die gute und ehrenwerte Sache bei der letz-
ten Feier zu seiner Ueberraschung mit dem
Ritterkreuz" der Deutschen Ehrenlegion ver-
dientermaßen anerkannt worden sind. Die dies-
malige Veranstaltung am 7. Januar 1934 ist als
eine nachträgliche Weihnachtsfeier gedacht, bei
der den Kameraden einige abwechslungsreiche,
schöne Stunden bereitet werden sollen. Auch
Gäste, die Sinn haben für solche schlichte vater-
ländische Veranstaltungen, sind herzlich will-
kommen.
VoltzewEM
Schlägereien. Ueber die Weihnachtsfeiertage
kam es in verschiedenen Gegenden der Sadt zu
Schlägereien. In einem Fall konnte ein SS-
Mann rechtzeitig einschreiten und einem Mann
eine Selbstladepistole abnehmen, als dieser im
Begriff stand, davon gegen einen anderen Mann
Gebrauch zu machen.
Leichenländung. Am Sonntag vormittag
konnte die Leiche des am 21. Dezember 1933 im
Neckar ertrunkenen Mannes geländet werden.
Bis jetzt war es noch nicht möglich, die Perso-
nalien des Ertrunkenen festzustellen, da bei der
Leiche keinerlei Papiere vorgefunden wurden.
Taschendiebstahl. In einem hiesigen Waren-
haus wurde am Sonntag nachmittag einer Frau
ein Geldbeutel mit Inhalt entwendet.
Unvorsichtige Kraftfahrer. Am Sonntag früh
fuhr eine Kraftdroschke gegen die geschlossene
Bahnschranke am Römerübergang. Glücklicher-
weise ging es hier mit geringem Sachschaden ab.
Die FWorgeleWungen Ser SiaSI Heidelberg
am Stichtag 3052
701
1591
( 99)
( 68)
(549)
(741)
(543)
(191)
(215)
(389)
(395)
mit-1
Hei-
1933
vom
1933
Von der städtischen Pressestelle wird
geteilt: Die Fürsorgeleistungen der Stadt
delberg nach dem Stand vom 30. November
(die Zahlen in Klammern geben den Stand
31. Oktober 1933 an). Am 30. November
standen in lausender offener Fürsorge des Wohb
fahrts- und Jugendamts Heidelberg:
Vom Arbeitsamt anerkannte Wohlfahrts-
erwerbslose 3045 (3226) Personen.
Das Arbeitsamt zählte
(3209) Personen.
sonstige Arbeitsfähige
in Armenfürsorge
Kriegsbeschädigte
Kriegshinterbliebene
Zusatzrentenempfänger
Sozialrentner
Kleinrentner
Kleinrentner-Gleichgestellte
Jugendfürsorge
Zusatzunterstützungsempfänger:
Alu: 414
Kru: 438
Beim Arbeitsamt gemeldet:
Alu-Empfänger
Kru-Empfänger
925 Personen (915)
627 Parteien (581)
57
74
533
738
464
229
212
( 611)
(1550)
I« geschlossener Fürsorge (fremde Familien
und Anstalten) befanden sich:
von der allgemeinen Fürsorge 290 Pers. ( 265)
von der gehobenen Fürsorge 1279 Pers. (1270)
davon Jugendfürsorge 945 Pers. ( 929)
Zählt man die Familienangehörigen der in of-
fener Fürsorge stehenden Parteien, so wurden
am Stichtag von der Stadt insgesamt 18421 Per-
sonen (18 816) unterstützt. In obiger Aufstellung
sind nicht berücksichtigt: Fürsorgeerziehung in
eigener Familie, Schutzaufsichten, vorbeugende
Erziehungsfälle und die Fälle der Jugend-
gerichtshilfe, die Rechtshilfesachen, sämtliche
Amtsvormundschaften, Pflegschaften, Beistand-
schaften und die Fälle der gemeindewaisenrät-
lichen Tätigkeit. Nicht enthalten sind ferner die
Teilnehmer an den Schülerspeisungen und die
Besucher der Schulkinderhorte.
Im Monat November wurden weiter 727
(1256) Durchwanderer verpflegt, einmal unter-
stützt wurden 32 (33) Personen. Wochenfürsorge-
fälle hatte das Wohlfahrts- und Jugendamt am
Stichtag 49 (51) zu bearbeiten. Gutachten in
Alu- und Kru-Fällen im abgelaufenen Monat
750 (744). In Arbeitsfürsorge der Stadt stan-
den am Stichtag: Fürsorgearbeiter 719 (693),
Notstandsarbeiter 110 (45), Pflichtarbeiter 60
(28), Landhelfer 84 (84), Arbeitsdienstwillige in
hiesigen Lagern 282 (286).
Am Sonntag abend wurde von einem unvorsich-
tigen Kraftfahrer bei der Bahnüberführung
Rohrbacher Straße ein Signalmast der Straßen-
bahn angefahren und beschädigt.
Einsegnung der erweiterten kath. Kirche
in Handschuhsheim.
Am Sonntag vormittag vor dem Haupt-
gottesdienst versammelte sich die ganze Pfarr-
gemeinde vor der Kirche, um erst dann ins Got-
teshaus einzuziehen, nachdem Dekan Monsignore
Raab die Kirche von außen gesegnet hatte.
Alsdann fand im Innern die Einsegnung statt,
die ihren Höhepunkt erreichte im feierlichen
Auszuge des Allerheiligsten aus dem alten Hoch-
altar in das neue Chor. Das levitierte Hochamt
zelebrierte Stadtpfarrer Rudolf, der auch die
Predigt hielt, dem Pfarrer Nikolaus und
Kaplan Eindele assistierten. Fehlt auch in
der Ausschmückung der Kirche noch manches, so
war es doch für die Pfarrangehörigen eine große
Freude, nun in dem jetzt geräumig und über-
sichtlich gehaltenen Raume dem Gottesdienste an-
wohnen zu können. Im Hinblick auf die Kon-
sekration durch den Bischof, die wohl in Verbin-
dung mit der Albertus-Kirche stattfindet, wurde
von weiteren Feiern Abstand genommen.
Bei eingetretenem Schneefall und Glatteis
sind die Hauseigentümer verpflichtet, die Geh-
wege vor den Häusern von Schnee und Eis frci-
zuhalten und bei Glatteis die Gehwege und
Straßenübeigänge zu bestreuen. Wir verweisen
diesbezüglich auf die Bekanntmachung im An-
zeigenteil unserer heutigen Ausgabe.
Der Königstuhl meldet bei minus 2 Grad
wunderbaren Rauhreif.
Aus dem Stadtteil Schlierbach. Dem alten
schönen Brauch des Weihnachtssingens folgend,
zogen an 2 Abenden Schüler und Lehrer der
Schule Schlierbach hinaus aus die Gassen und
Plätze, um als Kurrende mit den Melodien der
Weihnachtszeit Weihnachten einzusingen. In zwei
Gruppen, von den kleinsten bis zu den größten,
huschten sie mit brennendem Weihnachtsstern und
lichtgeschmücktem Christbaum von Platz zu Platz,
und Tür und Fenster öffneten sich, wenn die
Hirtenflöte erklang und der Engelsspruch im
Sprechchor die Weihnachtsbotschaft verkündete.
Mancher mag im Augenblick die Sorgen des
Alltags vergessen haben angesichts der frohen
Jugendschar, die nichts anderes wollte, als
Festesfreude und Weihnachtshosfnung ausstreuen
in die Herzen der Menschen.
Aus dem Stadtteil Kirchheim. Eine schöne
und lobenswerte Dankespflicht unseren gefalle-
nen Helden gegenüber erfüllte am Weihnachts-
abend die NS-Frauenschaft von Kirchheim. Sie
zog mit der Kückengruppe zum Friedhof, stellte
vor den Kriegergräbern einen Weihnachtsbaum
auf und sang mit den Kleinen Weihnachtslieder.
SM. Theater
Die am ersten Weihnachtsfeiertag mit gro-
ßem Beifall aufgenommene Oper „Der Rosen-
kavalier" wird heute abend in Miete V erstmals
wiederholt.
Wohin gehen wir zu Sylvester? Selbstver-
ständlich zu dem großen Bunten Abend im Stadt-
theater: „Eine Hochzeitsreise". Lustiger Abschied
vom alten Jahr, höchstfideler Rutsch ins neue...
das brauchen Sie zu Sylvester und das finden
Sie beim Bunten Abend im Stadttheater.
Weihnachtsfeier der Volksschule Kirchheim.
Zu einer schlichten Weihnachtsfeier versammelten
sich am Samstag vor Weihnachten die Schüler
der Volksschule Kirchheim mit ihren Lehrern in
der Turnhalle. Schon am Abend vorher hatte
die Schule die Eltern eingeladen, um mit ihnen
in Wort, Spiel und Musik Weihnachten zu
feiern. Nachdem die Mitwirkenden am Weih-
nachtsspiel eingezogen waren, begrüßte Pg. Rek-
tor Lubberger die Anwesenden. „Schon un-
sere Vorfahren feierten die Monde der Sonne.
Auch wir haben eine Wende erlebt. 1932 ein in
Auflösung begriffenes, zerrissenes Volk, 1933 ein
unter einem Führer geeintes Volk." Der Red-
ner gab einen kurzen Rückblick auf die geschicht-
lichen Ereignisse des Jahres 1933. Er schloß
mit dem Wunsche, daß dis gewonnene Einheit
sich in Zukunft noch vertiefen möge. Anschließend
wurde ein deutsches Krippenspiel mit Musik und
Liedern aufgeführt. Die musikalische Leitung
hatte Hptl. Buttmi, die Spielleitung Frl.
Sauer übernommen. In drei Bildern spielte
sich die schlichte und doch so bedeutungsvolle Be-
gebenheit der Weihnacht vor den Augen der
gespannt folgenden Jugend ab. Der Himmel ist
mit der Ankunft des Heilandes weit aufgetan.
In einem Stall finden Maria und Josef mit
dem Kind Aufnahme. Indessen verkündet der
Engel den Hirten die Geburt des Heilandes.
Aus dem Morgenland kommen die drei Könige,
um das Christkind anzubeten. Der gewaltige
Herodes, der seine Macht bedroht fühlt, kann
dem Kindlein in der Krippe nichts anhaben.
Jede Szene wurde umrahmt von einem passen-
den Weihnachtslied, das von den Kirchheimer
„Engeln" weihnachtlich-innig gesungen wurde.
Das vorgeführte Krippenspiel war ein Stück
echter deutscher Innerlichkeit; so wurde es auch
von den jungen Spielern aufgeführt. Die Haupt-
darsteller, Schüler und Schülerinnen der 8. Klasse,
hatten sich in das Weihnachtsstück gut eingefühlt
und spielten wahr und ungekünstelt. In einem
Nachspruch wurde auf den Sinn des Spreles
hingewiesen: Die Kräfte der Heimat wirken zu
lassen. Die Arbeit aller an dem Gelingen der
Weihnachtsfeier Beteiligten muß lobend aner-
kannt werden. D.
Anerkennung: Herr Wilhelm Beisel sen.»
Sprengstoffe und Feuerwerkskörper, Bevg-
heimerstraße 127, erhielt von der Sprengstoff-
Zenkrale, vorm. Alfred Nobel, Berlin, das
Sprengmeister - Abzeichen nebst Urkunde in
Anerkennung seiner langjährigen Verdienste
um das Romperit C-Sprengkultur-Berfahren.
Dieses ist von hoher wirtschaftlicher Bedeutung
zum Sprengen vom Baumffubben. Neuanle-
gung von Wegen, Sprengung von Gestein in
Skeinbrüchen, Tieflockerung und Entsumpfung
des Bodens, Gewinnung von Oedland, Anle-
gung von Obstbäumen usw. Seit dem Jahre
1906 hak sich Herr Beisel sen. ununterbrochen
für das Romperit C-Sprengkulkur-Berfahren
eingesetzt.
Vom Heiöelverger Turnverein 1846. Der
Heidelberger Turnverein 1846 veranstaltet am
Freitag, den 29. Dezember ös. Js. abends
20.30 Uhr im Hörsaal des Physiologischen In-
stituts, Akaüemiestraße, einen Lichtbilöervor-
trag. Ein Fahrtteilnehmer des jetzt erst zu-
rückgekehrten Kreuzers Köln wird über die ein-
jährige Weltmeerfahrt sowie über die Bedeu-
tung der Auslanöfahrten unserer Reichsma-
rine sprechen. Auch Nichtmitglieder sind zu
diesem interessanten Vortrag herzlichst einge-
laöen.
Der Führer hat gewählt. ..
und Du standest auch an der Wahlurne und
erfülltest mit Freuden Deine deutsche Pflicht.
Ader glaubst Du, damit allein des Bolkskanz-
lers gewaltiges Werk gestützt zu haben? Die
Arbeitsbeschaffung aller "Sx Alls erfordert
auch Deine tätige Mithilfe. Sicher tätest Du
das gern und weißt vielleicht nur nicht, wie
Du das machen sollst. Die Aeichsleitung der
NSDAP hat nun die glänzende Idee gehabt
Dir einen Fingerzeig dazu zu geben, der so-
gar Dich persönlich zu einem großen Glück
führen kann:
Die Arbeiksbeschaffungslotterie der NS-
DAP, deren Ziehung schon am 29./30. Dezem-
ber 1933 statkfindet! Du brauchst nur eine
Mark für ein Los zu opfern, und Du kannst
— außer der Mithilfe zur Arbeit, für Deine
noch arbeitslosen Brüder und Freunde — hun-
derttausend Mark für Dich gewinnen.
„MeiNen"
Komödie in vier Akten von Alfred Kihn.
Paul Hörbiger hat Lei seinem Besuch unlängst
in Heidelberg richtig gesagt, daß es in den
Repertoires der deutschen Theater vor allen
Dingen an dem einen mangelt: an guten, deut-
schen Lustspielen. Es scheint tatsächlich — von
einigen Komödien unserer klassischen Meister ab-
gesehen — auch heute noch wenig Auswahl auf
diesem Gebiet zu geben. Die Komödie von Alfred
Kihn, die gestern abend hier erstmals über die
Bühne ging, ist zwar ein Stück, das recht er-
heitert und für zwei Stunden Unterhaltung
sorgt. Aber das, was wir von einer deutschen
Komödie verlangen, müssen wir auch hier gro-
ßenteils missen, nämlich das Geistig-witzige, das
uns französische Lustspieldichter tatsächlich in
vorbildlicher Weise geschenkt haben. In dem
Stück „Meiseken" ist diese Forderung nur in
einer einzigen Gestalt erfüllt, nämlich in dem
Assessor Tetzen, den Karl Fürstenberg ganz
hervorragend gab. Das überlegene und jeder
Situation gewachsene Hirn dieses „Lebenserfah-
renen" ist in der Tat der Mittelpunkt der Hand-
lung. Allerdings verstand es Fürstenberg auch
besonders gut, dieser ziemlich schwierigen Auf-
gabe Herr zu werden, wodurch die Zynik seiner
Worte noch in viel stärkerem Matze Farbe und
Leben erhielt, als der Stoff an sich vom
Autor mitbekam.
Am schwächsten ist ohne Zweifel der erste
Akt, der in seiner jeden Schmitz vermissenden
Entwicklung und Langatmigkeit enttäuscht. Wohl
am eingänglichsten ist dagegen der dritte Auf-
zug, in dem die zuerst nebeneinander verlaufen-
den Linien der drohenden Verwirrung aufeinan-
der prallen. Durch die während sämtlicher vier
Akte gleichbleibende Szenerie — ein Schankraum
in einer Wirtschaft zu Mückenwalde in der Nord-
mark — erhält das Stück eine Einheitlichkeit,
die anerkannt werden mutz.
Joseph Firm ans als Gastwirt Carchow
spielte außerordentlich natürlich diesen „ollen
waschlappigen Döskopf", ebenso Trude Kuhn,
dessen Gattin. Ferdinand Ost ermann als
Referendar Canisius war teilweise übertrieben
und zu gutgemeint „gespielt", was auch im Lust-
spiel durchaus nicht notwendig ist, wie Fürsten-
bergs Assessor beweist. Günther Vulpius gab
einen außerordentlich echten „Ackerbürger", wie
der Autor ihn zu nennen beliebt. Auch die Kalt-
schnäuzigkeit seiner Tochter Hedwig (Irene
Brüg gewann) ist erstaunlich gut. Gar nicht
einverstanden können wir mit Max Mairichs
Großonkel Meiseken sein. Zugegeben, diese Rolle
ist nicht leicht! Aber diesen 94jährigen Greis
(wir dürfen die Parallele mit dem Leben nicht
vergessen!!) direkt zu einem lächerlichen Ham-
pelmann werden zu lassen, das ist sicher weder
vom Autor vorgesehen, noch für einen Erfolg
des Stückes notwendig. Hier wird bedeutend
„gedämpft" werden müssen. Man kann sich kaum
vorstellen, daß ein nahezu Hundertjähriger so
zappelig und lebhaft mit Armen und Beinen um
sich schlägt, wie Max Mairich das darstellt. Die
Maskerade an sich ist ausgezeichnet. Vielleicht
dürfen wir hoffen, daß die Spielleitung (Martin
Baumann) hier mit der gewohnten sicheren
Hand eingreift und verbessert, was eine Kleinig-
keit sein dürfte.
Es ist bereits einleitend festgestellt wor-
den, daß es tatsächlich schwer ist, ein wirklich
durchschlagendes Lustspiel zu finden. Deshalb
erkennen wir an, daß man das Stück Kihns
ausgewählt hat, das übrigens eine recht nette,
juristische Angelegenheit aus dem Leben auf-
greift, über die aber hier nichts verraten wer-
den soll, da sich jeder selbst davon überzeu-
gen kann. Erich Lauer.
Schlotzlichtspiele. Nur noch heute läuft in den
Schlotzlichtspielen der Film „Betragen unge-
nügend" mit Anny Ondra und Karl Lamac.
Der „Kobold" Anny Ondra bringt als Schülerin
Vera Matties den weltfremden und richtig spie-
ßigen Professor Suchy (Karl Lamac) in hellste
Verzweiflung mit ihren tollen Streichen, bei
denen ihr eine ganze Mädchenklasse behilflich ist.
Schließlich aber wird aus diesem steifen und
zerstreuten Professor ein Mann, der auf einmal
das Leben mit andern Augen ansieht und das
„Aergernis" seiner Klasse wird seine Braut.
Der Film, der wirklich eine Reihe gelungener
Einfälle aufzuweisen hat, ruft wahre Lachstürme
hervor. Der heitere Vorfilm „Wintersport mit
Hindernissen" und die Berichterstattung aus aller
Welt, zusammen mit dem Streifen „Segelfliegen
in Rossitten" machen das Programm der Schloß-
lichtspiele wirklich empfehlenswert.
W k« U AWl
keicksluktseliutrdunck, Ortsgruppe ttelckelderg
Knmelckungen u. Auskünfte In äer Oesckskts-
stelle Nauptstraüs 197, Delekon 211
Donnerstag, de« 28. Dezember 1933
Sette y
Nalionaljozialismus -er Tal
Die Landesstelle Baden-Württemberg des
Reichsministeriums für Volksaufklärung und
Propaganda teilt mit:
Beispielgebend haben die Angestellten der
NSDAP München zu Weihnachten 5090 Lose
der 2. Geldlotterie für Arbeitsbeschaffung er-
worben.
Bekanntlich dient die Arbeitsbeschaffungs-
lotterie dazu, neue Arbeitsplätze zu schassen und
zu erhalten. Die Ziehung findet schon am 29./S9.
Dezember statt. Es ist also nur mehr wenige
Tage Gelegenheit gegeben, sich diesem Vorgehen
anzuschlictzen.
Anträge auf Unterstützung durch das Winter-
hilfswerk können ab 6. Januar 1934 bei den
bekannten Stellen wiederum gestellt werden.
Sprechstunden in der Kreisgeschäftsstelle- Wrede-
platz 3, täglich von 9—12 Uhr mit Ausnahme
von Samstags; nachmittags ist geschlossen.
Winterhilfswerk des Deutschen Volkes,
Kreisführung Heidelberg.
RS - Krkgsopferversorgung Orksgr. Hei-
delberg. Heute, Donnerstag, abend um 20.30
Uhr findet in der Stadthallenwirlschaft unsere
Monatsversammlung statt, wozu alle Mitglie-
der eingeladen sind. Erscheinen ist Pflicht.
Der Obmann.
Von der Ritterschaft der Deutschen Ehren-
legion. Am Sonntag, den 7. Januar 1934, nach-
mittags 4 Uhr, findet im oberen Saal des Hotel-
Restaurants zum „Schwarzen Schiff" in Neuen-
heim eine Feier zur Verleihung der „Deutschen
Ehrendenkmünze des Weltkrieges" statt, bei
welcher ca. 100 Kameraden, deren Gesuche ge-
nehmigt sind, neu dekoriert werden sollen. Schon
im August, September und Oktober 1933 konn-
ten ca 300 Kameraden von hier und Umgebung
ausgezeichnet werden. Alle diese Feiern stehen
unter dem Protektorat des Ehrenvorsitzenden der
Ritterschaft Heidelberg, Se. Exz. des Herrn Ge-
neralleutnant Neuber, hier, dessen Verdienste
um die gute und ehrenwerte Sache bei der letz-
ten Feier zu seiner Ueberraschung mit dem
Ritterkreuz" der Deutschen Ehrenlegion ver-
dientermaßen anerkannt worden sind. Die dies-
malige Veranstaltung am 7. Januar 1934 ist als
eine nachträgliche Weihnachtsfeier gedacht, bei
der den Kameraden einige abwechslungsreiche,
schöne Stunden bereitet werden sollen. Auch
Gäste, die Sinn haben für solche schlichte vater-
ländische Veranstaltungen, sind herzlich will-
kommen.
VoltzewEM
Schlägereien. Ueber die Weihnachtsfeiertage
kam es in verschiedenen Gegenden der Sadt zu
Schlägereien. In einem Fall konnte ein SS-
Mann rechtzeitig einschreiten und einem Mann
eine Selbstladepistole abnehmen, als dieser im
Begriff stand, davon gegen einen anderen Mann
Gebrauch zu machen.
Leichenländung. Am Sonntag vormittag
konnte die Leiche des am 21. Dezember 1933 im
Neckar ertrunkenen Mannes geländet werden.
Bis jetzt war es noch nicht möglich, die Perso-
nalien des Ertrunkenen festzustellen, da bei der
Leiche keinerlei Papiere vorgefunden wurden.
Taschendiebstahl. In einem hiesigen Waren-
haus wurde am Sonntag nachmittag einer Frau
ein Geldbeutel mit Inhalt entwendet.
Unvorsichtige Kraftfahrer. Am Sonntag früh
fuhr eine Kraftdroschke gegen die geschlossene
Bahnschranke am Römerübergang. Glücklicher-
weise ging es hier mit geringem Sachschaden ab.
Die FWorgeleWungen Ser SiaSI Heidelberg
am Stichtag 3052
701
1591
( 99)
( 68)
(549)
(741)
(543)
(191)
(215)
(389)
(395)
mit-1
Hei-
1933
vom
1933
Von der städtischen Pressestelle wird
geteilt: Die Fürsorgeleistungen der Stadt
delberg nach dem Stand vom 30. November
(die Zahlen in Klammern geben den Stand
31. Oktober 1933 an). Am 30. November
standen in lausender offener Fürsorge des Wohb
fahrts- und Jugendamts Heidelberg:
Vom Arbeitsamt anerkannte Wohlfahrts-
erwerbslose 3045 (3226) Personen.
Das Arbeitsamt zählte
(3209) Personen.
sonstige Arbeitsfähige
in Armenfürsorge
Kriegsbeschädigte
Kriegshinterbliebene
Zusatzrentenempfänger
Sozialrentner
Kleinrentner
Kleinrentner-Gleichgestellte
Jugendfürsorge
Zusatzunterstützungsempfänger:
Alu: 414
Kru: 438
Beim Arbeitsamt gemeldet:
Alu-Empfänger
Kru-Empfänger
925 Personen (915)
627 Parteien (581)
57
74
533
738
464
229
212
( 611)
(1550)
I« geschlossener Fürsorge (fremde Familien
und Anstalten) befanden sich:
von der allgemeinen Fürsorge 290 Pers. ( 265)
von der gehobenen Fürsorge 1279 Pers. (1270)
davon Jugendfürsorge 945 Pers. ( 929)
Zählt man die Familienangehörigen der in of-
fener Fürsorge stehenden Parteien, so wurden
am Stichtag von der Stadt insgesamt 18421 Per-
sonen (18 816) unterstützt. In obiger Aufstellung
sind nicht berücksichtigt: Fürsorgeerziehung in
eigener Familie, Schutzaufsichten, vorbeugende
Erziehungsfälle und die Fälle der Jugend-
gerichtshilfe, die Rechtshilfesachen, sämtliche
Amtsvormundschaften, Pflegschaften, Beistand-
schaften und die Fälle der gemeindewaisenrät-
lichen Tätigkeit. Nicht enthalten sind ferner die
Teilnehmer an den Schülerspeisungen und die
Besucher der Schulkinderhorte.
Im Monat November wurden weiter 727
(1256) Durchwanderer verpflegt, einmal unter-
stützt wurden 32 (33) Personen. Wochenfürsorge-
fälle hatte das Wohlfahrts- und Jugendamt am
Stichtag 49 (51) zu bearbeiten. Gutachten in
Alu- und Kru-Fällen im abgelaufenen Monat
750 (744). In Arbeitsfürsorge der Stadt stan-
den am Stichtag: Fürsorgearbeiter 719 (693),
Notstandsarbeiter 110 (45), Pflichtarbeiter 60
(28), Landhelfer 84 (84), Arbeitsdienstwillige in
hiesigen Lagern 282 (286).
Am Sonntag abend wurde von einem unvorsich-
tigen Kraftfahrer bei der Bahnüberführung
Rohrbacher Straße ein Signalmast der Straßen-
bahn angefahren und beschädigt.
Einsegnung der erweiterten kath. Kirche
in Handschuhsheim.
Am Sonntag vormittag vor dem Haupt-
gottesdienst versammelte sich die ganze Pfarr-
gemeinde vor der Kirche, um erst dann ins Got-
teshaus einzuziehen, nachdem Dekan Monsignore
Raab die Kirche von außen gesegnet hatte.
Alsdann fand im Innern die Einsegnung statt,
die ihren Höhepunkt erreichte im feierlichen
Auszuge des Allerheiligsten aus dem alten Hoch-
altar in das neue Chor. Das levitierte Hochamt
zelebrierte Stadtpfarrer Rudolf, der auch die
Predigt hielt, dem Pfarrer Nikolaus und
Kaplan Eindele assistierten. Fehlt auch in
der Ausschmückung der Kirche noch manches, so
war es doch für die Pfarrangehörigen eine große
Freude, nun in dem jetzt geräumig und über-
sichtlich gehaltenen Raume dem Gottesdienste an-
wohnen zu können. Im Hinblick auf die Kon-
sekration durch den Bischof, die wohl in Verbin-
dung mit der Albertus-Kirche stattfindet, wurde
von weiteren Feiern Abstand genommen.
Bei eingetretenem Schneefall und Glatteis
sind die Hauseigentümer verpflichtet, die Geh-
wege vor den Häusern von Schnee und Eis frci-
zuhalten und bei Glatteis die Gehwege und
Straßenübeigänge zu bestreuen. Wir verweisen
diesbezüglich auf die Bekanntmachung im An-
zeigenteil unserer heutigen Ausgabe.
Der Königstuhl meldet bei minus 2 Grad
wunderbaren Rauhreif.
Aus dem Stadtteil Schlierbach. Dem alten
schönen Brauch des Weihnachtssingens folgend,
zogen an 2 Abenden Schüler und Lehrer der
Schule Schlierbach hinaus aus die Gassen und
Plätze, um als Kurrende mit den Melodien der
Weihnachtszeit Weihnachten einzusingen. In zwei
Gruppen, von den kleinsten bis zu den größten,
huschten sie mit brennendem Weihnachtsstern und
lichtgeschmücktem Christbaum von Platz zu Platz,
und Tür und Fenster öffneten sich, wenn die
Hirtenflöte erklang und der Engelsspruch im
Sprechchor die Weihnachtsbotschaft verkündete.
Mancher mag im Augenblick die Sorgen des
Alltags vergessen haben angesichts der frohen
Jugendschar, die nichts anderes wollte, als
Festesfreude und Weihnachtshosfnung ausstreuen
in die Herzen der Menschen.
Aus dem Stadtteil Kirchheim. Eine schöne
und lobenswerte Dankespflicht unseren gefalle-
nen Helden gegenüber erfüllte am Weihnachts-
abend die NS-Frauenschaft von Kirchheim. Sie
zog mit der Kückengruppe zum Friedhof, stellte
vor den Kriegergräbern einen Weihnachtsbaum
auf und sang mit den Kleinen Weihnachtslieder.
SM. Theater
Die am ersten Weihnachtsfeiertag mit gro-
ßem Beifall aufgenommene Oper „Der Rosen-
kavalier" wird heute abend in Miete V erstmals
wiederholt.
Wohin gehen wir zu Sylvester? Selbstver-
ständlich zu dem großen Bunten Abend im Stadt-
theater: „Eine Hochzeitsreise". Lustiger Abschied
vom alten Jahr, höchstfideler Rutsch ins neue...
das brauchen Sie zu Sylvester und das finden
Sie beim Bunten Abend im Stadttheater.
Weihnachtsfeier der Volksschule Kirchheim.
Zu einer schlichten Weihnachtsfeier versammelten
sich am Samstag vor Weihnachten die Schüler
der Volksschule Kirchheim mit ihren Lehrern in
der Turnhalle. Schon am Abend vorher hatte
die Schule die Eltern eingeladen, um mit ihnen
in Wort, Spiel und Musik Weihnachten zu
feiern. Nachdem die Mitwirkenden am Weih-
nachtsspiel eingezogen waren, begrüßte Pg. Rek-
tor Lubberger die Anwesenden. „Schon un-
sere Vorfahren feierten die Monde der Sonne.
Auch wir haben eine Wende erlebt. 1932 ein in
Auflösung begriffenes, zerrissenes Volk, 1933 ein
unter einem Führer geeintes Volk." Der Red-
ner gab einen kurzen Rückblick auf die geschicht-
lichen Ereignisse des Jahres 1933. Er schloß
mit dem Wunsche, daß dis gewonnene Einheit
sich in Zukunft noch vertiefen möge. Anschließend
wurde ein deutsches Krippenspiel mit Musik und
Liedern aufgeführt. Die musikalische Leitung
hatte Hptl. Buttmi, die Spielleitung Frl.
Sauer übernommen. In drei Bildern spielte
sich die schlichte und doch so bedeutungsvolle Be-
gebenheit der Weihnacht vor den Augen der
gespannt folgenden Jugend ab. Der Himmel ist
mit der Ankunft des Heilandes weit aufgetan.
In einem Stall finden Maria und Josef mit
dem Kind Aufnahme. Indessen verkündet der
Engel den Hirten die Geburt des Heilandes.
Aus dem Morgenland kommen die drei Könige,
um das Christkind anzubeten. Der gewaltige
Herodes, der seine Macht bedroht fühlt, kann
dem Kindlein in der Krippe nichts anhaben.
Jede Szene wurde umrahmt von einem passen-
den Weihnachtslied, das von den Kirchheimer
„Engeln" weihnachtlich-innig gesungen wurde.
Das vorgeführte Krippenspiel war ein Stück
echter deutscher Innerlichkeit; so wurde es auch
von den jungen Spielern aufgeführt. Die Haupt-
darsteller, Schüler und Schülerinnen der 8. Klasse,
hatten sich in das Weihnachtsstück gut eingefühlt
und spielten wahr und ungekünstelt. In einem
Nachspruch wurde auf den Sinn des Spreles
hingewiesen: Die Kräfte der Heimat wirken zu
lassen. Die Arbeit aller an dem Gelingen der
Weihnachtsfeier Beteiligten muß lobend aner-
kannt werden. D.
Anerkennung: Herr Wilhelm Beisel sen.»
Sprengstoffe und Feuerwerkskörper, Bevg-
heimerstraße 127, erhielt von der Sprengstoff-
Zenkrale, vorm. Alfred Nobel, Berlin, das
Sprengmeister - Abzeichen nebst Urkunde in
Anerkennung seiner langjährigen Verdienste
um das Romperit C-Sprengkultur-Berfahren.
Dieses ist von hoher wirtschaftlicher Bedeutung
zum Sprengen vom Baumffubben. Neuanle-
gung von Wegen, Sprengung von Gestein in
Skeinbrüchen, Tieflockerung und Entsumpfung
des Bodens, Gewinnung von Oedland, Anle-
gung von Obstbäumen usw. Seit dem Jahre
1906 hak sich Herr Beisel sen. ununterbrochen
für das Romperit C-Sprengkulkur-Berfahren
eingesetzt.
Vom Heiöelverger Turnverein 1846. Der
Heidelberger Turnverein 1846 veranstaltet am
Freitag, den 29. Dezember ös. Js. abends
20.30 Uhr im Hörsaal des Physiologischen In-
stituts, Akaüemiestraße, einen Lichtbilöervor-
trag. Ein Fahrtteilnehmer des jetzt erst zu-
rückgekehrten Kreuzers Köln wird über die ein-
jährige Weltmeerfahrt sowie über die Bedeu-
tung der Auslanöfahrten unserer Reichsma-
rine sprechen. Auch Nichtmitglieder sind zu
diesem interessanten Vortrag herzlichst einge-
laöen.
Der Führer hat gewählt. ..
und Du standest auch an der Wahlurne und
erfülltest mit Freuden Deine deutsche Pflicht.
Ader glaubst Du, damit allein des Bolkskanz-
lers gewaltiges Werk gestützt zu haben? Die
Arbeitsbeschaffung aller "Sx Alls erfordert
auch Deine tätige Mithilfe. Sicher tätest Du
das gern und weißt vielleicht nur nicht, wie
Du das machen sollst. Die Aeichsleitung der
NSDAP hat nun die glänzende Idee gehabt
Dir einen Fingerzeig dazu zu geben, der so-
gar Dich persönlich zu einem großen Glück
führen kann:
Die Arbeiksbeschaffungslotterie der NS-
DAP, deren Ziehung schon am 29./30. Dezem-
ber 1933 statkfindet! Du brauchst nur eine
Mark für ein Los zu opfern, und Du kannst
— außer der Mithilfe zur Arbeit, für Deine
noch arbeitslosen Brüder und Freunde — hun-
derttausend Mark für Dich gewinnen.
„MeiNen"
Komödie in vier Akten von Alfred Kihn.
Paul Hörbiger hat Lei seinem Besuch unlängst
in Heidelberg richtig gesagt, daß es in den
Repertoires der deutschen Theater vor allen
Dingen an dem einen mangelt: an guten, deut-
schen Lustspielen. Es scheint tatsächlich — von
einigen Komödien unserer klassischen Meister ab-
gesehen — auch heute noch wenig Auswahl auf
diesem Gebiet zu geben. Die Komödie von Alfred
Kihn, die gestern abend hier erstmals über die
Bühne ging, ist zwar ein Stück, das recht er-
heitert und für zwei Stunden Unterhaltung
sorgt. Aber das, was wir von einer deutschen
Komödie verlangen, müssen wir auch hier gro-
ßenteils missen, nämlich das Geistig-witzige, das
uns französische Lustspieldichter tatsächlich in
vorbildlicher Weise geschenkt haben. In dem
Stück „Meiseken" ist diese Forderung nur in
einer einzigen Gestalt erfüllt, nämlich in dem
Assessor Tetzen, den Karl Fürstenberg ganz
hervorragend gab. Das überlegene und jeder
Situation gewachsene Hirn dieses „Lebenserfah-
renen" ist in der Tat der Mittelpunkt der Hand-
lung. Allerdings verstand es Fürstenberg auch
besonders gut, dieser ziemlich schwierigen Auf-
gabe Herr zu werden, wodurch die Zynik seiner
Worte noch in viel stärkerem Matze Farbe und
Leben erhielt, als der Stoff an sich vom
Autor mitbekam.
Am schwächsten ist ohne Zweifel der erste
Akt, der in seiner jeden Schmitz vermissenden
Entwicklung und Langatmigkeit enttäuscht. Wohl
am eingänglichsten ist dagegen der dritte Auf-
zug, in dem die zuerst nebeneinander verlaufen-
den Linien der drohenden Verwirrung aufeinan-
der prallen. Durch die während sämtlicher vier
Akte gleichbleibende Szenerie — ein Schankraum
in einer Wirtschaft zu Mückenwalde in der Nord-
mark — erhält das Stück eine Einheitlichkeit,
die anerkannt werden mutz.
Joseph Firm ans als Gastwirt Carchow
spielte außerordentlich natürlich diesen „ollen
waschlappigen Döskopf", ebenso Trude Kuhn,
dessen Gattin. Ferdinand Ost ermann als
Referendar Canisius war teilweise übertrieben
und zu gutgemeint „gespielt", was auch im Lust-
spiel durchaus nicht notwendig ist, wie Fürsten-
bergs Assessor beweist. Günther Vulpius gab
einen außerordentlich echten „Ackerbürger", wie
der Autor ihn zu nennen beliebt. Auch die Kalt-
schnäuzigkeit seiner Tochter Hedwig (Irene
Brüg gewann) ist erstaunlich gut. Gar nicht
einverstanden können wir mit Max Mairichs
Großonkel Meiseken sein. Zugegeben, diese Rolle
ist nicht leicht! Aber diesen 94jährigen Greis
(wir dürfen die Parallele mit dem Leben nicht
vergessen!!) direkt zu einem lächerlichen Ham-
pelmann werden zu lassen, das ist sicher weder
vom Autor vorgesehen, noch für einen Erfolg
des Stückes notwendig. Hier wird bedeutend
„gedämpft" werden müssen. Man kann sich kaum
vorstellen, daß ein nahezu Hundertjähriger so
zappelig und lebhaft mit Armen und Beinen um
sich schlägt, wie Max Mairich das darstellt. Die
Maskerade an sich ist ausgezeichnet. Vielleicht
dürfen wir hoffen, daß die Spielleitung (Martin
Baumann) hier mit der gewohnten sicheren
Hand eingreift und verbessert, was eine Kleinig-
keit sein dürfte.
Es ist bereits einleitend festgestellt wor-
den, daß es tatsächlich schwer ist, ein wirklich
durchschlagendes Lustspiel zu finden. Deshalb
erkennen wir an, daß man das Stück Kihns
ausgewählt hat, das übrigens eine recht nette,
juristische Angelegenheit aus dem Leben auf-
greift, über die aber hier nichts verraten wer-
den soll, da sich jeder selbst davon überzeu-
gen kann. Erich Lauer.
Schlotzlichtspiele. Nur noch heute läuft in den
Schlotzlichtspielen der Film „Betragen unge-
nügend" mit Anny Ondra und Karl Lamac.
Der „Kobold" Anny Ondra bringt als Schülerin
Vera Matties den weltfremden und richtig spie-
ßigen Professor Suchy (Karl Lamac) in hellste
Verzweiflung mit ihren tollen Streichen, bei
denen ihr eine ganze Mädchenklasse behilflich ist.
Schließlich aber wird aus diesem steifen und
zerstreuten Professor ein Mann, der auf einmal
das Leben mit andern Augen ansieht und das
„Aergernis" seiner Klasse wird seine Braut.
Der Film, der wirklich eine Reihe gelungener
Einfälle aufzuweisen hat, ruft wahre Lachstürme
hervor. Der heitere Vorfilm „Wintersport mit
Hindernissen" und die Berichterstattung aus aller
Welt, zusammen mit dem Streifen „Segelfliegen
in Rossitten" machen das Programm der Schloß-
lichtspiele wirklich empfehlenswert.
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