8sits 12
Kultur uud
Der „Gdenwälder Mozart
Ioseph MartLn Rraus (1756—1792)
Die Tatsache, datz der „Odenwälder Mozart", I.
M, Kraus, seine Meisterjahre grötztenteilg autzerhalb
Deutschlands verlebte, dürft« die meifte Schuld daran
tragen, daß ihn die deutfche Musikwelt noch sehr
wenig kennt. Lediglich in der Vaterstadt des Künst.
lers, in Buchen, wird seit einigen Jahren ihm
und seinen Werken Jnteresse entgegengebracht; im
Verlag des Buchener Bezirks-Museums, das eine
grotze Zahl von Andenken an Kraus und seine als
Malerin ebenfalls künstlerisch tätige Schwester Ma.
rianne bewahrt, erschien auch eine gute Biographie
von Karl Friedrich Schreiber. Wenn ich hier das
Wesentlichste über Kraus' Leben mitteile, so hoffe
ich, damit zugleich einer weitergehenden Wiederer.
weckung seiner Kunst zu dienen.
2n einem alten Patrizierhaus am Marktpatz zu
Miltenberg a. Main erblickte I. M. Kraus am 20.
Iuni 17S6, also S Monate später als Mozart, das
Licht der Welt. Sein Vater Joseph Bernhard Kr.
war kurfürstlich-mainzischer Rentomtmann. Joseph
Kraus war schon in seiner Kindheit autzerordentlich
aufgeweckt und zeigte früh grotze musikalische Bega-
bung. Mit S Jahren kam er in Buchen in die La.
teinschule und erhielt gleichzeitig vom Kantor Wend.
ler Klavier. und vom Schulrektor Pfister Violinun.
terricht. Jm Alter von 12 Jahren kam der junge
Kraus nach Mannheim in das Jesuitengymnasium
und Musikseminar, wo er in dem späteren kurpfälzi.
schen Eeheimrat Prof. Klein einen ausgezeichne.
ten begeisternden Lehrer sür deutsche Geschichte und
Literatur hatte. Jn der Mustk wurde Pater Keck
fein wichtigster Lehrer, der sich ebenso wie Professor
Klein noch in späteren Jahren begeistevt Lber ihn
äutzerte. Auch mit dem berühmteN Abt Vogler kam
Kraus in Berührung. Nach dem Vorbild von Vog-
ler und andern Meistern begann er schon in Mann.
heim mit eigenen Kompositionsversuchen. Ein Kon-
zert für 2 Violinen wurde in der Kirche aufgeführt,
kleine Symphon-ien und Quartette waren noch im
Jahre 1800 im Vefitz seines alten Lehrers Pfister in
Vuchen. Jn Mannheim, das damals die Mufik.
stadt Süddeutschlands war, «rhielt Kraus eine gute
musikalisch« Ausbildung.
Nach Absolvierung von 8 Klassen der Mannhei.
mer Slhule kam Kraus 1773 nach Mainz, hörte an
ser dortigen kurfürstlichen Universität einen Kursus
Philosophie, war aber von den Zuständen an dieser
Vildungsanstalt nicht besonders erbaut, wie ein«
von ihm verfatzte satyrische Schrift „Wie der in
leksten Zllgen liegenden sogenannten Mainzer Uni.
versität noch aufzuhelfen sei" beweist. Da auch sein
Vater wünschte, daß sein ältester Sohn dereinst fein
-Änttsmrchfolger werden sollte, so siedelte er im fol.
genden Jahre nach Erfurt über, um Jura zu studi«.
ren. Datz er aber auch hier di« Musik bevorzugte,
ist sicher; er lernte K. P h. E m. B a ch in Hamburg
kennen und schrieb ein Requiem.
Jnzwischen war aber sein Vater infolge «iner
gehässigen Denunziation vom Dienste suspendiert
worden; nach einem dreijährigen Prozetz wurde ihm
zwar Genugtuung, zunächst aber mutzte er seinen
Sohn nach Buchen zurückrufen, wo dieser vom No.
vember 1775 bis November 1776 verblieb. Als
einen flammenden Protest gegen mitzbrauchte Für.
stenmacht vsrfatzte Kraus ein dreiaktjgcs, in feuriger
Sturm. und Drang.Stimmung geschriebenes Trauer.
spiel „Tolon", gedr. in Frankfurt 1776. Für die
Vuchener Kirchen entstanden zwei Oratorien.
Jn Eöttingen, das Kraus 1776 zur Veendigung
feines Studiums aufsucht«, folgten in kurzer Zeit
eine Kantate und zwei grotze Symphonien; sechs
neue Streichqartette waren das erste gedruckte Kom.
positionswerk. Neben dem grötzten Teil seiner
erstcn, unaufgeführt gebliebenen Oper „Azire" schus
er in'dieser Zeit noch eine musikalische Schrist: „Et.
was von und über Musik fürs Jahr 1777". Jhr Jn-
halt richtet sich vor allem gegen Schematismus, Un.
natur und Effekthascherei, uNd es ist amüsant, zu
lesen, wie humoristisch Kraus manche damaligen
„Erötzen", besonders aus den Kreisen der Theore.
tiker, aburteilt.
Nach mancherlei fehlgeschlagenen Versuchen, eine
Anftellung zu finden, die in ihm die Ueberzeugung
ousbildete, datz im Vaterland und bei deutschen
Fürsten für ihn keine Aussichten seien, reiste er zu-
sammen mit seinem Kommilitonen Carl Strids.
berg, dem Verfasser des Textes zu der ersten Oper
„Azire", nach dessen Vaterland Schweden, wo nach
Stridsbergs Schilderungen glänzende Musikverhält.
nisfe vorhanden sein mutzten. Hier mutzte er aber
erst nochmals 3 Jahre der bittersten Enttäuschun.
gen verbringen; nach langen Kämpfen und nachdem
er bereits tief in Schulden geraten war (er nannte
sich in einsm Brief „eine lebende Hypothek!) er.
ryng er den ersten Sieg mit der vom derzeit bedeu-
tendsten schwedischen Dichter Johann Henrik
Kellgren (17S1-17PS) versatzten Qper „Pro.
serpina". Er erhielt nun das Amt eines zweiten
Kapellmeisters (erster war der Jtaliener Francesco
Uttini) und sollt« im folgenden Jahre eine Reise
durch Deutschland, Frankreich und Jtalien machen,
die Theaterverhältnisie studieren und nach seiner
Rückkehr eine Musikakademie leiten.
Eine grotze Anzahl erhaltener Briefe an seine
Eltern und an Freund« in Deutschland und Schwe.
den gibt Aufschlutz über den Verlauf dieser Reise
nnd Lber Kraus' Eindrllcke. In Berlin fand er das
Deutsche Nationaltheater „elend gebaut und elend
besetzt" Ueber Dresden, Leipzig und Erfurt fuhr er
nach Königstein im Taunus, feierte dort mit den
Seinen-das Weihnachtsfest, besuchte Mannheim und
Franlfurt, setzte im Febru-k 1783 über Regensburg,
den Sitz des damaligen Reichstages, und München
seine Reise fort und kam am 1. April in Wien an.
Jn Wien verkehrt« Kraus mit Gluck, Haydn,
Albrechtsberger und Salieri; besonders von Gluck
schreibt er in den Ausdrücken höchster Verehrung.
Auch dem Kaiser Joseph n. wurde er vorgestellt.
FLr Haydn schrieb er in Wien seine beste Sympho.
nie in e-moll, die, später geradezu als Vorläuferin
von Deethooens Eroika bezeichn-et, schon nach den
ersten Aufführungen durch die Esterhazzi.Kapelle
unter Haydns Leitung (weiterhin in Paris, Leip.
zig und Stockholm) grotzen Erfolg hatte und in der
„Allgemeinen musikalischen Zeitung" im Oktober
1798 eine sehr günstige Besprechung fand. Jm Ok.
tober 1783 setzte Kraus seine Reise fort und ge.
langte über Graz und Triest nach Venedig, von
wo aus er wieder viel zu berichten hat. Jn Vo.
logna, wo er den berühmtestsn Theoretiker jener
Zeit, Padre Martini (1706—1781), und die aca-
demia filarmonica bewunderte und ein Te Deum
schrieb, wurde Kraus von dem Maler Pomaroli
porträtiett; das Original befindet sich jetzt im Buche-
ner Museum. Ueber Florenz, wo er seinen König
traf, fuhr er weiter nach Rom, wohnte einer vom
Papst zelebrierten Mesie. bei und wurde diesem
vorgestellt. Neapel, wo Kraus Mitte Februar
1781 ankam, wurde der Wendepunkt seiner Reise,
die nun nach Frankreich gerichtet werden sollte. Er
berichtet über den elenden Zustand der Bevölkerung,
über seine Besteigung des Vesuvs, besonders über
die musikalischen Zustände an Oper und Kirche. die
«r ziemlich schlecht findet. Von den lebenden Kom-
ponlsten lobt er nur Domenico Cimarosa (1719 bis
1861), der „für seine jungen Jahre ungemein viel
schon zusammengeschmiert" habe.
Die Weiterreise Lber Pisa, Livorno ging bis
Marseille zu Schiff vor stch. Am 27. Januar 1781
langte Kraus in Paris an; auch sein König war
hier amvesend und diesem zu Ehren fand eine grotze
Zahl von Festaufführungen statt: Kraus hörte hier
Elucks „Jphigenie", Mozarts „Entführung", Picci.
nis und Eretris Opern, sowie Haydns Symphonien
in vorzüglicher Wiedergabe. Er selbst schuf 2 So.
naten für Violine und Klavier, die er einem Fräu-
lein von Vern in Wien widmete, die der Gegen.
stand seiner ersten tiefen Liebe gewesen ist. Auch
eine Symphonie in Ls-dur und eine Zwischenakts.
und Ballettmusik zu MoliSres Komödie „Amphy.
tryon" nach dem Entwurf und auf Worte des
Königs Gustav III., die im Schlotztheater zu Drott-
ningsholm oft gegeben wurde, entstanden in Paris.
Von hier aus fuhr Kraus zu dem grotzen dreitägigsn
Händelfest nach London und reiste nach einem zwei.
ien kürzeren Aufenthalt in Paris im August 1786
Lber Frankfurt, wo seine Schwester Marianne lebte,
nach Amorbach zu den geliebten Eltern. Jm Sep.
tember bereits mutzte er wieder — und diesmal fllr
immer! — Abschied nehmen und über Stralsund und
Rügen nach Stockholm zurückkehren.
Hier aber war unterdessen eine bedeutende Ver.
änderung vorgefallen: Der bisherige Theaterinten.
dant Varon Zibet, Kraus' wichtigster Protektor und
Eönner, war in Ungnade gefallen und durch den
Freiherrn Eust. Mauritz Armfeldt ersetzt worden;
dieser hatte den damals hochberllhmten Abt Vogler
als „Chef de la musique" berufen und die Kraus
versprochene Stelle diesem mit 1500 Dukaten Jahres-
gehalt bei 6 Monaten Urlaub im Jahr (!) gegeben.
Kraus macht« gute Miene zum bösen Spiel, wurde
sogar mit Vogler befreundet. Die Aufführung der
erwähnten Musik zu MoliSres „Amphytryon" stärkte
wieder seine Stellung: Er wurde im Januar 1788
zum Leiter der neu errichteten musikalischen Aka.
demie erwannt und erhielt kurz darauf den Titel
Hofkapellmeister. Er hatte nun ein reiches Arbeits.
feld, schrieb eine Oper „Soliman", die im Verlaufe
eines Vierteljahres einunddreitzigmal gegeben wurde,
ein grotzes Pantomimen-Vallett zu Glucks „Armida",
einige weitere Zwischenattsmusiken sowie ernzes^
Arien und Lhöre zu verschiedenen Dramen, °
Symphonie per la chiesa für die ReichstagsIH^
feier in der Stockholmer Haupkirche. Zu der D"
fcier für den 1792 ermordeten König Gustao ^
cntstanden eine herrliche Trauersymphonie
Trauerkantate. Eine grotze Zahl von Liedern, K §
mermusikwerken, Kantaten und anderen kirchllai
Vokalwerken folgten in' unglaublich kurzer Z.e^-
Aber wie Mozart hatte auch Kraus ^
sundheit untergraben; schon gegen Ende der
reise klagt er in seinen Vriefen übe'r Hals-
Brustleiden. Seine Lebenskraft brach nun
phal zusammen! Er selbst wutzte offenbar aistst, ^
er Lungentuberkulose hatte. Am 5. Dezember ^ ^
war Mozart, den Kraus leider nie persönlich
kennen lernen können, in Wien gestorben. ^Kt
komponierte eine Elegie „öfver Mozarts döi>".
schon genannte Trauermusik zum Tode Eustao
war sein letztes Werk, zugleich eines seiner hort- ,
sten. Am 15. Dezember 1792, ein 2ahr nach Dlöz ^
starb der noch so junge Meister. Sein bedeutentl.
Werk, die gigantische Oper „Dido und Aeneas' .
erst 7 Iahre nach seinem Tode mit autzerorde
lichem Erfolg zur Aufführung. ^
Auf dem Grabdenkmal des Meisters ^ohsa
Worte: „Hier das Jrdische von Kraus, das H'M
lische lebt in seinen Tönen."
Lebendige Literaturgeschichte
WLe und Ln welchem Umfang treiben wir Volkskunde?
Die Beantwortung der Frage, wie und in
welchem Umfange Literaturgeschichte auf der
deutschen Schule zu treiben sei, machte den Zünf-
tigen schon immer Kopfzerbrechen. Jn der Epoche
des Historismus verwirrte ein Wust von Zqhlen,
Namen und Jnhaltsangaben die Köpfe der gequäl-
ten Schüler: Aufgeben und Abfragen vermittelten
meist nur trockene Kenntnisse.
Dann folgte die „geistes. und seelengeschichtlich"
eingestellte Richtung, die in dem Literaturhistori-
ker Eundolf ihren höchsten Schutzpatron sah. Ein
endloses Zerreden und Zerpflücken deutscher Lite-
raturwerke setzte in der Schule ein. Private Dia-
lektik der Lehrer und der Schüler machte sich breit.
Man ging den „metaphysischen Strahlungen" der
deutschen Dichtung nach und erklärte es schlankweg
als einen groben Jrrtum, datz Dichter und Dichtung
vor allem abzuleiten seien aus Rasse, Umgebung
und Erlebnis. Eine Unmenge von Literatur aus
der positivistischen, historisch-philologischen und gei-
steswiffenschaftlichen Schule vergrötzerte die Unsi-
cherheit. Jn diesen Wirrwarr der Meinungen und
Auffassungen endlich Klarheit und Zielstrebigkeit
zu bringen, ist Aufgabe der neuen Schule.
Was der Führer als Grundlage jeder geschicht-
lichen Ausbildung betrachtet, das mutz auch für
die Literaturgeschichte gelten: Es wird darauf an-
kommen, datz die Schüler aller Schulgattungen
Drerklang deutschen Nlesens / Drer Begegnungm
potsdam
Sanssouci. Es ist wieder einmal Mai. Der
Park um das Schlotz blüht, die Fliederbüschs leuch-
ten und duften schwer in den goldenen Nachmittag.
dis Herzen der Kastanienblüten stehen schon müde
und fruchtgesegnet auf den grünen Fächern der
Blätterarme. Der bohe mächtige Strahl der Fonl-
täne schwankt wie eine gläserne Säule in der Him-
melbläue. Die Vögel rufen und antworten in den
hohen Hallen der llvvigen alten Bäume, der Rot-
buchenkuppeln, die sich in die grüngoldenen Val-
dachine der Linden und Eichen verschränken.
Starr und weitz ragen dazwischen. in all dem
lachenden blühenden Leben, die Statuen des grohen
Königs. Sie vollführen grohe Eesten und mäch-
tige Gewaltakte. sie lächeln süh und höfisch, sie
kokettieren mit einer gezierten Anmut, wie man
sie im Zeitalter des Zopfes übte. Sie sind die mar-
morne Beständigkeit, steif und unwandelbar stehen
sie, festgebannte Eespenster. halten die Pose, die
Eeste, das Lächeln. Jahrhundertelang.
Und in der Maiensonne des nachmittäglichen
Parkwinkels meint man den Alten, den „Löwen"
von Sanssouci., vor einer der ungebärdigen Schö-
nen, die in den Armen eines Satyrn zavvelnd er-
starrte, stehen zu sehen. Da. wo der Marmor einen
Ritz bekam, da wächst jetzt ein Büschel grünes Le-
ben hervor. Der Gärtner hat es noch nicht gesehen.
Und darauf ruht das Lächeln im alten Auge dss
Königs. „Man soll es pflegen", murmeln seine
Livven, „man loll es hegen. Denn es ist das Lr-
bendige".
Vor anderthalb Jahrhunderten hatte er das-
selbe an derselben Stelle gesagt, als der Eärtner
die Statue säubern wollte von dem einsewachsenen
Grün. weil sie sonst ko alt aussähe. „Laßt es doch
sein", murmelte der König damals, „wollt Jhr
denn nicht auch alt werden?"
weimar
Im Garten von Goethes Eartenhaus. Hinter
dem kleinen Hause stehen hohe Bäume im Halb-
kreis. Sie bilden ein Dach über dem Platze, wo
der steinerne Tisch steht. Es ist Frllhsommer. Alles
leuchtet in Blüte. Die hohen Bäume wersen tiefe
Schatten. Hinter dem kleinen, schlichten grauen
Hause, darin er an der „Jphigenie" und am
„Tasio" schrieb, ist es ganz still um diese Mittags-
stunde. Drautzen summen die Bienen. Die Luft ist
sütz und mild. Man kann vergesien. . . viel ver-
gessen an dieser Stätte. . .
Und dann kommt es wie eine volle und tiefe
Stimme zu einem. „Jch habe die Bäume alle
eigenhändig gepflanzt, ich habe di» Freude gehabt,
sie heranwachsen zu sehen, und nun genietze ich
schon seit geraumer Zeit die Eryuickung ihrcs Schat-
tens. Das Laub dieser Eichen und Buchen ist der
mächtigsten Sonne undurchdringlich: ich sitze hier
gern an warmen Sommertagen nach Tisch, wo
dann auf diesen Wiesen und aus dem ganzen Park
umher ost eine Stille herrscht. von der die Alten
sagen würden: dah der Pan schlase."
Heidelberg
Jm Schloßgarten. Sommertag mit Quellenrau-
schen und der summenden Stille des Mittags. Die
Luft ist golden, die Ferne tiesblau, über den Wie-
sen und Hecken, den Wegen und Terasien stehen dio
efeuberankten Mauern riesig und grau wie die
Kulisscn einer gigantischen VLHne. Durchs Vlätter-
gewirr schimmert drüben rötliches Mauerwerk.
sandsteinrot ist das ganze Land, daraus das zer-
fallene Schloh wächst wie eine riesige Erotte, dar-
in DLmonen gewlltet. Versöhnend hüllt üppigstes
Wachstum die Trümmer der gesprengten Mauern
ein.
Auch hirr schläft Pan zu dieser Stunde. Unten
summt die Stadt. Doch hier oben, in diesem Zau-
bergarten südlicher Pracht und duftender Fiille,
dichtet die Vergangenheit mit an dem hohen Bild,
das die Zukunft erfüllen soll, und von dem der
grohe Dichter kllndet, der dort im Schatten des
Parkweges vorübergeht . . . der die Heimat fand.
als er die Ferne überwältigt hatte . . . der heim-
kehrte zum Rhein, in diese Täler. auf diese geseg-
neten Höhen:
Schon lockt nicht mehr das Wunder der Lagunen
Das allumworbene, trümmergrohe Rom
Wie herber Eichen Duft und Rebenblüten
Wie sie die deines Volkes Hort behüten —
Wie deine Wogen — lebengrüner Strom!
Vorüber ging er, der Seher und Vordeuter
eines „Neuen Reiches", der Mahner und Veräch-
ter, der das Eesetz gab unterm „Stern des Bun-
des" Stefan Eeorge . . .
Unsterbliches Heidelberg — unsterblich verbun-
den mit seiner Eestalt!
Wer durch diese drei Gärten ging, wer durch
Potsdams Park, durch Eoethes Earten in Weimar
hin zu Heidelbergs Quellenrauschen unter den
Efeumauern des Traumschlosses der Dichter und
Seher wanderte: — der hat den Dreiklang unserer
Seele erlauscht, wo er am reinsten klingt.
Curt Hotzel.
ihrem Lebensalter entsprechend durch eine
tische Schulung an d i e Kräfte langsam und zt
sicher herangeführt werden, die Ursachederl
terarischen Wirkungen stnd. Die SrkenN
nis, datz jede Kunst, auch die literarische, M.r
Endes völkisch gebunden ist, mutz jedem Sch"s
allmählich zum Vewutztsein kommen. Nietzsches^ ^
in der so zeitgemätzen Abhandlung „Vom Rütz
und Nachteil der Historie für das Leben": „D
Eeschichte gehört dem Bewahrenden und Per^^„,
den — dem, der mit Treue und Liebe dorthin
rückkehrt, woher er kommt, worin er geworden u '
findet seine letzte Erfüllung in einer Literatuk ^
trachtung, die die Wurzeln deutschen Wesens a ^
deckt. Denn gerade in den Kunstwerken der
Seels
schen Literatur offenbart sich die deutsche
durch Form und Inhalt am reinsten und unM
telbarsten. Literaturgeschichte darf nicht allein
lehren, ste mutz vielmehr die Tätigkeit des Etle
nenden vermehren oder beleben, mutz die Wet
offenbaren werden lassen, um welche die deuftM
Seele von Anbeginn zum Nutzen oder zum Schaa
des deutschen Volkstums gerungen hat. mit eisw
Wort: Das E wigd e u t s ch e'A,Eegenstand e'"
solchen Vetrachtungsweise! Däs 'reLn Eeschichkli^,
erklärt und erläutert. Künstler und Kunstwerk!
hen in der Zeit als Bejaher oder Verneiner.
Diese Aufgabe, die der völkische Staat der
raturgeschichte stellt, ist schwer zu lösen; sie oerw
in gleicher Weise Geduld und Geschicklichkeit
Unterrichtenden. Waz die Volksschule allmM ^
reifen lätzt, das wird im Ilnterricht der
Schule, insbesondere von Obersekunda ab, zum .j
ren Bewutztfein crhoben. Die Erziehung zum uf ^
zum bejahenden und ablehnenden, vollzieht 'sich
mehreren Stusen, die dem Alter der Schüler ^ ^
sprechen. Eine sorgfältige Auswahl von
stücken tn
dert von
Liter
sök'
m gebunoener uno ungebunoener
r der Volksschule ab diese Art kritism^,
__atur b e t r a ch t u n g, die im Dienste,"^
völkischen Lebens steht. Wir lächelten vordem "
den „literarischen Kanon" der Franzosen und lsm
länder, die für die Prüfungen aller SchulgattuMN
die Kenntnis bestimmter Schriststeller und bestim^
ter Literaturwerke verlangen. Aber wir selbst §
fielen in den entgegengesetzten Fehler, datz w>r .
der Schul« häufig genug wahl. und ziellos den a
meinen Literaturrummel mitmachten: Wieviel '
bare Zeit wurde beispielsweise auf RemarqueS ^
alias Kramers — Kriegsroman „Jm Westen
Neues" verwendtt — auf Kosten der wtt'. ^
we 1 tv 0 llen Literatur. Es ist notwendig,
diese Willkllr der Stoffauswahl, der die natiaim^
sozialistische Revolution wie so vielem anderen ,
Ende gesetzt hat, endgültig aus der Schule versch^j,
dtt. Verkehrt allerdings wäre es, wenn man,
dies in der letzten Zeit häufiger vorgeschlagen wu^
für die einzelnen Klassen einen verbindlim ^
Lektllrenplan einführen wollte. Selbständigkrii
schon immer das Vorrecht des verantwortungsv"
Lehrers. Verlangt mutz allerdings werden, datz ^
die Deutschlehrer vor allsm mit jenen Werken.^
.. ^
oe''
ragender Weise offenbaren. Dsr Umgang mn
Grotzen unserer Literatur schärft das kritische u
gibt Vergleich und Anretz. Die Werke der
und der neuen Zeit stehen gleichberechtigt nebem^z
ander; die Wahl wird einzig und allein best'M^
von der grotzen Absicht des Deutschlehrers, deu i
Schicksal durch die Werke der Literatur lebe
werden zu lassen.
So erweitert sich L'teraturgeschichte zur P?.^t
deutschen Literatur besHäftigen, die durch
Form und ihren Jnhalt deutschss Wesen in h^
kunde in des Wortes höherer Bedeutung: Sie. ^
durch wertvolle Denkmäler deutschen Schrlft^,
mitten hinein in das blühende Leben der R" -zg
gibt ein klares Bild von den Entwicklungsü"^,
deutschen Kulturwillens von Anbegrnn bis lü^,
ordnet und deutet, bejaht und lehnt ab. ^iter" ^
geschichte wird ein bedeutsames Mittel zu dem S'
allgemeinen Zweck völkischer Selbstprllfüng^
SelbWehauptung.
Dr. Ä-
Kultur uud
Der „Gdenwälder Mozart
Ioseph MartLn Rraus (1756—1792)
Die Tatsache, datz der „Odenwälder Mozart", I.
M, Kraus, seine Meisterjahre grötztenteilg autzerhalb
Deutschlands verlebte, dürft« die meifte Schuld daran
tragen, daß ihn die deutfche Musikwelt noch sehr
wenig kennt. Lediglich in der Vaterstadt des Künst.
lers, in Buchen, wird seit einigen Jahren ihm
und seinen Werken Jnteresse entgegengebracht; im
Verlag des Buchener Bezirks-Museums, das eine
grotze Zahl von Andenken an Kraus und seine als
Malerin ebenfalls künstlerisch tätige Schwester Ma.
rianne bewahrt, erschien auch eine gute Biographie
von Karl Friedrich Schreiber. Wenn ich hier das
Wesentlichste über Kraus' Leben mitteile, so hoffe
ich, damit zugleich einer weitergehenden Wiederer.
weckung seiner Kunst zu dienen.
2n einem alten Patrizierhaus am Marktpatz zu
Miltenberg a. Main erblickte I. M. Kraus am 20.
Iuni 17S6, also S Monate später als Mozart, das
Licht der Welt. Sein Vater Joseph Bernhard Kr.
war kurfürstlich-mainzischer Rentomtmann. Joseph
Kraus war schon in seiner Kindheit autzerordentlich
aufgeweckt und zeigte früh grotze musikalische Bega-
bung. Mit S Jahren kam er in Buchen in die La.
teinschule und erhielt gleichzeitig vom Kantor Wend.
ler Klavier. und vom Schulrektor Pfister Violinun.
terricht. Jm Alter von 12 Jahren kam der junge
Kraus nach Mannheim in das Jesuitengymnasium
und Musikseminar, wo er in dem späteren kurpfälzi.
schen Eeheimrat Prof. Klein einen ausgezeichne.
ten begeisternden Lehrer sür deutsche Geschichte und
Literatur hatte. Jn der Mustk wurde Pater Keck
fein wichtigster Lehrer, der sich ebenso wie Professor
Klein noch in späteren Jahren begeistevt Lber ihn
äutzerte. Auch mit dem berühmteN Abt Vogler kam
Kraus in Berührung. Nach dem Vorbild von Vog-
ler und andern Meistern begann er schon in Mann.
heim mit eigenen Kompositionsversuchen. Ein Kon-
zert für 2 Violinen wurde in der Kirche aufgeführt,
kleine Symphon-ien und Quartette waren noch im
Jahre 1800 im Vefitz seines alten Lehrers Pfister in
Vuchen. Jn Mannheim, das damals die Mufik.
stadt Süddeutschlands war, «rhielt Kraus eine gute
musikalisch« Ausbildung.
Nach Absolvierung von 8 Klassen der Mannhei.
mer Slhule kam Kraus 1773 nach Mainz, hörte an
ser dortigen kurfürstlichen Universität einen Kursus
Philosophie, war aber von den Zuständen an dieser
Vildungsanstalt nicht besonders erbaut, wie ein«
von ihm verfatzte satyrische Schrift „Wie der in
leksten Zllgen liegenden sogenannten Mainzer Uni.
versität noch aufzuhelfen sei" beweist. Da auch sein
Vater wünschte, daß sein ältester Sohn dereinst fein
-Änttsmrchfolger werden sollte, so siedelte er im fol.
genden Jahre nach Erfurt über, um Jura zu studi«.
ren. Datz er aber auch hier di« Musik bevorzugte,
ist sicher; er lernte K. P h. E m. B a ch in Hamburg
kennen und schrieb ein Requiem.
Jnzwischen war aber sein Vater infolge «iner
gehässigen Denunziation vom Dienste suspendiert
worden; nach einem dreijährigen Prozetz wurde ihm
zwar Genugtuung, zunächst aber mutzte er seinen
Sohn nach Buchen zurückrufen, wo dieser vom No.
vember 1775 bis November 1776 verblieb. Als
einen flammenden Protest gegen mitzbrauchte Für.
stenmacht vsrfatzte Kraus ein dreiaktjgcs, in feuriger
Sturm. und Drang.Stimmung geschriebenes Trauer.
spiel „Tolon", gedr. in Frankfurt 1776. Für die
Vuchener Kirchen entstanden zwei Oratorien.
Jn Eöttingen, das Kraus 1776 zur Veendigung
feines Studiums aufsucht«, folgten in kurzer Zeit
eine Kantate und zwei grotze Symphonien; sechs
neue Streichqartette waren das erste gedruckte Kom.
positionswerk. Neben dem grötzten Teil seiner
erstcn, unaufgeführt gebliebenen Oper „Azire" schus
er in'dieser Zeit noch eine musikalische Schrist: „Et.
was von und über Musik fürs Jahr 1777". Jhr Jn-
halt richtet sich vor allem gegen Schematismus, Un.
natur und Effekthascherei, uNd es ist amüsant, zu
lesen, wie humoristisch Kraus manche damaligen
„Erötzen", besonders aus den Kreisen der Theore.
tiker, aburteilt.
Nach mancherlei fehlgeschlagenen Versuchen, eine
Anftellung zu finden, die in ihm die Ueberzeugung
ousbildete, datz im Vaterland und bei deutschen
Fürsten für ihn keine Aussichten seien, reiste er zu-
sammen mit seinem Kommilitonen Carl Strids.
berg, dem Verfasser des Textes zu der ersten Oper
„Azire", nach dessen Vaterland Schweden, wo nach
Stridsbergs Schilderungen glänzende Musikverhält.
nisfe vorhanden sein mutzten. Hier mutzte er aber
erst nochmals 3 Jahre der bittersten Enttäuschun.
gen verbringen; nach langen Kämpfen und nachdem
er bereits tief in Schulden geraten war (er nannte
sich in einsm Brief „eine lebende Hypothek!) er.
ryng er den ersten Sieg mit der vom derzeit bedeu-
tendsten schwedischen Dichter Johann Henrik
Kellgren (17S1-17PS) versatzten Qper „Pro.
serpina". Er erhielt nun das Amt eines zweiten
Kapellmeisters (erster war der Jtaliener Francesco
Uttini) und sollt« im folgenden Jahre eine Reise
durch Deutschland, Frankreich und Jtalien machen,
die Theaterverhältnisie studieren und nach seiner
Rückkehr eine Musikakademie leiten.
Eine grotze Anzahl erhaltener Briefe an seine
Eltern und an Freund« in Deutschland und Schwe.
den gibt Aufschlutz über den Verlauf dieser Reise
nnd Lber Kraus' Eindrllcke. In Berlin fand er das
Deutsche Nationaltheater „elend gebaut und elend
besetzt" Ueber Dresden, Leipzig und Erfurt fuhr er
nach Königstein im Taunus, feierte dort mit den
Seinen-das Weihnachtsfest, besuchte Mannheim und
Franlfurt, setzte im Febru-k 1783 über Regensburg,
den Sitz des damaligen Reichstages, und München
seine Reise fort und kam am 1. April in Wien an.
Jn Wien verkehrt« Kraus mit Gluck, Haydn,
Albrechtsberger und Salieri; besonders von Gluck
schreibt er in den Ausdrücken höchster Verehrung.
Auch dem Kaiser Joseph n. wurde er vorgestellt.
FLr Haydn schrieb er in Wien seine beste Sympho.
nie in e-moll, die, später geradezu als Vorläuferin
von Deethooens Eroika bezeichn-et, schon nach den
ersten Aufführungen durch die Esterhazzi.Kapelle
unter Haydns Leitung (weiterhin in Paris, Leip.
zig und Stockholm) grotzen Erfolg hatte und in der
„Allgemeinen musikalischen Zeitung" im Oktober
1798 eine sehr günstige Besprechung fand. Jm Ok.
tober 1783 setzte Kraus seine Reise fort und ge.
langte über Graz und Triest nach Venedig, von
wo aus er wieder viel zu berichten hat. Jn Vo.
logna, wo er den berühmtestsn Theoretiker jener
Zeit, Padre Martini (1706—1781), und die aca-
demia filarmonica bewunderte und ein Te Deum
schrieb, wurde Kraus von dem Maler Pomaroli
porträtiett; das Original befindet sich jetzt im Buche-
ner Museum. Ueber Florenz, wo er seinen König
traf, fuhr er weiter nach Rom, wohnte einer vom
Papst zelebrierten Mesie. bei und wurde diesem
vorgestellt. Neapel, wo Kraus Mitte Februar
1781 ankam, wurde der Wendepunkt seiner Reise,
die nun nach Frankreich gerichtet werden sollte. Er
berichtet über den elenden Zustand der Bevölkerung,
über seine Besteigung des Vesuvs, besonders über
die musikalischen Zustände an Oper und Kirche. die
«r ziemlich schlecht findet. Von den lebenden Kom-
ponlsten lobt er nur Domenico Cimarosa (1719 bis
1861), der „für seine jungen Jahre ungemein viel
schon zusammengeschmiert" habe.
Die Weiterreise Lber Pisa, Livorno ging bis
Marseille zu Schiff vor stch. Am 27. Januar 1781
langte Kraus in Paris an; auch sein König war
hier amvesend und diesem zu Ehren fand eine grotze
Zahl von Festaufführungen statt: Kraus hörte hier
Elucks „Jphigenie", Mozarts „Entführung", Picci.
nis und Eretris Opern, sowie Haydns Symphonien
in vorzüglicher Wiedergabe. Er selbst schuf 2 So.
naten für Violine und Klavier, die er einem Fräu-
lein von Vern in Wien widmete, die der Gegen.
stand seiner ersten tiefen Liebe gewesen ist. Auch
eine Symphonie in Ls-dur und eine Zwischenakts.
und Ballettmusik zu MoliSres Komödie „Amphy.
tryon" nach dem Entwurf und auf Worte des
Königs Gustav III., die im Schlotztheater zu Drott-
ningsholm oft gegeben wurde, entstanden in Paris.
Von hier aus fuhr Kraus zu dem grotzen dreitägigsn
Händelfest nach London und reiste nach einem zwei.
ien kürzeren Aufenthalt in Paris im August 1786
Lber Frankfurt, wo seine Schwester Marianne lebte,
nach Amorbach zu den geliebten Eltern. Jm Sep.
tember bereits mutzte er wieder — und diesmal fllr
immer! — Abschied nehmen und über Stralsund und
Rügen nach Stockholm zurückkehren.
Hier aber war unterdessen eine bedeutende Ver.
änderung vorgefallen: Der bisherige Theaterinten.
dant Varon Zibet, Kraus' wichtigster Protektor und
Eönner, war in Ungnade gefallen und durch den
Freiherrn Eust. Mauritz Armfeldt ersetzt worden;
dieser hatte den damals hochberllhmten Abt Vogler
als „Chef de la musique" berufen und die Kraus
versprochene Stelle diesem mit 1500 Dukaten Jahres-
gehalt bei 6 Monaten Urlaub im Jahr (!) gegeben.
Kraus macht« gute Miene zum bösen Spiel, wurde
sogar mit Vogler befreundet. Die Aufführung der
erwähnten Musik zu MoliSres „Amphytryon" stärkte
wieder seine Stellung: Er wurde im Januar 1788
zum Leiter der neu errichteten musikalischen Aka.
demie erwannt und erhielt kurz darauf den Titel
Hofkapellmeister. Er hatte nun ein reiches Arbeits.
feld, schrieb eine Oper „Soliman", die im Verlaufe
eines Vierteljahres einunddreitzigmal gegeben wurde,
ein grotzes Pantomimen-Vallett zu Glucks „Armida",
einige weitere Zwischenattsmusiken sowie ernzes^
Arien und Lhöre zu verschiedenen Dramen, °
Symphonie per la chiesa für die ReichstagsIH^
feier in der Stockholmer Haupkirche. Zu der D"
fcier für den 1792 ermordeten König Gustao ^
cntstanden eine herrliche Trauersymphonie
Trauerkantate. Eine grotze Zahl von Liedern, K §
mermusikwerken, Kantaten und anderen kirchllai
Vokalwerken folgten in' unglaublich kurzer Z.e^-
Aber wie Mozart hatte auch Kraus ^
sundheit untergraben; schon gegen Ende der
reise klagt er in seinen Vriefen übe'r Hals-
Brustleiden. Seine Lebenskraft brach nun
phal zusammen! Er selbst wutzte offenbar aistst, ^
er Lungentuberkulose hatte. Am 5. Dezember ^ ^
war Mozart, den Kraus leider nie persönlich
kennen lernen können, in Wien gestorben. ^Kt
komponierte eine Elegie „öfver Mozarts döi>".
schon genannte Trauermusik zum Tode Eustao
war sein letztes Werk, zugleich eines seiner hort- ,
sten. Am 15. Dezember 1792, ein 2ahr nach Dlöz ^
starb der noch so junge Meister. Sein bedeutentl.
Werk, die gigantische Oper „Dido und Aeneas' .
erst 7 Iahre nach seinem Tode mit autzerorde
lichem Erfolg zur Aufführung. ^
Auf dem Grabdenkmal des Meisters ^ohsa
Worte: „Hier das Jrdische von Kraus, das H'M
lische lebt in seinen Tönen."
Lebendige Literaturgeschichte
WLe und Ln welchem Umfang treiben wir Volkskunde?
Die Beantwortung der Frage, wie und in
welchem Umfange Literaturgeschichte auf der
deutschen Schule zu treiben sei, machte den Zünf-
tigen schon immer Kopfzerbrechen. Jn der Epoche
des Historismus verwirrte ein Wust von Zqhlen,
Namen und Jnhaltsangaben die Köpfe der gequäl-
ten Schüler: Aufgeben und Abfragen vermittelten
meist nur trockene Kenntnisse.
Dann folgte die „geistes. und seelengeschichtlich"
eingestellte Richtung, die in dem Literaturhistori-
ker Eundolf ihren höchsten Schutzpatron sah. Ein
endloses Zerreden und Zerpflücken deutscher Lite-
raturwerke setzte in der Schule ein. Private Dia-
lektik der Lehrer und der Schüler machte sich breit.
Man ging den „metaphysischen Strahlungen" der
deutschen Dichtung nach und erklärte es schlankweg
als einen groben Jrrtum, datz Dichter und Dichtung
vor allem abzuleiten seien aus Rasse, Umgebung
und Erlebnis. Eine Unmenge von Literatur aus
der positivistischen, historisch-philologischen und gei-
steswiffenschaftlichen Schule vergrötzerte die Unsi-
cherheit. Jn diesen Wirrwarr der Meinungen und
Auffassungen endlich Klarheit und Zielstrebigkeit
zu bringen, ist Aufgabe der neuen Schule.
Was der Führer als Grundlage jeder geschicht-
lichen Ausbildung betrachtet, das mutz auch für
die Literaturgeschichte gelten: Es wird darauf an-
kommen, datz die Schüler aller Schulgattungen
Drerklang deutschen Nlesens / Drer Begegnungm
potsdam
Sanssouci. Es ist wieder einmal Mai. Der
Park um das Schlotz blüht, die Fliederbüschs leuch-
ten und duften schwer in den goldenen Nachmittag.
dis Herzen der Kastanienblüten stehen schon müde
und fruchtgesegnet auf den grünen Fächern der
Blätterarme. Der bohe mächtige Strahl der Fonl-
täne schwankt wie eine gläserne Säule in der Him-
melbläue. Die Vögel rufen und antworten in den
hohen Hallen der llvvigen alten Bäume, der Rot-
buchenkuppeln, die sich in die grüngoldenen Val-
dachine der Linden und Eichen verschränken.
Starr und weitz ragen dazwischen. in all dem
lachenden blühenden Leben, die Statuen des grohen
Königs. Sie vollführen grohe Eesten und mäch-
tige Gewaltakte. sie lächeln süh und höfisch, sie
kokettieren mit einer gezierten Anmut, wie man
sie im Zeitalter des Zopfes übte. Sie sind die mar-
morne Beständigkeit, steif und unwandelbar stehen
sie, festgebannte Eespenster. halten die Pose, die
Eeste, das Lächeln. Jahrhundertelang.
Und in der Maiensonne des nachmittäglichen
Parkwinkels meint man den Alten, den „Löwen"
von Sanssouci., vor einer der ungebärdigen Schö-
nen, die in den Armen eines Satyrn zavvelnd er-
starrte, stehen zu sehen. Da. wo der Marmor einen
Ritz bekam, da wächst jetzt ein Büschel grünes Le-
ben hervor. Der Gärtner hat es noch nicht gesehen.
Und darauf ruht das Lächeln im alten Auge dss
Königs. „Man soll es pflegen", murmeln seine
Livven, „man loll es hegen. Denn es ist das Lr-
bendige".
Vor anderthalb Jahrhunderten hatte er das-
selbe an derselben Stelle gesagt, als der Eärtner
die Statue säubern wollte von dem einsewachsenen
Grün. weil sie sonst ko alt aussähe. „Laßt es doch
sein", murmelte der König damals, „wollt Jhr
denn nicht auch alt werden?"
weimar
Im Garten von Goethes Eartenhaus. Hinter
dem kleinen Hause stehen hohe Bäume im Halb-
kreis. Sie bilden ein Dach über dem Platze, wo
der steinerne Tisch steht. Es ist Frllhsommer. Alles
leuchtet in Blüte. Die hohen Bäume wersen tiefe
Schatten. Hinter dem kleinen, schlichten grauen
Hause, darin er an der „Jphigenie" und am
„Tasio" schrieb, ist es ganz still um diese Mittags-
stunde. Drautzen summen die Bienen. Die Luft ist
sütz und mild. Man kann vergesien. . . viel ver-
gessen an dieser Stätte. . .
Und dann kommt es wie eine volle und tiefe
Stimme zu einem. „Jch habe die Bäume alle
eigenhändig gepflanzt, ich habe di» Freude gehabt,
sie heranwachsen zu sehen, und nun genietze ich
schon seit geraumer Zeit die Eryuickung ihrcs Schat-
tens. Das Laub dieser Eichen und Buchen ist der
mächtigsten Sonne undurchdringlich: ich sitze hier
gern an warmen Sommertagen nach Tisch, wo
dann auf diesen Wiesen und aus dem ganzen Park
umher ost eine Stille herrscht. von der die Alten
sagen würden: dah der Pan schlase."
Heidelberg
Jm Schloßgarten. Sommertag mit Quellenrau-
schen und der summenden Stille des Mittags. Die
Luft ist golden, die Ferne tiesblau, über den Wie-
sen und Hecken, den Wegen und Terasien stehen dio
efeuberankten Mauern riesig und grau wie die
Kulisscn einer gigantischen VLHne. Durchs Vlätter-
gewirr schimmert drüben rötliches Mauerwerk.
sandsteinrot ist das ganze Land, daraus das zer-
fallene Schloh wächst wie eine riesige Erotte, dar-
in DLmonen gewlltet. Versöhnend hüllt üppigstes
Wachstum die Trümmer der gesprengten Mauern
ein.
Auch hirr schläft Pan zu dieser Stunde. Unten
summt die Stadt. Doch hier oben, in diesem Zau-
bergarten südlicher Pracht und duftender Fiille,
dichtet die Vergangenheit mit an dem hohen Bild,
das die Zukunft erfüllen soll, und von dem der
grohe Dichter kllndet, der dort im Schatten des
Parkweges vorübergeht . . . der die Heimat fand.
als er die Ferne überwältigt hatte . . . der heim-
kehrte zum Rhein, in diese Täler. auf diese geseg-
neten Höhen:
Schon lockt nicht mehr das Wunder der Lagunen
Das allumworbene, trümmergrohe Rom
Wie herber Eichen Duft und Rebenblüten
Wie sie die deines Volkes Hort behüten —
Wie deine Wogen — lebengrüner Strom!
Vorüber ging er, der Seher und Vordeuter
eines „Neuen Reiches", der Mahner und Veräch-
ter, der das Eesetz gab unterm „Stern des Bun-
des" Stefan Eeorge . . .
Unsterbliches Heidelberg — unsterblich verbun-
den mit seiner Eestalt!
Wer durch diese drei Gärten ging, wer durch
Potsdams Park, durch Eoethes Earten in Weimar
hin zu Heidelbergs Quellenrauschen unter den
Efeumauern des Traumschlosses der Dichter und
Seher wanderte: — der hat den Dreiklang unserer
Seele erlauscht, wo er am reinsten klingt.
Curt Hotzel.
ihrem Lebensalter entsprechend durch eine
tische Schulung an d i e Kräfte langsam und zt
sicher herangeführt werden, die Ursachederl
terarischen Wirkungen stnd. Die SrkenN
nis, datz jede Kunst, auch die literarische, M.r
Endes völkisch gebunden ist, mutz jedem Sch"s
allmählich zum Vewutztsein kommen. Nietzsches^ ^
in der so zeitgemätzen Abhandlung „Vom Rütz
und Nachteil der Historie für das Leben": „D
Eeschichte gehört dem Bewahrenden und Per^^„,
den — dem, der mit Treue und Liebe dorthin
rückkehrt, woher er kommt, worin er geworden u '
findet seine letzte Erfüllung in einer Literatuk ^
trachtung, die die Wurzeln deutschen Wesens a ^
deckt. Denn gerade in den Kunstwerken der
Seels
schen Literatur offenbart sich die deutsche
durch Form und Inhalt am reinsten und unM
telbarsten. Literaturgeschichte darf nicht allein
lehren, ste mutz vielmehr die Tätigkeit des Etle
nenden vermehren oder beleben, mutz die Wet
offenbaren werden lassen, um welche die deuftM
Seele von Anbeginn zum Nutzen oder zum Schaa
des deutschen Volkstums gerungen hat. mit eisw
Wort: Das E wigd e u t s ch e'A,Eegenstand e'"
solchen Vetrachtungsweise! Däs 'reLn Eeschichkli^,
erklärt und erläutert. Künstler und Kunstwerk!
hen in der Zeit als Bejaher oder Verneiner.
Diese Aufgabe, die der völkische Staat der
raturgeschichte stellt, ist schwer zu lösen; sie oerw
in gleicher Weise Geduld und Geschicklichkeit
Unterrichtenden. Waz die Volksschule allmM ^
reifen lätzt, das wird im Ilnterricht der
Schule, insbesondere von Obersekunda ab, zum .j
ren Bewutztfein crhoben. Die Erziehung zum uf ^
zum bejahenden und ablehnenden, vollzieht 'sich
mehreren Stusen, die dem Alter der Schüler ^ ^
sprechen. Eine sorgfältige Auswahl von
stücken tn
dert von
Liter
sök'
m gebunoener uno ungebunoener
r der Volksschule ab diese Art kritism^,
__atur b e t r a ch t u n g, die im Dienste,"^
völkischen Lebens steht. Wir lächelten vordem "
den „literarischen Kanon" der Franzosen und lsm
länder, die für die Prüfungen aller SchulgattuMN
die Kenntnis bestimmter Schriststeller und bestim^
ter Literaturwerke verlangen. Aber wir selbst §
fielen in den entgegengesetzten Fehler, datz w>r .
der Schul« häufig genug wahl. und ziellos den a
meinen Literaturrummel mitmachten: Wieviel '
bare Zeit wurde beispielsweise auf RemarqueS ^
alias Kramers — Kriegsroman „Jm Westen
Neues" verwendtt — auf Kosten der wtt'. ^
we 1 tv 0 llen Literatur. Es ist notwendig,
diese Willkllr der Stoffauswahl, der die natiaim^
sozialistische Revolution wie so vielem anderen ,
Ende gesetzt hat, endgültig aus der Schule versch^j,
dtt. Verkehrt allerdings wäre es, wenn man,
dies in der letzten Zeit häufiger vorgeschlagen wu^
für die einzelnen Klassen einen verbindlim ^
Lektllrenplan einführen wollte. Selbständigkrii
schon immer das Vorrecht des verantwortungsv"
Lehrers. Verlangt mutz allerdings werden, datz ^
die Deutschlehrer vor allsm mit jenen Werken.^
.. ^
oe''
ragender Weise offenbaren. Dsr Umgang mn
Grotzen unserer Literatur schärft das kritische u
gibt Vergleich und Anretz. Die Werke der
und der neuen Zeit stehen gleichberechtigt nebem^z
ander; die Wahl wird einzig und allein best'M^
von der grotzen Absicht des Deutschlehrers, deu i
Schicksal durch die Werke der Literatur lebe
werden zu lassen.
So erweitert sich L'teraturgeschichte zur P?.^t
deutschen Literatur besHäftigen, die durch
Form und ihren Jnhalt deutschss Wesen in h^
kunde in des Wortes höherer Bedeutung: Sie. ^
durch wertvolle Denkmäler deutschen Schrlft^,
mitten hinein in das blühende Leben der R" -zg
gibt ein klares Bild von den Entwicklungsü"^,
deutschen Kulturwillens von Anbegrnn bis lü^,
ordnet und deutet, bejaht und lehnt ab. ^iter" ^
geschichte wird ein bedeutsames Mittel zu dem S'
allgemeinen Zweck völkischer Selbstprllfüng^
SelbWehauptung.
Dr. Ä-