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Kaiserlich-Königliches Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt <Wien> [Editor]
Auktions-Ausstellung: Militaria, Ölstudien, Skizzenbücher, Aquarelle, Pastelle, Kohlen-, Kreide-, Rötel- und Bleistift-Zeichnungen, Algraphien, Plakat-Entwürfe aus dem Atelier des Freiherrn v. Myrbach ; Versteigerung den 6. und 7. April 1905 — Wien, 1905

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.25324#0006
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Brotes willen zur Allgemeinheit hinabsteigen, welche
zu sich emporzuheben seine Sehnsucht ist; er
müßte nicht, während seine Phantasie von hohen
Gedanken erfüllt ist, lächelnde Sennerinnen malen
oder träumende Odalisken oder sinnende Burg-
frauen oder würfelnde Landsknechte, wie solche das
Publikum und die Händler begehren. Ohne seine
Ideale zu verleugnen, könnte er durch Abgabe
etlicher Studienmappen das für den Lebensunterhalt
nötige Geld beschaffen. Bei einer Nachlaßauktion
soll das Publikum im Laufe weniger Tage unzählige
Werke eines einzelnen Künstlers konsumieren —
entschieden mehr als es verdauen kann. Die Maler
täten besser, nicht ihren Tod abzuwarten,
sondern schon bei Lebzeiten ihre Studien
in Geld umzusetzen. In Paris ist dieser
Brauch seit Jahrzehnten in Übung. So-
genannte Amateurhändler kaufen dort gern Skizzen
junger Talente und machen damit ein gutes Ge-
schäft, wenn die betreffenden Künstler später Ruhm
erlangen. Und auch der vornehme Kunstfreund
begnügt sich in Frankreich mit Studien, wenn er
für den Ankauf fertiger Bilder just nicht Geld
genug übrig hat."

Zu den fruchtbarsten Jahren künstlerischen
Schaffens zählen jene, die Freiherr v. Myrbach in
Paris als eines der hervorragendsten Mitglieder der
österreichischen Künstlerkolonie zugebracht hat, und
wie der erste geistige Impuls zu mancher von ihm
in den letzten Jahren in Österreich ins Leben ge-
rufenen Reform auf dem Kunstgebiete durch die
innige Verbindung mit den führenden französischen
Künstlern entstanden sein mag, so dürfte darin auch
die Veranlassung zu unserer heutigen Auktions-
ausstellung zu suchen sein. Anläßlich seiner Über-
siedlung ergreift der Künstler wieder einmal als
erster in Österreich die Initiative, Pariser Kunst-
leben nach Wien zu verpflanzen, indem er eine große
Anzahl seiner geistvollen Studien, Skizzen, Entwürfe
und Zeichnungen dem Dorotheum behufs Veran-
staltung einer Auktionsausstellung zur Verfügung
stellt. Und man braucht es noch nicht bis zum

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