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Waetzoldt, Wilhelm; Dürer, Albrecht; Dürer, Albrecht [Ill.]
Dürer und seine Zeit — London: Phaidon-Ausgabe, George Allen & Unwin LTD., 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.69737#0020
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14

ERSTER ABSCHNITT

Bildnisse
des Vaters

Abb. 2

Abb. i
Abb. 3

Rat in Auftrag gegebener Pokal? Urkunden sind zutage gekommen über
Trinkgeschirre, die der Bischof Uriel von Posen 1486 bestellt hat. Für das
Heilige-Geist-Spital in Nürnberg lieferte Dürer 1489 zwei Monstranzen.
Die eine war als Reliquiar für einen Dorn aus der Dornenkrone Christi,
die andere für einen Knoten aus der Geißel, mit der Christus geschlagen
wurde, bestimmt. Wenn wir dann noch an die silbernen Schildchen
denken, die der Meister für die städtischen Musikanten fertigte, sind
wir schon am Ende. Dürers Vater wurde zu Vertrauensstellungen im
Handwerk und im städtischen Regiment berufen. Er war 1482—88
Geschworener des Handwerks der Goldschmiede, 1482 Gassenhaupt-
mann und überdies in der Goldschmiedeschau und im Münzprobieramt
ehrenamtlich tätig. Seit 1480 verkaufte Dürer seine Gold- und Silber-
geräte in einem Laden am Rathaus.
1475 hatte Meister Dürer ein eigenes Haus „Unter der Vesten“ für
200 Gulden erworben. Es lag sozusagen im „lateinischen Viertel“ Alt-
Nürnbergs. Ganz in der Nähe befanden sich die Häuser des Malers
Wolgemut, des Arztes und Weltchronisten Hartmann Schedel, des Ver-
legers Koberger und des Schreibkünstlers Neudörfer. Albrecht Dürers
Worte und Bildnisse bestätigen, was die Urkunden über seinen Vater
schon aussagten: ein handwerklich tüchtiger Meister, ein reinlicher,
„künstlicher“ (d. h. kunstfertiger) Mann, ein schweigsamer, gottes-
fürchtiger Mensch, ein ernster, verständiger Vater. Er ließ nicht leich-
ten Herzens den Sohn Maler werden, als er ihn in der Goldschmiede-
werkstatt nicht mehr halten konnte, wenn auch den sparsamen und
bedächtigen Mann die „verlorene“ Zeit reute, die sein Junge mit
dem Ziehen und Treiben, dem Punzen und Ziselieren, dem Emaillieren
und Gravieren der edlen Metalle verbracht hatte.
Als der 15jährige Dürer den Vater zeichnete (L. 589. Wien), saß ihm
im Werkstattkittel ein versorgter, schmallippiger, rasch gealterter Mann
gegenüber, unter dessen Kappe sich das Grauhaar hervordrängte und
dessen Augen das leicht Zusammengekniffene des fein- und naharbeiten-
den Handwerkers haben. Mit den Falten wird der jugendliche Zeichner
noch nicht fertig, des Vaters linke Hand verschwindet, Hals und Ge-
sicht sind aber schon mit kupferstichartiger Schärfe und Dichtigkeit der
Strichlagen durchmodelliert. Diese Zeichnung ist inschriftlich nicht be-
glaubigt — einige Forscher halten sie für ein Selbstbildnis des alten
Dürer, andere für das Werk eines unbekannten Nürnberger Meisters.
Das Blatt erhält unserer Ansicht nach seine Glaubwürdigkeit als Zeich-
nung des jungen Albrecht Dürer aus dem Vergleich mit dem Knaben-
selbstbildnis von 1484. Daß jedenfalls Dürers Vater dargestellt ist, lehrt
ein Blick auf das Bildnis des alten Dürer von der Hand des Sohnes
 
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