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vor dem Dunkel des Himmels aufwallen, — diese Vision,
herausentwickelt aus den wenigen Worten des Textes, steht so
greifbar und gegenwärtig da, daß von bloßer Illustration nicht
mehr die Rede ist. Hier denkt und dichtet ein Mensch, der auch
im spröden Stoff das innerlich Dramatische, den großen Kampf
fühlt. Kurz, ein Vathetiker von ungeheurem Wuchs. Sein
Pathos seht Kampf und Lösung, seelische Kontraste und Gleich-
gewichte voraus. Wenn sonst kn der Kunst der Erzengel Michael
das Untier, das Böse, bezwingt, so ist es ein leichter Sieg.
Das Göttliche, der Engel des Lichts, muß, dogmatisch, über
die Finsternis siegen, und dieser Sieg wird von vornherein als
Triumph empfunden. Bei Dürer ist es ein schweres Kämpfen
und Würgen, er macht seinem Engel das Uberwinden nicht
leicht und selbstverständlich, sondern sein Michael stößt und
rammt seine Lanze in Herzensangst und zerbricht fast selber in
dieser Rot, und seine Begleiter zittern um den Ausgang. Die
Kräfte sind gleich verteilt, Gewalt steht gegen wirkliche Gewalt,
und erst durch diese Spannung tritt das Pathos in Aktion, ge-
steigert durch den Gegensatz der dunkeln Kampfszene zu der
sonnigen befreiten Erde da unten. Dürer hörte, wenn er die
Offenbarung las, das grollende Dröhnen der Dichtersprache,
den erregten Stil des Vortrags und begnügte sich in der Er-
regung, in der er selber war, nicht mit Symbolen, sondern
wollte das wirkliche Geschehen hinstellen. Auch als seine Ge-
staltungskraft der Szene gegenüber einmal versagt, als er nicht
recht fertig wird mit der Versinnbildlichung der Vision, wie
in dem Blatt, wo er die Versiegelung der Auserwählten und
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