z firer hatte leine grühten Gedanken und leine reichlten Empfindungen
in leiner Jugend. So geht es uielen Künftlern, Mas lie lagen und
ſchafken lollen, legt die Natur krüh in lie hinein, wohl damit ihnen
Feit bleibt, die leime ausreifen zu lalſen; aber auch damit lie über⸗
haupt rine tragkaͤhige Grundlage für eine neue Anfchauung von der
Melt bekammen. And es bedeutet nichts gegen die Echtheit des
Schöpferifchen bei einem Künftler, menn er bisweilen in reikem flter
noch von den Erlebnilſen leiner Jugend zehrt. * odurch Abrecht
\ Bürer lich am ftärkften unterfeheidet uon feinen ſnatgotiſchen Zeit-
| s &” &/ genoffen und Meiſtern, ilt nicht etwa ein beſonderes Talent im Dar⸗
— und iſt 7 nur ſein entwichelterer Sinn für Mürde und Bedeutung leiner @tgm[tanür‚
ſondern es ift ein tief in feiner Beele liegendes ſaturgetu Ihm bedeutete die Natur, die Welt, die
randlchalt mehr als den andren. ftwas Intimeres und etwas Pelerlteres, zugleich aber aiich etwas
in höherem Sinne Ganzes und linheitliches: und etwas Bchůneres. Bei den gnathotihern hat man manchmal
das Grfühl, fie feien nie mit Glüch durch einen ald oder über eine grüne — gegangen und hHätten
nie die AMeite und die ferne einer ausgebreiteten Candlchatt als ſchön empfunden. Der junge Dürer war
der erlte, der den Blick über Berge und Taͤler als eine Beligkeit genoß und lich mit dielem Blick ein
ganz neues, für das nachmalige Bchicklal der deutſchen Kunft entſcheidend gewwordenes kaumgelühl ge⸗
ſtaltete. Bon dielem Raumgelühl hat er zu allen Zeiten leines Schaffens gelebt und aus ihm immer
nrue Kräfte gezogen. Moch in den Zeiten härteſter theoretifcher Arbeit und kalter Abftraktion ward es
ihm krlblung, ſich auf dieles Anherlerbare, als auf lein vielleicht beltes Teil zu beſimen. Nach der
Galeerenſklauenarbeit am Lriumuhbogen Kaifer Maximilians erholte lich leine Sinnlichkeit an der Uadierung
der „aroßen Ganone“ mit ihrer Candſchalt. Bies war ihm angehorenes Bedürfnis; und vielleicht war
er lich ſchon in leiner Jugend über diele Notwendigkriten und laglichkeiten teiner Ratur im klaren.
'Bb er damals auch wußte, daß ebenfo unvergleichlich, ja vielleicht noch unvergleichlicher als dieſe
eine Beite feines Aaturgefühls, als diele Empfindung für den Raum als Bildnrablem, der ihm ebenkalls
angeburene Sinn für das Maleriſche war? Bürer ilt, ' trotz Grümewald. an Anlage der größte, jedenkalls
dachte/ nicht an Perſnektiue und Gonftruktion, ſo Ialj er die Welt als einen von 2 und farbe 2
Tiefenraum an. Bergleichen tat damals lonſt kein Menſch.
Die alten Nürnberger erlcheinen, vergleicht man lie mit manchen Bberdeutſchen, oder mit den Köhnrern,
eher fur die Zeichnung und die in Cinien ausdrüchbare Charahkteriſtik begabt, als gerade für Farbe und
Atmofphäre, Ziele, wie lie Curas floler und vor allen Eonrad Adlig verkolgt hatten, lagten ihnen nichts.
And nun kam aus dieler trocknen Cuft Aürnbergs ein junger fenlch, Albrecht Dürer, und zog, um
Maͤntegna zu luchen und Bellini zu finden, nach Italien, und unterwegs, in Tirol und an der Brennerltraße
und im Bchatten der Alpen; im leligen ymiſchauen der Candlchaft, rruchir ſein Binn für die unfakbaren
_ Binge der Naturerſchemung/ für das é@rdflrlnht einer Naturſtimmung/ für das gegenfeitig i immer verlchlungene
; Bpiel von farbe und Cuft, von Licht und Befler im Aaum.. Finer, der Dinge und Zulammenhünge in der
Tande, in einer anderen, weicheren Atmofphäre wieder zu reden begannen. Bieles plötzliche Erwachen eines
neuen Binnes kanı man nicht als Ergebnis einer lugiſchen Entwicklung, die am Ende einmal kommen mußte,
erhlären. Es iſt Überrafchung und Munder, fuferung perfönlicher, naturgelchenkttr Genialität. ——
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