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Waldmann, Emil; Daumier, Honoré [Ill.]
Honoré Daumier — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 63: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.73683#0014
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tigen Rhythmus empfindet, läßt er die Zwischen-
stufen weg.
Auch wenn man es von seinen Bildern, die erst seit
der Jahrhundertwende allgemein gewürdigt werden,
nicht wüßte, vor seinen Lithographien allein würde man
empfinden, daß Daumier ein ganz großer Maler war.
Die Leute, die zu Daumiers Lebzeiten seine Blätter im
Dutzend antuschten, um sie verkäuflicher zu machen,
waren Barbaren. Sein Schwarz-Weiß ist so farbig, so
reich an Ton, seine Skala vom tiefsten Schwarz über
alle Schattierungen von Grau hinweg bis zum hellen
Weiß des Papiers so quellend von Nuancen und so
logisch im Aufbau der Zwischentöne, daß jede Zutat
von Farbe etwas Grob-Sinnliches und Brutal-Stoffliches
bekommt. So barbarisch, als wollte man Verlaine, der
doch an sich Musik ist, in Musik setzen.
Rein sinnlich genommen stehen diese Blätter in
guten Abdrücken auf der allerhöchsten Stufe der Mög-
lichkeiten, die der Lithographie eignen. Das Spiel von
Sammetschwarz, von Grau und von Weiß, das Spiel
in scharfen Punkten und zitternd vergleitenden Flächen,
mit zartester Empfindung nur so hingerieselt, das An-
und Abschwellen des Lichtes, von innen herauskom-
mend, enthält soviel malerische Werte, daß man, wenn
man die Augen schließt und sich das Blatt vorstellt,
unter dem Einfluß der Lichtwahrheit sich die Szene in
Farben vorstellen kann, aber in Farben, die es auf
diesem Planeten nicht gibt: zart und doch stark, reich
und doch einfach. Goya und Daumier, Liebermann und
Slevogt, und sonst niemand haben das Schwarz-Weiß
der Lithographie ganz künstlerisch-malerisch behandelt.
LITERATUR:
Arsäne Alexandre: Daumier, l'homme et l'euvre. Paris. 1888.
N. H. Hazard et L. Delteil: Catalogue raisonnö de l'oeuvre lithographiä de Honorö
Daumier. Paris. 1904.
Erich Klossowski: Honor6 Daumier. München. 1908.

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