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C. J. Wawra <Wien> [Editor]
Kollektion Dr. Alois Spitzer, Wien - Mannsberg (Nr. 201): Versteigerung der Ölgemälde und Handzeichnungen moderner und alter Meister, Miniaturen und Antiquitäten des verstorbenen Herrn Dr. Alois Spitzer, Hof- und Gerichtsadvokat, Realitätenbesitzer etc., Wien - Mannsberg: Versteigerung, den 24. Januar 1906 und die darauffolgenden Tage — Wien, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.21461#0005
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Die Kunstsammlung des Dr. Alois Spitzer

Edle Menschen pflegen sich, wenn es ihre Mittel erlauben, mit Kunst-
werken zu umgeben, an welchen täglich ihre Blicke haften, in die sie sich
voll Liebe und Hingebung versenken können, mit jener Freude am Schönen,
die ein Kennzeichen harmonischer Seelen ist. Solche Tätigkeit kann ein ganzes
Leben ausfüllen oder ihm wenigstens die Weihe geben, die eine Existenz über
das Niveau des Gewöhnlichen erhebt. Der reichhaltige Kunstschatz, der sich
heute unseren Blicken darstellt, ist das Produkt einer solchen Tätigkeit, ein
Lebenswerk in idealem Sinne des Wortes.

Ich kannte den stattlichen Herrn mit dem dunklen Vollbarte, denn er
war in den besten Kunstauktionen zu sehen und konnte sonach als Marke
gelten, mit der sich die Bedeutung und die besonderen Werte des Gebotenen
dokumentierten.

Dr. Alois Spitzer war kein blind leidenschaftlicher Bewerber, der vom
Eindruck des Augenblickes beherrscht, sich ins Wahnsinnige steigerte, aber
wenn das Objekt gut war, und vor seiner sorgfältigen Prüfung bestanden
hatte, dann war er auch kein Sparmeister, und so einfach er sonst seine
Lebensbedürfnisse einrichtete, war ihm kein Preis zu hoch, wenn es sich um
die Erwerbung eines interessanten Kunstwerkes handelte. Wie einfach der
Mann lebte, konnte man aus der Wohnung entnehmen, die Dr. Spitzer in
seinem eigenen Hause inne hatte, und die, wenn auch für einen Einzelnen
geräumig genug, die Wohlhabenheit des Besitzers durch keinerlei weichlichen
Luxus dokumentierte. Das Haus im I. Bezirk, Weihburggasse Nr. 21 hat er
dem Blindeninstitute vermacht.

Dr. Alois Spitzer wurde am 24. November 1834 in Wien geboren; seine
Eltern waren daselbst schon längere Zeit ansässig. Nach einer erlangten sorg-
fältigen Erziehung wendete sich Spitzer der Bechtskunde zu, um sodann als
Hof- und Gerichtsadvokat eine erfolgreiche Tätigkeit zu entwickeln. Im Jahre
1882 resignierte er, um von dieser Zeit an zu privatisieren. Einen Teil des
Jahres brachte er auf seinem 1874 angekauften, wahrhaft idyllisch gelegenen

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