Der aus der großen Jührerparade die Tausende von Kraftfahrzeugen an sich oorüder-
ziehen sah, mag den Versuch gemacht haben, sich auszurechnen, wieviele Tankdampfsr wohl
nötig sind, um die leichten Divisionen, die Panzer- und Kradschützenregimenter, die Zug-
maschinen der Artillerie und die zahllosen sonstigen Kraftfahrzeuge unserer Wehrmacht mit
Treibstoff zu versehen, und vielleicht hat er sich sogar Sorgen über die weitgehende Motori-
sierung der Wehrmacht gemacht wegen der Abhängigkeit der Kraftfahrzeuge vom „aus-
ländischen" Treibstoff. Tr kann sich getrost seine Rechnerei und auch seine Sorgen schenken.
Das Benzin der Wehrmacht kommt nicht mit Tankdampsern über See, sondern hat lediglich
den kurzen Weg aus unseren Braunkohlenrevieren in Mitteldeutschland oder den Stein-
kohlenbergwerken im Westen dis zu den Verdrauchsvrten zurückzulegen. Ls ist deutsches
Benzin, das die Motorfahrzeuge unserer Wehrmacht verbrauchen.
Rur ein Bruchteil, etwa ein Jünftel unseres Treibstossdedarss - zur Zeit mehrere Mil-
liarden Kilogramm jährlich - kommt in Horm von Lrdöl aus dem deutschen Boden.
Millionen von Tonnen müßten wir aus erdölreichen Ländern einsühren, hätte es die Kunst
unserer Lhemiker und Ingenieure nicht verstanden, kraststosse wie Benzin und HI aus dem
Stofs heroorzuzaubern, den unsere deutsche Tode in gewaltigen Mengen aus mindestens
1000 Jahre hinaus birgt, aus kohle.
Das Rezept, aus kohle Benzin zu machen, ist furchtbar einfach: Man setze Braun- oder
Steinkohle unter einen Druck von 200 dis 200 Atmosphären, erhitze sie aus etwa 500 Grad,
lasse dabei einen „Katalysator" Pate stehen und lagere aus diese Weise der kohle Wasserstoff
an. Benzin enthält nämlich IS Prozent, kohle jedoch nur S Prozent Wasserstoff. Das ist alles!
Aber so ganz einfach ist die Sache doch nicht, denn viele Zahr« hindurch hoben sich die
besten deutschen Jorfcher den Kops über das Problem zerbrochen, wie man aus Kohle Benzin
Herstellen könnte, und weitere Jahre waren nötig, um ein Verfahren zu entwickeln, das die
E>erstellung synthetischen Benzins in großen Mengen erlaubt.
An der gleichen Stelle, an der einst im Kriege aus Lust Stickstoff gewonnen wurde, wird
heute auch kohle in Benzin umgewandelt, nämlich in den Leuna-Werken, denen in der letzten
Zeit bereits eine Reihe anderer Werke gefolgt sind. Die Braunkohle, die im nahen mittel-
deutschen Braunkohlenreoier abgedaut wird, gelangt zunächst in riesige Trommeln, in denen
sie mit einem geheimnisvollen „Katalysator" vermischt und durch schwere Lisenkugeln zu Pulver zer-
schlagen wird. sTs würde zu weit führen, dem Leser genau erklären zu wollen, was ein
„Katalysator" oder ein „Kontaktstoff" ist. Ls genügt zu wißen, daß der Katalysator weder
im Ausgangsstvjs, in unserem Jalle also der kohle, noch im Endprodukt, also dem Benzin,
enthalten ist: er wird im Laufe des Annvandlungsprozestes auch in keiner Weise verbraucht,
er muh ober da sein, wenn die kohle sich in Benzin verwandeln soll.) Diesem Pulver wird
nun ein Schweröl beigefügt, so daß ein dicker Kohlebrei entsteht.
Die nächste Station sind die Hvchdruckösen, starkwandige, bis zu 18 Meter hochragende
Gesäße, die rund 100 0M Kilogramm wiegen. Diese Ssen sind für den Kohlebrei regelrechte
Jolterkammern. Angeheurer Druck von 200 bis SM Atmosphären und «in« Hitze von SM
Grad verwandeln den Braunkohlenbrei zu Hlen von verschiedener Schwere. Das schwerste
SI wandert zurück in die erste Station, in der es wiederum zum Anreiben der Braunkohle
dient, während das mittlere SI in den sogenannten Benzinosen geleitet wird, um hier eine
ähnlich« Behandlung wie in den Hvchdruckösen durchzumachen. Der Sinn dieser ganzen
Prozedur ist, der wasserstosfarmen kohle soviel Wasserstoff zuzugeden, daß aus ihr Benzin
werden kann.
Aus den Benzinöfen läuft das Benzin weiter in die Tanks. Sn armdicken Strahlen kann
man es an den Schaugläsern der Rohre vordeifließen fehen, Tag für Tag, Woche für Woche,
Zahr für Zahr.
Das ist in großen Zügen der Werdegang des deutschen synthetischen Benzins, das dem
aus dem Lrdöl gewonnenen Benzin völlig wesensgleich ist.
Hätten wir vor einigen wenigen Jahren bereits soviel synthetisches Benzin erzeugen
können wie heute, so hätten wir damals den deutschen Bedarf hundertprozentig decken
können. Durch die Motorisierung nicht nur der Wehrmacht, sondern überhaupt des Verkehrs
steigt der Bedarf natürlich ständig, aber trotzdem ist die völlige Selbstversorgung des Reiches
mit Treibstoffen — vor wenigen Zähren noch ein unlösbares Problem — heute keine An-
gelegenheit mehr, die der Wirtschaft und insbesondere der Wehrwirtschaft Sorgen macht.
im Tagebau wir«1 im mittelcleutschen öraunlrohlengebiet «1er kohrtoK, «Iie öraunlrohle, abgebaut,
our «1er später öenrin wercien soll (relbstverrtänrilich läOt sich auch Lteinlrohle »ii>«1rieren«, «1. h.
in Lenrin verwandeln) ^usnsiimen: „Oie Vekrmsekl" piir (2), l-vuns (3)
wir«1 mit hiilke eiserner Kugeln
«iie Lrounleokle ru Pulver an-
gerieben uncl mit Lchweröl
versetzt. Von hier gelangt «Iie
Kokle (nach Vermischung mit
«lern Katalysator) in «Iie 14o«h-
«Irucilöken <s. «Iie Leichnung
aul Leite 13)
Ölen entsteht neben schweren «Ölen au«h «las häittelöl, aus «lem im
sogenannten kenrinoken rcblieklicb Kenrin wir«l (s. öil«1 im Hitel)
Die bei «ler Senrinberstellung lreiwer«1en6en Koklenwasserrtottgase werelen in «lem Sasbeniln-
vetrieb - unser einrlruelrsvolle» 8il«1 reigt einen solchen betrieb in «len l-euna-VEerlcen - ebenfalls
verflüssigt o6er ru Treibgos verarbeitet
Alter als die Geschichte des synthetischen Benzins ist die des synthetischen Kautschuks.
Seit man Kautschuk kennt, also seit der Entdeckung Amerikas, haben sich die Wissenschaftler
mit mehr oder weniger Liser und Erfolg mit diesem elastischen Stofs beschäftigt, jedoch erst
vor einem Menschenalter gelang die Herstellung der ersten paar Gramm synthetischen Kaut-
schuks durch die deutschen Professoren H'fmann und Harries. Diese paar Gramm kosteten
in der Herstellung ungefähr das Hunderttaufendfache des natürlichen Kautschuks. Die Tat
der beiden Professoren war eine rein wissenschaftliche, keine wirtschaftliche, denn Natur-
kautschuk war billig.
Erst der Krieg zwang Deutschland, sich um die wirtschaftliche Herstellung synthetischen
Kautschuks intensiver zu kümmern. Ls entstanden damals Kautschuk-Werke, die den
sogenannten Methyl-Kautschuk synthetisch herstellten. Man gewann zwar ein brauchbares
Hartgummi, aber das Weichgummi bewährte sich nicht: nur wenige Kraftwagen des deutschen
Heeres liefen in der Kriegszeit aus Reisen aus künstlichem Kautschuk.
Erst lange Jahre nach dem Krieg«, mit größerem Eifer seit dem Zahr« 1926 und unter
Anspannung aller verfügbaren Kräfte der Wistenfchast und Wirtschaft seit 1933, wird am
synthetischen Kautschuk wieder gearbeitet, jetzt aber auf anderer Grundlage und mit anderen
Mitteln als damals, und mit Stolz kann Deutschland heute seststellen, daß sein synthetischer
Kautschuk, Buna, nicht nur in gewaltigen Mengen, die bald den deutschen Bedarf decken
werden, hergestellt wird, sondern auch in einer Güte, die die des Naturkautschuks ubertrifft.
Heute sind wir bereits so weit, einen großen Teil der Kraftfahrzeuge unserer Wehrmacht,
ja sogar die Volkswagen, die vom nächsten Jahre ab die Motorisierung des Volkes in ge-
waltigem Ausmaße steigern werden, mit Buna-Reifen zu versehen.
Der Name „Buna" ist eine Zusammenziehung der beiden Worte Butadien und Natrium.
Butadien wiederum ist ein Stofs, der große Ähnlichkeit mit dem Kautschuk-Grundstoff hat.
Die beim Kautschuk-Grundstoff verhalten sich nämlich auch im Butadien die Llemente Kohlen-
stoff und Wasserstoff wie ö: 8. Diese Angabe möge über die Lhemie des synthetischen
Kautschuks genügen.
Wie aber läßt sich Butadien leicht und billig und vor allem aus deutschen Rohstoffen
Herstellen?
Die Antwort klingt zunächst etwas unwahrscheinlich: Aus kalk und Kohle, aus Stoffen
also, die in dem deutschen Boden in praktisch unbegrenzter Menge vorhanden sind. Aus
Kalk und kohle entsteht bekanntlich im elektrischen Lichtbogen Karbid, dos man als Brenn-
stoff unserer Jahrradlampen kennt. Seht man Karbid Waster zu, fo entsteht Azetylen. Die
weiteren Etappen der Buna-Herstellung können wir übergehen. 3m wesentlichen handelt es
sich darum, daß, von der Kunst der Lhemiker geleitet, Moleküle sich zusammenschließen,
Wasserstoff sich anlogert, bis schließlich der Grundkörper des synthetischen Kautschuks, das
Butadien, entstanden ist.
Genau wie beim synthetischen Benzin muß bei der Gewinnung des synthetischen Kaut-
schuks wiederum ein Katalysator Pate stehen - in diesem Kalle ist es das Natrium -, um
Butadien in Kautschuk zu verwandeln. Man kann aber auch aus Butadien unter Verwendung
verschiedener Mittel eine Emulsion machen, die der natürlichen Kautschukmilch nicht nur
ähnlich sieht, sondern fast wesensverwondt ist. Di« weitere Verarbeitung des synthetischen
Kautschuks ist dann die gleiche wie die des natürlichen Gummis.
Ls ist selbstverständlich unmöglich, in wenigen Zeilen dem Leser einen Begriff vom
Wesen und Verfahren der synthetischen Kautschukherstellung zu geben. Auch für den Jach-
mann bleibt es schließlich ein Wunder, daß man aus Stoffen wie kalk und kohle einen
in seiner Struktur so geheimnisvollen Stofs wie Kautschuk bester Hersteilen kann, als die
Natur es vermag, denn der deutsche synthetische Kautschuk „Buna" ist in der Tat alters-
beständiger, unempfindlicher gegen chemische und mechanische Einwirkungen als der Natur-
kautschuk. Lin Buna-Reisen läuft länger als einer aus gewöhnlichem Kautschuk, ein Buna-
Schlauch wird nicht so leicht brüchig wie einer aus natürlichem Gummi.
3n der Zeit der liberalistischen Wirtschaftsführung hatte man niemals ernsthaft daran
geglaubt, daß Buna jemals den natürlichen Kautschuk ersehen oder verdrängen könnte. Lrst
als dem deutschen Volke von der nationalsozialistischen Jührung andere Wege und Fiele
gewiesen wurden, wurde Buna ein Jaktor von wirtschaftlicher Bedeutung. Heute sind wir
stolz daraus, daß wir Mittel besitzen, uns von der internationalen kautschukwirtschaft unab-
hängig zu machen, so riesige Dimensionen die Motorisierung des Großdeutschen Reiches
auch noch annehmen mag.
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Ke»rel uncl kShren, kökren uncl Kessel -
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«lem 8il«1 rechts wircl «1a, synthetische
krreugnis, «lar gewöhnlich in porm