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Weickert, Carl
Griechische Plastik — Kunstwerke aus den Berliner Sammlungen, Band 3: Berlin: Verlag Gebr. MannMann, 1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.65326#0023
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umschrieben aber durch prächtige Spiralen, die an den Brustwarzen
enden, die Bauchmuskulatur durch jene stereotype Formel an-
gedeutet, die dieser Meister der letzten Jahrzehnte des Jahrhunderts
am nackten Leib nicht mehr angewendet hätte, wie es der Meister
des Naxier-Jünglings noch tat. Das keulenförmige Gebilde, das die
Mittellinie des Bauches vertritt, läßt das Ganze wie einen abwärts
gewendeten Blütenkelch erscheinen. Auf der Rückenschale gibt nur
eine Einsenkung die Linie der Wirbelsäule an. Unter dem Panzer hat
der Krieger einen kurzen Chiton getragen, dessen einer Ärmel viel-
leicht am Oberarm sichtbar wird. Der Helm, jonischer Form, besteht
aus der Schädelkappe und dem von ihrem leichten Absatz nach rück-
wärts ausspringenden Nackenschirm. Die in Scharniere eingehängten,
heruntergeschlagenen Wangenklappen lassen nur einen schmalen
Raum für Augen, Nase und Mund frei: Einen Nasenschutz besaß
diese Helmform nicht. Die Helmkappe ist wie der Brustpanzer
seitlich mit Spiralen verziert. Auf der ein wenig abgeplatteten
Fläche des Helmes über der Stirn war wohl eine Verzierung auf-
gemalt, eine Palmette, eine Rosette oder eine Blüte. Ein samischer
Meister ist nicht der Schöpfer dieses Werkes, dazu sind seine
Formen zu bestimmt und knapp; ebensowenig ein Naxier, für ihn
wären die Schatten der Übergänge zu weich. Wegen des Motivs
möchte man an Sparta denken. Statuetten und Statuen gewaffneter
Krieger kommen dort vor. Aber solche Pracht des Haares, wie es
hier in breiter Fülle bis tief in den Rücken fällt, —
Κάδ’ δέ κάρητος
ουλας ήκε κόμας, ύακινθίνω ανθεί όμοιας.
goß von dem Haupte
dichte Locken herab, der Hyakinthenbliite vergleichbar.
Homer, Od. XXIII, 157
solches kann nur ein Jonier bilden. Mag er in Sparta gearbeitet
haben und die Statue von dort nach Samos geweiht worden sein,
die Verbindung zwischen Sparta und Samos war zu diesen Zeiten
eng genug. Die Heimat und Schule des Bildhauers war Sparta
nicht, vielleicht die Samos benachbarte nördlichste der Sporaden,
Chios, bekannt durch zarte, reich geschmückte Marmorwerke, die

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